Neue Filme Die Liebe, der Tod und das Geld
Von der Trauer nach dem Tod des Vaters, die eine Familie auseinanderbrechen lässt, erzählt „Love After Love“. Von der Schwierigkeit, mit viel Geld klarzukommen, handelt „Der unverhoffte Charme des Geldes“. Und in „The Wedding Guest“ weiß der Held nie, ob er Held oder Opfer seiner Geschichte ist. Hören Sie unsere Beiträge in der Dlf Audiothek Eine Familie: die Mutter und der Vater, beide Professoren, und die beiden erwachsenen Söhne. Erwachsen? Der Sohn fragt die Mutter: „Was macht dich glücklich?“ „Ich liebe meine Kinder. Ich will Euch sehen. Ich will, dass Ihr in Eurem Leben glücklich und zufrieden seid.“ Aber, wenn es je eine solche Zufriedenheit gab, dann ist sie mit der Trauer über den Krebs-Tod des Vaters verschwunden. Es wird sich herausstellen, dass die Söhne vielleicht erst am Ende von „Love After Love“, Russel Harbaughs Familiendrama, erwachsen genannt werden können. Vielleicht! Die Trauer jedenfalls lässt die Zurückgebliebenen durch ihr Leben irrlichtern. Beziehungen zerbrechen, neue werden geschlossen, zerbrechen wieder. Kleine, präzise Bilder „Love After Love“ konfrontiert uns gnadenlos mit den Gefühlen, die in der Trauer aufbrechen: Orientierungslosigkeit, Aggression, Verzweiflung, Depression. Russel Harbaugh schafft dabei kleine, präzise Bilder, beispielsweise, wenn Andie MacDowell – die Mutter! – verunsichert von einem ihrer One-Night-Stands flüchtet, durch den langen Flur an die Hotel-Bar, und ihre Einsamkeit förmlich zu schmecken ist. Am Ende gönnt „Love After Love“ dieser Suzanne und ihren beiden Söhne vielleicht ein neues Leben. Vielleicht. Ungeheuer nahe an seine Figuren heran hat sich Russel Harbaugh in seiner Geschichte bewegt. „Love After Love“ von Russel Harbaugh – herausragend. Redaktionell empfohlener externer Inhalt Diese Weisheit steht am Anfang von „Der unverhoffte Charme des Geldes“: „Geld hat seine eigene Sprache, und die meisten Menschen verstehen sie nicht.“ Denys Arcand beginnt seinen Film mit einer verführerischen Situation: Zwei Taschen mit Mafia-Millionen liegen vor den Füßen des Paketboten; alle, die den Überfall begangen haben, sind tot; ein blitzschneller Griff, die Taschen im Lieferwagen: die Polizei kommt, Pierre fährt weg; versteckt das Geld. Doch der promovierte Philosoph, der als Paketbote arbeitet, ist nun mit seinem Latein am Ende. So kommt „The Brain“ ins Spiel ... „Ich brauche Ihre Hilfe, ich habe zu viel Geld.“ ... Finanzgenie, Ex-Rocker, gerade aus dem Knast entlassen, der Lebenshilfe gibt. „Du änderst absolut nichts, verstanden?“ „Ja, verstanden.“ „Gut!“ Ein filmisches Märchen Regisseur Denys Arcand konfrontiert die Tatsache, dass Pierre sich hier Mafia-(! )-Geld unter den Nagel gerissen hat, mit seinem moralischem Diskurs, so absurd der auch scheint. „Meine Moral ist: Verbrechen ja, aber keine Opfer.“ Das durch und durch sympathische Personal: der Paketboten-Philosoph, der Gauner, der gleichzeitig Finanzgenie ist, und die liebevolle Escort-Dame. Ein filmisches Märchen, dem wir seinen Märchencharakter gerne glauben würden, wenn Denys Arcand uns nicht immer wieder auch auf den bösen Bodensatz dieser Gesellschaft stoßen und all die Obdachlosen zeigen würde, für die sich Pierre im Film engagiert. Der Abspann zeigt die Gesichter dieser Menschen aus Montreal in Großaufnahme. „Der unverhoffte Charme des Geldes“ von Denys Arcand – empfehlenswert. Ein geheimnisvoller britischer Muslim, von dem wir nichts weiter in Michael Winterbottoms Film „The Wedding Guest“ erfahren, reist von Großbritannien nach Pakistan. Kauft dort eine Rolle Klebeband, zwei Pistolen. Kühl zieht Jay alias Dev Patel seinen Plan durch: Er raubt Samira, die pakistanische Braut, die zur Ehe gezwungen werden soll. „Keinen verdammten Mucks. Es gibt Tote, wenn Du Krach machst.“ Doch Jays Auftraggeber, Samiras Freund aus London, will sie nicht mehr, ... „Bring sie zurück nach Pakistan.“ ... weil Jay beim Raub einen Mann erschossen hat. Auf der Odyssee durch Indien, wohin sich Jay mit Samira absetzt, entwickelt sich „The Wedding Guest“ zu einem Neo-Noir-Film. Denn Samira ist keineswegs nur Opfer, sondern auch sie hat einen Plan, ... „Wir teilen uns die Steine. Fifty fifty. Und gehen danach getrennte Wege.“ ... der mit geraubten Diamanten zu tun hat. Akteur oder Opfer? Mit eindrucksvoller Intensität spielt Dev Patel diesen Mann, dem nie ganz klar ist, ob er noch der Akteur in diesem Spiel ist oder schon das Opfer einer schönen Frau, die ihm mühelos das Wasser reichen kann in Sachen Geheimnis, Hinterlist, Argwohn und Brutalität. „Du kannst zurückgehen. Keiner weiß, wer Du bist. Ich nicht.“ Mit anderen Worten: Natürlich, so, wie es sich für einen Noir-Film à la „Frau ohne Gewissen“, dem Klassiker von Billy Wilder, gehört, haben Jay und Samira auch in „The Wedding Guest“ eine leidenschaftliche Beziehung. Am Ende, in Goa, am Meer, hat Jay immer noch den gleichen stoischen Gesichtsausdruck wie am Anfang am Flughafen in London, als seine Reise begann. Aber in ihm tobt die Hölle der Enttäuschung. Wunderbar, wie Michael Winterbottom wieder vorführt, wie souverän er die Genres beherrscht – vom Politthriller bis zum Film Noir. „The Wedding Guest“ von Michael Winterbottom, bei uns als VideoOnDemand verfügbar – herausragend.