„Das ist ein Witz“ - Merkels Plan gegen Nazis
. Deutschlands Umgang mit Neonazis ist ungefähr so: Die ganze verdammte Hütte brennt,
aber wir tun so, als wäre alles oki doki.
Wir haben mindestens 12.700 gewaltbereite Rechtsextremisten
in Deutschland.
Mehr als 170 Tote durch rechte Gewalt seit 1990.
Darunter der ermordete CDU-Politiker Walter Lübcke,
der sich für die Aufnahme von Flüchtlingen einsetzte.
Und die Opfer des rechtsextremen Killers in Halle,
der vor wenigen Wochen eine Synagoge stürmen wollte.
Diese Zustände sind eine Schande!
Aber keine Sorge, die deutsche Regierung
hat diese Woche ein Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus beschlossen.
Ein genialer Masterplan,
wie Deutschland gegen Nazis vorgehen will - auf ganzen 3 Seiten.
Nur mal zum Vergleich:
Die Antwort der CDU auf Rezos Zerstörungsvideo war 11 Seiten lang.
11 Seiten mit 27.000 Buchstaben über Rezo
und 3 Seiten mit 5.000 Buchstaben
über die Bedrohung unserer Gesellschaft durch Rechtsextremismus.
Ganz groß, Deutschland!
(Applaus)
Aber Moment, keine Vorurteile.
Vielleicht sind ja diese 3 Seiten der Bundesregierung schon so super,
dass es mehr gar nicht braucht.
Was wurde denn z.B. beschlossen?
Künftig soll die Mitgliedschaft
in einer verfassungs- feindlichen Vereinigung dazu führen,
dass ein Mensch keine Waffen mehr besitzen darf.
Moment mal, das ging?
Also ich konnte einfach hingehen und sagen:
I bim's, Mitglied einer verfassungs- feindlichen Nazigruppe
und ick würde jerne Waffenschein machen und Knarren kaufen.
Ja, nice!
Und sich dann wundern,
wenn sich Rechtsextreme immer stärker bewaffnen
und man allein 2018 über 1.100 Waffen in der rechten Szene gefunden hat.
Uuups.
Ich schwanke ehrlich zwischen der Erleichterung,
dass in Zukunft Waffen für Mitglieder verfassungsfeindlicher Organisationen
tabu sein sollen.
Auf der anderen Seite dem Schock,
dass da offenbar jahrzehntelang vorher kein Schwein dran gedacht hat.
Okay, was haben wir noch?
Die Regierung verspricht eine Sensibilisierung
zu den Themen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus.
Hervorgehoben wird das Programm "Demokratie leben".
Dieses Programm unterstützt im ganzen Land Initiativen und Vereine,
die sich für Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit einsetzen.
Dieses wichtige Programm
soll mit 115 Mio.Euro jährlich gefördert werden,
was an sich eine super Sache ist.
Das Problem ist nur, das ist dasselbe Budget,
das jetzt schon jährlich zur Verfügung steht.
Also es wird nicht erhöht!
Und auch nur bis 2023 überhaupt garantiert!
Unser Plan, wie es besser werden soll, lautet also:
Wir machen weiter wie bisher.
2 Mrd. brauchen wir dafür, nicht 100 Mio.Euro.
Das ist ein Witz!
Es gibt so einige Punkte in diesem Maßnahmenpaket,
wo man sich wirklich fragen könnte,
wie ernst ist das tatsächlich gemeint.
In einem Punkt heißt es:
Die Regierung unterstützt eine Stärkung der Ressourcen
bei der Bekämpfung rechter Kriminalität.
Super.
Aber die tatsächliche Entscheidung
soll erst irgendwann bei weiteren Haushaltsberatungen getroffen werden.
Also welche Ressourcen man jetzt genau, in welchem Umfang,
wo und wann überhaupt mal in diesem Land irgendwann verstärken will
- keine Ahnung!
Das gibt der Masterplan leider nicht her.
Aber schön, dass wir mal wieder drüber gesprochen haben.
In einem anderen Punkt wird versprochen,
dass man den Schutz von medi- zinischem Personal verbessern will.
Falls ihr euch fragt,
was das eigentlich mit dem Kampf gegen Rechts zu tun hat
- das frage ich mich auch.
Bei den restlichen Maßnahmen gehts hauptsächlich um höhere Strafen
oder einen engeren Austausch zwischen Sicherheitsbehörden.
Das sind alles Dinge,
die für sich genommen irgendwo Sinn machen können,
aber im Endeffekt liefern diese Vorschläge der Bundesregierung
eher die Möglichkeit,
dass man ein paar Rechtsextreme ein bisschen härter bestraft.
Ein wirklich überzeugendes Konzept,
wie man bestehende rechtsextreme Strukturen in Deutschland
schwächen und zerschlagen kann,
oder wie man das weitere Wachsen der rechten Szene verhindern kann,
das alles liefert dieses Konzept nicht!
Nur mal so zur Größenordnung:
Wir hatten letztes Jahr allein in Ostdeutschland
täglich 5 Opfer rechter Gewalt.
5 Menschen, die dort von Rechten fertig gemacht werden,
jeden verfluchten Tag!
Das sind Zahlen, die kennt man, die liegen auf dem Tisch,
die werden auch nicht besser mit der Zeit.
Aber offenbar hat das lange Zeit leider nur die Falschen getroffen.
Die Angriffe richteten sich zum großen Teil gegen Flüchtlinge,
Menschen mit Migrationshintergrund und schwarze Deutsche.
Wenn diese Leute bei uns auf offener Straße zusammengeschlagen,
abgestochen oder erschossen werden, dann haben Politiker
natürlich öffentlich immer das Ganze bedauert und erzählt,
wie schlimm das doch alles ist.
Aber hintenrum sollte dann trotzdem Beratungen
gegen Rechtsextremismus das Geld gestrichen werden.
Das erfolgreichste Nazi- Aussteigerprogramm stand vor dem Aus.
Und ein NPD-Verbot erklärte man irgendwann einfach für nicht nötig.
Obwohl die Partei maßgeblich
die rechtsextremen Strukturen in Deutschland mit aufgebaut hat.
Totgeschlagene Ausländer haben wir anscheinend irgendwann
so als Teil der deutschen Normalität akzeptiert.
Also rechte Gewalt ein wenig sowie schlechtes Wetter,
kann man halt nichts machen, schade.
Ich weiß nicht, ob die Herkunft damit etwas zu tun hat.
Von den Politikern im Bundestag haben nur 8% einen Migrationshintergrund.
Die restlichen 92% sind weiße Deutsche ohne Migrationshintergrund,
die sich nie Sorgen darum machen mussten,
nur wegen ihrer Hautfarbe auf der Straße attackiert zu werden.
Vielleicht hat der geringe Anteil von Politikern mit ausländischen Wurzeln
und diesen Erfahrungen mit dazu geführt,
dass das Thema nicht ernst genug genommen wurde.
Das vorliegende Maßnahmenpaket ist besser als gar nichts,
aber kann "besser als gar nichts" wirklich ein Maßstab sein,
wenn so viel auf dem Spiel steht?
Wirklich überzeugt bin ich vom Maßnahmenpaket leider nicht.
Ich weiß nicht, wie ihr das seht?
Vielleicht habt ihr eine komplett andere Sicht auf die Dinge.
Dann schreibt mir das gern in die Kommentare.
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Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk
