tagesthemen 22.03.2021, 22:30 Uhr - EU beschließt Sanktionen gegen China
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (22.03.2021)
Heute im Studio: Caren Miosga
Guten Abend und willkommen zu den tagesthemen an einem Tag,
an dem sich wieder mal entscheidet, wie es weitergeht in der Pandemie.
Und dies vielleicht in ihrem entscheidendsten Moment,
in dem sich die Politik in einem kaum auflösbaren Dilemma befindet:
Einerseits steigen die Infektionszahlen
nach dem Auftauchen der Virusmutante anscheinend ungebremst.
Sodass die Notbremse gezogen werden müsste.
Andererseits können die Menschen nicht mehr und hoffen,
dass sich diese Bremse wieder löst, wenigstens ein bisschen.
Wie die Kanzlerin und die Ministerpräsident*innen
heute darüber streiten, darüber gleich mehr.
Zunächst fasst Ingrid Bertram zusammen,
wo wir gerade stehen in dieser Pandemie.
Seit Anfang März war das wieder möglich:
Friseure besuchen, Kleidung einkaufen,
mehr Freunde sehen und die Schulen wieder geöffnet:
Zu viel der Freiheiten?
Zeitgleich haben sich die Infektionszahlen
steil nach oben bewegt:
Binnen drei Wochen ist der Inzidenzwert von 64
auf gut 107 gestiegen.
Die Landkarte hat sich stark eingefärbt.
Anfang März waren noch etliche Landkreise im gelben Bereich,
sprich unter dem Wert von 35.
Der Höchstwert lag unter 500.
Heute sind viele dunkelrot.
Der Spitzenwert liegt zwischen 500 und 1000.
Ist das eine Folge der Lockerungen?
Virologe Ulf Dittmer glaubt, dass das wenig ausgemacht hat.
Die Entwicklung haben wir davor schon gesehen.
Das hat sich nur beschleunigt, weil wir es bei einem Wachstum
immer bei einem exponentiellen Wachstum zu tun haben.
Das wurde hauptsächlich durch die englische Mutante ausgelöst.
Die Mutation B.1.1.7 ist der Pandemietreiber.
Inzwischen sind je nach Region zwischen 60 und 90 % der Infektionen
auf die Variante zurückzuführen.
Und es sind deutlich mehr Kinder und junge Erwachsene betroffen.
In den Schulen gibt es Ausbrüche, vereinzelt in Kitas.
Aber es betrifft auch andere Altersgruppen:
Insgesamt haben sich in den vergangenen zwei Wochen
die Infektionen bei den Kindern bis 14 fast verdoppelt.
Bei den bis 34-Jährigen sind sie um ein Viertel angestiegen.
Bei den über 80-Jährigen sind sie leicht gesunken.
Eine deutliche Verschiebung hin zu den Jüngeren, sagt der Virologe.
Die sind sozial aktiver.
Die gehen arbeiten, haben eventuell Infektionsgefahr am Arbeitsplatz.
Es ist auch ein bisschen bei den jüngeren Menschen
eine Müdigkeit eingetreten, die Maßnahmen im Privaten durchzuhalten.
Vor allem wegen der Mutation
muss sich jeder schützen, so gut es geht.
Sonst droht immer mehr Städten und Gemeinden die Notbremse.
Wieder wird es spät heute beim virtuellen Treffen im Kanzleramt,
diesmal später als bei den Zusammenkünften zuvor.
Noch hat die Pressekonferenz zu den Beschlüssen von Bund und Ländern
nicht begonnen.
Und vielleicht werden sie heute auch gar nicht fertig.
So viel sickerte schon vor Stunden durch,
dass der Lockdown bis zum 18. April verlängert wird.
Doch was im Einzelnen auf uns zukommt,
darüber gab es auch heute wieder viel Streit.
Stefan Stuchlik.
Der Lockdown wird bis zum 18. April verlängert.
So viel steht fest, ansonsten aber sitzen sie im Kanzleramt immer noch.
Es wird verhandelt und gestritten wie meist bei Corona-Konferenzen,
v.a., wenn es um die Kinder geht.
Zweimal die Woche soll in Schulen und Kitas getestet werden.
Wer dafür zu wenig Tests hat, soll wieder schließen müssen,
lautet ein Vorschlag.
Schließen auch bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 200.
Die Idee kommt aus dem Kanzleramt.
Bildung ist Ländersache, da ist Ärger bereits garantiert.
Deswegen ist der Vorschlag des Kanzleramtes etwas irritierend.
Weil wir uns vor acht Wochen verständigt haben,
dass sich das Kanzleramt zu Schule und Bildung nicht mehr äußern soll.
Was wir brauchen,
ist ein kontinuierliches Testen in der Schule.
Schulen wieder zumachen? So lautet eine Frage.
Gibt es einen Osterurlaub, die andere.
Viele springen jetzt in die Flieger,
um den deutschen Corona-Regulierungen zu entkommen.
Mallorca ist nach einer Entscheidung der Bundesregierung
kein Risikogebiet mehr.
Auch da gibt es heftigen Widerstand von den Ländern.
Die Mallorca-Entscheidung ist ein Stimmungskiller,
weil Leute natürlich fragen:
Warum darf ich nicht in die Lüneburger Heide ins Ferienhaus,
aber darf nach Mallorca fliegen?
Das lässt sich nicht überzeugend beantworten.
Die Nordländer schlagen
einen "kontaktarmen Urlaub in Deutschland" vor.
Was auch immer das heißt.
"Keine weiteren Lockerungen zu Ostern", heißt die Gegenposition.
Und was ist mit Einkaufen?
Viele Länder haben komplizierte Regelungen geschaffen,
um die Geschäfte offen zu halten.
Langsam läuft alles wieder an, aber ist das alles rechtens?
Gleiche Regeln für alle im Einzelhandel,
urteilt heute das OVG Münster.
Gut, sagt die Landesregierung von NRW
und führt die strengen Regeln für alle ein.
Solche komplizierten Verordnungen müssen prinzipiell weg,
so eine Dauerforderung der FDP.
Wir müssen mehr Vertrauen und Verantwortung
in die Gesellschaft geben.
Dass mit guten Regeln und intelligenten Konzepten
Gesundheitsschutz und Freiheit besser möglich sind.
Um 14 Uhr fuhren die Ersten vor.
Seither debattiert man über Schulen,
Urlaub, Testen, Impfen und Inzidenzwerte.
Der lange Streit heute müsse nicht sein, sagen die Grünen.
Man hätte bei der letzten Konferenz beim Lockdown bleiben müssen.
Was heute mit Erschrecken festgestellt wird,
war eine Situation mit Ansage.
Die Voraussetzungen wurden nicht geschaffen,
es wurde trotzdem gelockert.
Jetzt müssen die Menschen ausbaden, was die Regierung verbockt hat.
Ob es Regierung oder Länder sind,
die die schlechte Corona-Situation im Land zu verantworten haben.
Ob es die Lockerer oder die Strengen sind:
Das ist der Hauptstreit,
der die Konferenzen so lange dauern lässt.
Und der bleibt, egal, wann die Beschlüsse verkündet werden.
Julie Kurz beobachtet den Gipfel
und wartet mit uns schon den ganzen Abend.
Warum dauert das noch so lange, was ist da los?
Diese Sitzung ist seit einiger Zeit unterbrochen.
Es wird zurzeit nur im kleinen Kreis diskutiert.
Bevor es zur Unterbrechung kam, soll die Kanzlerin gesagt haben,
was wir beschließen, ist das, was wir letztes Mal schon beschlossen haben.
Das heißt, dass die Notfallbremse jetzt umgesetzt werden soll.
Das würde aber nicht reichen, um das exponentielle Wachstum zu brechen.
Die Kanzlerin sagt, es sei nicht die Zeit der Lockerungen.
Darum stehen wir vom Kanzleramt und drinnen passiert nicht viel.
Wir wissen nicht, wann es weitergeht.
Lautet die Botschaft, nach dem, was Sie wissen:
Osterurlaub abgesagt?
In dem Entwurf stand,
dass kontaktarmer Urlaub möglich sein soll.
Dass man in eine Ferienwohnung hätte fahren können.
Dieser Passus wurde gestrichen.
Aber u.a. die Nordländer wollten in einer Protokollerklärung klarmachen,
dass das bei ihnen trotzdem möglich ist.
Das ist wohl ein Punkt, wo es große Diskussion drum gibt.
Das würde bedeuten, dass es den föderalen Flickenteppich gibt.
Die Kanzlerin sagt, das wären Lockerungen,
die sie nicht haben will.
Aber erst mal ist dieser Passus gestrichen worden.
Welche Lösung bahnt sich für die Mallorca-Urlauber an?
Müssen die fortan in Quarantäne,
auch wenn die Inzidenz niedrig ist auf der Insel?
Das war eine hochemotionale Diskussion.
Da ging es darum, wie kann es sein,
dass Menschen nach Mallorca fliegen können
und man kann aber nicht im eigenen Land verreisen?
Wir hören, dass es sehr schwierig sein soll.
Es war im Gespräch, ob es eine Quarantäne geben soll
oder eine Testpflicht.
Es sei mit der Quarantäne rechtlich schwer umzusetzen.
Es ist im Gespräch, ob Fluglinien verpflichtet werden sollen,
diese Tests zu machen.
Nächster Streitpunkt ist die Testpflicht,
sowohl in den Betrieben als auch in den Schulen.
Warum wird's die nicht geben?
Die CDU-geführten Länder wollen der Wirtschaft nicht noch mehr zumuten.
Das hatten wir auch schon
bei der Diskussion um das Homeoffice gehört.
Darum soll bei den Tests nur eine Selbstverpflichtung geben.
Und es sollen die Schule nur dort geöffnet bleiben,
wo zweimal die Woche getestet wird.
Auch da gibt es die Frage, ob es möglich ist, das zu sichern.
Ob es genug Kapazitäten gibt dafür.
Die Kanzlerin wird zitiert mit dem Satz:
"Wir beschließen nur das, was wir schon letztes Mal beschlossen haben.
Das kann's nicht sein."
Wird sie sich diesmal mehr durchsetzen?
Das ist schwer zu sagen.
Wir hören aus SPD-geführten Ländern, da ist vielleicht Wahlkampf mit drin,
dass sie die CDU-geführten Länder nicht im Griff hätte.
Dass sie keinen gemeinsamen Kurs habe.
Das ist im Moment schwer einzuschätzen,
ob sie sich durchsetzt.
De facto ist es so, dass es die längste Unterbrechung ist,
die wir jetzt gerade haben.
Wie das Ganze ausgeht, ist offen.
Kann es auch scheitern heute Nacht?
Die, mit denen ich gesprochen habe,
die sehen das eher als unwahrscheinlich an.
Ausschließen kann man es aber nicht.
Es wird aber auf jeden Fall ein langer Abend.
Es gibt noch einige Punkte zu diskutieren.
Zum Beispiel der Punkt Ausgangssperre.
Der wurde wohl noch nicht im Detail diskutiert.
Und auch der Punkt Schule.
Da wurde auch immer hitzig diskutiert.
Wir schauen es uns genauer an:
Das, was aussieht wie ein Experiment und was es wohl auch ist,
vielleicht das Größte, das die Schule je sah.
Nur, dass es nicht in Physik oder Chemie gewagt wird,
sondern außerhalb des Lehrplans.
Wenn Schüler sich nun verstärkt entweder selbst testen
oder aber testen lassen sollen.
Um wieder sorgenfreier in den Unterricht mit Lehrern
und Klassenkameradinnen gehen zu können.
Der Plan ist gut, doch besteht er auch den vorläufigen Praxistest?
Emil Mura.
Kurz vor acht
an der Gemeinschaftsschule Eppelborn im Saarland.
Schulleiter Martin König und eine von ihm beauftragte Ärztin
treffen die Vorbereitungen für die Schnelltests.
Als Labor dient ein umfunktioniertes Klassenzimmer.
Martin König findet es gut, dass getestet wird.
Auch wenn die Testtage nervenaufreibend sind
und viel zusätzliche Arbeit bringen.
Es ist ein Riesenaufwand,
weil alle Einverständniserklärungen von den Eltern da sein müssen.
Zuvor muss man über die Datenschutzverordnung aufklären.
Und dann muss es alles in einen Plan gepackt werden,
sodass es morgens zwischen 8 und 12 Uhr über die Bühne gehen kann.
Um 8.15 Uhr geht es los.
Schüler werden klassenweise aufgerufen.
Mittlerweile sind sie routiniert.
Getestet wird seit zwei Wochen zweimal die Woche.
Das Angebot ist freiwillig.
Rund 60 % der Schüler nutzen es.
Ich find's ganz gut, dass man sich in der Schule testen lassen kann,
weil das mehr Sicherheit für die Schüler bringt.
Ich finde die Tests gut, weil man möchte wissen,
ob man positiv ist oder negativ.
Ich fände es besser, wenn alle das machen müssten,
dann hätte die ganze Schule diese Sicherheit.
Und man könnte die Klassen wieder zusammentun.
Verpflichtende Tests für alle.
Das wünscht sich auch Schulleiter König.
Denn bei 40 % ungetesteten Schülern bleibe viel Unsicherheit.
Viele Eltern würden ihre Kinder nicht testen lassen.
Z.B. weil sie vermeiden wollten, dass die gesamte Familie
bei einem positiven Testergebnis in Quarantäne muss.
Für 'ne Testpflicht bin ich, weil ich das Beispiel habe:
15 Kinder sind in einer Lerngruppe, davon lassen sich 13 testen,
alle sind negativ.
Was ist mit den beiden anderen? Die könnten positiv sein.
Und könnten an diesem Morgen den Rest anstecken.
Dann wäre es für die Katz.
Große Unsicherheit also und viel Papierkram.
Der Aufwand für Datenerfassung und -archivierung ist groß.
Martin König nimmt das in Kauf.
Für ihn ist jede erkannte Infektion den Aufwand wert.
Heute hatten sie wieder Glück in der Gemeinschaftsschule Eppelborn:
Alle Tests waren negativ.
Genau wie in den vergangenen zwei Wochen.
Michael Meyer-Hermann ist Immunologe
am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig.
Und hilft uns zu verstehen, ob die Maßnahmen,
die heute diskutiert werden, epidemiologisch sinnvoll sind.
Guten Abend.
Notbremse bei einer Inzidenz von 100,
möglicherweise weniger Kontakte und keine Reisen innerhalb Deutschlands.
Wird das reichen, um die Zahlen herunterzubringen?
Da muss man sich veranschaulichen,
was diese neue Variante mit sich bringt.
Wir können uns daran erinnern, wie das in der zweiten Welle war.
Da haben wir die Wildtypvariante gehabt.
Da haben wir halbherzige Maßnahmen durchgeführt.
Die haben uns in eine Art Gleichgewicht geführt.
Kurz vor Weihnachten sind die Zahlen dann erst hochgegangen.
Jetzt haben wir es mit einer Variante zu tun,
die bis zu 70 Prozent ansteckender ist.
Wir haben eine Entwicklung, die deutlich schneller ist,
als das, was wir vorausgesagt haben.
Wir haben schon im Januar vor der Entwicklung gewarnt.
Es war schon bekannt, dass das jetzt passiert.
Haben Sie den Eindruck, dass die Wissenschaft noch gehört wird?
Nein, das ist genau der Punkt.
Wir müssen uns entscheiden,
ob wir eine wissenschaftsbasierte Pandemiepolitik fahren wollen.
Der Wissenschaft ist klar, dass die dritte Welle passiert.
Die Maßnahmen werden jetzt immer schlimmer und teurer.
Sie müssen länger durchgehalten werden.
Immer zu warten, ob es wirklich passiert,
ist kein guter Ratgeber.
Sowohl psychologisch, als auch sozial und auch wirtschaftlich
verursacht es Mehrkosten.
Wie viele Menschen müssen geimpft sein,
um einen nennenswerten Effekt gegen die Ausbreitung des Virus,
auch der britischen Virusvariante, zu haben?
Jede Impfung führt dazu, dass wir eine bessere Situation haben.
Die über 80-jährigen haben wir jetzt weitgehend geimpft.
Dadurch gehen die Todeszahlen deutlich runter.
In der zweiten Welle sind 50.000 Menschen gestorben.
Das wollen wir ungern wiederholen.
Wenn die über 80-Jährigen geimpft sind
und sich vor allem Jüngere anstecken und die Todeszahlen sinken,
wo ist das Problem?
Die neue Variante hat eine höhere Todesrate.
Und man darf nicht vergessen,
dass die Sterberaten bei den Jüngeren auch nicht klein sind.
Das bedeutet, wenn wir jetzt höhere Inzidenzen haben,
dass wir dann auch höhere Todeszahlen haben.
Wir können das Problem noch nicht lösen, dadurch, dass wir hoffen,
dass die älteren Leute durch die Impfung geschützt sind.
Was braucht es Ihrer Meinung nach jetzt?
Wir müssen eine klare Bremse ziehen.
Die wir vor zwei Wochen schon hätten ziehen müssen.
Da war schon klar, dass die Zahlen rapide hochgehen.
Diese klare Bremse ist nicht erfolgt.
Wir haben eher was geöffnet.
Das ist nicht Schuld an dieser Entwicklung,
hat sie aber beschleunigt.
Es ist nach Meinung vieler nicht weniger als ein Genozid,
den die chinesische Führung begeht am Volk der muslimischen Uiguren.
Sie sind in der Provinz Xinjiang
zu Hunderttausenden in Haftlagern wie diesem eingesperrt.
Wo sie gezwungen werden,
ihre Religion, Kultur und Sprache aufzugeben.
Und wo sie teilweise auch misshandelt werden.
Wenn es um ihr Schicksal geht, ist der Westen eher schmallippig,
schließlich sollen weiter lukrative Geschäfte mit China gemacht werden.
Nun weht in Washington ein neuer, eisiger Wind in Richtung Peking
und die EU verhängt mit den USA Strafmaßnahmen.
Sehr moderate zwar,
doch die scharfe Antwort erfolgt prompt.
Markus Preiß.
Abdullam Imerov (51) ist ein Mann, der fest im Leben steht.
Er hat zwei Kinder, arbeitet als Gas- und Elektrotechniker.
Seit 20 Jahren lebt der in Kasachstan geborene Uigure in Belgien.
Doch wenn er erzählt, was mit seinem Volk in China passiert,
übermannen ihn die Emotionen.
Ein ganzes Volk ist in Gefahr.
Die chinesische Politik versucht,
unsere Identität, Sprache, Tradition zu zerstören, ein ganzes Volk.
Kontakt nach China zu halten ist kompliziert und gefährlich:
Ein Anruf, eine SMS aus dem Ausland, sagt er,
kann Freunde und Bekannte ins Arbeitslager bringen.
Schauen Sie, davon gibt es Hunderte.
Zehntausende Uiguren seien gefangen.
Es gibt Zwangsarbeit – übrigens auch für westliche Konzerne.
Und das haben sie mit unseren Moscheen gemacht.
Wir Uiguren müssen zum Dank dafür morgens singen –
vor dem Porträt von Mao Zedong.
Danke, chinesische Regierung, danke, dass wir leben dürfen.
Dass ihr uns etwas zu essen gebt, es ist die reinste Gehirnwäsche.
Wir können nicht nachprüfen, ob sich all das, was er erzählt,
wirklich so in den Lagern abspielt in der Provinz Xinjiang.
Doch unstrittig ist, dass es nicht nur Fortbildungsstätten sind,
wo gelernt wird, wie es Peking darstellt.
Deshalb verhängte die EU heute
Sanktionen gegen vier Verantwortliche in China:
Einreise- und Kontosperren.
Das macht deutlich, dass es die EU ernst meint
mit der Einhaltung von Menschenrechten.
Und mit der Sanktionierung denen gegenüber,
die dagegen verstoßen.
Die EU legt sich an mit dem wichtigen Handelspartner China:
Die Sanktionen sind die ersten wegen Menschenrechtsverletzungen seit 1989,
seit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens.
Die Regierung in Peking reagierte sofort
und verhängte ähnliche Sanktionen.
U.a. gegen das Mercator-Institut für China-Studien in Berlin
oder Europa-Abgeordnete wie Reinhard Bütikofer.
Die haben Europa-Abgeordnete
der vier größten demokratischen Fraktionen mit Sanktionen belegt.
Die können doch nicht glauben, dass das unsere Bereitschaft,
China entgegenzukommen, besonders fördert.
Es sei ohnehin Zeit, dass nun Klartext gesprochen wird,
finden Abdullam und seine Familie.
Sie wünschen sich noch mehr Einsatz der EU,
wie im Fall Nawalny mit Russland.
Bei uns geht es nicht nur um eine Person oder eine Partei:
Es geht es um das Überleben eines ganzen Volkes.
Sein Kampf für die Uiguren:
Abdullam weiß, dass er deshalb wohl nie mehr nach China reisen kann.
Aber er findet: Einer muss was sagen.
Die Uiguren in China könnten es nicht.
Die Sanktionen der EU und wie China darauf reagiert:
Dazu hat Mario Schmidt, langjähriger Asien-Korrespondent vom NDR,
diese Meinung.
Die Europäische Union hat heute Glaubwürdigkeit zurückgewonnen.
Den Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang
konnte die EU nicht länger nur mit Protestnoten begegnen.
Doch klar ist damit auch:
Europa ist da angekommen, wo die Amerikaner mit China schon sind:
Wie du mir, so ich dir.
Peking zahlt auf seine Art zurück.
Es sanktioniert nicht nur zwei China-kritische deutsche Politiker,
sondern auch das Berliner Mercator-Institut:
Eine zentrale Denkfabrik für China-Studien,
also die Experten, die uns helfen, China zu verstehen.
Der kritische Blick war Peking schon lange ein Dorn im Auge.
Die Gegensanktionen sind auch ein Angriff
auf die Meinungsfreiheit und Forschung in Deutschland.
Es kann noch ungemütlicher werden, da darf man sich nichts vormachen.
Derzeit wird zwei Kanadiern in China der Prozess gemacht.
Warum, wissen wir nicht, angeblich Spionage.
Aber der Verdacht liegt nahe,
dass die beiden vor zwei Jahren als Geiseln eingesperrt wurden.
Als Vergeltung für die zuvor in Kanada verhaftete Tochter
des Gründers von Huawei, dem chinesischen Netzwerkausrüster.
Eine weitere Zuspitzung
ist auch zwischen Peking und der EU nicht ausgeschlossen.
Dabei steht für beide viel auf dem Spiel.
China will verhindern,
dass sich Europa stärker an die USA bindet.
Und Europa weiß um die Abhängigkeit von Chinas Wirtschaft.
Die EU hat trotzdem die richtigen Signale gesetzt:
Der menschenverachtende Umgang mit den Uiguren
hat endlich Konsequenzen für einige Verantwortliche.
Und: Europa lässt sich von Peking nicht einschüchtern.
Die Meinung von Mario Schmidt.
Wegen der Corona-Krise rechnet die Bundesregierung 2021 und 2022
mit zusätzlichen Schulden in Milliardenhöhe.
Mehr dazu in den Nachrichten.
Für 2021 plant Finanzminister Scholz
mit einem Nachtragshaushalt von gut 60 Milliarden Euro.
Unter anderem für Unternehmenshilfen und Gesundheitsausgaben.
Für 2022 sind laut vorläufigen Eckpunkten neue Kredite in Höhe
von 81,5 Mrd. Euro vorgesehen.
Die Schuldenbremse im Grundgesetz müsste erneut ausgesetzt werden.
Hoteliers und Gastronomen leiden unter den wirtschaftlichen Folgen
der wiederholten Lockdowns.
Seit Beginn der Pandemie 2020 verzeichnete die Branche
drastische Umsatzeinbrüche, so das Statistische Bundesamt.
Mehr dazu von Markus Gürne aus der Frankfurter Börse.
Nicht nur in den Urlaubsgebieten Deutschlands
leiden Hotelbetriebe und die Gastronomie.
Durch ausgefallene Messen und so gut wie keine Dienstreisen mehr
sind Umsätze eingebrochen, stehen Betriebe vor dem Ende ihrer Existenz.
Die Einnahmen im Gastgewerbe haben sich seit März 2020
um 47 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu halbiert.
Zwar sorgten die Sommermonate 2020 für etwas Entspannung,
aber im April und Dezember lagen die Rückgänge bei fast 75 Prozent.
Das hat viele Menschen ihre Jobs gekostet.
Seit Beginn der Pandemie
hat die Branche 19 Prozent der Arbeitsplätze verloren.
Mit Schweigeminuten wurde in Brüssel
an die Opfer der Terroranschläge vor fünf Jahren erinnert.
Das belgische Königspaar traf an den beiden Tatorten
Betroffene und Angehörige.
Am 22. März 2016 sprengten sich zwei Attentäter
am Flughafen Zaventem in die Luft.
Ein Dritter zündete in einer Metrostation im Europaviertel
einen Sprengsatz.
35 Menschen starben, 340 wurden verletzt.
Die Terror-Miliz IS hatte sich zu den Taten bekannt.
Australien erlebt die schwersten Überschwemmungen seit Jahrzehnten.
Nach tagelangem Starkregen wurden im Südosten des Landes
zahlreiche Ortschaften evakuiert.
Zehntausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen.
Straßen, Brücken und Felder stehen teils meterhoch unter Wasser.
Noch gibt es keine Entwarnung:
Die Pegelstände der Flüsse steigen, und es drohen weitere Unwetter.
Nach zweimaliger Verschiebung am Wochenende
hat Russland heute eine neue Mission ins All gestartet:
Vom Weltraumbahnhof Baikonur aus brachte eine Sojus-Rakete
38 kleinere Satelliten aus 18 Staaten ins All:
Um sie in verschiedenen Umlaufbahnen auszusetzen.
Darunter sind auch Funksatelliten der TU Berlin
sowie ein Gerät aus Japan, das Weltraumschrott einsammeln kann.
Wir alle hängen derzeit in der Luft,
doch manchen droht nach dem Schweben ein härterer Fall als anderen.
Tänzer haben ohnehin ein kürzeres Berufsleben als die meisten,
und so werden Monate im Lockdown für sie gefühlt zu Jahren.
Deshalb blickt Jenni Rieger mit dem Mittendrin-Team nach Stuttgart.
Dort ist keinem nach Luftsprüngen zumute,
aber wenigstens darf wieder auf der Bühne trainiert werden.
Tanzen ist ...
Ich fühle, dass ich zum Tanzen geboren bin.
Doch tanzen ohne Publikum –
viel zu lange muss sie das schon aushalten.
Im vergangenen Herbst kam Mackenzie Brown zum Stuttgarter Ballett,
mitten in der Pandemie, mitten im Lockdown.
Dabei wollte die 18-Jährige bei ihrem ersten Engagement durchstarten.
Ich war so aufgeregt,
mit dem Stuttgarter Ballett auf der Bühne stehen zu dürfen.
Mit der Kompanie, vor Publikum.
Aber leider kam es nicht dazu.
30 bis 40 Auftritte hätte Mackenzie in normalen Zeiten bereits gehabt –
jetzt wegen Corona noch keinen einzigen.
Aber wenigstens trainieren darf sie inzwischen wieder.
Mit 15 anderen Tänzerinnen.
Alle hier werden zweimal in der Woche getestet.
Und erschaffen sich dadurch einen geschützten Raum –
und fast so etwas wie Normalität.
Fast.
Intendant Tamas Detrich macht sich dennoch Sorgen –
denn eine Tänzerkarriere ist kurz.
Ein Tänzer lebt für die Bühne, lebt für das Auftreten.
Es ist sehr hart.
Ein Jahr im Tänzerleben ist wie zehn Jahre anderer Künstler,
der bis ins Pensionsalter den Beruf ausüben kann.
Er ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere:
Friedemann Vogel, der Star des Stuttgarter Balletts.
Monate des Lockdowns haben ihn frustriert -
seinen Körper, seine Seele.
Mit meinem Körper sprechen zu können,
mit meinen Partnerinnen Geschichten zu erzählen.
Wenn das nicht mehr da ist, fehlt ein großer Teil von meinem Leben.
Ich hab fast ein Jahr kein Pas de deux mehr getanzt.
Kein Pas de deux seit einem Jahr.
Mackenzie hingegen wartet noch auf ihr Debüt.
Am 1. April soll es so weit sein.
Dann wird sie auf der Bühne des Stuttgarter Opernhauses stehen –
nicht vor Publikum, sondern für einen Livestream.
Immerhin.
Choreograf Mauro Bigonzetti ist für dieses Projekt aus Italien angereist.
Endlich wieder arbeiten zu können – für ihn bewegend.
Es ist so schwer gerade.
Aber wir haben Glück, dass wir wieder sehen können,
wie die Körper zusammenarbeiten, wie sie sich berühren.
Das ist etwas Seltsames in diesen Zeiten,
zu sehen, wie Körper sich berühren.
Tatsächlich.
Bilder wie diese: zwei Körper eng aneinander, die sich berühren,
die kommunizieren.
Fast vergessen in dieser Zeit der Abstandsgebote.
Und doch ein Lichtblick irgendwie.
Für uns ist das das Relevanteste, was es gibt auf der Welt,
die Kunst und die Kultur, und es ist das, was überdauert.
Das wird uns die Krise nicht nehmen können.
Es wird so einen Urknall geben, wenn die Häuser wieder voll sind
und wir wieder spielen dürfen.
Und so warten sie und hoffen:
Auf die Bühne, auf ihr Leben, dass es weitergeht.
Uns bleibt zum Schluss noch das Wetter,
nicht getanzt, sondern erzählt von Claudia Kleinert.
Ich habe gute Nachrichten. Es wird sonniger und auch wärmer.
Und zwar in ganz Deutschland.
Die nächsten Tage wird sich die Luft abtrocknen.
Und die Luft, die zu uns kommt, wird wärmer.
Am Mittwoch haben wir in München elf Stunden Sonne.
Es wird längere sonnige Abschnitte geben.
In der Nacht breiten sich die Wolken weiter nach Süden aus.
Daraus fällt etwas Regen.
In den höheren Lagen können Flocken dabei sein.
Es gibt im Laufe des Tages immer mal sonnige Abschnitte.
Gegen Abend lockert es auf.
Die Sonne ist dann häufiger dabei.
Die Temperaturen sinken in der Nacht
vor allem nach Süden hin auf 0 bis -4 Grad.
Der Nachmittag bringt hier und da
Temperaturen im zweistelligen Bereich.
Die nächsten Tage bringen erst mal einen sehr sonnigen Mittwoch.
Überall ist dann Sonne.
Der Donnerstag bringt neue Wolken mit Schauern.
Von West nach Ost.
Und die Temperaturen steigen.
Da wird es sich nach Frühling anfühlen.
Das war's von uns.
Hier geht's weiter mit der Reportage Hart gelandet: Airbus in der Krise.
Wenn es bis dahin Klarheit gibt über die Beschlüsse in Berlin,
melden wir uns nach der Reportage.
Andernfalls bringt Sie um 0.35 Uhr Anna Planken im nachtmagazin
auf den neuesten Nachrichtenstand.
Ihnen noch einen schönen Abend.
Copyright Untertitel: NDR 2021