So krank macht dich deine Stadt & das kannst du dagegen tun | psychologeek
Überfüllte Straßen, endlose Häuserreihen.
Lärm und zu wenig Erholungsmöglichkeiten.
Das ist der Alltag von über 75 Prozent der Menschen in Deutschland.
So viele von uns wohnen nämlich, so wie ich, in der Stadt.
Versteht mich nicht falsch, ich liebe es, in Berlin zu leben.
Merke aber auch, dass mich das Stadtleben stresst.
Was ich ziemlich krass finde, das Risiko, psychisch krank zu werden,
kann bei Personen, die in der Stadt wohnen,
bis zu 40 Prozent höher sein als bei Personen, die auf dem Land leben.
40 Prozent, das müsst ihr euch mal überlegen.
Die Frage ist jetzt: Was können wir tun?
Wir können schließlich nicht alle aufs Land ziehen.
In diesem Video bauen wir mit Expert:innen
DIE perfekte Stadt für unsere psychische Gesundheit
und schauen uns an, was jede:r von uns machen kann,
um gesünder und stressfreier in der Stadt leben zu können.
(Pulsierende Musik)
Warum ich hier mit 'ner Kaffeetasse durch Berlin laufe,
erzähl ich euch gleich.
Erst mal schauen wir uns an:
Und warum das Stadtleben
eine Belastung für die psychische Gesundheit ist.
Umweltpsychologie ist ein Forschungszweig der Psychologie,
der sich mit der Wechselwirkung zwischen uns Menschen
und unserer Umwelt beschäftigt.
Einerseits beschäftigt sich die Umweltpsychologie damit,
wie wir auf unsere Umwelt, auf das, was uns so umgibt, wirken.
Welchen Einfluss etwa unser Verhalten auf den Klimawandel hat.
Andererseits erforscht die Umweltpsychologie aber auch,
welche Wirkung unsere Umwelt auf uns Menschen hat.
Etwa, inwiefern sich Städte negativ auf unsere Gesundheit auswirken
und auch, was man dagegen tun kann.
Um zu verstehen, warum das Leben in der Stadt so 'ne Belastung sein kann,
schauen wir uns eine der wichtigsten Theorien der Umweltpsychologie an:
Also die Aufmerksamkeitserholungstheorie
von den Psycholog:innen Rachel und Stephen Kaplan.
Die Theorie sagt Folgendes:
Um etwa für die Schule zu lernen oder um von A nach B zu kommen,
brauchen wir unsere:
Das ist unsere Fähigkeit, sich auf eine Sache wie
die Lernzettel oder den Straßen- verkehr konzentrieren zu können.
Jetzt ist es aber so, dass wir nur eine begrenzte Kapazität
von dieser gerichteten Aufmerksamkeit haben.
Ihr kennt das bestimmt, wenn man sich lange auf was konzentriert,
wird man irgendwann ganz schön müde.
Ihr könnt euch das wie einen Akku vorstellen.
Wenn ihr morgens wach werdet, hat euer Akku 100 Prozent.
Mit jeder Aufgabe im Alltag entlädt sich der Akku immer weiter.
Grade das Leben in der Stadt, wo man sich die ganze Zeit auf das,
was um einen herum passiert, konzentrieren muss,
um etwa nicht von 'nem Auto überfahren zu werden
oder in eine andere Person reinzulaufen,
das frisst superviel Akku.
In der Fachsprache spricht man von:
Ihr könnt's euch wohl denken,
um unseren Aufmerksamkeitsakku wieder aufzuladen, brauchen wir Erholung.
Die kriegen wir, ganz klar, wenn wir schlafen gehen.
Aber auch, wenn wir in der Natur sind.
Das muss jetzt kein krasses Bergpanorama oder so sein,
ein Park tut's auch.
In der Natur müssen wir uns nämlich auf nichts Bestimmtes
wie den Straßenverkehr konzentrieren,
brauchen unsere gerichtete Aufmerksamkeit nicht
und können daher unsere Akkus aufladen.
Eine Metastudie von 2010 ist außerdem zu dem Schluss gekommen,
dass sich grade mal fünf Minuten in der Natur
positiv auf die Stimmung und unseren Selbstwert auswirken können.
Aber nicht nur unsere Psyche profitiert von der Natur,
sondern auch unser Körper kommt runter, kann sich erholen.
Das Ding ist nur, während es auf dem Land
Erholungsmöglichkeiten en masse gibt,
sieht es in der Stadt, da, wo wir Erholung am meisten bräuchten,
häufig eher mau aus.
Kein Wunder, dass wir uns in der Stadt
manchmal gestresst, ausgelaugt fühlen.
Da Stress das Risiko, psychisch krank zu werden, erhöht,
könnten die fehlenden Erholungsmöglichkeiten
einer der Gründe dafür sein,
dass die Menschen in der Stadt häufiger von psychischen Erkrankungen
betroffen sind als Menschen auf dem Land.
Die Frage ist also:
Wie müssten Städte designt sein, damit wir psychisch gesund bleiben?
Darüber haben wir mit zwei Expert:innen gesprochen:
dem Professor für Umweltpsychologie Dr. Gerhard Reese
und der Architekturpsychologin Dr. Alexandra Abel.
Basierend auf ihren Antworten planen wir gemeinsam eine Stadt
beziehungsweise ein Viertel, in der wir uns richtig wohlfühlen können.
Ihr könnt ja mal schauen, inwiefern eure Stadt, euer Viertel
gewisse Punkte vielleicht schon umsetzt.
Los geht's.
"Zentraler Punkt ist, dass Stadt so geplant und gestaltet wird,
dass es auch Möglichkeiten gibt, sich mal zu erholen."
"Zurzeit haben wir das in vielen Städten nicht."
"Da fehlen Parks, Parkbänke."
"Da fehlen Möglichkeiten runterzukommen."
"Das perfekte Viertel hat ganz viele Spielplätze,
ganz viele schöne Naturstücke drum rum,
die ich schnell erreichen kann."
"Wo ich nicht groß überlege, muss ich in die S-Bahn, U-Bahn,
sondern ich hab einen kleinen Park in der Nähe."
Superwichtige Punkte,
die im Einklang mit der besprochenen Attention Restoration Theory sind.
Wir brauchen in unserer Wohlfühlstadt also superviele Grünflächen,
die wir easy erreichen können.
Und für Kinder, ganz wichtig, auch Spielplätze.
Und auch nicht zu vergessen: ausreichend Bänke in den Parks.
Was noch?
"Das perfekte Viertel bräuchte lauter Flächen auf der Straße,
wo Menschen sich treffen können, einfach so nach Feierabend."
"Oder wenn sie von der Arbeit zurückkommen,
dann sitzt im besten Fall in dem perfekten Viertel
schon jemand auf der Bank oder einem kleine Platz vor der Tür."
"Ich bleib bisschen stehen und quatsche und gucke,
ob ich mich heute Abend mit irgendjemand treffe."
"Also ganz einfach, mach einen kleinen, schönen Platz:
Springbrunnen, Bänke, Schatten, Bäume."
"Dann werden die Leute nach Feierabend da sein."
"Wenn die Leute da sind, dann begegnen die sich."
"Mehr brauchen die gar nicht."
"Aber das gibt es nicht überall, leider."
Das find ich einen richtig, richtig schönen Gedanken.
Grade erst im Video zu "Glücksmomente im Alltag"
haben wir darüber gesprochen,
wie wichtig unsere sozialen Beziehungen
für unsere psychische Gesundheit sind.
Hier oben verlinke ich euch das Video, schaut rein.
Okay, wir haben unsere Grünflächen und schöne Orte,
wo man sich mit anderen treffen kann.
War brauchen wir noch?
"Ein weiterer Punkt in der Planung ist natürlich,
dass wir die ganzen Teilnehmer:innen des Verkehrs berücksichtigen."
"Nicht nur 'ne Stadt optimal für Autos planen."
"Sondern 'ne Stadt planen, wo man sicher
mit Kindern, mit dem Fahrrad unterwegs sein kann,
wo man sicher zu Fuß unterwegs sein kann."
"Wo man auf den öffentlichen Nahverkehr zählen und setzen kann,
und den auch nutzen kann."
Auch superwichtig, neben einem verlässlichen Nahverkehr
sollte es genügend Rad- und Fußgängerwege geben,
damit wir sicher von A nach B kommen.
Jetzt ist es aber so, dass nicht nur das,
was draußen stattfindet einen Einfluss auf unsere Psyche hat,
sondern auch, was in den Gebäuden passiert.
Was ist da wichtig?
"Ein Gebäude ist dann gut, wenn Sie sich dadrin gut fühlen."
"Also, wenn's Spaß macht, das wahrzunehmen."
"So einfach ist das."
"Das hat natürlich ganz viele Facetten, ne?"
"Also, ein Haus sollte zum Beispiel gut riechen."
"Und spannenderweise, wenn's nicht gut riecht,
ist es oftmals auch ein Zeichen dafür, dass was nicht stimmt."
"Etwa Schimmel oder ein Baumaterial, was nicht so gut war."
"Ein Haus sollte sich gut anhören, eine gute Akustik haben."
"Oder es sollte Spaß machen, darin Gespräche zu führen."
"Es sollte Spaß machen, die Treppe rauf- und runterzuklappern,
oder was auch immer."
"Es sollte sich gut anfühlen."
Das eine Gebäude, was für uns alle voll perfekt ist,
gibt es natürlich nicht.
Dafür sind unsere Bedürfnisse viel zu individuell.
Für 'ne Familie mit Kindern oder auch für ältere Menschen
kann's blöd sein, im zehnten Stock zu wohnen.
Ein junger Mensch könnt es aber total feiern,
'nen coolen Ausblick zu haben.
Wenn sich das Gebäude gut anfühlt, ist alles super.
Es gibt natürlich noch viel mehr Punkte,
die bei der Stadtplanung berücksichtigt werden sollten,
wie etwa Barrierefreiheit.
Aber so oder so ähnlich könnte unsere Wohlfühlstadt aussehen.
Um einen Eindruck vom Wohlfühlfaktor eurer Stadt zu bekommen,
so Frau Abel,
könnt ihr mal mit 'ner Tasse Kaffee durch euer Viertel laufen
und ganz bewusst drauf achten,
an welchen Stellen würdet ihr euch gerne mit diesem Kaffee hinsetzen.
Wo fühlt ihr euch wohl?
Das hab ich mir nicht zweimal sagen lassen
und bin mit Beni im Schlepptau durch das Viertel in Berlin,
wo sich unser Studio befindet, gelaufen.
(Entspannt-heitere Musik)
Boah, auch wenn die Straße echt megaschön ist,
gab's nicht den einen Spot, wo ich dachte:
Hier möcht ich mich gern mit meiner Kaffeetasse hinsetzen.
Aber ein Glück: Der nächste Park ist nicht weit entfernt.
(Entspannt-heitere Musik)
Aber: keine Bänke, Leute.
Was ist hier los?
Da sind welche.
Ich spotte Bänke.
Komm, komm, komm.
(Leises Lachen)
Oh, yes!
(Entspannte Musik)
Hier ist es viel chilliger, auch wenn man die Straße hört.
Aber hier bin ich in der Natur.
Was ich mir nur grad gedacht habe:
Was ist denn, wenn ich mit Freunden unterwegs wäre?
Wo sollen die hier sitzen?
So nebeneinander kann man sich nicht gut unterhalten.
Schade, dass es hier nicht so Picknickbänke gibt.
So, jetzt seid ihr dran.
Schnappt euch 'ne Kaffeetasse oder was zu essen
und schaut mal, wo ihr euch in eurer Stadt hinsetzen wollen würdet.
Für mich geht's jetzt zurück ins Studio.
Wenn ihr euch jetzt so dachtet:
Jo, schön, dass so 'ne Wohlfühlstadt aussehen würde.
Da wo ich wohne, sieht's leider ganz anders aus.
Und wirklich hinsetzen wollt ich mich auch nirgends mit meinem Kaffee.
Dann hab ich hier wissenschaftlich fundierte Tipps für euch,
wie ihr selbst aktiv werden könnt, um euer Wohlbefinden zu fördern.
Auch wenn ihr nur kurz Zeit habt, geht raus.
Ich weiß, häufig denkt man sich:
Lohnt sich halt einfach null, für diese paar Minuten rauszugehen,
und bleibt zu Hause.
Aber selbst fünf Minuten im Grünen
können einen Unterschied machen und die Aufmerksamkeitsakkus aufladen.
Ganz besonderes groß sind die positiven Effekte,
wenn ihr die kurze Pause am Wasser verbringt.
Wenn ihr von eurem Fenster aus zu Hause ins Grüne schaut,
sei's nur auf einen Baum oder 'ne begrünte Hausfassade,
dann kann ein kurzer Blick darauf sich auch positiv
auf eure Aufmerksamkeit auswirken.
Wenn ihr also mal wirklich keine Zeit habt rauszugehen,
ist das 'ne super Alternative. Auch das haben Studien gezeigt.
Kein Witz, Leute, wenn ihr draußen keine Natur habt,
dann holt euch die Natur eben zu euch nach Hause.
Auch das kann sich positiv auf eure psychische Gesundheit auswirken.
Eine Studie von 2009 hat etwa gezeigt,
dass Räume in der Uni, in denen Naturbilder an den Wänden hängen,
von den Studierenden als besonders erholsam bewertet werden.
Jetzt, wo wir uns angeschaut haben,
was wir selbst für unsere psychische Gesundheit in der Stadt machen können
und wie 'ne Wohlfühlstadt optimalerweise aussieht,
interessiert's mich natürlich, wie schneidet eure Stadt ab?
Wie viele Wohlfühlpunkte von eins bis zehn würdet ihr vergeben?
Schreibt mir das gern unten in die Kommentare.
Ich fang einfach mal an:
Ich würd sagen, Berlin sieben von zehn Punkten.
Ansonsten bleibt noch zu sagen, es ist megaschön, dass ihr da seid.
Fühlt euch virtuell gedrückt. Bis nächstes Mal.
Hi Leute, ich bin Philip vom Kanal "Hundert Hektar Heimat".
Falls ihr genauso viel Bock aufs Landleben habt wie ich
und einen Blick hinter die Kulissen eines Bauernhofes werfen wollt,
dann schaut euch unser Video an.
Dort zeig ich euch meinen Hof.
Falls ihr das "psychologeek"-Video von Pia noch nicht gesehen habt,
guckt das unbedingt an.
Dort zeigt sie uns, was bei Schmerzen in unsrem Körper passiert.