Abtreibung: So verlief mein Schwangerschaftsabbruch!
. In den nächsten Wochen möchte ich mich mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch beschäftigen.
Jetzt treffe ich Tabea, die hat mir geschrieben,
dass sie eine Abtreibung hatte, und zwar erst vor ein paar Tagen.
- Hi! - Hi!
- Tabea, wie geht es dir heute?
- Mir geht es eigentlich ganz gut,
aber ich habe noch manchmal ein bisschen Schmerzen im Unterleib.
Und Blutungen, leicht, aber eigentlich fast gar nicht mehr.
- Ich möchte mir selbst eine persönliche Meinung
zu diesem Thema bilden.
Ich bin mir in ganz vielen Punkten in der Diskussion noch voll unsicher,
wie ich eigentlich dazu stehe.
- Es ist auf jeden Fall ein sehr emotional aufgeladenes Thema.
- Wir sind jetzt auf dem Weg zu einem Arzt, oder?
- Genau, ich habe jetzt noch einen Kontrolltermin beim Frauenarzt.
Da wird einfach noch mal geguckt, ob die Gebärmutterschleimhaut
richtig abgegangen ist oder ob da etwas ausgeschabt werden muss.
- Ich wünsche dir, dass alles gut ist.
Ich bin gespannt, was rauskommt,
und dann sehen wir uns gleich wieder nach dem Termin.
- Genau!
- Ich wäre total gerne mit Tabea zum Arzt gegangen,
um mit ihm darüber zu reden, wie ein Schwangerschaftsabbruch abläuft.
Im Vorfeld hat er sich auch bereit erklärt, mit mir darüber zu reden,
hat aber dann nach Rücksprache mit seinen Anwälten
sich dafür entschieden, doch nicht mit mir zu sprechen.
Das zeigt mir, wie heikel dieses Thema ist.
Umso schöner finde ich es, dass Tabea so offen mit mir darüber spricht,
wie sie die Entscheidung getroffen hat,
ihre Schwangerschaft abzubrechen.
Tabea, wie hast du herausgefunden, dass du schwanger bist?
- Das war so, dass ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde
mit Nierenschmerzen. Da musste ich eine Urinprobe abgeben.
Dann kam die Ärztin und meinte dann so im Nebensatz:
"Aber die Schwangerschaft ist bekannt, ne?"
Äh, nee, was?! Das war auf jeden Fall ein Schock.
Und zu dem Zeitpunkt war ich nicht mal überfällig.
Ich hätte erst in drei Tagen meine Periode bekommen.
Da hat man wirklich noch gar nicht mit gerechnet.
- Kannst du dir im Nachhhinein erklären, wie das passiert ist?
- Eigentlich nicht wirklich.
Es ist halt so, wir verhüten nur mit Kondom,
und wir haben es einfach nicht mitbekommen, dass was passiert ist.
Ich streite nicht ab, dass es unsere Schuld war,
nur haben wir es einfach nicht mitbekommen.
- Ich finde es deswegen spannend,
mich mit dem Thema überhaupt zu beschäftigen, weil ich davon ausgehe,
dass Verhütungsmittel niemals hundertprozentig sicher sind.
So bescheuert es klingt: es kann jeden treffen.
Es kann jedem eigentlich so gehen, wie dir.
Wie hat denn dein Freund darauf reagiert?
Und fandest du's gut, wie er reagiert hat?
- Am Anfang, in dem Moment, wo wir es erfahren haben,
war es für uns beide ein Schock.
Und dann haben wir uns in den Arm genommen
und erstmal nicht weiter darüber gesprochen.
Als ich aus dem Krankenhaus raus kam,
haben wir dann das Wochenende dafür genutzt,
zu sprechen und darüber uns klar zu werden,
was wir wollen oder nicht.
Für ihn war klar, dass das für ihn einfach im Moment noch nicht geht,
dass er das nicht möchte,
dass er sich auch emotional noch nicht bereit dafür fühlt.
Und für mich war natürlich klar,
dann liegt die Entscheidung eigentlich eher bei mir.
Also ich hätte jetzt nicht abgetrieben,
weil mein Freund sagt, er möchte das Kind nicht.
Ich hätte es auch alleine geschafft.
Bei mir war es eine Entscheidung.
Weil ich immer wusste, ich will auf jeden Fall Kinder kriegen.
Aber jetzt ging es einfach nicht, weil ich eben mit der Ausbildung
anfangen möchte und das auch durchziehen möchte.
Und dann ist die Sache mit den Nieren ist,
weil ich die ganze Zeit Schmerzen hatte.
Was ja, wenn die Schwangerschaft fortgeführt wird, nicht besser wird.
Wenn dann noch ein Kind auf die Organe und auf die Blase drückt.
Und da hat sich bei mir ein Schalter umgelegt, dass ich gesagt habe,
nee, das ist meine Entscheidung, ich möchte es nicht jetzt.
Was ja nicht ausschließt, dass ich später Kinder bekomme.
- Ich finde das insofern total interessant,
weil ich mir natürlich auch schon Gedanken gemacht habe,
was ist, wenn ich in so eine Situation komme.
Aber wenn man weiß, man muss sich jetzt entscheiden,
dann ist dann doch noch mal viel schwieriger.
- Wir haben uns sehr viel Zeit genommen für die Entscheidung,
waren dann auch bei dem Beratungsgespräch bei "Pro Familia".
Das ist, bevor man den Abbruch macht, Pflicht.
Ich habe einfach erzählt, was meine Gedanken sind,
aus welchen Gründen ich sage, ich würde es behalten,
oder ich würde es nicht behalten.
Dann hat sie auch nicht versucht, uns in eine Richtung zu drängen.
Für mich war zu dem Zeitpunkt schon klar,
dass wenn wir einen Abbruch machen, dass es ein Medikamentöser sein soll.
- Und hast du dann versucht, im Internet oder irgendwo anders
Informationen über Abbrüche zu finden?
- Ich habe nach Erfahrungsberichten gesucht und auch sehr viel gefunden.
- Kannst du mir ein paar davon zeigen? - Klar!
(Mädchen-Stimme aus dem Off:)
"Und der Arzt mir sagte, Sie schlafen gleich tief und fest
und kriegen nichts mit.
Ich habe alles mitgekriegt. Ich hatte solche Schmerzen.
Ich habe richtig gespürt, wie bei mir was rausgesaugt wird.
Es tut mir leid, dass ich dass euch so sage.
Ich möchte, dass ihr wisst, wie so etwas ist."
- Das klingt schon echt heftig.
- Das ist die Sache bei diesen Erfahrungsberichten,
dass die also emotional aufgeladen sind.
Sie war ja jetzt kurz vor dem Heulen.
Das macht dann mit einem selber noch mal mehr, weil man mehr selber
kurz vor dem Heulen steht, wenn man mitkommt:
Jemand anders kommt damit nicht klar.
"Als ich vor der Toilette stand und die Hose runterzog,
hörte ich nur so ein "Flatsch". Etwas war auf den Boden gefallen.
Als ich dann auf der Toilette saß, schaute ich auf den Boden.
Und erkannte, was aus mir herausgefallen war.
Es war mein kleines Baby. Es war ca. 5-6 cm groß.
Man konnte zwei schwarze Punkte im Kopf sehen. Das waren die Augen.
Arme und Beine waren auch schon ausgeprägt.
Ich schellte eine Schwester herbei und zeigte auf den Boden.
Sie sagte total kalt: "Ach, ist es doch noch rausgekommen?"
Sie zog sich Handschuhe an, nahm eine Nierenschale
und hat es wie Müll vom Boden aufgehoben."
- Boah!
- Ich habe mich dann schon irgendwie gefragt, wie ist das bei mir,
wenn ich dann den Embryo sehe?
Spüle ich den ins Klo runter? Schmeiße ich den in den Müll?
Was wird das in mir auslösen?
- All diese Erfahrungsberichte haben dich schon ...
V.a. haben sie deine Vorstellung von diesem Eingriff ziemlich geprägt?
- Ja, es war schon so, dass ich dann eine krasse Vorstellung davon hatte,
wie schlimm das wirklich wird.
Ich denke schon, dass das auf jeden Fall viele beeinflussen kann,
auch in der Hinsicht, dass sie sagen,
ich habe Angst davor oder ich will es doch nicht mehr.
Oder dass sie es durchziehen, aber mit sehr großer Angst.
- Das beeinflusst einen, würde ich sagen.
Also ich finds gut, dass es diese Erfahrungsberichte gibt.
Also auch die, wo wirklich was krass passiert ist.
Die haben alle ihre Berechtigung!
Aber im Gegenzug dazu gibt es zu wenig Berichte,
wo entweder alles okay war oder wo es nicht ganz so schlimm war.
Oder auch einfach neutrale Informationen.
- Du hattest dir einen Arzt ausgesucht, bei dem du
den Schwangerschaftsabbruch machen wolltest.
Wie verlief denn da der erste Termin?
- Ich wurde ins Sprechzimmer gerufen.
Da haben wir uns erst mal an den Tisch gesetzt und kurz besprochen,
wie das funktioniert, welche Methode ich machen möchte.
Ob ich mir sicher bin und ob ich noch Fragen habe.
Danach ging es einmal ins Untersuchungszimmer,
wo der vaginale Ultraschall gemacht wurde.
Wo man dann den Embryo sehen konnte. Und auch schon den Herzschlag.
- Hast du davon noch ein Bild, von diesem Ultraschall? - Ja.
Hier sieht man den Kopf und hier den Körper und Ansätze von Armen.
- Ich finde es immer sehr schwierig, zu überlegen:
Wie würde ich da wohl entscheiden?
Das spielt auch ehrlich gesagt überhaupt keine Rolle,
wie ich mich entschieden hätte.
Weil ich finde, dass das jeder selbst entscheiden soll.
Aber wenn man den Herzschlag hört und wenn du das Ultraschallbild siehst,
irgendwie packt es einen doch schon.
- Klar, als ich dann in der Praxis war und den Herzschlag gesehen habe,
war mir schon klar: Okay, das könnte mein Kind werden.
Und das ist der Herzschlag von meinem Kind.
Und hab dann noch mal kurz drüber nachgedacht, ob ich mir sicher bin.
Aber es war jedes Mal so, wenn ich darüber nachgedacht habe,
dass ich am Ende doch wieder dahin gekommen bin, dass ich dachte:
Der Abbruch ist das Richtige.
- Nachdem du diesen Ultraschall gemacht hast,
ging es dann sofort los?
Hast du sofort Tabletten bekommen?
- Danach bin ich mit einer Schwester in ein anderes Zimmer gegangen,
da war eine Couch und ein Stuhl.
Da habe ich die drei Tabletten bekommen, die dafür sorgen,
dass die Schwangerschaft beendet wird.
Da habe ich einmal durch geatmet und gesagt, so ich mach das jetzt!
Ich bin mir jetzt sicher!
Dann habe ich die Tabletten genommen.
Danach ging die Schwester und ich war mit einem Freund allein im Zimmer.
Da war das dann schon kurz so, dass es wie ein Schock war.
Einfach weil klar war: Okay, jetzt habe ich es getan.
Jetzt ist es passiert.
Da habe ich kurz angefangen zu weinen,
aber es war auch schnell wieder gut.
- Das war der erste Termin. Aber dabei ist es dann nicht geblieben.
Nein, bei der Medikamentösen ist es so, dass man
nach spätestens 48 Stunden noch mal dahin muss.
Mir wurde vorher auch erklärt, dass ich in der Praxis bleibe,
so lange, bis der Embryo abgegangen ist.
Und dann kam die Schwester und hat mir die Tabletten gegeben.
Und nach einer Viertelstunde haben sofort die Schmerzen angefangen.
Krämpfe, Unterleibsschmerzen. Krampfartig.
Und dann haben auch schon Blutungen eingesetzt, aber noch nicht so stark.
Dann musste ich die zweite Tablette nehmen.
Dann wieder nach genau einer Viertelstunde
haben die Schmerzen angefangen.
Dann waren die Blutungen auch stärker.
Dann bin ich zwischendurch auf Toilette gegangen,
habe Vorlagen und Binden gewechselt.
Es war jedes Mal so, dass, wenn ich aufgestanden bin,
ich gemerkt habe, dass schon wieder so ein Schwall Blut abgeht.
Weil natürlich im Liegen das nicht so gut abgeht wie im Laufen.
Beim letzten Mal, als ich auf Toilette war,
wollte ich eben gerade die Binde wechseln.
Dann habe ich gemerkt, es kommt jetzt noch mal mehr.
Dann ist der Embryo mit noch so ein bisschen Schleim,
also das, was später die Nabelschnur wird,
noch mal abgegangen und in die Binde gefallen.
D. h., ich habe das dann auch gesehen.
- Kannst du noch mal beschreiben, was du da gesehen hast?
- Man hat auf jeden Fall jetzt nicht gesehen,
die Arme und Beine ausgebildet sind oder die Augen oder so was.
Sondern es war wirklich so ein Klumpen,
der natürlich sehr schleimig war und mit sehr viel Blut voll.
Es war, keine Ahnung, so groß ungefähr,
also jetzt auch nicht so wirklich groß.
- Was war das denn für dich, was da lag?
- Weiß ich nicht.
Es war ja eben in der 8. Woche.
Es war für mich auf jeden Fall kein Kind oder Baby,
was da jetzt rausgekommen ist.
Es hätte eins werden können, aber es war es für mich noch nicht.
Dann habe ich die Binde einfach zugeklappt
und die meinem Freund gegeben,
dass er sie in diese Hygienebeutel tun konnte.
Das war in dem Moment für mich einfach nicht schlimm.
Das war einfach so, o. K., das ist jetzt so.
Aber ich muss jetzt hier weiter gucken.
- Du erzählst das so, äh, aber wenn du das so siehst...
Ich habe das Gefühl, das würde mich ganz schön mitnehmen.
- In dem Moment war es nicht so schlimm.
Es kann natürlich auch sein,
dass ich selbst so eine Schutzmauer aufgebaut habe,
dass das nicht so an mich 'rankommt.
Aber das war echt auch im Nachhinein
nicht so schlimm emotional, wie ich auch dachte, dass es für mich wäre.
Weil ich vorher auch dachte, dass ich gar nicht dann weiß,
wie ich damit umgehen soll
und dass das für mich dann richtig schlimm wird
und ich den ganzen Tag nur im Bett liege und heule.
Was aber nicht so war.
- Hast du da manchmal so Bedenken,
dass es vielleicht noch mal irgendwann hochkommt
oder dich vielleicht irgendwann noch mal stärker belasten könnte?
- Ja, klar.
Ich glaube schon, dass es irgendwann,
spätestens bei der nächsten Schwangerschaft,
also auch wenn sie geplant ist,
noch mal hochkommen wird und man da noch mal drüber nachdenkt.
Wahrscheinlich werde ich dann auch im Dezember rum,
wo der theoretische Entbindungstermin gewesen wäre,
wahrscheinlich auch noch mal darüber nachdenken.
So, wie wäre es jetzt, wenn ich jetzt entbinden würde
oder dann eben im Januar mit einem Baby da sitze.
- Wieso findest du es denn jetzt so wichtig,
damit auch in die Öffentlichkeit zu gehen?
- Einfach, weil generell zu wenig darüber geredet wird.
Es ist schon noch irgendwie so ein Tabuthema,
und viele wissen auch einfach viel zu wenig darüber.
Es wird entweder ziemlich verteufelt
oder die betroffenen Frauen sagten selber,
dass es total schrecklich ist und sie es alle bereuen.
Ich bereue es auf keinen Fall.
Ich finde, dass das für mich alles das Richtige war
und es bei jedem individuell ist.
- Habt ihr schon mal Erfahrungen mit dem Thema Abtreibung gemacht?
Dann schreibt mir das mal in die Kommentare.
Na, wie war's?
- Es ist wohl noch sehr viel Gewebe da.
Wenn der Wert vom Schwangerschafts- hormon gering genug ist,
wird einfach gar nichts gemacht, dann wird abgewartet,
ob das bei der nächsten Periode mit abgeht.
Und wenn der Wert zu hoch ist, müsste das noch mal ausgeschabt werden.
- Hi! - Hi!
- Na, was hat der Arzt jetzt gesagt?
- Ich hatte letzte Woche noch mal eine Untersuchung,
Wo geguckt wurde, ob auch noch der restliche Gebärmuttersschleim
noch mit abgegangen ist.
Da war aber eben noch sehr viel drin oder ist noch sehr viel drin.
Sodass dann eben gesagt wurde, das ist jetzt schon über einen Monat her.
Dann sollte das eigentlich raus sein.
Wenn es das nicht ist,
müssten wir jetzt eben noch mal eine Ausschabung machen.
- Also heißt das jetzt, dass du noch mal operiert werden musst?
- Genau, das ist einmal eine kurze Narkose für so 10-15 Minuten,
wo das dann einfach ausgesaugt wird.
Es ist keine Ausschabung, sondern wird dann eben ausgesaugt.
- Und was macht das jetzt mit dir,
dass dieser Schwangerschaftsabbruch noch nicht ganz beendet ist, quasi?
- Ja, ist halt nervig, dass sich das so lange zieht
und man sich halt immer wieder damit beschäftigen muss.
Aber der Abbruch an sich ist ja gelaufen.
Es hat jetzt halt insofern nichts mehr mit dem Embryo zu tun,
deswegen...
- Mhm. Dann wünsche ich dir zumindest für die Operation alles Gute
und dass das alles glatt läuft.
- Danke, hoffen wir mal.
- Gerade bei diesem kontroversen Thema finde ich es superwichtig,
sich verschiedene Meinungen anzuhören.
Genau das will ich in den nächsten Wochen tun.
Wenn ihr das nicht verpassen wollt, lasst mir hier mal ein Abo da.
Hier oben habe ich euch ein Video von "Auf Klo" verlinkt,
da geht es auch um das Thema Abtreibung.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von funk (2019)