Rechte Polizisten - durch Beamtenstatus geschützt? | Panorama 3 | NDR
Das geht gar nicht! Wer schreibt so was?
Es stammt von einem Polizeischüler.
Das flog auf - und er wurde nicht übernommen.
Solche Konsequenzen müssen nur wenige fürchten.
In den letzten fünf Jahren wurden 50 Polizeibeamte
mit rassistischen Äußerungen aktenkundig.
Nur vier wurden entlassen.
Höchste Zeit, sich diesem Problem zu stellen.
Guten Morgen! (alle) Morgen!
Besuch bei einer Abschlussklasse an der Polizeiakademie in Hamburg.
Das Thema heute: Welche Werte sollten für Polizisten wichtig sein?
Was haben Sie für Erwartungen an einen Polizeibeamten?
Und was sollte ein Polizist auf keinen Fall haben?
Man sollte vorurteilsfrei in einen Einsatz gehen
und den Menschen so gegenübertreten.
Ohne Vorurteile den Menschen gegenübertreten.
Das ist auch für einige Polizeischüler nicht leicht,
erzählen sie.
Weil Polizisten oft demselben Tätertyp begegnen.
Wenn man im Verkehr 'n bulgarisches Auto sieht,
ziemlich abgewrackt, und man kontrolliert den.
Da sitzt 'n Pole, Kroate und 'n Bulgare drin.
Dann überlegt man sich, was die gerade machen.
Da kann sich keiner von ausnehmen,
dass man so 'ne Gedanken hatte oder so einen Spruch gebracht hat.
Für die Dozentin ist das nicht problematisch.
Vorausgesetzt, die Polizisten halten sich ans Gesetz.
Aber wenn solche Gedanken zur Gesinnung werden,
ist das ein Problem.
Und nicht mit den Werten der Polizei vereinbar,
sagt der Leiter der Akademie.
Polizist zu sein heißt auch, Polizist nach innen zu sein.
Das heißt nicht, überall alles Mögliche zu vermuten,
aber sensibel mit Dingen umzugehen,
bei denen man sagt, das darf ich nicht dulden.
Beim Bürger nicht.
Und auch nicht bei meinen Kollegen.
Wir treffen Simon Neumeyer.
Er hat erlebt, wie rassistisch Kollegen und Vorgesetzte sein können.
Er hat in Leipzig eine Ausbildung zum Polizisten gemacht.
Neumeyer zeigt uns den Gruppenchat seiner Polizeischulklasse.
Darin verschickten seine Kollegen Nachrichten wie diese:
Oder auch solche:
Ich war die einzige Person, die sich offen dagegen ausgesprochen hat,
solche fremdenfeindlichen Sätze in den Mund zu nehmen und sagte:
Das geht nicht, wir sind Polizeibeamte.
Dass das so ist, als wenn man übers Wetter redet,
das ist 'n großes Problem.
Doch von seinen Vorgesetzten habe er keine Hilfe erwarten können.
Ob der Schießlehrer sagt:
Wir müssen gut schießen lernen, weil so viele Gäste in Deutschland sind.
Oder der Deutschlehrer benutzt das N-Wort, mit der Legitimierung:
"Ich zitier ja nur."
Die Polizei Sachsen erklärt:
Sie habe ...
... beim Lehrpersonal feststellen können.
Simon Neumeyer ist sich aber sicher, was er gehört hat.
Er hat seine Ausbildung abgebrochen.
Ich denke nicht, dass es Zufall war, dass ich die einzigen Fremdenfeinde
innerhalb der Polizei abbekommen habe.
Das ist ein strukturelles Problem.
Ist das so?
Das haben wir bei den norddeutschen Bundesländern nachgefragt.
Wir wollten von den Landespolizeien wissen,
wie viele Fälle von mutmaßlich rechtsextremen Polizisten es gibt.
Seit Mitte 2014 haben die Polizeien mindestens 54 Fälle registriert.
Das sind nur die dokumentierten Fälle.
Wie hoch die Dunkelziffer ist, ist unklar.
Ein Beispiel aus diesen Fällen:
Ein niedersächsischer Polizeibeamter hetzt auf Facebook gegen Ausländer
und teilt Parolen der NPD.
Außerdem ist er Fan der Band "Stahlgewitter" –
einer Rechtsrock-Band mit eindeutigen Liedtexten:
Doch dieser Beamte bleibt im Dienst.
Denn es macht offenbar einen Unterschied,
ob die Polizisten angestellt oder verbeamtet sind.
Von 50 auffälligen Beamten wurden nur vier entlassen.
Auffällige Angestellte wurden sofort gekündigt – bei vergleichbaren Taten.
In einem Fall wird noch ermittelt.
Ein Beispiel zeigt diesen Unterschied deutlich:
Ein verbeamteter Polizist verschickt ein Foto per WhatsApp.
Christbaumkugeln mit Hakenkreuzen.
Auf einer anderen Dienststelle verschickt ein angestellter Polizist
das gleiche Bild und kommentiert es so:
Der angestellte Polizist wird entlassen.
Er stand regelmäßig vor der jüdischen Schule in Hamburg Wache.
Der andere Polizist ist weiter im Dienst, weil er Beamter ist.
Das liegt an unterschiedlichen Rechtsgrundlagen,
erklärt der Anwalt Josef Konrad Rogosch.
Angestellte sind in einem Vertragsverhältnis.
Jeder Beamte hat eine Urkunde.
Damit ist er eingestellt
in das öffentlich-rechtliche System der Verwaltung.
Dann greift die Fürsorgepflicht.
Die gebietet Schutz für den Beamten durch den Dienstherrn.
Die Konsequenz ist, wenn so etwas passiert:
Anders als im Angestelltenrecht, wo es Verdachtskündigung gibt,
im Beamtenrecht nicht.
Beamte können nur wegen besonders heftiger Vergehen entlassen werden.
Rechte Sprüche gehören meistens nicht dazu.
Wenn Polizisten mit rechtem Gedankengut auffallen,
folgt ein Disziplinarverfahren und immer auch ein Strafverfahren.
Doch das wird häufig ohne Ergebnis eingestellt,
weil Rassismus allein keine Straftat ist.
Und das mildert auch das Ergebnis des Disziplinarverfahrens,
obwohl DAS Rassismus bestrafen könnte.
Man wird nicht gleich aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Es kommt zu einer Gehaltskürzung oder einer Maßnahme
unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Dabei haben sie laut Gesetz besondere Pflichten gegenüber dem Staat:
Sie müssen durch ihr Verhalten
aktiv für die Demokratie und ihre Werte einstehen.
Wenn wir unterstellen, die sind rechtsextrem,
dann könnten sie dieser Pflicht nicht nachkommen.
Die Hamburger Polizei hat Rassismus als Thema erkannt
und legt nun ein neues Programm auf.
Ein Teil richtet sich an Schüler und Studierende der Akademie.
Der zweite Teil an die Kollegen, die schon viele Jahre im Dienst sind.
Wir müssen deutlich machen, das wird an keiner Stelle geduldet.
Und das wollen wir nicht.
Nicht ich als Chef nicht, sondern wir insgesamt:
Wir Polizisten wollen das nicht.
Ein Programm gegen Rechte in der Polizei ist ein erster Schritt.
Aber vielleicht wäre auch eine Reform des Beamtenrechts wichtig.