Lasst uns (mal eben) Venus terraformen!
Die Menschheit träumt schon lange davon,
die Erde zu verlassen und ein neues Zuhause
im All zu finden.
Früher oder später wird das vielleicht überlebensnotwendig sein.
Die meisten denken dabei sofort an den Mars.
Ein kleiner, giftiger und energiearmer Planet,
gerade gut genug, um eine Kolonie deprimierter Menschen
in unterirdischen Städten einzupferchen.
Warum aber nicht ambitionierter denken?
Was wenn wir stattdessen die Venus besiedeln?
Einen der lebensfeindlichsten und tödlichsten Orte
in unserem Sonnensystem.
Und zwar nicht mit luftigen Wolkenstädten,
sondern indem wir sie in eine echte zweite Erde verwandeln.
Das geht einfacher, als du denkst.
(Sphärische Musik)
(Kecke Musik)
Mit einer Oberflächentemperatur von 460 Grad Celsius
ist Venus bei Weitem der heißeste Planet
in unserem Sonnensystem.
Da schmilzt sogar Blei.
Diese Hitze liegt am extremen Treibhauseffekt,
CO2 fängt Hitze ein.
Selbst der CO2-Anstieg von 0,03 Prozent auf 0,04 Prozent
in der Erdatmosphäre ist genug,
dass sich unser Planet derzeit aufheizt.
Und Venusatmosphäre besteht zu 97 Prozent aus CO2.
Außerdem ist die Venusatmosphäre 93-mal so dicht wie die der Erde.
Auf ihrer Oberfläche zu stehen wäre also etwa so,
wie 900 Meter tief in den Ozean zu tauchen.
Unter dem Druck würdest du sofort sterben.
Ziemlich höllisch also.
Aber warum lohnt es sich trotzdem?
Zuerst einmal hat die Venus in etwa die gleiche Größe wie die Erde
und daher rund 90 Prozent ihrer Schwerkraft.
Schwerkraft ist ein großes Problem beim besiedeln des Sonnensystems.
Denn langfristig hat der Aufenthalt an Orten mit kleiner Anziehung
ziemlich sicher negative Auswirkungen auf die Gesundheit.
Mit ihrer Größe könnte die Venus außerdem ein neues Zuhause
für Milliarden Menschen und Millionen Tiere bieten,
mit Meeren, üppigen Wäldern und wunderbar blauem Himmel.
Auf einer richtig terrageformten Venus
könnte das Leben so schön wie hier auf der Erde sein.
Auf die Schnelle können wir die Venus nicht terraformen.
Aber mit ordentlich Ehrgeiz könnten unsere Nachfahren es schaffen.
Es würde zwar ein paar Generationen dauern
und wäre eine riesige Herausforderung,
so wie der Bau der großen Pyramiden zum Beispiel.
Es wäre aber nicht das erste Mal,
dass Menschen Projekte angefangen haben,
die länger als ein Menschenleben dauern.
Also, los!
Zuerst müssen wir die Venus runterkühlen.
Dazu müssen wir die Gase entfernen,
aus denen die extrem dichte Atmosphäre besteht.
Wie gesagt, Gase hat's jede Menge,
etwa 465 Millionen Milliarden Tonnen.
Wie werden wir die los?
Es gibt mehrere Möglichkeiten.
Riesige Sonnenkollektoren zum Beispiel,
die eine Reihe von Laserstrahlen antreiben,
die wiederum die Atmosphäre so stark aufheizen,
dass sie ins All explodiert.
Dafür bräuchten wir Tausende Male so viel Energie
wie die Menschheit bisher produziert hat.
Und selbst dann würde es noch Tausende Jahre dauern,
die Atmosphäre loszuwerden.
Wir könnten die Atmosphäre auch binden.
So, dass das CO2 durch chemische Reaktionen
verschiedene Verbindungen eingeht.
Wir könnten Elemente wie Calcium oder Magnesium auf dem Merkur abbauen
und mittels eines elektromagnetischen Katapults,
also eines Massebeschleunigers, zur Venus schießen
und so Raketen auf kleineren Planeten überflüssig machen.
Die Methane würden das CO2 für immer zu verschiedenen Carbonaten binden.
Aber die schiere Menge macht das ziemlich unpraktikabel.
Wir bräuchten dafür Hunderte Millionen Milliarden Tonnen Material.
Das würde aber vielleicht zu lange dauern.
Eine weitere verrückte Idee, die funktionieren könnte, wäre,
Venus einfach in den Schatten zu stellen,
wortwörtlich.
Wir können einen riesigen Spiegel bauen,
der die Sonne verdeckt, sodass die Atmosphäre einfriert.
Dieser Spiegel muss weder sehr komplex noch sehr massiv sein,
nur eine dünne Folie auf einer Rahmenkonstruktion.
Eine große, flache Oberfläche in der Nähe der Sonne
würde sich aber wie ein Sonnensegel verhalten
und sofort verschoben werden. Deshalb ist unser Spiegel
kein einzelnes, riesiges Kreisförmiges Objekt,
sondern besteht aus vielen verschiedenen Teilen.
Ringförmig angeordnete Spiegellamellen
reflektieren das Sonnenlicht von einem Spiegelset zum nächsten.
Im richtigen Winkel wird das Licht immer weiter reflektiert
und zur Rückseite geleitet.
Was die Kraft an der Vorderseite ausbalanciert
und das ganze Konstrukt in Position hält.
So eine Infrastruktur zu positionieren,
würde ein paar Jahre dauern. Dann geht's los.
Erst nur langsam, dann aber immer schneller.
In den ersten paar Jahrzehnten kühlt die Atmosphäre langsam ab,
ist aber immer noch sehr dicht und tödlich.
Dann, nach etwa 60 Jahren,
ist die kritische Temperatur von 31 Grad Celsius erreicht.
Plötzlich erlebt die Venus eine Sintflut.
Denn bei dem dadurch veränderten Druck
wird das CO2 flüssig und regnet herab.
Konstantes Regenwetter unglaublichen Ausmaßes,
und das planetenweit für 30 Jahre.
Druck und Temperatur sinken jetzt plötzlich gleichzeitig.
Über fast 100 Jahre werden Pfützen zu Seen und Ozeanen.
Die Oberflächentemperatur beträgt jetzt minus 56 Grad Celsius.
Und der Druck ist nur noch etwa siebenmal so hoch wie auf der Erde.
Bei ungemütlichen minus 81 Grad Celsius
gefriert das CO2 schließlich und aus dem Regen wird Schnee.
Übrig bleibt eine tiefgekühlte Venus
bedeckt von steinhart gefrorenen Ozeanen
und riesigen CO2-Gletschern.
Die übrig gebliebene Atmosphäre besteht hauptsächlich aus Stickstoff
unter etwa dem Dreifachen des Druckes der Erdatmosphäre.
Wenn es dir nichts ausmacht zu erfrieren und zu ersticken,
kannst du jetzt gleich auf der Venus herumspazieren.
Aber auch im gefrorenen Zustand ist das CO2 noch ein Problem.
Wollen wir den Planeten erst wieder auftauen,
schmilzt das CO2-Eis und steigt wieder in die Atmosphäre.
Das müssen wir also irgendwie verhindern.
Wir könnten zum Beispiel alles einfach
mit einer billigen Plastikisolation überziehen
und mit gemahlenem Venusgestein oder jeder Menge Wasser bedecken.
Einige Wissenschaftler würde es aber wohl ziemlich stressen,
unser neues Zuhause auf so einer Zeitbombe zu erschaffen.
Ein paar schlecht getimte Vulkanausbrüche
und jede Menge geschmolzenes CO2 würde alles ruinieren.
Eine andere offensichtliche Lösung wäre es,
das ganze CO2-Eis ins All zu schießen,
einen kleinen Mond daraus zu formen,
und es so für spätere Zwecke aufzubewahren.
Elektromagnetische Katapulte
sind dabei zwar effizienter als Raketen,
trotzdem wird das dauern.
Wie auch immer wir das mit der Atmosphäre machen,
damit es weitergeht, brauchen wir auf jeden Fall Wasser.
Das können wir von Eismonden gewinnen.
Europa, einer der Jupitermonde,
hat doppelt so viel Wasser wie alle Ozeane der Erde zusammen.
Einen Mond einzufangen und durchs Sonnensystem zu transportieren,
ist aber nicht gerade ein Kinderspiel.
Vielleicht wäre es also einfacher, mit einer Armee von Drohnen
große Eisstücke von Europa abzubrechen
und mit weiteren elektromagnetischen Katapulten
zur Venus zu schießen.
Dabei können uns sogenannte Space Tethers
ziemlich viel Aufwand und Energie sparen.
Dazu haben wir ein ganzes Video gemacht.
Kurz gesagt sind sie eine Art Schleudern,
die an beiden Enden beladen werden können.
Auf Europa könnten sie den größten Teil der Arbeit übernehmen,
um Eis zur Venus zu katapultieren.
Dort trifft das Eis wieder auf andere Space Tethers,
die es in der Atmosphäre abladen, von wo es als Schnee hinabfällt.
Im Austausch können die Venus-Tethers CO2-Eis,
das vom Planeten aus hochgeschossen wird, aufnehmen
und in die vielleicht auch sehr weit entfernte Umlaufbahn bringen.
Mit derselben Technik können wir auch überschüssigen Stickstoff entfernen
und so den Druck weiter senken.
Ein paar Jahrzehnte oder Jahrhunderte später
ist auf der Venus ein seichter, gefrorener Ozean entstanden,
ein paar 100 Meter tief.
Ein krasser Unterschied zur heutigen Venus.
Ein paar Kontinente und viele kleine Inseln
haben sich gebildet. So muss ein Planet aussehen.
Jetzt beginnt die letzte und großartigste Phase des Terraformens:
Wir sorgen dafür, dass wir die Atmosphäre atmen können
und schließlich Leben ins Spiel bringen.
Dazu brauchen wir zunächst einmal Licht,
und wir müssen den Planeten wieder aufwärmen.
Ein Venustag ist 2802 Stunden lang.
Das sind mehr als 116 Erdentage.
Wenn wir also einfach die Spiegel wieder entfernen,
grillen wir den halben Planeten.
Selbst ohne die massive Atmosphäre
würden die Temperaturen in unerträgliche Höhen klettern.
Die einfachste Art, einen Tag-Nacht-Zyklus hinzukriegen
und moderate Temperaturen herzustellen,
ist ein neues Spiegelkonstrukt, mit dem wir die Kontinente beleuchten
und die gefrorenen Ozeane schmelzen können.
Dadurch haben wir die komplette Kontrolle darüber,
wie viel Energie wo auf den Planeten trifft.
Die Atmosphäre besteht jetzt hauptsächlich aus Stickstoff
und enthält nahezu gar keinen Sauerstoff.
Als Erstes ziehen also Abermillionen Cyanobakterien ein,
die durch Photosynthese Sauerstoff herstellen.
Wir wissen, dass sie die Atmosphäre eines Planeten
ziemlich schnell verändern können.
Denn vor Milliarden Jahren waren sie wohl dafür verantwortlich,
dass in der toxischen Atmosphäre der jungen Erde
genug Sauerstoff für komplexe Lebewesen entstand.
Aber nicht nur das:
Cyanobakterien können auch Stickstoff aus der Atmosphäre binden
und in Nährstoffe für Lebewesen umwandeln.
Dadurch machen sie unseren toten Ozean fruchtbar
und bereiten ihn für komplexere Organismen auf.
Unsere Siedler an Land
werden einen Teil der früheren Venusoberfläche zermahlen müssen,
um Erde herzustellen,
in der stickstoffbindende Pflanzen wurzeln können.
Mit der Zeit bilden dann Milliarden Bäume große Wälder,
die riesige Teile der Kontinente bedecken.
Die Venus bekommt eine Flora, zuerst in den Ozeanen, dann auf Land.
Um das etwas zu beschleunigen, könnte extra CO2
für die Cyanobakterien und die Pflanzen zugeführt werden.
Und wo etwas wächst, schicken wir eine Extraportion Licht hin
von den Spiegeln in der Umlaufbahn,
damit die Pflanzen den größten Teil des Tages aktiv sind.
Möglicherweise werden das auch Pflanzen und Tiere sein,
die wir heute noch gar nicht kennen.
Mit der Weiterentwicklung der Gentechnik
und unserem wachsenden Wissen über Genetik
können wir das Leben bis dahin vielleicht genau so konstruieren,
wie wir es brauchen.
Alles in allem würde es mehrere 1.000 Jahre dauern,
bis Menschen die Atmosphäre atmen könnten.
In der Zwischenzeit könntest du aber schon
in normaler Kleidung und mit einer Sauerstoffmaske herumspazieren.
Die Siedler haben einen weiten, komplett neuen Planeten
voller Rohstoffe und Sonnenlicht zur Verfügung.
Vielleicht finden sie eine neue Verwendung für die Riesenmenge
Kohlendioxid, Eis und Stickstoff in der Umlaufbahn über ihnen,
industrielle Prozesse vielleicht, so was wie Raketenantriebe
oder sogar das Terraformen eines anderen Planeten,
etwa des kleinen Mars.
Jetzt ist Venus vollständig terrageformt.
Tiere streifen durch riesige Ökosysteme,
Städte werden gebaut. Milliarden Siedler
und ihre Nachkommen sind auf dieser Welt zu Hause.
Auf alten Bildern sehen sie,
wie Venus einst der lebensfeindlichste Planet
des Sonnensystems war.
Wie es Hunderte Jahre gedauert hat, diese Hölle einzufrieren
und die Ozeane zu schaffen.
Und dann noch ein paar 1.000 mehr, um freies Atmen zu ermöglichen.
Sie werden es kaum fassen können.
Na gut, vielleicht ist es also gar nicht so einfach,
Venus zu terraformen.
Es müsste schon ziemlich viel klappen,
damit sich dieser Zukunftstraum erfüllt.
Aber es ist grundsätzlich möglich. Und zwar mit Technologien,
die eine motivierte, nur etwas weiterentwickelte Menschheit
erreichen könnte, wenn sie ins All expandieren will.
Die einzige wahre Grenze ist unsere Vorstellungskraft.
Und wenigstens die sollte einfach zu überschreiten sein.
(Idyllisches Vogelgezwitscher)
(Ruhige Musik, Verträumtes Gezwitscher)