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2020-7 Imported from YouTube, Abenteuer Diagnose: Fuchsbandwurm | Visite | NDR

Abenteuer Diagnose: Fuchsbandwurm | Visite | NDR

Irgendetwas stimmt heute nicht.

Schon den ganzen Tag

hat der Freiburger Kunsttherapeut Arne Kruse Probleme mit dem Sehen.

Er geht nach Hause, da passiert es.

Ah!

Es ist, als wenn er auf der rechten Seite blind wäre.

Ich bin an den Türen angedängelt mit der rechten Seite.

Ich hab mich manchmal an Tischkanten angestoßen.

Am nächsten Morgen begleitet ihn seine Freundin zum Augenarzt.

Die unheimlichen Sehausfälle machen den beiden große Sorgen.

Mach dir keinen Kopf.

Ist das Augenlicht des Künstlers ernsthaft in Gefahr?

Dann stellte sich raus:

Auf dem rechten und linken Auge im rechten unteren Gesichtsfeld

hatte ich keine Sehfähigkeit.

Woher diese blinden Flecken kommen, findet der Doktor nicht heraus.

Denn Arne Kruses Augen selbst sind völlig in Ordnung.

Das Problem muss woanders liegen.

Das ist die Überweisung für die Augenklinik.

Besorgt schickt der Arzt ihn in die Uniklinik - dringend.

Es reicht ja manchmal dieser wissende Blick.

Um zu denken, das muss jetzt ganz furchtbar sein.

Auch so mit diesem: jetzt sofort.

Herr Kruse jetzt geht's los.

In der Klinik kommt Arne Kruse sofort in die Röhre.

Vielleicht drückt etwas auf das Sehzentrum in seinem Gehirn.

Und tatsächlich ist etwas in seinem Kopf.

Wenn Sie so einen Befund im Kernspin oder CT sehen,

klingeln alle Alarmglocken.

Der Spezialist Nikolas von Bubnoff hat so etwas noch nicht gesehen:

Auf den Bildern sieht man eine dunkle Geschwulst -

umgeben von einer Flüssigkeitsblase.

Wenn die weiter wächst, drohen noch größere Probleme.

Im Kopf hat man die delikate Situation,

dass wenig Platz ist.

'ne Volumenzunahme um wenige Prozent kann schon Symptome verursachen.

Deswegen hat er Kortison bekommen, damit diese Schwellung abnimmt.

Als Stephanie Geiser am nächsten Morgen voller Sorge

in das Zimmer ihres Freundes kommt, fällt sie aus allen Wolken.

Sein Zustand hat sich über Nacht verschlechtert.

Schatz, ich hab dir was mitgebracht.

Ja, leg dahin.

Sie erkennt ihn kaum noch wieder. Er ist unwirsch und abweisend.

Es passte nicht zu dem, was wir vorher erlebt haben

und war schrecklich für mich.

Das war das Schockierendste.

Das sei typisch für solche Botschaften,

hab ich inzwischen gelernt.

Man muss erst mal Abstand kriegen und einfach abwehren.

Einen Stock tiefer läuft die Fahndung der Ärzte auf Hochtouren.

Prof. von Bubnoff hat keine Erklärung

für die mysteriöse Struktur in Arne Kruses Kopf gefunden.

Es gibt weder Hinweise auf einen Tumor noch auf eine Infektion.

Die Diagnostik war komplett negativ.

Damit war offen, was das für eine Erkrankung ist.

Man konnte eigentlich nur im Kopf die endgültige Diagnose sichern.

Unter Röntgenkontrolle suchen die Neurochirurgen

nach der genauen Lage der geheimnisvollen Geschwulst.

Genau aus der Mitte entnehmen sie dann Gewebe.

Wir wissen auf ein, zwei Millimeter genau

den Ort ansteuern und dort winzig kleine Proben nehmen.

Jetzt heißt es,

Abwarten bis das Ergebnis der Biopsie da ist.

Dank des Kortisons ist die Geschwulst in Arne Kruses Kopf

nicht weiter gewachsen.

Er ist außer Lebensgefahr.

Aber er benimmt sich immer merkwürdiger.

Er wird geradezu pedantisch.

Alles aufgeschrieben.

"Und jetzt hat, ist Schwester X reingekommen

hat wieder 'n Tröpfchen gegeben."

Dieses akribische Dokumentieren war mein Schutz.

Kurz darauf ist das Ergebnis der Hirnbiopsie da.

Doch die Ärzte haben keine guten Nachrichten.

Sie wissen nur: Da ist etwas, aber nicht was.

Enttäuscht notiert er: "Unklarer Befund!"

Wir haben eine Reaktion auf etwas gesehen,

aber wir haben nicht den Auslöser dafür gesehen.

Aber was wenn der Auslöser nur im Moment nicht zu sehen ist?

Von Bubnoff hat einen neuen Ansatz.

Es könnte ein Lymphom sein, eine Art Lymphdrüsenkrebs.

Die Vermutung:

Es ist unsichtbar,

weil die Ärzte Arne Kruse gerade mit Kortison behandeln.

Wenn wir so einen Patienten mit Kortison behandeln und biopsieren,

ist das Risiko groß, dass Lymphom nicht diagnostizieren zu können.

Denn das Kortison greift die Krebszellen an.

Übrig bleiben dann nur noch die zerstörten Reste der Tumorzellen

und Fresszellen, die diese beseitigen.

Das passt exakt zu der Probe aus Arne Kruses Geschwulst.

Weil Sie dann das sehen, was man eben gesehen hat:

Nur Nekrose, also tote Zellen und reaktive Veränderungen.

Das ist 'ne klassische Falle.

Die Ärzte beschließen, das Kortison abzusetzen

und die Biopsie zwei Wochen später zu wiederholen.

Wenn sie richtig liegen,

müssten die Tumorzellen wieder da sein.

Doch auch diesmal bringen die Proben aus der Geschwulst

kein eindeutiges Ergebnis - im Gegenteil.

Der Befund deutete eher in Richtung einer Infektion,

zum Beispiel einer Tuberkulose.

Dafür sprach auch, das der Vater des Patienten

in den 50er-Jahren mal eine Tuberkulose hatte.

Also kein Tumor, sondern doch eine Infektion?

Allerdings ist die Biopsie allein kein Beweis für eine Tuberkulose.

Dieses diagnostische Tool ist nicht sehr spezifisch.

Es kann auch 'ne falsch positive Reaktion hervorgerufen werden.

Auch der Infektiologe kommt nicht weiter.

Selbst nach umfangreichen Tests

gibt es für die Tuberkulose nur vage Hinweise.

Die Ärzte stehen vor einem Rätsel.

Wir hatten die Situation,

wo wir ein schwaches Signal in zwei unterschiedliche Richtungen hatten.

Zum einen Infektion,

die Evidenz war aber zu weich, um die Diagnose zu stellen.

Und eine bösartige Erkrankung, nämlich Lymphom,

aber auch da war die Evidenz zu weich.

Jetzt gibt es nur noch einen Weg, um zu einer Diagnose zu kommen.

Nachdem die Proben aus der Geschwulst keine klaren Ergebnisse brachten,

wollen sich die Ärzte vor Ort einen Überblick verschaffen.

Sie müssen wissen, womit sie es zu tun haben.

Wir haben uns entschlossen, eine offene Hirnbiopsie zu machen.

Die haben eine Platte aufgeschnitten und es gab eine Option:

Sie holen Material raus, um es biopsieren zu lassen.

Wenn sie schon während der OP etwas feststellen,

dann würden sie es auch gleich ganz rausholen.

Doch an der mysteriösen Geschwulst

ist auch bei genauem Hinsehen nichts Besonderes zu erkennen.

Deshalb entfernen die Chirurgen so viel Gewebe wie möglich

und schicken es ins Labor.

Komplett können sie die Geschwulst nicht beseitigen,

denn sie liegt zu nah am Sehnerv.

Eine Woche später:

Über Weihnachten darf Arne Kruse nach Hause.

Doch die Freude darüber schlägt schnell um.

Sein Wesen verändert sich immer schneller.

Körperlichen Kontakt kann er kaum noch ertragen.

Das war schwierig.

Die Zeit bei Stephanie hab ich in ihrer Obhut verbracht.

Aber ich konnte nicht viel machen, ich war ziemlich lahmgelegt.

Ich glaube schon, dass es okay war, das ich da war.

Aber die Innigkeit, die wir haben können, gab es nicht.

Stephanie Geiser wird eines Nachts

plötzlich von Geräuschen aus dem Flur geweckt.

Ihr Freund geistert orientierungslos durch die Dunkelheit.

Guck mich mal an, was ist mit dir?

Da stimmt was nicht.

Dann hab ich ihn angezogen und ihn so, wie er war,

er ist ja nicht schwergewichtig, fast die Treppe hinuntergetragen.

Ins Auto gesetzt und sofort ins Krankenhaus gefahren.

Es ist ein schwerer epileptischer Anfall.

Wahrscheinlich ist die Wucherung wieder gewachsen

und hat die Attacke ausgelöst.

Nach diesem epileptischen Anfall war er auch zwei, drei Tage im Koma.

Das Erste, was der Arzt ihn fragte, welches Jahr wir haben,

da sagte er dann 1978.

Die Freiburger Ärzte stehen mit dem Rücken zur Wand.

Da kommen die Ergebnisse der Gewebeproben aus dem Labor.

Es ist weder ein Tumor noch eine Infektion.

Es ist etwas ganz anderes – und es lebt.

Unsere Pathologen haben gesehen,

dass ein Parasit im Inneren dieser Lesion war.

Die haben den Parasit lokalisiert und eingefärbt,

dann ging es ans Tropeninstitut, Bernhard Nocht, Hamburg.

Da haben sie die genetische Abfolge von Basen im Organismus bestimmt

und abgeglichen mit einer Datenbank.

Die spuckte einen eindeutigen Befund aus:

Einen Echinococcus multilocularis.

Echinococcus mulitlocularis?

Arne Kruse staunt nicht schlecht, als die Ärzte ihm erklären,

was in seinem Kopf nistet.

Es sind Hunderte Larven eines winzigen Wurmes.

Arne Kruse hat sich mit dem Fuchsbandwurm infiziert.

Ich dachte, das ist so ein Meterteil.

So zwei Meter lang, so Bandwurm.

Ich hatte mal Plättchenwürmer im Biobuch gesehen.

Da dachte ich, die sind so ewig lang und kommen eher im Stuhl vor.

Dass das so winzige Dinger sind, habe ich mir nicht träumen lassen.

Irgendwann muss er mit den Fuchsbandwurmeiern

in Kontakt gekommen sein, vielleicht bei einem Waldspaziergang.

Wenn die Eier verweht werden, gelangen sie auf Beeren am Boden,

Walderdbeeren, Heidelbeeren.

Wenn ein Mensch das isst, kann er sich damit infizieren.

Noch im Darm schlüpfen aus den Eiern winzige Sechs-Haken-Larven.

Die wandern durch die Darmwand in die Adern und gelangen

mit dem Blut in die Leber.

Bei Arne Kruse sind sie aber im Gehirn gelandet,

das ist eine absolute Rarität.

Jetzt passt alles zusammen und den Ärzte ist klar,

warum sie in den ersten Proben nichts gefunden haben.

Es hat damit zu tun, wie die Wurmlarven ihre Nester bauen.

Die Larven leben nur in der dünnen Außenwand der blasigen Geschwülste.

Weiter innen treiben nur tote Zellen und Fresszellen des Immunsystems.

Und genau hier haben die Ärzte ihre Proben gezogen.

Jetzt bekämpft Arne Kruse die Wurmlarven mit starken Medikamenten.

Bis er die ungebetenen Gäste in seinem Kopf ganz los ist,

wird er sie wohl noch einige Jahre weiter nehmen müssen.

Arne Kruse nutzt erst mal die Zeit, um das Ganze zu verarbeiten.

Wenn er wieder soweit ist, will der Kunsttherapeut

anderen mit einem ähnlich schweren Schicksal helfen.

Abenteuer Diagnose: Fuchsbandwurm | Visite | NDR Adventure diagnosis: Fox tapeworm | Visite | NDR Diagnóstico da aventura: Ténia da raposa | Visite | NDR

Irgendetwas stimmt heute nicht.

Schon den ganzen Tag

hat der Freiburger Kunsttherapeut Arne Kruse Probleme mit dem Sehen.

Er geht nach Hause, da passiert es.

Ah!

Es ist, als wenn er auf der rechten Seite blind wäre.

Ich bin an den Türen angedängelt mit der rechten Seite.

Ich hab mich manchmal an Tischkanten angestoßen.

Am nächsten Morgen begleitet ihn seine Freundin zum Augenarzt.

Die unheimlichen Sehausfälle machen den beiden große Sorgen.

Mach dir keinen Kopf.

Ist das Augenlicht des Künstlers ernsthaft in Gefahr?

Dann stellte sich raus:

Auf dem rechten und linken Auge im rechten unteren Gesichtsfeld

hatte ich keine Sehfähigkeit.

Woher diese blinden Flecken kommen, findet der Doktor nicht heraus.

Denn Arne Kruses Augen selbst sind völlig in Ordnung.

Das Problem muss woanders liegen.

Das ist die Überweisung für die Augenklinik.

Besorgt schickt der Arzt ihn in die Uniklinik - dringend.

Es reicht ja manchmal dieser wissende Blick.

Um zu denken, das muss jetzt ganz furchtbar sein.

Auch so mit diesem: jetzt sofort.

Herr Kruse jetzt geht's los.

In der Klinik kommt Arne Kruse sofort in die Röhre.

Vielleicht drückt etwas auf das Sehzentrum in seinem Gehirn.

Und tatsächlich ist etwas in seinem Kopf.

Wenn Sie so einen Befund im Kernspin oder CT sehen, If you see such a finding in MRI or CT,

klingeln alle Alarmglocken.

Der Spezialist Nikolas von Bubnoff hat so etwas noch nicht gesehen:

Auf den Bildern sieht man eine dunkle Geschwulst -

umgeben von einer Flüssigkeitsblase.

Wenn die weiter wächst, drohen noch größere Probleme.

Im Kopf hat man die delikate Situation,

dass wenig Platz ist.

'ne Volumenzunahme um wenige Prozent kann schon Symptome verursachen.

Deswegen hat er Kortison bekommen, damit diese Schwellung abnimmt.

Als Stephanie Geiser am nächsten Morgen voller Sorge

in das Zimmer ihres Freundes kommt, fällt sie aus allen Wolken.

Sein Zustand hat sich über Nacht verschlechtert.

Schatz, ich hab dir was mitgebracht.

Ja, leg dahin.

Sie erkennt ihn kaum noch wieder. Er ist unwirsch und abweisend.

Es passte nicht zu dem, was wir vorher erlebt haben

und war schrecklich für mich.

Das war das Schockierendste.

Das sei typisch für solche Botschaften,

hab ich inzwischen gelernt.

Man muss erst mal Abstand kriegen und einfach abwehren.

Einen Stock tiefer läuft die Fahndung der Ärzte auf Hochtouren.

Prof. von Bubnoff hat keine Erklärung

für die mysteriöse Struktur in Arne Kruses Kopf gefunden.

Es gibt weder Hinweise auf einen Tumor noch auf eine Infektion.

Die Diagnostik war komplett negativ.

Damit war offen, was das für eine Erkrankung ist.

Man konnte eigentlich nur im Kopf die endgültige Diagnose sichern.

Unter Röntgenkontrolle suchen die Neurochirurgen

nach der genauen Lage der geheimnisvollen Geschwulst.

Genau aus der Mitte entnehmen sie dann Gewebe.

Wir wissen auf ein, zwei Millimeter genau

den Ort ansteuern und dort winzig kleine Proben nehmen.

Jetzt heißt es,

Abwarten bis das Ergebnis der Biopsie da ist.

Dank des Kortisons ist die Geschwulst in Arne Kruses Kopf

nicht weiter gewachsen.

Er ist außer Lebensgefahr.

Aber er benimmt sich immer merkwürdiger.

Er wird geradezu pedantisch.

Alles aufgeschrieben.

"Und jetzt hat, ist Schwester X reingekommen

hat wieder 'n Tröpfchen gegeben."

Dieses akribische Dokumentieren war mein Schutz.

Kurz darauf ist das Ergebnis der Hirnbiopsie da.

Doch die Ärzte haben keine guten Nachrichten.

Sie wissen nur: Da ist etwas, aber nicht was.

Enttäuscht notiert er: "Unklarer Befund!"

Wir haben eine Reaktion auf etwas gesehen,

aber wir haben nicht den Auslöser dafür gesehen.

Aber was wenn der Auslöser nur im Moment nicht zu sehen ist?

Von Bubnoff hat einen neuen Ansatz.

Es könnte ein Lymphom sein, eine Art Lymphdrüsenkrebs.

Die Vermutung:

Es ist unsichtbar,

weil die Ärzte Arne Kruse gerade mit Kortison behandeln.

Wenn wir so einen Patienten mit Kortison behandeln und biopsieren,

ist das Risiko groß, dass Lymphom nicht diagnostizieren zu können.

Denn das Kortison greift die Krebszellen an.

Übrig bleiben dann nur noch die zerstörten Reste der Tumorzellen

und Fresszellen, die diese beseitigen.

Das passt exakt zu der Probe aus Arne Kruses Geschwulst.

Weil Sie dann das sehen, was man eben gesehen hat:

Nur Nekrose, also tote Zellen und reaktive Veränderungen.

Das ist 'ne klassische Falle.

Die Ärzte beschließen, das Kortison abzusetzen

und die Biopsie zwei Wochen später zu wiederholen.

Wenn sie richtig liegen,

müssten die Tumorzellen wieder da sein.

Doch auch diesmal bringen die Proben aus der Geschwulst

kein eindeutiges Ergebnis - im Gegenteil.

Der Befund deutete eher in Richtung einer Infektion,

zum Beispiel einer Tuberkulose.

Dafür sprach auch, das der Vater des Patienten

in den 50er-Jahren mal eine Tuberkulose hatte.

Also kein Tumor, sondern doch eine Infektion?

Allerdings ist die Biopsie allein kein Beweis für eine Tuberkulose.

Dieses diagnostische Tool ist nicht sehr spezifisch.

Es kann auch 'ne falsch positive Reaktion hervorgerufen werden.

Auch der Infektiologe kommt nicht weiter.

Selbst nach umfangreichen Tests

gibt es für die Tuberkulose nur vage Hinweise.

Die Ärzte stehen vor einem Rätsel.

Wir hatten die Situation,

wo wir ein schwaches Signal in zwei unterschiedliche Richtungen hatten.

Zum einen Infektion,

die Evidenz war aber zu weich, um die Diagnose zu stellen.

Und eine bösartige Erkrankung, nämlich Lymphom,

aber auch da war die Evidenz zu weich.

Jetzt gibt es nur noch einen Weg, um zu einer Diagnose zu kommen.

Nachdem die Proben aus der Geschwulst keine klaren Ergebnisse brachten,

wollen sich die Ärzte vor Ort einen Überblick verschaffen.

Sie müssen wissen, womit sie es zu tun haben.

Wir haben uns entschlossen, eine offene Hirnbiopsie zu machen.

Die haben eine Platte aufgeschnitten und es gab eine Option:

Sie holen Material raus, um es biopsieren zu lassen.

Wenn sie schon während der OP etwas feststellen,

dann würden sie es auch gleich ganz rausholen.

Doch an der mysteriösen Geschwulst

ist auch bei genauem Hinsehen nichts Besonderes zu erkennen.

Deshalb entfernen die Chirurgen so viel Gewebe wie möglich

und schicken es ins Labor.

Komplett können sie die Geschwulst nicht beseitigen,

denn sie liegt zu nah am Sehnerv.

Eine Woche später:

Über Weihnachten darf Arne Kruse nach Hause.

Doch die Freude darüber schlägt schnell um.

Sein Wesen verändert sich immer schneller.

Körperlichen Kontakt kann er kaum noch ertragen.

Das war schwierig.

Die Zeit bei Stephanie hab ich in ihrer Obhut verbracht.

Aber ich konnte nicht viel machen, ich war ziemlich lahmgelegt.

Ich glaube schon, dass es okay war, das ich da war.

Aber die Innigkeit, die wir haben können, gab es nicht.

Stephanie Geiser wird eines Nachts

plötzlich von Geräuschen aus dem Flur geweckt.

Ihr Freund geistert orientierungslos durch die Dunkelheit.

Guck mich mal an, was ist mit dir?

Da stimmt was nicht.

Dann hab ich ihn angezogen und ihn so, wie er war,

er ist ja nicht schwergewichtig, fast die Treppe hinuntergetragen.

Ins Auto gesetzt und sofort ins Krankenhaus gefahren.

Es ist ein schwerer epileptischer Anfall.

Wahrscheinlich ist die Wucherung wieder gewachsen

und hat die Attacke ausgelöst.

Nach diesem epileptischen Anfall war er auch zwei, drei Tage im Koma.

Das Erste, was der Arzt ihn fragte, welches Jahr wir haben,

da sagte er dann 1978.

Die Freiburger Ärzte stehen mit dem Rücken zur Wand.

Da kommen die Ergebnisse der Gewebeproben aus dem Labor.

Es ist weder ein Tumor noch eine Infektion.

Es ist etwas ganz anderes – und es lebt.

Unsere Pathologen haben gesehen,

dass ein Parasit im Inneren dieser Lesion war.

Die haben den Parasit lokalisiert und eingefärbt,

dann ging es ans Tropeninstitut, Bernhard Nocht, Hamburg.

Da haben sie die genetische Abfolge von Basen im Organismus bestimmt

und abgeglichen mit einer Datenbank.

Die spuckte einen eindeutigen Befund aus:

Einen Echinococcus multilocularis.

Echinococcus mulitlocularis?

Arne Kruse staunt nicht schlecht, als die Ärzte ihm erklären,

was in seinem Kopf nistet.

Es sind Hunderte Larven eines winzigen Wurmes.

Arne Kruse hat sich mit dem Fuchsbandwurm infiziert.

Ich dachte, das ist so ein Meterteil.

So zwei Meter lang, so Bandwurm.

Ich hatte mal Plättchenwürmer im Biobuch gesehen.

Da dachte ich, die sind so ewig lang und kommen eher im Stuhl vor.

Dass das so winzige Dinger sind, habe ich mir nicht träumen lassen.

Irgendwann muss er mit den Fuchsbandwurmeiern

in Kontakt gekommen sein, vielleicht bei einem Waldspaziergang.

Wenn die Eier verweht werden, gelangen sie auf Beeren am Boden,

Walderdbeeren, Heidelbeeren.

Wenn ein Mensch das isst, kann er sich damit infizieren.

Noch im Darm schlüpfen aus den Eiern winzige Sechs-Haken-Larven.

Die wandern durch die Darmwand in die Adern und gelangen

mit dem Blut in die Leber.

Bei Arne Kruse sind sie aber im Gehirn gelandet,

das ist eine absolute Rarität.

Jetzt passt alles zusammen und den Ärzte ist klar,

warum sie in den ersten Proben nichts gefunden haben.

Es hat damit zu tun, wie die Wurmlarven ihre Nester bauen.

Die Larven leben nur in der dünnen Außenwand der blasigen Geschwülste.

Weiter innen treiben nur tote Zellen und Fresszellen des Immunsystems.

Und genau hier haben die Ärzte ihre Proben gezogen.

Jetzt bekämpft Arne Kruse die Wurmlarven mit starken Medikamenten.

Bis er die ungebetenen Gäste in seinem Kopf ganz los ist,

wird er sie wohl noch einige Jahre weiter nehmen müssen.

Arne Kruse nutzt erst mal die Zeit, um das Ganze zu verarbeiten.

Wenn er wieder soweit ist, will der Kunsttherapeut

anderen mit einem ähnlich schweren Schicksal helfen.