Dysonsphären - Energie extrem (2018)
Hallo Raumzeit, Ronny hier. Dyson Sphären – die haben wir schon mehrfach in Raumzeit
erwähnt. Dyson Sphären sind so genannte Megastrukturen, die einen Stern einhüllen
um einen großen Anteil oder gar die Gesamtheit seiner Energie nutzbar zu machen. Wie aber
errichtet man solche Megastrukturen, die sogar die Besatzung der Enterprise in ehrfürchtiges
Staunen versetzen?
Wir finden heute heraus, was eine Dyson Sphäre ist, welche Varianten diskutiert werden und wie wir sie bauen können.
Willkommen bei Raumzeit!
Eine Dyson Sphäre ist eine gewaltige Megastruktur, die einen Stern umgibt. Sie wurde erstmalig in einem Science Fiction Roman im Jahr 1937
beschrieben: Jedes Sonnensystem war umgeben von einem Gewebe
aus Lichtfallen, welche die entweichende Sonnenenergie einfingen, um sie dann intelligent zu nutzen.
In der Wissenschaft wurden sie bekannt durch einen Aufsatz des Physikers Freeman Dyson,
der 1960 argumentierte, dass solche Strukturen zum einen eine logische Konsequenz des steigenden
Energiebedarfs seien. Zum anderen wies her darauf hin, dass wir über Dyson Sphären
fortschrittliche außerirdische Zivilisationen erkennten könnten.
Eine Zivilisation, die Dyson Sphären errichtet, wäre in der Tat sehr weit fortgeschritten. Die ihnen verfügbare Energiemenge würde die der Menschheit um viele Größenordnungen
überschreiten. Der russische Wissenschaftler Kardaschow hat eine Skala entwickelt, um den
Entwicklungsstand einer Zivilisation einzuordnen. In seiner Skala werden Zivilisationen in 3
Stufen eingeteilt, die sich an der für diese Kultur verfügbaren Energie orientieren:
- eine Kardashev 1 Zivilisation nutzt die gesamte verfügbare Energie ihres Planeten
– ein Ziel, dass die Menschheit noch nicht erreicht hat – wir liegen hier bei etwa
70%, sind also auf der Kardashew Skala eine 0,7 Zivilisation
- eine Kardashev 2 Zivilisation nutzt den gesamten Energieausstoß ihres Sterns (die
Sonne erzeugt übrigens Energie im Yottawatt-Bereich – wir haben dazu ein Video gemacht)
- eine Kardashev 3 Zivilisation schließlich nutzt alle Energiereserven ihrer Heimatgalaxie,
die Kraft von Milliarden von Sonnen Eine Zivilisation, die eine Dyson-Sphäre
errichtet hat, wäre damit eine Stufe 2 Zivilisation auf der Kardashev Skala. Ihr Heimatstern würde
visuell quasi erlöschen (das Licht wird durch die Dyson-Sphäre blockiert), aber er würde
natürlich im Infrarotspektrum besonders sichtbar werden, da die Dyson-Sphäre ihre Energie
in Form von Abwärme wieder abgeben muss. In Teleskopaufnahmen im Infrarotbereich könnten
wir Dyson-Sphären also sehr deutlich erkennen. Nach solchen Infrarotquellen, so Freeman Dyson,
müssten wir suchen, um hoch entwickelte außerirdische Zivilisationen zu finden. Am Rande sei hier
bemerkt, dass wir bisher noch nicht fündig geworden sind. Auch die 2015 entdeckten Lichtschwankungen
in Tabbys Star (wir haben dazu bereits eine Episode gemacht), scheinen nicht von einer
Megastruktur wie einer Dyson-Sphäre zu stammen. Aber zurück zum Thema. Dyson Sphären – also
Dyson-Kugeln - ist ein irreführendes Wort, es ist allerdings das gebräuchliche und wird
so auch meist im Science Fiction Bereich benutzt. Auch die Megastruktur, auf die die Enterprise
von Captain Picard stößt, ist eine starre Kugel.
Eine echte Dyson-Sphäre um einen Stern mit einem Radius von 100 Millionen Kilometern
oder mehr kann mit den uns bekannten Materialien schlicht nicht errichtet werden. Eine solche
Kugel müsste eine Rotationsgeschwindigkeit von mehr als 20 Kilometer pro Sekunde haben,
um der Gravitation der Sonne standzuhalten. Kein Material aber käme mit der dann auftretenden
Zentrifugalkraft zurecht – die Sphäre würde schlicht aber spektakulär zerreißen.
Freeman Dyson selbst aber sprach nie von einer Kugel. Er sprach in seinem ursprünglichen
Aufsatz von einer „Shell“, einer Hülle, dies meinte er nicht wörtlich, wie er später
immer wieder klarstellte. Er sagte in einer Antwort auf einen Kommentar zu seinem Aufsatz:
Eine solche Hülle oder ein Ring, der einen Stern umgibt, ist mechanisch unmöglich. Die
Form einer Biosphäre, welche ich mir vorstellte, besteht aus einer losen Ansammlung oder einem
Schwarm von Objekten, die sich in unabhängigen Orbits um den Stern bewegen.
Was Freeman Dyson hier beschreibt, ist die in der Forschung bekannteste und populärste
Variante. Ein Dyson-Schwarm. Dabei hüllt man den Stern nach und nach mit Satelliten
ein. Diese Satelliten können unterschiedlichste Aufgaben ausführen. Die überwiegende Mehrheit
würde Sonnenkollektoren darstellen, aber auch Habitate, Industrieanlagen oder Raumhäfen
sind vorstellbar. Solche Strukturen sind technologisch natürlich
eine Herausforderung. Aber sie sind zu bewältigen. Zunächst mal wird die Aufrechterhaltung stabiler
Orbits für die Schwarmobjekte eine immer komplexere Aufgabe – wenn schließlich Billionen
von Satelliten einen Stern umkreisen. Bereits ein Ring von Satelliten mit 100m Abstand zueinander
und einer Astronomischen Einheit Abstand von der Sonne würde aus neun Milliarden Objekten
bestehen. Cool. Wie bauen wir sowas? Das ist im Grunde keine
sehr komplexe, wohl aber eine titanische Aufgabe. Sie ist eher vergleichbar mit dem Bau der
Pyramiden oder der chinesischen Mauer als der Entwicklung einer CPU. Wichtige aber nicht
per se notwendige Voraussetzungen sind die Entwicklung von künstlicher Intelligenz,
selbst-replizierenden Robotern, günstigen Launch-Systemen und kabelloser Energieübertragung.
Es ist vorstellbar, dass selbstreplizierende Roboter Asteroiden, den gesamten Asteroidengürtel
oder auch den Planeten Merkur abbauen und so weitere Roboter, Solarkollektoren, etc.
erschaffen. Je mehr dieser Photokollektoren im Orbit sind, desto mehr Energie steht für
weitere Bautätigkeiten zur Verfügung. Der Prozess würde mit exponentieller Geschwindigkeit
ablaufen und bräuchte nur ein moderates Maß an menschlicher Kontrolle und Personal.
Ein Dyson-Ingenieur des 22. Jahrhunderts, nennen wir ihn mal Gordon Freeman, hätte
einen recht entspannten Tagesablauf. Er würde auf einer rotierenden Raumstation namens 42 Unlimited
im entstehenden Dyson-Schwarm erwachen – einen heißen Kaffee zubereiten, und an
seine Workstation gehen. Dort überwacht er die Stabilität der Umlaufbahnen, weist Wartungsaufgaben
und neue Produktionsaufträge zu. Um 11:13 Erdzeit geben die SWIFT-Satelliten eine Sonnensturmwarnung.
Gordon begibt sich nun in den Delta-Quadranten der Station, der die Bewohner vor der gefährlichen
Eruption schützt. Später kontrolliert Gordon die Funktion der Satelliten und weist einige
Reparaturen an. Wenig später beendet Gordon Freeman seine Schicht und wendet sich den
reichhaltigen Freizeitaktivitäten der Unlimited Two zu bevor er seine Tochter Keira von der
Schule abholen muss. Ingenieure und Ingenieurinnen wie Gordon Freeman arbeiten und leben mittlerweile
auf hunderten ähnlicher Raumstationen, verteilt auf einen Ring von fast 1 Milliarde Kilometer.
Spannend ist, dass im Grunde all diese Technologien bereits verfügbar sind. Wir sind in der Lage,
Material in den Orbit um die Sonne zu bringen, wir verfügen über Satelliten mit photovoltaischen
Kollektoren, unsere Computer sind leistungsstark und die Entwicklung von KI und 3D-Druckern
macht rasante Fortschritte. Kabelloser Energietransfer ist bereits über mehrere Kilometer auf Basis
von Lasern bzw. Mikrowellen-Lasern (so genannten Masern) möglich. Die Kosten, Material in
den Orbit zu bringen, werden stets reduziert – erst im Februar senkte SpaceX mit dem
erfolgreichen Testflug der Falcon Heavy die Kosten pro Kilogramm auf unter 1600$ - ein
ungeheurer Meilenstein, wenn man bedenkt, dass die Ariane 5 es nur auf 20.000$ pro Kilogramm
schafft. Kritiker sagen jetzt – aber die Kosten!
Aber die Kosten sind absolut zu bewältigen, wenn die Menschheit sich zu einem derartigen
Projekt entschließt. Die aktuellen Verteidigungsbudgets nur der ersten 10 Staaten ergeben eine Summe
von mehr als 1 Billionen Euro. Und zwar jährlich. Für eine Billion Euro lassen sich 10.000
Falcon Heavy starten – die insgesamt mehr als 200.000 Tonnen Nutzlast in einen
Sonnenorbit bringen könnten. Und ja, jedes Jahr. Überwindet die Menschheit ihr Misstrauen
und ihre Feindseligkeit, dann könnten wir noch in diesem Jahrhundert mit dem Bau eines
Dyson-Schwarms beginnen. Um an unseren ersten Ring zu erinnern, in
dem Gordon Freeman im nächsten Jahrhundert leben wird: 9 Milliarden Kollektor-Satelliten
mit je 1 MW Leistung hätten in einem solchen Ring bequem Platz. Diese würden uns damit
9000 Terawatt zur Verfügung stellen. 9000 Terawatt – wieviel ist das eigentlich? Vielleicht
hilft diese Information: die gesamte Stromerzeugung der Menschheit auf Basis von Atomkraft, fossilen
Brennstoffen, erneuerbaren Energien und Hamstern in Laufrädern betrug im Jahr 2015 ca. 6 Terawatt.
Ein kompletter Dyson-Schwarm, der die Energie der Sonne zu 100% nutzt – auch wenn eine
100% Effizienz etwas hypothetisch ist, würde fast 4 Billiarden Terawatt erzeugen. Und hier
das ganze mal als Zahl: 3 850 000 000 000 000 Terawatt verglichen
mit aktuell 6 Terawatt. Es gibt übrigens noch andere Entwürfe für
Dyson-Strukturen, z.B. eine Variante die auf Statiten basiert. Hier nutzen gewaltige Sonnensegel
den Lichtdruck der Sonne aus, um auf einer Position zu verharren. Gravitation und Lichtdruck
befinden sich immer im Gleichgewicht – das Problem der Orbits wäre damit zu bewältigen.
Wir haben aber noch keine Technologie, Lichtsegel herzustellen, die dünn genug sind. Wir geben
euch einige Links mit weiterführenden Texten in der Videobeschreibung.
Wofür würdet ihr die unfassbaren Energiemengen eines Dyson-Schwarms nutzen? Schreibt es uns
in den Kommentaren – wir freuen uns auf eure Ideen. Wenn es euch gefallen hat, dann
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und 42!