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2021 Tagesschau, tagesthemen 15.11.2021, 22:35 Uhr - Rasant steigende Corona-Zahlen erhöhen Druck auf potentielle Ampel-Koalition

tagesthemen 15.11.2021, 22:35 Uhr - Rasant steigende Corona-Zahlen erhöhen Druck auf potentielle Ampel-Koalition

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (15.11.2021)

Heute im Studio: Caren Miosga

Guten Abend.

Die neue Woche beginnt mit einer neuen unschönen Zahl.

Noch nie in dieser Pandemie war die Sieben-Tage-Inzidenz so hoch.

Heute liegt sie erstmals über 300.

Sie treibt auch die wohl künftige Regierung vor sich her,

die ja entschärfen wollte, was die Noch-Regierung einst erließ.

V.a. die FDP hatte angemahnt,

Freiheitsrechte nicht einzuschränken.

Nun aber überrollt die vierte Welle auch die Ampelkoalitionäre,

die jetzt Kontaktbeschränkungen wieder möglich machen wollen.

Heute war sogar von Impfpflicht für bestimmte Berufe die Rede,

auch wenn das ein Versprecher war.

Nadine Bader.

Feierabend in Berlin:

Dichtes Gedränge in vielen Bussen und Straßenbahnen.

Wer einsteigen will, muss demnächst geimpft, genesen oder getestet sein.

Zumindest, wenn es nach den Ampelparteien geht.

V.a., weil die Infektionszahlen weiter steigen,

haben SPD, Grüne und FDP ihren Gesetzentwurf nachgeschärft.

Die Liberalen, die gebremst hatten, schlagen nun andere Töne an,

schließen eine Überlastung des Gesundheitssystems nicht mehr aus.

Insbesondere in der Wissenschaft

bestand Konsens über alle Lager hinweg:

Auch gewisse Kontaktbeschränkungen müssen möglich sein,

um die befürchtete Überlastung des Gesundheitssystems abzuwenden.

Zudem soll es eine "Länderöffnungsklausel" geben:

Besonders betroffene Bundesländer

sollen weitergehende Maßnahmen beschließen können.

Dazu gehören keine pauschalen Ausgangssperren.

Dazu gehört aber, dass Kontaktbeschränkungen möglich sind.

Dazu gehört auch,

dass Veranstaltungen mit Auflagen belegt werden können.

Auch eine Testpflicht in Pflege- und Altenheimen soll kommen.

Keine Einigung dagegen

beim Thema Impfpflicht im Gesundheitsbereich.

Die Grünen waren dafür, die FDP dagegen.

Die SPD hat noch Redebedarf.

Eine Impfpflicht ist ein sehr schwerwiegender Eingriff.

Das macht man nicht im Hauruck-Verfahren.

Ordentliche Diskussion, 'ne Anhörung, 'ne Beratung

sollte gegeben sein.

Dass Arbeitgeber künftig wieder Homeoffice anbieten sollen müssen,

begrüßt der DGB.

Niemand dürfe aber zum Arbeiten von zu Hause aus gezwungen werden.

Unterstützung auch für die 3G-Regel am Arbeitsplatz.

Wir empfehlen allen Beschäftigten: Legt euren Impfstatus offen.

Das setzt voraus, dass Menschen sich geimpft haben.

Auch da gilt es, Gas zu geben.

Nicht mehr erlauben wollen die Ampelparteien:

Ausgangsbeschränkungen

sowie die Schließung von Bars, Gaststätten und Schulen.

Nach einer Expertenanhörung im Bundestag

kritisiert die Union die Pläne der Ampelparteien als unzureichend.

Virologen hätten darauf hingewiesen:

2G- und 3G-Regelungen reichten nicht aus,

um die vierte Welle in den Griff zu bekommen.

Es ist vollkommen unverständlich:

Dass die Ampelfraktionen wieder nur einen begrenzten Instrumentenkasten

für die Länder zur Verfügung stellen wollen.

Ob er Maßnahmen wie einen Lockdown und Ausgangsbeschränkungen will,

sagt er aber nicht.

Die Landkreise kritisieren, es fehle das Personal,

um 3G in Bussen oder S-Bahnen zu kontrollieren.

Im Berufsverkehr mit Tausenden von Nutzern von Bussen und Bahnen

ist eine 3G-Regelung gar nicht durchführbar.

Noch nicht im Amt,

stehen SPD, Grüne und FDP vor ihrer ersten Belastungsprobe.

Donnerstag

wollen sie den Gesetzentwurf durchs Parlament bringen.

Deutschland diskutiert, wie man die vierte Welle brechen könnte,

in Frankreich wird das schon getan.

Ausgerechnet in Frankreich, wo man gern auf die Straße geht

und für Freiheit und gegen Impfpflicht demonstrierte.

Nun gibt es seit September diese Impfpflicht für Gesundheitsberufe,

landesweit 3G und somit wieder sehr viel mehr normales Leben.

Auch wenn die Zahl der Corona-Infektionen wieder steigt.

Darauf schaut Frankreich recht entspannt, wie Sabine Rau berichtet.

David Baroche ist bereit.

Kurz nach zwölf.

In der Brasserie, gleich hinter den Champs-Elysees,

beginnt das Mittagsgeschäft.

Das Restaurant ist Treffpunkt für Büroangestellte

und Geschäftsleute des Quartiers.

Handy raus, Gesundheitspass kontrollieren –

Routine für David Baroche, den Chef des Restaurants.

Am Anfang war diese Maßnahme nicht so akzeptiert,

aber das hat sich geändert:

Ohne diesen Pass gibt es nichts zu essen.

Und was sagen die Gäste?

Das stört mich nicht, im Gegenteil.

Wir sind geimpft und haben damit mehr Freiheit.

Auch in den Krankenhäusern hat Frankreich Fakten geschaffen:

Seit dem Sommer gilt eine Impfpflicht

für alle Angestellten im Gesundheitswesen.

Im Institut Curie, der renommierten Krebsklinik in Paris,

mussten sich alle Krankenschwestern, Ärzte und Angestellte

bis 15. Oktober impfen lassen.

Für die Patienten bedeutet das eine große Erleichterung:

Man muss doch geschützt sein, Covid kommt gerade zurück.

Das ist doch nicht zu Ende!

Wer die Impfung verweigerte,

durfte nicht weiter arbeiten und wird auch nicht mehr bezahlt.

Der befürchtete Protest blieb aus.

Drei Krankenschwestern von 2400 Mitarbeitern

haben sich nicht impfen lassen.

Für uns war das also kein Problem.

Das heißt nicht, dass man nicht überzeugen muss.

Wir haben uns dafür Zeit genommen.

Protestmärsche wie diese, angefacht von Rechtsextremen

und Corona-Leugnern, verliefen sich schnell wieder.

Die Impfgegner - eine schwindende Minderheit.

Aber auch in Frankreich steigen die Covid-Zahlen wieder.

Doch die Regierung reagiert:

Bis 15. Dezember müssen alle ab 65 eine Booster-Impfung nachweisen.

Der Erfolg ist messbar:

Die Quote der vollständig Geimpften, einschließlich der 12-18-Jährigen,

liegt bereits bei 87,3 %.

Verwundert bis verständnislos schaut man in Paris daher nach Deutschland.

Das ist schon etwas erstaunlich.

Die erste Welle hat Deutschland viel besser bewältigt.

Aber jetzt ist die Anzahl der Geimpften entscheidend.

Ich fahr hin und her zwischen Frankreich und Deutschland.

Ich fühl mich hier wohler.

Es wäre schön, wenn es dort auch so gut funktioniert.

Nachmittags ins Kino, nur mit Gesundheitspass,

und Impfpflicht auch hier für alle Angestellten.

Der Gesundheitspass ist ein Sesam-öffne-dich.

Ich gehe jeden Tag ins Kino oder Theater, ins Restaurant.

Dafür habe ich mich impfen lassen.

Und für die Besucher ist es ein gutes Gefühl zu wissen:

Jeder im Saal ist geimpft, genesen oder getestet.

Und das wird auch genau kontrolliert.

So weit die Situation in Frankreich, aber wie wird es bei uns?

Was davon dürfte die Politik durchsetzen?

Darüber habe ich gesprochen

mit Jura-Professorin Anika Klafki von der Universität Jena.

Sie versteht viel von Risiko und Recht in Pandemien.

Guten Abend, Frau Klafki.

Guten Abend, Frau Miosga.

Das, was Frankreich schon macht oder noch weitgehender Österreich,

plant auch die Ampelkoalition - einen Quasi-Lockdown für Ungeimpfte.

Wäre das in Deutschland rechtlich zulässig?

Ja, schon auf jetziger Grundlage kann man 2G und 3G anordnen.

Teils wird das in Bundesländern schon gemacht.

Auch nach dem neuen Gesetz, das gelten soll,

wenn die epidemische Lage nationaler Tragweite ausgelaufen ist,

sollen 2G- und 3G-Regelungen auf Länderebene möglich sein.

Die Ampelvertreter, vor allem die der FDP,

wollen das Infektionsschutzgesetz ändern.

Sie sagen, Teile davon seien rechtsunsicher

und hielten vor Gerichten nicht stand.

Stimmt das?

Das ist schwer, das pauschal zu sagen.

Wo die Ampelkoalitionäre sicher recht haben, ist,

dass Ausgangssperren derzeit, wo wir Impfstoffe haben, schwierig werden.

Im Übrigen ist es nicht so klar, was derzeit gilt.

Denn Gerichtsentscheidungen beziehen sich immer

auf ein bestimmtes Setting zu einer bestimmten Zeit in der Pandemie.

Man kann daraus keine zu verallgemeinernden Aussagen treffen,

ob Betriebsschließungen künftig zulässig sind.

Es kommt auf den Einzelfall an.

Insofern ist es v.a. eine politische Entscheidung,

was man gesetzlich regeln möchte.

Nun sagen Epidemiologen, 2G/3G wird nicht reichen,

um die vierte Welle zu brechen.

Es gibt Überlegungen in der Ampel, eine Impfpflicht für Beschäftigte

in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern einzuführen.

Da gibt's das Vorbild bei den Masern, oder?

Genau, ich halte das auch für verfassungsrechtlich zulässig.

Das ist unter Juristen nicht unumstritten.

Aber für diese Auffassung spricht,

dass es zwei obergerichtliche Judikate dazu gibt:

Das Bundesverwaltungsgericht

erklärte 1959 die Pockenimpfung für zulässig.

Und zur allgemeinen Masern-Impfpflicht:

Die gilt seit 2020 für Kinder und Beschäftige

in Gemeinschaftseinrichtungen und Schulen.

Das Bundesverfassungsgericht

hat zumindest vorläufig dieses Gesetz gehalten.

Zur Begründung sagte es,

eine Impfpflicht sei mit Blick auf den Schutz der Bevölkerung möglich.

Es gehe nicht darum, die Gesundheit derer zu schützen,

die geimpft werden.

Sondern gerade um den Schutz von vulnerablen Gruppen,

die sich nicht impfen lassen können.

Die Argumentation

lässt sich gut auf die Covid-Situation übertragen.

Die Pockenimpfung, war bis 1976 Pflicht.

Wäre das eine Blaupause

für eine allgemeine Covid-Impfpflicht in Deutschland?

Ob man eine allgemeine Impfpflicht anordnen will,

ist eine politische Frage.

Da spielen mehr Fragen eine Rolle als die verfassungsrechtlichen.

Aber aus meiner Sicht

wäre es verfassungsrechtlich ein gangbarer Weg.

Und um mit einem Missverständnis aufzuräumen:

Es wird teilweise gesagt, man könne Impfpflichten nur einführen,

wenn man eine Krankheit so ausrotten kann.

Das spielt verfassungsrechtlich keine Rolle.

Auch wenn man eine Krankheit nicht ausrotten kann,

aber mit einer Impfung die Bevölkerung schützen kann:

Auch dazu kann eine Impfpflicht angeordnet werden.

Gegner sagen, das Recht des Einzelnen auf Unversehrtheit

wiege mehr als der Schutz von Leben und Gesundheit der anderen.

Stimmt das noch, wenn so viele Menschen sterben

und das Gesundheitssystem an seine Grenzen kommt?

Das ist eine Wertungsfrage.

Aber schon der Parlamentarische Rat, der Urheber unseres Grundgesetzes,

hatte sich damit auseinandergesetzt:

Ob Impfpflichten künftig zulässig sein sollen.

Aber trotz des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit

sind auch Impfpflichten aus legitimen Gründen zulässig.

Also man kann es so sehen, dass der Schutz der Bevölkerung

über individuellem Recht auf freie Entscheidung steht.

Danke, Anika Klafki.

Vielen Dank.

Rein verfassungsrechtlich ist eine Impflicht also möglich -

aber ist sie auch richtig?

Die Meinung von Achim Wendler vom Bayerischen Rundfunk.

Ja, jetzt muss ich was sagen.

Aber ich mach's mal wie die Ampel: ruhig angehen lassen.

Es ist Krise in Deutschland,

und die Ampel ergeht sich in Zaudereien und Missverständnissen.

Diese Ampel regelt nicht, sie verwirrt.

Eine Impfpflicht für bestimmte Berufe wäre dringend nötig.

Sie wäre das Mindeste, was SPD, Grüne und FDP beschließen müssten.

Besser als eine Impfpflicht nur für Pflegekräfte

wäre eine allgemeine Impfpflicht.

Damit kämen wir dauerhaft raus aus dieser Pandemie.

Aber diese Gewissheit ignoriert die Politik –

nicht nur die Ampel, auch die anderen Parteien.

Ihr wichtigstes Argument:

Eine allgemeine Impfpflicht wäre nicht durchsetzbar.

Das ist verstörend in einer Demokratie:

Der Wille der Mehrheit - nicht durchsetzbar?

Ein Wille, der ja nicht die Verfassung sprengt!

Ausschlaggebend ist für die Politik offenbar leider

der Wille einer lauten, hartnäckigen Minderheit.

Okay, aber dann wenigstens die Impfpflicht für einzelne Berufe!

Pflegekräfte sind verantwortlich dafür,

dass sie die ihnen Anvertrauten nicht schädigen.

Nicht alle werden dieser Verantwortung gerecht.

Deshalb muss die Ampel sie jetzt verpflichten.

Schwach ist der Einwand aus der SPD,

so eine Impfpflicht erlasse man nicht im Hauruck-Verfahren.

Den Euro konnte man im Hauruck-Verfahren retten.

Heimbewohner nicht?

Und Hauruck-Verfahren braucht man übrigens auch nur,

wenn man den Job nicht beizeiten vorbereitet hat.

Eine Impfpflicht ist dringend geboten.

Mindestens für bestimmte Berufe, besser eine allgemeine.

Dass die Ampel so irrlichtert,

ist Folge eines Fehlers aus der ersten Pandemiewelle:

Da war das Versprechen, es werde keine allgemeine Impfpflicht geben.

Die Meinung von Achim Wendler.

Die Bilder, die uns von der Grenze Polens zu Belarus erreichen,

werden immer schauriger:

Tausende Geflüchtete harren weiter in Hunger und Kälte aus,

immer noch hoffend, in die EU kommen zu können.

Doch Grenzzäune und Polizisten halten sie davon ab.

Es ist ein zynisches Spiel,

das der belarusische Machthaber Lukaschenko mit der EU treibt.

Das beginnt ihm die EU aber nun zu verderben.

Heute haben die EU-Außenminister Sanktionen heute beschlossen.

Sie wollen auch, dass Fluglinien wie die Turkish Airlines

keine Iraker oder Syrer mehr nach Belarus fliegen.

Erste Erfolge in einer Krise, die damit aber noch nicht beendet ist.

Erst recht nicht für die, die hier an der Grenze warten.

Michael Grytz.

Die Lage an der Grenze: immer dramatischer.

Auf belarusischer Seite: Menschen, die nach Europa wollen.

Auf der anderen: polnische Soldaten und Polizei.

Um diese seit Wochen andauernde Krise

reiht sich eine fast unübersichtliche Folge politischer Ereignisse.

Der Versuch, den Tag zu sortieren.

In Brüssel wollen die EU-Außenminister

den Druck auf Belarus erhöhen und einigen sich darauf:

Dass alle, die sich an Schleusungen von Lukaschenko beteiligen,

von der EU sanktioniert werden, und das ist erst der Anfang.

Und wir sind uns einig,

dass wir uns weiter mit den Herkunftsländern auseinandersetzen.

Wie wirksam der Druck aus der EU ist – unklar.

Außenbeauftragter Borrell verbreitet Zuversicht:

Die Türkei und der Irak hätten Entgegenkommen signalisiert.

Die Flüge zu stoppen, das ist fast geschafft.

In diesen Tagen haben wir mit den Herkunftsländern gesprochen.

Mein Kollege ist in Bagdad.

Wir bekommen den Fluss von Menschen unter Kontrolle.

Doch Polens Regierung erwartet eine Zuspitzung.

Die Informationen zu prüfen ist schwierig:

Journalisten sind an der Grenze weiter nicht zugelassen.

Polen will dort zudem keine EU-Hilfe.

Am geschlossenen Übergang der Kuznica-Grenze

hat sich eine große Gruppe Migranten versammelt, es sind Hunderte.

Sie versammeln sich auf belarusischer Seite.

Vorher haben sie tagelang gecampt.

Wir glauben, sie wollen den Grenzübergang angreifen.

Es sind Grenzposten dort,

unterstützt von Polizei und Soldaten.

Moskau:

Kremlsprecher Dmitry Peskov

weist jegliche Rolle Russlands in dem Konflikt zurück.

Er wiederholt aber Präsident Putins Angebot, als Vermittler zu helfen.

Das Misstrauen aber ist groß.

Russland nutzt diese Krise, um die EU zu destabilisieren.

Es ist sehr einfach,

unsere Möglichkeiten für notwendige politische Entscheidungen zu testen.

Und die glauben, wir können uns eh nicht einigen.

Minsk: viel Misstrauen auch gegenüber Belarus.

Dessen Präsident Lukaschenko bietet an:

Wir sind bereit, die Menschen in Flugzeuge zu setzen,

um sie nach Hause zu bringen.

Aber diese Leute sind sehr stur, niemand will mehr zurück.

Lettland beginnt Meldungen zufolge

Militärübungen an der Grenze zu Belarus.

Zurück in Brüssel:

Bei der NATO ist der ukrainische Außenminister zu Gast -

Sorge um russische Truppenaufmärsche.

In den vergangenen Woche haben wir eine große Konzentrationen

russischer Streitkräfte an den ukrainischen Grenzen gesehen.

Polen denkt wegen der Situation an der Grenze zu Belarus nach,

laut Artikel 4 des NATO-Vertrages eine Sondersitzung zu beantragen.

Dies ist möglich, wenn die Sicherheit eines Mitgliedslandes bedroht ist.

Unterstützung kommt aus Lettland und Litauen.

Krisen, Misstrauen, neue Sanktionen:

Die Situation ist weiter ungelöst und für die Menschen dramatisch.

In Brüssel ist der Bundesaußenminister Heiko Maas.

Guten Abend, Herr Maas.

Hallo, Frau Miosga.

Diese Bilder von frierenden und hungernden Menschen

vor dem Stacheldraht der Grenze zur EU:

Soll von Ihnen die Botschaft ausgehen: Ihr kommt hier nicht rein?

Die Bilder sind schrecklich.

Worum wir uns als Deutschland und EU heute noch mal bemüht haben,

ist humanitäre Hilfe.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk steht dafür zur Verfügung.

Niemand will sehen, wie Familien, Kinder, oder wer auch immer

hungert und friert.

Aber diese Menschen werden auch instrumentalisiert -

von Herrn Lukaschenko, Belarus.

Wir dürfen dem aber auch nicht nachgeben.

So schwierig das ist,

wir müssen deutlich machen, dass die EU sich nicht erpressen lässt.

Sie haben heute gesagt, Deutschland werde die Menschen nicht aufnehmen.

Die Botschaft ist doch: "Sie kommen hier nicht rein."

Wir sprechen bereits mit den Herkunftsländern,

dass die Menschen wieder zurückgeführt werden.

Es gibt Länder, wie zum Beispiel der Irak,

die organisieren wieder Rückflüge.

Diesen Weg haben wir eingeschlagen, darauf haben wir uns geeinigt.

Neben den Sanktionen für das Lukaschenko-Regime.

Die Menschen sollen erst mal menschenwürdig untergebracht werden,

ein humanitärer Zugang soll gewährleistet werden.

Aber die Herkunftsländer sollen auch die Menschen zurücknehmen.

Muss man dann nicht auch ehrlich sagen:

"Gut, wir bauen die Mauer, die Polen haben will, und zwar mit EU-Geld?"

Ob die mit EU-Geld gebaut wird oder nicht, halte ich für zweitrangig.

Die Tatsache, dass an den Außengrenzen Zäune, Stacheldraht,

Mauern gebaut werden, ist nicht schön.

Aber wir sind auch dafür verantwortlich,

dass die Zuwanderung in die EU geordnet sein muss.

Und wenn es notwendig ist, dafür Einrichtungen herzustellen,

die das möglich machen.

Dass nicht über verbrecherische Aktionen, wie von Belarus, Menschen

unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Land gelockt werden.

Und von da über die grüne Grenze nach Europa gebracht werden.

Da kann die EU nicht zusehen, da muss sie handeln.

Mauern sind nicht schön, das klingt etwas zynisch.

Eigentlich hat doch jeder, der an die Tür der EU klopft,

zumindest das Grundrecht auf Asyl.

Das wird den Menschen dort an der Grenze doch verwehrt.

Wir haben auch die Verantwortung, die Aufnahmefähigkeit

der EU-Staaten, die Bereitschaft dafür, aufrechtzuerhalten.

Es wird schwierige politische Diskussionen nach sich ziehen,

wenn wir zulassen, dass wir erpresst werden.

Und die Erpressung auch noch Erfolg hat.

Wir wollen, dass Menschen in Zukunft noch bei uns Zuflucht finden.

Die, die politisch verfolgt werden.

Jeden Monat nehmen wir in Deutschland Tausende Menschen auf,

die politisches Asyl beantragen.

Aber das muss in geordneten Verfahren passieren.

Sonst sinkt die Aufnahmebereitschaft.

Das ist keine gute Voraussetzung dafür,

mit dem Grundrecht auf Asyl weiter konstruktiv umzugehen.

Das müssen wir organisieren.

Und wenn alle sagen, wir müssen die Außengrenzen schützen,

dann muss man dafür auch die Voraussetzungen schaffen.

Indem Zuwanderung in die EU geordnet verläuft.

Das wollen wir tun.

Es stehen angeblich Hunderte Geflüchtete vor einem Grenzübergang.

Die Polen sagen, sie könnten den Übergang stürmen,

angeblich ausgestattet mit Werkzeugen von den Belarusen.

Was passiert dann? Werden sie mit Gewalt abgewiesen?

Wir haben bedauerlicherweise schon seit Tagen diese Situation.

Menschen sind jetzt schon ums Leben gekommen.

Das, was in Polen geschieht, ist, die Grenzen werden geschützt.

Menschen landen ja nicht an, die in Polen um politisches Asyl bitten.

Warum lässt Polen dann keine Hilfsorganisationen,

keine Journalisten, niemanden von außen an die Grenze?

Darüber haben wir heute gesprochen.

Die große Mehrheit der Mitgliedstaaten

hat dazu aufgefordert:

Der Zugang für Flüchtlingsorganisationen

sollte ermöglicht werden.

Wobei man dazu sagen muss,

die Mehrheit der Flüchtlinge steht auf belarusischer Seite.

Dort wird den Flüchtlingsorganisationen

die Arbeit verweigert.

Dass sie Unterkünfte bauen können.

Die meisten Flüchtlinge sind dort.

Wenn man ihnen helfen will, muss man dort zulassen, dass geholfen wird.

Wenn man auf Lukaschenko Einfluss nehmen will,

muss man mit Putin reden.

Der hat heute seine Vermittlung angeboten.

Ist das ein vergiftetes Angebot?

Das weiß ich nicht, ehrlich gesagt.

Er hätte vielleicht am ehesten die Möglichkeit,

dem Treiben ein Ende zu setzen.

Wenn er vermitteln will, kann er es tun.

Das kann aber nur darin bestehen,

dass das aufhört an der belarusisch-polnischen Grenze.

Wir haben die Worte gehört.

Ob dem Taten folgen, da habe ich Zweifel.

Wir werden es sehen.

Danke, Heiko Maas.

Das Interview haben wir aus Termingründen aufgezeichnet.

Noch mal zur Innenpolitik

und zur Suche nach einem neuen CDU-Vorsitzenden:

Nach Norbert Röttgen und Helge Braun

hat auch Friedrich Merz offiziell seinen Hut in den Ring geworfen.

Weitere Nachrichten mit Julia Niharika-Sen.

Der Vorstand seines Kreisverbandes Hochsauerland

nominierte Merz einstimmig.

Damit tritt der 66-Jährige zum dritten Mal nach 2018

und Anfang dieses Jahres für den CDU-Vorsitz an.

Die Frist für mögliche weitere Kandidaturen läuft bis Mittwoch.

Danach werden die Mitglieder befragt, wer die CDU führen soll.

Die Wahl des neuen Vorsitzenden

ist am 21. Januar auf einem Parteitag in Hannover.

Der Landtag von Mecklenburg- Vorpommern hat Manuela Schwesig

erneut zur Ministerpräsidentin gewählt.

Die SPD-Politikerin erhielt 41 von 79 Stimmen,

zwei weniger als die neue rot-rote Koalition hat.

Bei der Landtagswahl im September war die SPD als klarer Sieger.

In den letzten 15 Jahren hatte die SPD mit der CDU regiert.

Durch die Pandemie haben sich Flugticketpreise deutlich verteuert.

So der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft.

Mehr dazu von Markus Gürne aus der Frankfurter Börse.

2020 kam der Luftverkehr fast vollständig zum Erliegen.

Daraufhin bauten Fluggesellschaften Personal und Flugzeuge ab.

Aber die Nachfrage kam zurück und traf auf ein geringeres Angebot

und weniger Wettbewerb zwischen den Fluglinien.

Tickets für innereuropäische Flüge von Deutschland aus

kosteten im September fast 19 % mehr als zwei Jahre zuvor.

Innerdeutsche Verbindungen wurden um 12,5 % teurer,

Langstreckenflüge um 3 %.

Im Durchschnitt kostete Fliegen 10 % mehr als vor der Pandemie.

Der Trend könnte noch anhalten,

denn noch liegt die Branche weit unter dem Vorkrisenniveau.

V.a. bei Inlandsflügen

ist die Nachfrage nur halb so hoch wie vor Corona.

In Bulgarien hat eine vor zwei Monaten gegründete

Anti-Korruptionspartei offenbar die Parlamentswahl gewonnen.

Teilergebnissen zufolge erhielt die Bewegung

"Wir setzen den Wandel fort" rund 25 % der Stimmen.

Geführt wird die Partei von zwei ehemaligen Ministern.

Sie wollen mit einer Koalition Regierungschef Borissow ablösen.

Dessen konservative Gerb-Partei

wurde mit Stand jetzt 22 % zweitstärkste Kraft.

Einen Tag nach der Bombenexplosion in Liverpool hat Großbritannien

die Terrorwarnstufe auf die zweithöchste Kategorie angehoben.

Gestern war in einem Taxi vor einem Krankenhaus ein Sprengsatz detoniert,

den ein Fahrgast offenbar bei sich trug.

Der Mann wurde getötet, der Fahrer des Wagens verletzt.

Vier Männer wurden festgenommen.

Die genauen Hintergründe sind aber noch unklar.

Die Fotografin Herlinde Koelbl hat von Angela Merkel

in 30 Jahren Bilder gemacht.

Sie zeigen nicht nur äußerlich, wie sich die Jung-Politikerin

und heutige Kanzlerin verändert hat.

Natürlich ist sie in erster Linie älter geworden.

Koelbl hat viele Persönlichkeiten mit Foto-Langzeitstudien begleitet

und jedes Jahr ein Foto von ihnen gemacht.

Sie schafft es, auch Antworten darauf zu geben,

wie die Macht Spuren im Inneren hinterlässt.

Und wie sich das wieder im Außen zeigt.

Zum Ende der scheidenden Kanzlerin

kann sich davon jeder selbst ein Bild machen.

Andreas Krieger.

Ein wacher Blick.

Ein Lächeln - freundlich, vielleicht.

Merkel, 1998, sie hat ein Ziel.

Was sie auszeichnet:

Ihr analytisches Denken, langfristiges Denken,

so, dass sie ihr Ego im Griff hat.

Sehr früh, als sie Umweltministerin war

und mit Gerhard Schröder Zoff hatte, hat sie gesagt:

Eines Tages werde sie ihn in die Ecke stellen.

Es dauere noch, aber darauf freue sie sich schon.

Fotografin Herlinde Koelbl

hat Angela Merkel 30 Jahre lang porträtiert.

Die Kanzlerin, 2021.

Und:

Die Frauen- und Jugendministerin, 1991. Was verbindet sie?

Nun veröffentlicht Koelbl ihre Langzeitstudie als Buch.

Am Anfang war sie etwas scheu und ungelenk.

Aber dann hat sie schnell gelernt, ihre Emotionen im Griff zu haben,

damit man ihr nicht alles an der Nasenspitze ansieht.

Die Versuchsanordnung ist immer gleich:

Weiße Wand, keine Regieanweisungen.

Das Buch zeigt, wie Angela Merkel

auf jeder Karrierestufe minimalistischer wird – und sicherer.

Wenn man im Buch die Körpersprache beobachtet,

verändert sie sich enorm, gerade in der ersten Periode.

Und Körpersprache, deshalb habe ich immer Kopfporträt, sitzend,

stehendes Porträt gemacht:

An der Körpersprache sieht man, wie sie sich verändert.

Am Anfang ist sie scheu, sie wird dann selbstbewusster.

Plötzlich, '94/'95, kommt Stand-, Spielbein dazu, also Sicherheit,

und 1998 zum ersten Mal die Raute, ganz spontan.

Das passiert bei einer Fotosession.

Plötzlich ist sie da: die Raute.

Nicht von einem Berater angelegt, sondern spontan von ihr.

Nur so konnte es entstehen, weil ich nie gesagt habe:

"Machen Sie das oder das."

Wenn ich dem anderen Zeit gebe, dass er das tut, wo er glaubt,

er ist bei sich, dann entsteht so was.

Nicht eitel zu sein, sei Merkels große Stärke.

Denn wer nicht eitel sei, sei nicht verführbar.

Jetzt das Wetter - auch in Schwarz-Weiß, Claudia?

Ja, das wird morgen ziemlich so sein.

Wobei es vom Satelliten spannender aussah.

Es war einfach grau von unten.

Aus Süden kamen etwas Wolken und ein paar Flecken mit Sonne.

Und zwar waren es genau die Höhenlagen

im Harz oder Erz- und Fichtelgebirge.

Oder beispielsweise westlich des Bayerischen Waldes.

Da riss es etwas auf.

Sonst meist trüb und grau.

Wir haben alle verfügbaren Flecken mit Sonne rausgesucht ...

Es kommt aber Bewegung ins Wetter.

Es verdichten sich die Hochnebelfelder.

Im Südosten und Osten anfangs Sterne.

Morgen sonst trüb, teils mit Regen.

Die nächsten Tage bringen ein Tiefdruckgebiet mit Schauern.

Aber es gibt auch sonnige Abschnitte.

Vor allem am Mittwoch.

Am Donnerstag im Norden und Osten nass.

Hier folgt die Story im Ersten mit dem Kampf ums Ackerland.

Investoren haben die bäuerliche Lebensgrundlage

als Finanzanlage entdeckt.

Anna Planken erwartet Sie um 0.40 Uhr mit dem nachtmagazin.

Wir sehen uns morgen wieder.

Bis dann.

Copyright Untertitel: NDR 2021


tagesthemen 15.11.2021, 22:35 Uhr - Rasant steigende Corona-Zahlen erhöhen Druck auf potentielle Ampel-Koalition tagesthemen 15.11.2021, 22:35 Uhr - Rapidly rising corona numbers increase pressure on potential traffic light coalition

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen. Here is the first German television with the topics of the day.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (15.11.2021)

Heute im Studio: Caren Miosga

Guten Abend.

Die neue Woche beginnt mit einer neuen unschönen Zahl.

Noch nie in dieser Pandemie war die Sieben-Tage-Inzidenz so hoch.

Heute liegt sie erstmals über 300.

Sie treibt auch die wohl künftige Regierung vor sich her,

die ja entschärfen wollte, was die Noch-Regierung einst erließ.

V.a. die FDP hatte angemahnt,

Freiheitsrechte nicht einzuschränken.

Nun aber überrollt die vierte Welle auch die Ampelkoalitionäre,

die jetzt Kontaktbeschränkungen wieder möglich machen wollen.

Heute war sogar von Impfpflicht für bestimmte Berufe die Rede,

auch wenn das ein Versprecher war.

Nadine Bader.

Feierabend in Berlin:

Dichtes Gedränge in vielen Bussen und Straßenbahnen.

Wer einsteigen will, muss demnächst geimpft, genesen oder getestet sein.

Zumindest, wenn es nach den Ampelparteien geht.

V.a., weil die Infektionszahlen weiter steigen,

haben SPD, Grüne und FDP ihren Gesetzentwurf nachgeschärft.

Die Liberalen, die gebremst hatten, schlagen nun andere Töne an,

schließen eine Überlastung des Gesundheitssystems nicht mehr aus.

Insbesondere in der Wissenschaft

bestand Konsens über alle Lager hinweg:

Auch gewisse Kontaktbeschränkungen müssen möglich sein,

um die befürchtete Überlastung des Gesundheitssystems abzuwenden.

Zudem soll es eine "Länderöffnungsklausel" geben:

Besonders betroffene Bundesländer

sollen weitergehende Maßnahmen beschließen können.

Dazu gehören keine pauschalen Ausgangssperren.

Dazu gehört aber, dass Kontaktbeschränkungen möglich sind.

Dazu gehört auch,

dass Veranstaltungen mit Auflagen belegt werden können.

Auch eine Testpflicht in Pflege- und Altenheimen soll kommen.

Keine Einigung dagegen

beim Thema Impfpflicht im Gesundheitsbereich.

Die Grünen waren dafür, die FDP dagegen.

Die SPD hat noch Redebedarf.

Eine Impfpflicht ist ein sehr schwerwiegender Eingriff.

Das macht man nicht im Hauruck-Verfahren.

Ordentliche Diskussion, 'ne Anhörung, 'ne Beratung

sollte gegeben sein.

Dass Arbeitgeber künftig wieder Homeoffice anbieten sollen müssen,

begrüßt der DGB.

Niemand dürfe aber zum Arbeiten von zu Hause aus gezwungen werden.

Unterstützung auch für die 3G-Regel am Arbeitsplatz.

Wir empfehlen allen Beschäftigten: Legt euren Impfstatus offen.

Das setzt voraus, dass Menschen sich geimpft haben.

Auch da gilt es, Gas zu geben.

Nicht mehr erlauben wollen die Ampelparteien:

Ausgangsbeschränkungen

sowie die Schließung von Bars, Gaststätten und Schulen.

Nach einer Expertenanhörung im Bundestag

kritisiert die Union die Pläne der Ampelparteien als unzureichend.

Virologen hätten darauf hingewiesen:

2G- und 3G-Regelungen reichten nicht aus,

um die vierte Welle in den Griff zu bekommen.

Es ist vollkommen unverständlich:

Dass die Ampelfraktionen wieder nur einen begrenzten Instrumentenkasten

für die Länder zur Verfügung stellen wollen.

Ob er Maßnahmen wie einen Lockdown und Ausgangsbeschränkungen will,

sagt er aber nicht.

Die Landkreise kritisieren, es fehle das Personal,

um 3G in Bussen oder S-Bahnen zu kontrollieren.

Im Berufsverkehr mit Tausenden von Nutzern von Bussen und Bahnen

ist eine 3G-Regelung gar nicht durchführbar.

Noch nicht im Amt,

stehen SPD, Grüne und FDP vor ihrer ersten Belastungsprobe.

Donnerstag

wollen sie den Gesetzentwurf durchs Parlament bringen.

Deutschland diskutiert, wie man die vierte Welle brechen könnte,

in Frankreich wird das schon getan.

Ausgerechnet in Frankreich, wo man gern auf die Straße geht

und für Freiheit und gegen Impfpflicht demonstrierte.

Nun gibt es seit September diese Impfpflicht für Gesundheitsberufe,

landesweit 3G und somit wieder sehr viel mehr normales Leben.

Auch wenn die Zahl der Corona-Infektionen wieder steigt.

Darauf schaut Frankreich recht entspannt, wie Sabine Rau berichtet.

David Baroche ist bereit.

Kurz nach zwölf.

In der Brasserie, gleich hinter den Champs-Elysees,

beginnt das Mittagsgeschäft.

Das Restaurant ist Treffpunkt für Büroangestellte

und Geschäftsleute des Quartiers.

Handy raus, Gesundheitspass kontrollieren –

Routine für David Baroche, den Chef des Restaurants.

Am Anfang war diese Maßnahme nicht so akzeptiert,

aber das hat sich geändert:

Ohne diesen Pass gibt es nichts zu essen.

Und was sagen die Gäste?

Das stört mich nicht, im Gegenteil.

Wir sind geimpft und haben damit mehr Freiheit.

Auch in den Krankenhäusern hat Frankreich Fakten geschaffen:

Seit dem Sommer gilt eine Impfpflicht

für alle Angestellten im Gesundheitswesen.

Im Institut Curie, der renommierten Krebsklinik in Paris,

mussten sich alle Krankenschwestern, Ärzte und Angestellte

bis 15. Oktober impfen lassen.

Für die Patienten bedeutet das eine große Erleichterung:

Man muss doch geschützt sein, Covid kommt gerade zurück.

Das ist doch nicht zu Ende!

Wer die Impfung verweigerte,

durfte nicht weiter arbeiten und wird auch nicht mehr bezahlt.

Der befürchtete Protest blieb aus.

Drei Krankenschwestern von 2400 Mitarbeitern

haben sich nicht impfen lassen.

Für uns war das also kein Problem.

Das heißt nicht, dass man nicht überzeugen muss.

Wir haben uns dafür Zeit genommen.

Protestmärsche wie diese, angefacht von Rechtsextremen

und Corona-Leugnern, verliefen sich schnell wieder.

Die Impfgegner - eine schwindende Minderheit.

Aber auch in Frankreich steigen die Covid-Zahlen wieder.

Doch die Regierung reagiert:

Bis 15. Dezember müssen alle ab 65 eine Booster-Impfung nachweisen.

Der Erfolg ist messbar:

Die Quote der vollständig Geimpften, einschließlich der 12-18-Jährigen,

liegt bereits bei 87,3 %.

Verwundert bis verständnislos schaut man in Paris daher nach Deutschland.

Das ist schon etwas erstaunlich.

Die erste Welle hat Deutschland viel besser bewältigt.

Aber jetzt ist die Anzahl der Geimpften entscheidend.

Ich fahr hin und her zwischen Frankreich und Deutschland.

Ich fühl mich hier wohler.

Es wäre schön, wenn es dort auch so gut funktioniert.

Nachmittags ins Kino, nur mit Gesundheitspass,

und Impfpflicht auch hier für alle Angestellten.

Der Gesundheitspass ist ein Sesam-öffne-dich.

Ich gehe jeden Tag ins Kino oder Theater, ins Restaurant.

Dafür habe ich mich impfen lassen.

Und für die Besucher ist es ein gutes Gefühl zu wissen:

Jeder im Saal ist geimpft, genesen oder getestet.

Und das wird auch genau kontrolliert.

So weit die Situation in Frankreich, aber wie wird es bei uns?

Was davon dürfte die Politik durchsetzen?

Darüber habe ich gesprochen

mit Jura-Professorin Anika Klafki von der Universität Jena.

Sie versteht viel von Risiko und Recht in Pandemien.

Guten Abend, Frau Klafki.

Guten Abend, Frau Miosga.

Das, was Frankreich schon macht oder noch weitgehender Österreich,

plant auch die Ampelkoalition - einen Quasi-Lockdown für Ungeimpfte.

Wäre das in Deutschland rechtlich zulässig?

Ja, schon auf jetziger Grundlage kann man 2G und 3G anordnen.

Teils wird das in Bundesländern schon gemacht.

Auch nach dem neuen Gesetz, das gelten soll,

wenn die epidemische Lage nationaler Tragweite ausgelaufen ist,

sollen 2G- und 3G-Regelungen auf Länderebene möglich sein.

Die Ampelvertreter, vor allem die der FDP,

wollen das Infektionsschutzgesetz ändern.

Sie sagen, Teile davon seien rechtsunsicher

und hielten vor Gerichten nicht stand.

Stimmt das?

Das ist schwer, das pauschal zu sagen.

Wo die Ampelkoalitionäre sicher recht haben, ist,

dass Ausgangssperren derzeit, wo wir Impfstoffe haben, schwierig werden.

Im Übrigen ist es nicht so klar, was derzeit gilt.

Denn Gerichtsentscheidungen beziehen sich immer

auf ein bestimmtes Setting zu einer bestimmten Zeit in der Pandemie.

Man kann daraus keine zu verallgemeinernden Aussagen treffen,

ob Betriebsschließungen künftig zulässig sind.

Es kommt auf den Einzelfall an.

Insofern ist es v.a. eine politische Entscheidung,

was man gesetzlich regeln möchte.

Nun sagen Epidemiologen, 2G/3G wird nicht reichen,

um die vierte Welle zu brechen.

Es gibt Überlegungen in der Ampel, eine Impfpflicht für Beschäftigte

in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern einzuführen.

Da gibt's das Vorbild bei den Masern, oder?

Genau, ich halte das auch für verfassungsrechtlich zulässig.

Das ist unter Juristen nicht unumstritten.

Aber für diese Auffassung spricht,

dass es zwei obergerichtliche Judikate dazu gibt:

Das Bundesverwaltungsgericht

erklärte 1959 die Pockenimpfung für zulässig.

Und zur allgemeinen Masern-Impfpflicht:

Die gilt seit 2020 für Kinder und Beschäftige

in Gemeinschaftseinrichtungen und Schulen.

Das Bundesverfassungsgericht

hat zumindest vorläufig dieses Gesetz gehalten.

Zur Begründung sagte es,

eine Impfpflicht sei mit Blick auf den Schutz der Bevölkerung möglich.

Es gehe nicht darum, die Gesundheit derer zu schützen,

die geimpft werden.

Sondern gerade um den Schutz von vulnerablen Gruppen,

die sich nicht impfen lassen können.

Die Argumentation

lässt sich gut auf die Covid-Situation übertragen.

Die Pockenimpfung, war bis 1976 Pflicht.

Wäre das eine Blaupause

für eine allgemeine Covid-Impfpflicht in Deutschland?

Ob man eine allgemeine Impfpflicht anordnen will,

ist eine politische Frage.

Da spielen mehr Fragen eine Rolle als die verfassungsrechtlichen.

Aber aus meiner Sicht

wäre es verfassungsrechtlich ein gangbarer Weg.

Und um mit einem Missverständnis aufzuräumen:

Es wird teilweise gesagt, man könne Impfpflichten nur einführen,

wenn man eine Krankheit so ausrotten kann.

Das spielt verfassungsrechtlich keine Rolle.

Auch wenn man eine Krankheit nicht ausrotten kann,

aber mit einer Impfung die Bevölkerung schützen kann:

Auch dazu kann eine Impfpflicht angeordnet werden.

Gegner sagen, das Recht des Einzelnen auf Unversehrtheit

wiege mehr als der Schutz von Leben und Gesundheit der anderen.

Stimmt das noch, wenn so viele Menschen sterben

und das Gesundheitssystem an seine Grenzen kommt?

Das ist eine Wertungsfrage.

Aber schon der Parlamentarische Rat, der Urheber unseres Grundgesetzes,

hatte sich damit auseinandergesetzt:

Ob Impfpflichten künftig zulässig sein sollen.

Aber trotz des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit

sind auch Impfpflichten aus legitimen Gründen zulässig.

Also man kann es so sehen, dass der Schutz der Bevölkerung

über individuellem Recht auf freie Entscheidung steht.

Danke, Anika Klafki.

Vielen Dank.

Rein verfassungsrechtlich ist eine Impflicht also möglich -

aber ist sie auch richtig?

Die Meinung von Achim Wendler vom Bayerischen Rundfunk.

Ja, jetzt muss ich was sagen.

Aber ich mach's mal wie die Ampel: ruhig angehen lassen.

Es ist Krise in Deutschland,

und die Ampel ergeht sich in Zaudereien und Missverständnissen.

Diese Ampel regelt nicht, sie verwirrt.

Eine Impfpflicht für bestimmte Berufe wäre dringend nötig.

Sie wäre das Mindeste, was SPD, Grüne und FDP beschließen müssten.

Besser als eine Impfpflicht nur für Pflegekräfte

wäre eine allgemeine Impfpflicht.

Damit kämen wir dauerhaft raus aus dieser Pandemie.

Aber diese Gewissheit ignoriert die Politik –

nicht nur die Ampel, auch die anderen Parteien.

Ihr wichtigstes Argument:

Eine allgemeine Impfpflicht wäre nicht durchsetzbar.

Das ist verstörend in einer Demokratie:

Der Wille der Mehrheit - nicht durchsetzbar?

Ein Wille, der ja nicht die Verfassung sprengt!

Ausschlaggebend ist für die Politik offenbar leider

der Wille einer lauten, hartnäckigen Minderheit.

Okay, aber dann wenigstens die Impfpflicht für einzelne Berufe!

Pflegekräfte sind verantwortlich dafür,

dass sie die ihnen Anvertrauten nicht schädigen.

Nicht alle werden dieser Verantwortung gerecht.

Deshalb muss die Ampel sie jetzt verpflichten.

Schwach ist der Einwand aus der SPD,

so eine Impfpflicht erlasse man nicht im Hauruck-Verfahren.

Den Euro konnte man im Hauruck-Verfahren retten.

Heimbewohner nicht?

Und Hauruck-Verfahren braucht man übrigens auch nur,

wenn man den Job nicht beizeiten vorbereitet hat.

Eine Impfpflicht ist dringend geboten.

Mindestens für bestimmte Berufe, besser eine allgemeine.

Dass die Ampel so irrlichtert,

ist Folge eines Fehlers aus der ersten Pandemiewelle:

Da war das Versprechen, es werde keine allgemeine Impfpflicht geben.

Die Meinung von Achim Wendler.

Die Bilder, die uns von der Grenze Polens zu Belarus erreichen,

werden immer schauriger:

Tausende Geflüchtete harren weiter in Hunger und Kälte aus,

immer noch hoffend, in die EU kommen zu können.

Doch Grenzzäune und Polizisten halten sie davon ab.

Es ist ein zynisches Spiel,

das der belarusische Machthaber Lukaschenko mit der EU treibt.

Das beginnt ihm die EU aber nun zu verderben.

Heute haben die EU-Außenminister Sanktionen heute beschlossen.

Sie wollen auch, dass Fluglinien wie die Turkish Airlines

keine Iraker oder Syrer mehr nach Belarus fliegen.

Erste Erfolge in einer Krise, die damit aber noch nicht beendet ist.

Erst recht nicht für die, die hier an der Grenze warten.

Michael Grytz.

Die Lage an der Grenze: immer dramatischer.

Auf belarusischer Seite: Menschen, die nach Europa wollen.

Auf der anderen: polnische Soldaten und Polizei.

Um diese seit Wochen andauernde Krise

reiht sich eine fast unübersichtliche Folge politischer Ereignisse.

Der Versuch, den Tag zu sortieren.

In Brüssel wollen die EU-Außenminister

den Druck auf Belarus erhöhen und einigen sich darauf:

Dass alle, die sich an Schleusungen von Lukaschenko beteiligen,

von der EU sanktioniert werden, und das ist erst der Anfang.

Und wir sind uns einig,

dass wir uns weiter mit den Herkunftsländern auseinandersetzen.

Wie wirksam der Druck aus der EU ist – unklar.

Außenbeauftragter Borrell verbreitet Zuversicht:

Die Türkei und der Irak hätten Entgegenkommen signalisiert.

Die Flüge zu stoppen, das ist fast geschafft.

In diesen Tagen haben wir mit den Herkunftsländern gesprochen.

Mein Kollege ist in Bagdad.

Wir bekommen den Fluss von Menschen unter Kontrolle.

Doch Polens Regierung erwartet eine Zuspitzung.

Die Informationen zu prüfen ist schwierig:

Journalisten sind an der Grenze weiter nicht zugelassen.

Polen will dort zudem keine EU-Hilfe.

Am geschlossenen Übergang der Kuznica-Grenze

hat sich eine große Gruppe Migranten versammelt, es sind Hunderte.

Sie versammeln sich auf belarusischer Seite.

Vorher haben sie tagelang gecampt.

Wir glauben, sie wollen den Grenzübergang angreifen.

Es sind Grenzposten dort,

unterstützt von Polizei und Soldaten.

Moskau:

Kremlsprecher Dmitry Peskov

weist jegliche Rolle Russlands in dem Konflikt zurück.

Er wiederholt aber Präsident Putins Angebot, als Vermittler zu helfen.

Das Misstrauen aber ist groß.

Russland nutzt diese Krise, um die EU zu destabilisieren.

Es ist sehr einfach,

unsere Möglichkeiten für notwendige politische Entscheidungen zu testen.

Und die glauben, wir können uns eh nicht einigen.

Minsk: viel Misstrauen auch gegenüber Belarus.

Dessen Präsident Lukaschenko bietet an:

Wir sind bereit, die Menschen in Flugzeuge zu setzen,

um sie nach Hause zu bringen.

Aber diese Leute sind sehr stur, niemand will mehr zurück.

Lettland beginnt Meldungen zufolge

Militärübungen an der Grenze zu Belarus.

Zurück in Brüssel:

Bei der NATO ist der ukrainische Außenminister zu Gast -

Sorge um russische Truppenaufmärsche.

In den vergangenen Woche haben wir eine große Konzentrationen

russischer Streitkräfte an den ukrainischen Grenzen gesehen.

Polen denkt wegen der Situation an der Grenze zu Belarus nach,

laut Artikel 4 des NATO-Vertrages eine Sondersitzung zu beantragen.

Dies ist möglich, wenn die Sicherheit eines Mitgliedslandes bedroht ist.

Unterstützung kommt aus Lettland und Litauen.

Krisen, Misstrauen, neue Sanktionen:

Die Situation ist weiter ungelöst und für die Menschen dramatisch.

In Brüssel ist der Bundesaußenminister Heiko Maas.

Guten Abend, Herr Maas.

Hallo, Frau Miosga.

Diese Bilder von frierenden und hungernden Menschen

vor dem Stacheldraht der Grenze zur EU:

Soll von Ihnen die Botschaft ausgehen: Ihr kommt hier nicht rein?

Die Bilder sind schrecklich.

Worum wir uns als Deutschland und EU heute noch mal bemüht haben,

ist humanitäre Hilfe.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk steht dafür zur Verfügung.

Niemand will sehen, wie Familien, Kinder, oder wer auch immer

hungert und friert.

Aber diese Menschen werden auch instrumentalisiert -

von Herrn Lukaschenko, Belarus.

Wir dürfen dem aber auch nicht nachgeben.

So schwierig das ist,

wir müssen deutlich machen, dass die EU sich nicht erpressen lässt.

Sie haben heute gesagt, Deutschland werde die Menschen nicht aufnehmen.

Die Botschaft ist doch: "Sie kommen hier nicht rein."

Wir sprechen bereits mit den Herkunftsländern,

dass die Menschen wieder zurückgeführt werden.

Es gibt Länder, wie zum Beispiel der Irak,

die organisieren wieder Rückflüge.

Diesen Weg haben wir eingeschlagen, darauf haben wir uns geeinigt.

Neben den Sanktionen für das Lukaschenko-Regime.

Die Menschen sollen erst mal menschenwürdig untergebracht werden,

ein humanitärer Zugang soll gewährleistet werden.

Aber die Herkunftsländer sollen auch die Menschen zurücknehmen.

Muss man dann nicht auch ehrlich sagen:

"Gut, wir bauen die Mauer, die Polen haben will, und zwar mit EU-Geld?"

Ob die mit EU-Geld gebaut wird oder nicht, halte ich für zweitrangig.

Die Tatsache, dass an den Außengrenzen Zäune, Stacheldraht,

Mauern gebaut werden, ist nicht schön.

Aber wir sind auch dafür verantwortlich,

dass die Zuwanderung in die EU geordnet sein muss.

Und wenn es notwendig ist, dafür Einrichtungen herzustellen,

die das möglich machen.

Dass nicht über verbrecherische Aktionen, wie von Belarus, Menschen

unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Land gelockt werden.

Und von da über die grüne Grenze nach Europa gebracht werden.

Da kann die EU nicht zusehen, da muss sie handeln.

Mauern sind nicht schön, das klingt etwas zynisch.

Eigentlich hat doch jeder, der an die Tür der EU klopft,

zumindest das Grundrecht auf Asyl.

Das wird den Menschen dort an der Grenze doch verwehrt.

Wir haben auch die Verantwortung, die Aufnahmefähigkeit

der EU-Staaten, die Bereitschaft dafür, aufrechtzuerhalten.

Es wird schwierige politische Diskussionen nach sich ziehen,

wenn wir zulassen, dass wir erpresst werden.

Und die Erpressung auch noch Erfolg hat.

Wir wollen, dass Menschen in Zukunft noch bei uns Zuflucht finden.

Die, die politisch verfolgt werden.

Jeden Monat nehmen wir in Deutschland Tausende Menschen auf,

die politisches Asyl beantragen.

Aber das muss in geordneten Verfahren passieren.

Sonst sinkt die Aufnahmebereitschaft.

Das ist keine gute Voraussetzung dafür,

mit dem Grundrecht auf Asyl weiter konstruktiv umzugehen.

Das müssen wir organisieren.

Und wenn alle sagen, wir müssen die Außengrenzen schützen,

dann muss man dafür auch die Voraussetzungen schaffen.

Indem Zuwanderung in die EU geordnet verläuft.

Das wollen wir tun.

Es stehen angeblich Hunderte Geflüchtete vor einem Grenzübergang.

Die Polen sagen, sie könnten den Übergang stürmen,

angeblich ausgestattet mit Werkzeugen von den Belarusen.

Was passiert dann? Werden sie mit Gewalt abgewiesen?

Wir haben bedauerlicherweise schon seit Tagen diese Situation.

Menschen sind jetzt schon ums Leben gekommen.

Das, was in Polen geschieht, ist, die Grenzen werden geschützt.

Menschen landen ja nicht an, die in Polen um politisches Asyl bitten.

Warum lässt Polen dann keine Hilfsorganisationen,

keine Journalisten, niemanden von außen an die Grenze?

Darüber haben wir heute gesprochen.

Die große Mehrheit der Mitgliedstaaten

hat dazu aufgefordert:

Der Zugang für Flüchtlingsorganisationen

sollte ermöglicht werden.

Wobei man dazu sagen muss,

die Mehrheit der Flüchtlinge steht auf belarusischer Seite.

Dort wird den Flüchtlingsorganisationen

die Arbeit verweigert.

Dass sie Unterkünfte bauen können.

Die meisten Flüchtlinge sind dort.

Wenn man ihnen helfen will, muss man dort zulassen, dass geholfen wird.

Wenn man auf Lukaschenko Einfluss nehmen will,

muss man mit Putin reden.

Der hat heute seine Vermittlung angeboten.

Ist das ein vergiftetes Angebot?

Das weiß ich nicht, ehrlich gesagt.

Er hätte vielleicht am ehesten die Möglichkeit,

dem Treiben ein Ende zu setzen.

Wenn er vermitteln will, kann er es tun.

Das kann aber nur darin bestehen,

dass das aufhört an der belarusisch-polnischen Grenze.

Wir haben die Worte gehört.

Ob dem Taten folgen, da habe ich Zweifel.

Wir werden es sehen.

Danke, Heiko Maas.

Das Interview haben wir aus Termingründen aufgezeichnet.

Noch mal zur Innenpolitik

und zur Suche nach einem neuen CDU-Vorsitzenden:

Nach Norbert Röttgen und Helge Braun

hat auch Friedrich Merz offiziell seinen Hut in den Ring geworfen.

Weitere Nachrichten mit Julia Niharika-Sen.

Der Vorstand seines Kreisverbandes Hochsauerland

nominierte Merz einstimmig.

Damit tritt der 66-Jährige zum dritten Mal nach 2018

und Anfang dieses Jahres für den CDU-Vorsitz an.

Die Frist für mögliche weitere Kandidaturen läuft bis Mittwoch.

Danach werden die Mitglieder befragt, wer die CDU führen soll.

Die Wahl des neuen Vorsitzenden

ist am 21. Januar auf einem Parteitag in Hannover.

Der Landtag von Mecklenburg- Vorpommern hat Manuela Schwesig

erneut zur Ministerpräsidentin gewählt.

Die SPD-Politikerin erhielt 41 von 79 Stimmen,

zwei weniger als die neue rot-rote Koalition hat.

Bei der Landtagswahl im September war die SPD als klarer Sieger.

In den letzten 15 Jahren hatte die SPD mit der CDU regiert.

Durch die Pandemie haben sich Flugticketpreise deutlich verteuert.

So der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft.

Mehr dazu von Markus Gürne aus der Frankfurter Börse.

2020 kam der Luftverkehr fast vollständig zum Erliegen.

Daraufhin bauten Fluggesellschaften Personal und Flugzeuge ab.

Aber die Nachfrage kam zurück und traf auf ein geringeres Angebot

und weniger Wettbewerb zwischen den Fluglinien.

Tickets für innereuropäische Flüge von Deutschland aus

kosteten im September fast 19 % mehr als zwei Jahre zuvor.

Innerdeutsche Verbindungen wurden um 12,5 % teurer,

Langstreckenflüge um 3 %.

Im Durchschnitt kostete Fliegen 10 % mehr als vor der Pandemie.

Der Trend könnte noch anhalten,

denn noch liegt die Branche weit unter dem Vorkrisenniveau.

V.a. bei Inlandsflügen

ist die Nachfrage nur halb so hoch wie vor Corona.

In Bulgarien hat eine vor zwei Monaten gegründete

Anti-Korruptionspartei offenbar die Parlamentswahl gewonnen.

Teilergebnissen zufolge erhielt die Bewegung

"Wir setzen den Wandel fort" rund 25 % der Stimmen.

Geführt wird die Partei von zwei ehemaligen Ministern.

Sie wollen mit einer Koalition Regierungschef Borissow ablösen.

Dessen konservative Gerb-Partei

wurde mit Stand jetzt 22 % zweitstärkste Kraft.

Einen Tag nach der Bombenexplosion in Liverpool hat Großbritannien

die Terrorwarnstufe auf die zweithöchste Kategorie angehoben.

Gestern war in einem Taxi vor einem Krankenhaus ein Sprengsatz detoniert,

den ein Fahrgast offenbar bei sich trug.

Der Mann wurde getötet, der Fahrer des Wagens verletzt.

Vier Männer wurden festgenommen.

Die genauen Hintergründe sind aber noch unklar.

Die Fotografin Herlinde Koelbl hat von Angela Merkel

in 30 Jahren Bilder gemacht.

Sie zeigen nicht nur äußerlich, wie sich die Jung-Politikerin

und heutige Kanzlerin verändert hat.

Natürlich ist sie in erster Linie älter geworden.

Koelbl hat viele Persönlichkeiten mit Foto-Langzeitstudien begleitet

und jedes Jahr ein Foto von ihnen gemacht.

Sie schafft es, auch Antworten darauf zu geben,

wie die Macht Spuren im Inneren hinterlässt.

Und wie sich das wieder im Außen zeigt.

Zum Ende der scheidenden Kanzlerin

kann sich davon jeder selbst ein Bild machen.

Andreas Krieger.

Ein wacher Blick.

Ein Lächeln - freundlich, vielleicht.

Merkel, 1998, sie hat ein Ziel.

Was sie auszeichnet:

Ihr analytisches Denken, langfristiges Denken,

so, dass sie ihr Ego im Griff hat.

Sehr früh, als sie Umweltministerin war

und mit Gerhard Schröder Zoff hatte, hat sie gesagt:

Eines Tages werde sie ihn in die Ecke stellen.

Es dauere noch, aber darauf freue sie sich schon.

Fotografin Herlinde Koelbl

hat Angela Merkel 30 Jahre lang porträtiert.

Die Kanzlerin, 2021.

Und:

Die Frauen- und Jugendministerin, 1991\\. Was verbindet sie?

Nun veröffentlicht Koelbl ihre Langzeitstudie als Buch.

Am Anfang war sie etwas scheu und ungelenk.

Aber dann hat sie schnell gelernt, ihre Emotionen im Griff zu haben,

damit man ihr nicht alles an der Nasenspitze ansieht.

Die Versuchsanordnung ist immer gleich:

Weiße Wand, keine Regieanweisungen.

Das Buch zeigt, wie Angela Merkel

auf jeder Karrierestufe minimalistischer wird – und sicherer.

Wenn man im Buch die Körpersprache beobachtet,

verändert sie sich enorm, gerade in der ersten Periode.

Und Körpersprache, deshalb habe ich immer Kopfporträt, sitzend,

stehendes Porträt gemacht:

An der Körpersprache sieht man, wie sie sich verändert.

Am Anfang ist sie scheu, sie wird dann selbstbewusster.

Plötzlich, '94/'95, kommt Stand-, Spielbein dazu, also Sicherheit,

und 1998 zum ersten Mal die Raute, ganz spontan.

Das passiert bei einer Fotosession.

Plötzlich ist sie da: die Raute.

Nicht von einem Berater angelegt, sondern spontan von ihr.

Nur so konnte es entstehen, weil ich nie gesagt habe:

"Machen Sie das oder das."

Wenn ich dem anderen Zeit gebe, dass er das tut, wo er glaubt,

er ist bei sich, dann entsteht so was.

Nicht eitel zu sein, sei Merkels große Stärke.

Denn wer nicht eitel sei, sei nicht verführbar.

Jetzt das Wetter - auch in Schwarz-Weiß, Claudia?

Ja, das wird morgen ziemlich so sein.

Wobei es vom Satelliten spannender aussah.

Es war einfach grau von unten.

Aus Süden kamen etwas Wolken und ein paar Flecken mit Sonne.

Und zwar waren es genau die Höhenlagen

im Harz oder Erz- und Fichtelgebirge.

Oder beispielsweise westlich des Bayerischen Waldes.

Da riss es etwas auf.

Sonst meist trüb und grau.

Wir haben alle verfügbaren Flecken mit Sonne rausgesucht ...

Es kommt aber Bewegung ins Wetter.

Es verdichten sich die Hochnebelfelder.

Im Südosten und Osten anfangs Sterne.

Morgen sonst trüb, teils mit Regen.

Die nächsten Tage bringen ein Tiefdruckgebiet mit Schauern.

Aber es gibt auch sonnige Abschnitte.

Vor allem am Mittwoch.

Am Donnerstag im Norden und Osten nass.

Hier folgt die Story im Ersten mit dem Kampf ums Ackerland.

Investoren haben die bäuerliche Lebensgrundlage

als Finanzanlage entdeckt.

Anna Planken erwartet Sie um 0.40 Uhr mit dem nachtmagazin.

Wir sehen uns morgen wieder.

Bis dann.

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