×

Χρησιμοποιούμε cookies για να βελτιώσουμε τη λειτουργία του LingQ. Επισκέπτοντας τον ιστότοπο, συμφωνείς στην cookie policy.


image

Sternengeschichten 130-249, Folge 160: Die Supersymmetrie

Folge 160: Die Supersymmetrie

Sternengeschichten Folge 160 – Die Supersymmetrie.

Symmetrien spielen in der Physik eine wichtige Rolle. Sie bilden ein Grundprinzip für das Verständnis des Universums und die Suche nach neuen Naturgesetzen. Es sollte zum Beispiel keine Rolle spielen, ob man ein Experiment heute, gestern oder morgen durchführt. Die Naturgesetze sollten immer gleich funktionieren. Genauso sollte es für den Ablauf der Naturgesetze egal sein, aus welcher Richtung man auf ein physikalisches System blickt. Oder ob man es in Hamburg, Wien oder in der Andromedagalaxie durchführt. 1918 hat die Mathematikerin Emmy Noether bewiesen, dass aus jeder dieser sogenannten Invarianzen eine Erhaltungsgröße folgen muss. Aus der Tatsache, dass es egal ist, zu welchem Zeitpunkt man ein Experiment durchführt, folgt beispielsweise, das die Energie immer erhalten bleiben muss. Aus der Unabhängigkeit der Naturgesetze vom Blickwinkel folgt die Drehimpulserhaltung und aus der Invarianz gegenüber dem Ort die Impulserhaltung.

Solche Symmetrien machen die Physik einfacher und das Universum verständlicher. Und eigentlich dachte man, man hätte schon alle relevanten Symmetrien in der Natur entdeckt und entsprechend berücksichtigt. Aber in den 1970er Jahren fand man dann doch noch eine Symmetrie, die man übersehen hatte. Seitdem arbeiten die Wissenschaftler an einer neuen, noch umfassenderen Theorie der Teilchenphysik, die heute eine enorm wichtige Rolle bei der Suche nach neuen Naturgesetzen spielt: Die Supersymmetrie.

Die Teilchenphysik war in den letzten Jahrzehnten enorm erfolgreich. Das sogenannte Standardmodell der Teilchenphysik, über das ich schon in Folge 46 der Sternengeschichten gesprochen habe, beschreibt die Welt der Atome und Elementarteilchen äußerst erfolgreich und seinen letzten großen Triumph feierte diese Theorie mit der erfolgreichen Vorhersage und dem Nachweis des Higgs-Teilchens im Jahr 2012. Im Standardmodell kann man zwei grundsätzlich unterschiedliche Teilchen unterscheiden. Da sind zuerst einmal all die Partikel, aus denen die Materie aufgebaut ist. Also Quarks, aus denen die Kerne der Atome bestehen; Elektronen, die die Hüllen der Atome bilden und Neutrinos, die bei atomaren Reaktionen entstehen. Das ist aber noch nicht alles; denn zwischen den Materieteilchen wirken auch Kräfte, die im Standardmodell ebenfalls durch Teilchen beschrieben werden. Obwohl: Wenn man es ganz genau nimmt, wird in der modernen Quantenmechanik alles durch Felder beschrieben, die miteinander in Wechselwirkung stehen und Teilchen sind nur das, was entsteht wenn man ausreichend Energie in so ein Feld steckt. Aber das würde jetzt zu weit führen und wir bleiben vorerst beim Bild der Teilchen. Die Quarks in den Atomkernen halten zum Beispiel deswegen zusammen, weil zwischen ihnen ständig sogenannten “Gluonen” ausgetauscht werden. Man kann sich das wie einen Ball vorstellen, denn sich die Quarks ständig zu- und wieder zurückwerfen und so aneinander gebunden bleiben. Die elektromagnetische Kraft, die zum Beispiel zwischen den elektrisch geladenen Elektronen wirkt, wird von Lichtteilchen, den Photonen vermittelt. Und dann gibt es noch die Kraft die dafür sorgt, dass Atomkerne mit Neutrinos wechselwirken, die von den sogenannten W- und Z-Bosonen übertragen wird.

Wir haben im Standardmodell also Kraftteilchen und Materieteilchen. Oder “Bosonen” und “Fermionen”, wie es in der Physik heißt. Diese beiden Arten von Teilchen beschreiben nicht nur sehr unterschiedliche Dinge, sind haben auch unterschiedliche Eigenschaften. Das, worin sie sich unterscheiden, ist der Spin: Eine der hinterhältigsten Größen in der Teilchenphysik. Es ist – selbst für die Quantenmechanik – erstaunlich schwer sich vorzustellen, was das sein soll. “Spin” heißt ja erstmal nur so viel wie “Drehung”. Und meistens beschreibt man den Spin der Elementarteilchen anschaulich auch so, als würde sich da irgendwas drehen. Sich ein kleines Elementarteilchen vorzustellen, das sich um seine Achse dreht, ist nicht schwer. Aber es ist auch falsch, denn die Teilchen sind keine kleine Kugeln und sie drehen sich auch nicht. Für den quantenmechanischen Spin gibt es keine Entsprechung in der normalen Welt. Diese Größe ist tatsächlich nur rein mathematisch verständlich.

Wir bleiben aber trotzdem erst mal bei der – falschen – Vorstellung von sich drehenden kleinen Kugeln. Der Spin würde dann angeben, in welche Richtung die Rotationsachse zeigen kann. Wie in der Quantenmechanik üblich kann das nicht einfach irgendeine Richtung sein. Die Werte sind gequantelt, d.h. sie können nur ganz bestimmte Größen haben und nur die; Werte dazwischen sind nicht möglich. Elektronen oder Quarks können zwei verschiedene Richtungen für ihren Spin haben; bei anderen Teilchen können es weniger oder auch mehr sein.

Klassifiziert man die Teilchen anhand der möglichen Werte für den Spin, erhält man zwei verschiedene Gruppen. Alle Materieteilchen haben in der Sprache der Quantenmechanik einen halbzahligen Spin, d.h. ihr Spin lässt sich als ein halbzahliges Vielfaches des Planckschen Wirkungsquantums beschreiben, einer der Fundamentalkonstanten in der Physik. Die Kraftteilchen und auch das Higgs-Teilchen haben einen ganzzahligen Spin. Der Unterschied zwischen Kraft und Materie; zwischen Fermionen und Bosonen liegt also in den Werten, die der Spin annehmen kann.

Und jetzt sind wir auch bei der großen Symmetrie angekommen. Die Supersymmetrie schlägt vor, dass Fermionen und Bosonen gar nicht so deutlich voneinander getrennt sind wie wir das wahrnehmen. Jedes Fermion sollte ein Partnerteilchen haben, dass in allen Eigenschaften identisch ist – bis auf den Spin. Gleiches gilt für die Bosonen. Es ist ein bisschen so wie bei Materie und Antimaterie: Ein Elektron und sein Antiteilchen, das Positron sind auch komplett identisch und unterscheiden sich nur in der entgegengesetzen elektrischen Ladung. Genau so sollte es für jedes Fermion ein identisches Teilchen geben, das einfach nur einen anderen Spin hat. Oder anders gesagt: Jedes Fermion muss ein passendes Boson als supersymmetrischen Partner haben und jedes Boson ein entsprechendes Fermion. Oder noch einmal anders gesagt: Für jedes Materieteilchen gibt es ein zugehöriges Kraftteilchen und umgekehrt.

Die Supersymmetrie hebt also den Unterschied zwischen Kraft und Materie auf und erlaubt eine viel allgemeinere und umfassendere Beschreibung der Teilchenwelt. Diese einfachere Beschreibung erkauft man sich aber durch eine deutliche Vergrößerung des Inventars, das durch die Supersymmetrie mit einem Schlag verdoppelt wird. Sie sagt jede Menge neue Teilchen und Kräfte vorher. Von denen wir bisher noch absolut nichts beobachtet haben.

Wären die supersymmetrischen Teilchen wirklich bis auf den Spin exakte Kopien ihrer normalen Partner, dann müssten wir sie schon längst entdeckt haben. In Teilchenbeschleunigern können wir Teilchen aller Art produzieren. Es hängt nur davon ab, wie viel Energie bei den Kollisionen dort freigesetzt wird. Wenn die Energie größer als die zugehörige Masse eines Teilchens ist, dann kann es bei den Kollisionen entstehen. Und Energien die ausreichen um Quarks, Elektronen und all die anderen Teilchen des Standardmodells zu erzeugen, können wir schon längst produzieren. Wir sehen aber trotzdem immer nur die bekannte Welt, nie hat sich etwas von der Supersymmetrie gezeigt.

Das bedeutet, dass die Supersymmetrie falsch ist. Oder aber, dass die Supersymmetrie gebrochen wurde. Gebrochene Symmetrien sind in der Physik ebenfalls nicht unbekannt. Ein schönes Beispiel ist immer der Übergang von Wasser zu Eis: Im flüssigen Wasser können sich Teilchen in alle Richtungen bewegen und haben jede Menge Freiheit. Sinkt die Temperatur, dann friert das Wasser und die Bewegung wird radikal auf die Kristallstruktur des Eises eingeschränkt. Die ursprüngliche Symmetrie der freien Bewegung existiert nicht mehr. Genau so – nur ein wenig komplizierter – kann man sich auch die Welt der Teilchen und Kräfte vorstellen. Früher, als es im Universum kurz nach dem Urknall noch enorm heiß war, waren die Symmetrien noch exakt vorhanden (Ich habe in Folge 70 bei der Beschreibung des Higgs-Feldes und der kosmischen Inflation ein wenig mehr dazu gesagt). Aber als der Kosmos dann abkühlte, brach die Symmetrie und die unterschiedlichen Teilchen und Kräfte die wir heute sehen, kristallisierten quasi heraus.

Man vermutet derzeit also, dass die supersymmetrischen Teilchen allesamt schwerer sind als die normalen Teilchen und deswegen bis jetzt noch nicht entdeckt worden sind. Und hofft, dass sie in naher Zukunft in den verbesserten Teilchenbeschleunigern nachgewiesen werden können.

Aber warum braucht man die Supersymmetrie eigentlich? Nur weil sie so schön symmetrisch ist? Das ist einer der Gründe, den in der Wissenschaft ist man immer darauf aus, möglichst einfache und umfassende Erklärungen zu finden. Aber die Supersymmetrie würde, wenn sie existiert, auch einige sehr wichtige Probleme lösen. Da wäre zum Beispiel die Frage nach der dunklen Materie. Wir wissen ja, dass das Standardmodell der Teilchenphysik noch unvollständig sein muss. Denn wir wissen, dass es neben der normalen Materie auch noch eine andere Form von Materie gibt, deren Auswirkungen wir zwar beobachten können über deren Natur wir aber noch nichts wissen. Diese dunkle Materie, über die ich in Folge 25 der Sternengeschichten gesprochen habe, könnte aus supersymmetrischen Teilchen bestehen. Denn wenn es die Supersymmetrie gibt, dann sind die meisten dieser Teilchen zwar instabil, existieren also nur für kurze Zeit bevor sie sich in andere Teilchen umwandeln. Es muss aber ein sogenanntes “leichtestes supersymmetrisches Teilchen” geben, das nicht weiter zerfallen kann – und das hätte genau die Eigenschaften, die Teilchen der dunklen Materie haben müssten.

Die Supersymmetrie würde auch das Problem der Kopplungskonstanten lösen. Mit einer Kopplungskonstante beschreibt man, vereinfacht gesagt, wie stark eine Kraft wirkt. Und die Kräfte die wir kennen, sind alle unterschiedlich stark. Die Gravitation beispielsweise ist enorm schwach, was man ja auch daran erkennt, dass ein simpler Kühlschrankmagnet in der Lage ist, der Gravitation entgegen zu wirken, die von der gesamten Erde ausgeübt wird! Auch die anderen Kräfte die in den Atomen wirken und die von Gluonen und W- bzw. Z-Bosonen übertragen werden, haben unterschiedliche Stärken. Auch hier geht man wieder davon aus, dass dies gebrochenen Symmetrien zu verdanken ist. Ursprünglich sollten alle Kräfte gleich stark gewesen sein oder anders gesagt: Alle Kräfte sollten nur EINE KRAFT gewesen sein, erst als das Universum abkühlte haben sich die einzelnen heute beobachtbaren Kräfte herauskristallisiert.

Wenn man aber im Standardmodell der Teilchenphysik berechnet, bei welcher Temperatur die Kopplungskonstanten der Kräfte den gleichen Wert erreichen, kriegt man ein Problem. Das tun sie nämlich nie! Verwendet man dagegen das supersymmetrische Modell, dann treffen sie sich tatsächlich in einem einzigen Punkt und vereinheitlichen sich zu einer einzigen Kraft.

Es gäbe noch weiter Probleme, bei denen die Supersymmetrie weiter helfen könnte. Aber damit das auch klappt, müsste man jetzt wirklich bald die ersten neuen Teilchen entdecken. Wir haben schon einen großen Bereich möglicher Teilchenmassen abgesucht und nichts gefunden. Das heißt nicht, dass es sie nicht geben kann. Aber wenn sie noch schwerer sind, dann sind sie irgendwann so schwer, dass sie all die Probleme, für deren Lösung man die Supersymmetrie entwickelt hat, gar nicht mehr lösen können…

Die Supersymmetrie ist eine sehr elegante und vielversprechende Hypothese. Ob sie aber auch real ist oder nicht, muss sich erst herausstellen. Aber auch wenn sie falsch sein sollte: Irgendeine neue Theorie die über das Standardmodell der Teilchenphysik hinaus geht, ist auf jeden Fall nötig. Denn die offenen Fragen bleiben bestehen…


Folge 160: Die Supersymmetrie Episode 160: The Supersymmetry

Sternengeschichten Folge 160 – Die Supersymmetrie.

Symmetrien spielen in der Physik eine wichtige Rolle. Sie bilden ein Grundprinzip für das Verständnis des Universums und die Suche nach neuen Naturgesetzen. Es sollte zum Beispiel keine Rolle spielen, ob man ein Experiment heute, gestern oder morgen durchführt. Die Naturgesetze sollten immer gleich funktionieren. Genauso sollte es für den Ablauf der Naturgesetze egal sein, aus welcher Richtung man auf ein physikalisches System blickt. Oder ob man es in Hamburg, Wien oder in der Andromedagalaxie durchführt. 1918 hat die Mathematikerin Emmy Noether bewiesen, dass aus jeder dieser sogenannten Invarianzen eine Erhaltungsgröße folgen muss. Aus der Tatsache, dass es egal ist, zu welchem Zeitpunkt man ein Experiment durchführt, folgt beispielsweise, das die Energie immer erhalten bleiben muss. Aus der Unabhängigkeit der Naturgesetze vom Blickwinkel folgt die Drehimpulserhaltung und aus der Invarianz gegenüber dem Ort die Impulserhaltung.

Solche Symmetrien machen die Physik einfacher und das Universum verständlicher. Und eigentlich dachte man, man hätte schon alle relevanten Symmetrien in der Natur entdeckt und entsprechend berücksichtigt. Aber in den 1970er Jahren fand man dann doch noch eine Symmetrie, die man übersehen hatte. Seitdem arbeiten die Wissenschaftler an einer neuen, noch umfassenderen Theorie der Teilchenphysik, die heute eine enorm wichtige Rolle bei der Suche nach neuen Naturgesetzen spielt: Die Supersymmetrie.

Die Teilchenphysik war in den letzten Jahrzehnten enorm erfolgreich. Das sogenannte Standardmodell der Teilchenphysik, über das ich schon in Folge 46 der Sternengeschichten gesprochen habe, beschreibt die Welt der Atome und Elementarteilchen äußerst erfolgreich und seinen letzten großen Triumph feierte diese Theorie mit der erfolgreichen Vorhersage und dem Nachweis des Higgs-Teilchens im Jahr 2012. Im Standardmodell kann man zwei grundsätzlich unterschiedliche Teilchen unterscheiden. Da sind zuerst einmal all die Partikel, aus denen die Materie aufgebaut ist. Also Quarks, aus denen die Kerne der Atome bestehen; Elektronen, die die Hüllen der Atome bilden und Neutrinos, die bei atomaren Reaktionen entstehen. Das ist aber noch nicht alles; denn zwischen den Materieteilchen wirken auch Kräfte, die im Standardmodell ebenfalls durch Teilchen beschrieben werden. Obwohl: Wenn man es ganz genau nimmt, wird in der modernen Quantenmechanik alles durch Felder beschrieben, die miteinander in Wechselwirkung stehen und Teilchen sind nur das, was entsteht wenn man ausreichend Energie in so ein Feld steckt. Aber das würde jetzt zu weit führen und wir bleiben vorerst beim Bild der Teilchen. Die Quarks in den Atomkernen halten zum Beispiel deswegen zusammen, weil zwischen ihnen ständig sogenannten “Gluonen” ausgetauscht werden. Man kann sich das wie einen Ball vorstellen, denn sich die Quarks ständig zu- und wieder zurückwerfen und so aneinander gebunden bleiben. Die elektromagnetische Kraft, die zum Beispiel zwischen den elektrisch geladenen Elektronen wirkt, wird von Lichtteilchen, den Photonen vermittelt. Und dann gibt es noch die Kraft die dafür sorgt, dass Atomkerne mit Neutrinos wechselwirken, die von den sogenannten W- und Z-Bosonen übertragen wird.

Wir haben im Standardmodell also Kraftteilchen und Materieteilchen. Oder “Bosonen” und “Fermionen”, wie es in der Physik heißt. Diese beiden Arten von Teilchen beschreiben nicht nur sehr unterschiedliche Dinge, sind haben auch unterschiedliche Eigenschaften. Das, worin sie sich unterscheiden, ist der Spin: Eine der hinterhältigsten Größen in der Teilchenphysik. Es ist – selbst für die Quantenmechanik – erstaunlich schwer sich vorzustellen, was das sein soll. “Spin” heißt ja erstmal nur so viel wie “Drehung”. Und meistens beschreibt man den Spin der Elementarteilchen anschaulich auch so, als würde sich da irgendwas drehen. Sich ein kleines Elementarteilchen vorzustellen, das sich um seine Achse dreht, ist nicht schwer. Aber es ist auch falsch, denn die Teilchen sind keine kleine Kugeln und sie drehen sich auch nicht. Für den quantenmechanischen Spin gibt es keine Entsprechung in der normalen Welt. Diese Größe ist tatsächlich nur rein mathematisch verständlich.

Wir bleiben aber trotzdem erst mal bei der – falschen – Vorstellung von sich drehenden kleinen Kugeln. Der Spin würde dann angeben, in welche Richtung die Rotationsachse zeigen kann. Wie in der Quantenmechanik üblich kann das nicht einfach irgendeine Richtung sein. Die Werte sind gequantelt, d.h. sie können nur ganz bestimmte Größen haben und nur die; Werte dazwischen sind nicht möglich. Elektronen oder Quarks können zwei verschiedene Richtungen für ihren Spin haben; bei anderen Teilchen können es weniger oder auch mehr sein.

Klassifiziert man die Teilchen anhand der möglichen Werte für den Spin, erhält man zwei verschiedene Gruppen. Alle Materieteilchen haben in der Sprache der Quantenmechanik einen halbzahligen Spin, d.h. ihr Spin lässt sich als ein halbzahliges Vielfaches des Planckschen Wirkungsquantums beschreiben, einer der Fundamentalkonstanten in der Physik. Die Kraftteilchen und auch das Higgs-Teilchen haben einen ganzzahligen Spin. Der Unterschied zwischen Kraft und Materie; zwischen Fermionen und Bosonen liegt also in den Werten, die der Spin annehmen kann.

Und jetzt sind wir auch bei der großen Symmetrie angekommen. Die Supersymmetrie schlägt vor, dass Fermionen und Bosonen gar nicht so deutlich voneinander getrennt sind wie wir das wahrnehmen. Jedes Fermion sollte ein Partnerteilchen haben, dass in allen Eigenschaften identisch ist – bis auf den Spin. Gleiches gilt für die Bosonen. Es ist ein bisschen so wie bei Materie und Antimaterie: Ein Elektron und sein Antiteilchen, das Positron sind auch komplett identisch und unterscheiden sich nur in der entgegengesetzen elektrischen Ladung. Genau so sollte es für jedes Fermion ein identisches Teilchen geben, das einfach nur einen anderen Spin hat. Oder anders gesagt: Jedes Fermion muss ein passendes Boson als supersymmetrischen Partner haben und jedes Boson ein entsprechendes Fermion. Oder noch einmal anders gesagt: Für jedes Materieteilchen gibt es ein zugehöriges Kraftteilchen und umgekehrt.

Die Supersymmetrie hebt also den Unterschied zwischen Kraft und Materie auf und erlaubt eine viel allgemeinere und umfassendere Beschreibung der Teilchenwelt. Diese einfachere Beschreibung erkauft man sich aber durch eine deutliche Vergrößerung des Inventars, das durch die Supersymmetrie mit einem Schlag verdoppelt wird. Sie sagt jede Menge neue Teilchen und Kräfte vorher. Von denen wir bisher noch absolut nichts beobachtet haben.

Wären die supersymmetrischen Teilchen wirklich bis auf den Spin exakte Kopien ihrer normalen Partner, dann müssten wir sie schon längst entdeckt haben. In Teilchenbeschleunigern können wir Teilchen aller Art produzieren. Es hängt nur davon ab, wie viel Energie bei den Kollisionen dort freigesetzt wird. Wenn die Energie größer als die zugehörige Masse eines Teilchens ist, dann kann es bei den Kollisionen entstehen. Und Energien die ausreichen um Quarks, Elektronen und all die anderen Teilchen des Standardmodells zu erzeugen, können wir schon längst produzieren. Wir sehen aber trotzdem immer nur die bekannte Welt, nie hat sich etwas von der Supersymmetrie gezeigt.

Das bedeutet, dass die Supersymmetrie falsch ist. Oder aber, dass die Supersymmetrie gebrochen wurde. Gebrochene Symmetrien sind in der Physik ebenfalls nicht unbekannt. Ein schönes Beispiel ist immer der Übergang von Wasser zu Eis: Im flüssigen Wasser können sich Teilchen in alle Richtungen bewegen und haben jede Menge Freiheit. Sinkt die Temperatur, dann friert das Wasser und die Bewegung wird radikal auf die Kristallstruktur des Eises eingeschränkt. Die ursprüngliche Symmetrie der freien Bewegung existiert nicht mehr. Genau so – nur ein wenig komplizierter – kann man sich auch die Welt der Teilchen und Kräfte vorstellen. Früher, als es im Universum kurz nach dem Urknall noch enorm heiß war, waren die Symmetrien noch exakt vorhanden (Ich habe in Folge 70 bei der Beschreibung des Higgs-Feldes und der kosmischen Inflation ein wenig mehr dazu gesagt). Aber als der Kosmos dann abkühlte, brach die Symmetrie und die unterschiedlichen Teilchen und Kräfte die wir heute sehen, kristallisierten quasi heraus.

Man vermutet derzeit also, dass die supersymmetrischen Teilchen allesamt schwerer sind als die normalen Teilchen und deswegen bis jetzt noch nicht entdeckt worden sind. Und hofft, dass sie in naher Zukunft in den verbesserten Teilchenbeschleunigern nachgewiesen werden können.

Aber warum braucht man die Supersymmetrie eigentlich? Nur weil sie so schön symmetrisch ist? Das ist einer der Gründe, den in der Wissenschaft ist man immer darauf aus, möglichst einfache und umfassende Erklärungen zu finden. Aber die Supersymmetrie würde, wenn sie existiert, auch einige sehr wichtige Probleme lösen. Da wäre zum Beispiel die Frage nach der dunklen Materie. Wir wissen ja, dass das Standardmodell der Teilchenphysik noch unvollständig sein muss. Denn wir wissen, dass es neben der normalen Materie auch noch eine andere Form von Materie gibt, deren Auswirkungen wir zwar beobachten können über deren Natur wir aber noch nichts wissen. Diese dunkle Materie, über die ich in Folge 25 der Sternengeschichten gesprochen habe, könnte aus supersymmetrischen Teilchen bestehen. Denn wenn es die Supersymmetrie gibt, dann sind die meisten dieser Teilchen zwar instabil, existieren also nur für kurze Zeit bevor sie sich in andere Teilchen umwandeln. Es muss aber ein sogenanntes “leichtestes supersymmetrisches Teilchen” geben, das nicht weiter zerfallen kann – und das hätte genau die Eigenschaften, die Teilchen der dunklen Materie haben müssten.

Die Supersymmetrie würde auch das Problem der Kopplungskonstanten lösen. Mit einer Kopplungskonstante beschreibt man, vereinfacht gesagt, wie stark eine Kraft wirkt. Und die Kräfte die wir kennen, sind alle unterschiedlich stark. Die Gravitation beispielsweise ist enorm schwach, was man ja auch daran erkennt, dass ein simpler Kühlschrankmagnet in der Lage ist, der Gravitation entgegen zu wirken, die von der gesamten Erde ausgeübt wird! Auch die anderen Kräfte die in den Atomen wirken und die von Gluonen und W- bzw. Z-Bosonen übertragen werden, haben unterschiedliche Stärken. Auch hier geht man wieder davon aus, dass dies gebrochenen Symmetrien zu verdanken ist. Ursprünglich sollten alle Kräfte gleich stark gewesen sein oder anders gesagt: Alle Kräfte sollten nur EINE KRAFT gewesen sein, erst als das Universum abkühlte haben sich die einzelnen heute beobachtbaren Kräfte herauskristallisiert.

Wenn man aber im Standardmodell der Teilchenphysik berechnet, bei welcher Temperatur die Kopplungskonstanten der Kräfte den gleichen Wert erreichen, kriegt man ein Problem. Das tun sie nämlich nie! Verwendet man dagegen das supersymmetrische Modell, dann treffen sie sich tatsächlich in einem einzigen Punkt und vereinheitlichen sich zu einer einzigen Kraft.

Es gäbe noch weiter Probleme, bei denen die Supersymmetrie weiter helfen könnte. Aber damit das auch klappt, müsste man jetzt wirklich bald die ersten neuen Teilchen entdecken. Wir haben schon einen großen Bereich möglicher Teilchenmassen abgesucht und nichts gefunden. Das heißt nicht, dass es sie nicht geben kann. Aber wenn sie noch schwerer sind, dann sind sie irgendwann so schwer, dass sie all die Probleme, für deren Lösung man die Supersymmetrie entwickelt hat, gar nicht mehr lösen können…

Die Supersymmetrie ist eine sehr elegante und vielversprechende Hypothese. Ob sie aber auch real ist oder nicht, muss sich erst herausstellen. Aber auch wenn sie falsch sein sollte: Irgendeine neue Theorie die über das Standardmodell der Teilchenphysik hinaus geht, ist auf jeden Fall nötig. Denn die offenen Fragen bleiben bestehen…