×

Χρησιμοποιούμε cookies για να βελτιώσουμε τη λειτουργία του LingQ. Επισκέπτοντας τον ιστότοπο, συμφωνείς στην cookie policy.


image

Sternengeschichten 130-249, Folge 162: Relativistische Quantenchemie

Folge 162: Relativistische Quantenchemie

Folge 162: Relativistische Quantenchemie.

Gold ist goldfarben. Und Silber ist silberfarben. Aber warum eigentlich? Und wieso hat Gold überhaupt so eine ganze andere Farbe als die meisten anderen Metalle, die ja alle eben eher metallisch grau glänzen und nicht so schön gelb-rot wie das Gold?

Gold. Aber warum sieht es so aus, wie es aussieht? Die Farbe des Goldes ist es ja auch, die es neben seiner Seltenheit und leichten Formbarkeit für uns Menschen so wertvoll macht. Und in dieser Farbe steckt jede Menge Wissenschaft. Um zu verstehen, warum Gold goldfarben ist, muss man nicht nur die Quantenmechanik bemühen, sondern auch die Relativitätstheorie.

Zuerst müssen wir uns in Erinnerung rufen, wie ein Atom aufgebaut ist. Es besteht aus einem Kern und einer Hülle. Der Kern wiederum besteht aus Bausteinen, die man Protonen und Neutronen nennt. Protonen sind elektrisch positiv geladen; die Neutronen tragen keine elektrische Ladung. Die Anzahl der Protonen bestimmt, um welches chemische Element es sich handelt. Wasserstoff hat ein Proton. Immer. Wenn es sich um eine andere Zahl von Protonen handelt, dann ist es kein Wasserstoff. Sondern vielleicht Helium, dessen Kern zwei Protonen beinhaltet. Lithium hat drei Protonen. Und so weiter. Bei Goldatomen muss der Kern ganze 79 Protonen im Kern enthalten. Gold ist also ein ziemlich schweres Element.

Neben Protonen gibt es im Kern aber auch auch die Neutronen. Die Zahl der Neutronen ändert nichts an der Art des Elementes. Egal wie viele Neutronen der Kern eines Goldatomes zum Beispiel beinhaltet: Es bleibt immer Gold, solange nur die 79 Protonen vorhanden sind. Die Anzahl der Neutronen bestimmt um welches Isotop es sich handelt. So werden die verschiedenen Variationen eines chemischen Elements genannt. Ist das Verhältnis von Protonen zu Neutronen in einem Atomkern aber nicht ausgewogen genug, kann der Atomkern instabil werden. Solche Isotope sind dann also radioaktiv und zerfallen früher oder später. Man kann also nicht beliebig viele Neutronen in einen Atomkern packen – irgendwann wird man nur noch instabile Isotope bekommen.

Gold allerdings ist stabil. Es gibt zwar jede Menge künstlich herstellbare radioaktive Isotope aber in der Natur kommt nur das normale, stabile Gold vor, das neben 79 Protonen auch 118 Neutronen enthält.

So viel zum Kern – aber ein Atom braucht auch eine Hülle. Die besteht bei Gold so wie bei jedem anderen Element auch aus Elektronen, die elektrisch negativ geladen sind. Und die Elektronen sind es auch, die für die Farbe verantwortlich sind. Wenn ein Lichtteilchen auf ein Elektron in der Hülle eines Atoms trifft, dann kann dieses Lichtteilchen vom Elektron absorbiert werden. Dieser Vorgang heißt “Anregung” und das Atom hat danach mehr Energie als vorher.

Diese Anregung kann aber nicht einfach irgendwie erfolgen. Hier treffen wir nun auf die Quantenmechanik. Deren grundlegende Erkenntnis ist es ja, dass die Dinge in der Natur nicht kontinuierlich ablaufen. Energie kann beispielsweise nur in Form von “Quanten” abgestrahlt werden. Anschaulich kann man das mit einem Gartenschlauch vergleichen, aus dem das Wasser nur in Form von Tropfen kommen kann. Weniger Wasser als in einem Tropfen enthalten ist, kann nicht abgegeben werden. Genau so kann ein Atom nicht von einem beliebigen in irgendeinen anderen beliebigen Zustand wechseln, sondern nur zwischen ganz exakt definierten Quantenzuständen. Daher stammt ursprünglich auch der Begriff “Quantensprung”: Wenn ein Atom von einem Zustand in einen anderen übergeht, dann hat so Quantensprung stattgefunden. Ganz im Gegenteil zum allgemeinen Sprachgebrauch, wo mit “Quantensprung” irgendeine dramatische und große Entdeckung bezeichnet wird, beschreibt ein Quantensprung also eigentlich die kleinstmögliche Änderung, die ein Atom erfahren kann.

Und noch dazu eine Änderung, die nicht lange anhält. Wenn ein Photon mit genau der passenden Energie auf ein Elektron trifft, um es von einem erlaubten Zustand in einen anderen zu transferieren, dann bleibt das im allgemeinen nicht lange so. Irgendwann wird das Elektron spontan wieder auf den ursprünglichen, niedrigeren Zustand zurück fallen und dabei wieder ein Photon abstrahlen, dessen Energie genau der Energiedifferenz zwischen den beiden Zuständen entspricht.

Welche Photonen von einem Atom absorbiert werden können, hängt nun von der speziellen Anordnung ab. Im Normalzustand hat jedes Atom in seiner Hülle genau so viele negativ geladene Elektronen wie es positive Protonen im Kern gibt. Die Elektronen sind in unterschiedlichen Abständen zum Kern angeordnet die unterschiedlichen Energiezuständen entsprechen. Das ist bei jedem Element verschieden und deswegen kann jedes Element auch Photonen mit unterschiedlichen Energien absorbieren. Licht unterschiedlicher Farbe enthält unterschiedlich viel Energie und Gold ist besonders gut darin, blaues Licht zu absorbieren – das Licht, das von den Atomen reflektiert wird, enthält also wenig blau. Und erscheint uns daher gelb-rötlich.

Aber warum absorbiert Gold blaues Licht und Silber offensichtlich nicht? Hier kommt nun die Relativitätstheorie ins Spiel. Im Jahr 1905 hat Albert Einstein sich überlegt, was passiert, wenn sich Objekte fast so schnell wie das Licht selbst bewegen. Dabei stieß er auf jede Menge seltsame Effekte. Einer davon ist der sogenannte “relativistische Massenzuwachs”. Je schneller sich ein Objekt bewegt, desto mehr Masse scheint es zu haben. Es ist ein wenig schwierig genau zu erklären, warum das so ist. Vor allem deswegen, weil Einstein ja mit seiner berühmten Formel E = mc² gezeigt hat, das Masse und Energie mehr oder weniger das gleiche sind. Je schneller sich nun etwas bewegt, desto mehr Energie steckt auch darin – und desto unklarer wird, was der Begriff “Masse” bei schnell bewegten Objekten eigentlich noch bedeuten soll. Darum sprechen die Physiker meistens nur von der “Ruhemasse” die ein Objekt hat, das sich nicht bewegt und verwenden ansonsten den Begriff “Impuls”, wenn es um bewegte Massen und Energie geht. Aber das würde jetzt hier zu weit führen und um die Sache einigermassen anschaulich zu halten, können wir uns vorstellen, dass die Masse eines Objekts um so größer wird, je schneller es sich bewegt.

Das gilt auch für Elektronen. In den alten Röhrenfernsehern wurden beispielsweise Elektronen ausgestrahlt, die von hinten auf den Bildschirm treffen und dort das Bild erzeugen. Damit das Bild scharf ist, müssen die Elektronen von Magneten genau auf die richtige Weise ab- und auf die richtigen Stellen am Bildschirm gelenkt werden. Je stärker man ein Elektron ablenken will, desto stärker muss der Magnet sein. Die Stärke der Ablenkung hängt aber auch von der Masse der Elektronen ab. Und wenn man nicht berücksichtigt, dass sich die Elektronen im Fernsehapparat so schnell bewegen, dass ihre Masse relativistisch vergrößert wird, bekommt man kein scharfes Bild.

Dieser Effekt spielt nun auch bei der Farbe des Goldes eine wichtige Rolle. Je mehr positiv geladene Protonen im Kern eines Atoms vorhanden sind, desto stärker ist auch dessen gesamte elektrische Ladung und damit auch dessen elektrostatische Kraft, die er auf die negativ geladenen Elektronen ausübt. Oder anders gesagt: Je mehr Protonen im Kern, desto schneller bewegen sich die Elektronen. Und je schneller sie sich bewegen, desto größer ist ihre relativistische Masse. Je größer aber ihre Masse ist, desto näher rücken sie an den Kern. Auch hier ist die Sache wieder schwierig, wenn man sie sich genau vorstellen will. Elektronen sind ja keine kleinen Kugeln, die um den Atomkern kreise wie Planeten um die Sonne, auch wenn sie oft immer noch so dargestellt werden. Genaugenommen kann man gar nicht sagen, wo ein Elektron genau ist, sondern nur Bereiche angeben, wo es sich aufhalten könnte und dann mithilfe der Quantenmechanik berechnen, wie groß jeweils die Wahrscheinlichkeit ist, dass es sich in bestimmten Regionen dieses Bereichs aufhält.

Diese Bereiche nennt man “Orbitale” und wenn ein Elektron durch die Absorption der Energie eines Photons von einem Zustand in einen anderen wechselt, dann wechselt man genaugenommen zwischen zwei solcher Orbitale hin und her. Beim Gold spielt in unserem Fall der Wechsel zwischen dem sogenannten 5d- und 6s-Orbital eine wichtige Rolle. Was das genau ist, ist hier nicht relevant – so werden eben die entsprechenden Energiezustände bezeichnet, deren Differenz genau der Wellenlänge von blauem Licht entspricht.

Ignoriert man die Relativitätstheorie, dann wären sich diese 5d- und 6s-Orbitale bei Silber und Gold sehr ähnlich und damit auch die Art und Weise, wie sie blaues bzw. anderes Licht absorbieren. Da Gold aber nun schwerer ist als Silber und die Elektronen dort eine höhere Geschwindigkeit und eine höhere relativistische Masse haben, rücken die 6s-Zustände näher an den Kern. Sie liegen also näher am Atomkern als beim Silber und weil sie näher liegen, können die negativ geladenen Elektronen nun die positive elektrische Ladung der Protonen besser abschirmen. Die weiter außen liegenden 5d-Zustände spüren also jetzt weniger elektrostatische Kraft und entfernen sich vom Kern. Durch die relativistischen Effekte liegen die 6s-Orbitale des Goldes näher am Kern als die des Silbers und die 5d-Orbitale sind weiter entfernt als beim Silber. Damit Elektronen von einem Zustand in den anderen wechseln können ist bei Gold also nun eine andere Energiemenge notwendig als bei Silber weswegen das Gold mehr blaues Licht absorbiert als es das Silber macht.

Und deswegen goldfarben ist und nicht silberfarben! Die relativistischen Effekte spielen allerdings nicht nur bei Gold eine Rolle. Auch viele andere chemische Elemente verhalten sich nicht so, wie man es erwarten würde, wenn man sie rein klassisch betrachtet ohne die Effekte der Relativitätstheorie zu berücksichtigen. Aber Gold und Silber spielen eben in unserer Kultur eine große Rolle und der Unterschied ist hier wirklich deutlich sichtbar und wir machen uns darüber mehr Gedanken als zum Beispiel über die Frage, warum Quecksilber auch bei tiefen Temperaturen noch flüssig ist – was sich ebenfalls nur mit der Relativitätstheorie erklären lässt.

Bei der Frage nach der Farbe des Goldes treffen Alltag, Kunst, Kultur und Wissenschaft auf höchst interessante Weise zusammen. Genau so wie die beiden großen Theorien der modernen Physik, die Quantenmechanik und die Relativitätstheorie. Beide sind nötig, wenn man wirklich verstehen will, wie die Atome funktionieren. Und es wird noch ein langer Weg sein, bevor sie wirklich vereint sind und man damit alles erklären kann und nicht nur die Farbe des Goldes…


Folge 162: Relativistische Quantenchemie

Folge 162: Relativistische Quantenchemie.

Gold ist goldfarben. Und Silber ist silberfarben. Aber warum eigentlich? Und wieso hat Gold überhaupt so eine ganze andere Farbe als die meisten anderen Metalle, die ja alle eben eher metallisch grau glänzen und nicht so schön gelb-rot wie das Gold?

Gold. Aber warum sieht es so aus, wie es aussieht? Die Farbe des Goldes ist es ja auch, die es neben seiner Seltenheit und leichten Formbarkeit für uns Menschen so wertvoll macht. Und in dieser Farbe steckt jede Menge Wissenschaft. Um zu verstehen, warum Gold goldfarben ist, muss man nicht nur die Quantenmechanik bemühen, sondern auch die Relativitätstheorie.

Zuerst müssen wir uns in Erinnerung rufen, wie ein Atom aufgebaut ist. Es besteht aus einem Kern und einer Hülle. Der Kern wiederum besteht aus Bausteinen, die man Protonen und Neutronen nennt. Protonen sind elektrisch positiv geladen; die Neutronen tragen keine elektrische Ladung. Die Anzahl der Protonen bestimmt, um welches chemische Element es sich handelt. Wasserstoff hat ein Proton. Immer. Wenn es sich um eine andere Zahl von Protonen handelt, dann ist es kein Wasserstoff. Sondern vielleicht Helium, dessen Kern zwei Protonen beinhaltet. Lithium hat drei Protonen. Und so weiter. Bei Goldatomen muss der Kern ganze 79 Protonen im Kern enthalten. Gold ist also ein ziemlich schweres Element.

Neben Protonen gibt es im Kern aber auch auch die Neutronen. Die Zahl der Neutronen ändert nichts an der Art des Elementes. Egal wie viele Neutronen der Kern eines Goldatomes zum Beispiel beinhaltet: Es bleibt immer Gold, solange nur die 79 Protonen vorhanden sind. Die Anzahl der Neutronen bestimmt um welches Isotop es sich handelt. So werden die verschiedenen Variationen eines chemischen Elements genannt. Ist das Verhältnis von Protonen zu Neutronen in einem Atomkern aber nicht ausgewogen genug, kann der Atomkern instabil werden. Solche Isotope sind dann also radioaktiv und zerfallen früher oder später. Man kann also nicht beliebig viele Neutronen in einen Atomkern packen – irgendwann wird man nur noch instabile Isotope bekommen.

Gold allerdings ist stabil. Es gibt zwar jede Menge künstlich herstellbare radioaktive Isotope aber in der Natur kommt nur das normale, stabile Gold vor, das neben 79 Protonen auch 118 Neutronen enthält.

So viel zum Kern – aber ein Atom braucht auch eine Hülle. Die besteht bei Gold so wie bei jedem anderen Element auch aus Elektronen, die elektrisch negativ geladen sind. Und die Elektronen sind es auch, die für die Farbe verantwortlich sind. Wenn ein Lichtteilchen auf ein Elektron in der Hülle eines Atoms trifft, dann kann dieses Lichtteilchen vom Elektron absorbiert werden. Dieser Vorgang heißt “Anregung” und das Atom hat danach mehr Energie als vorher.

Diese Anregung kann aber nicht einfach irgendwie erfolgen. Hier treffen wir nun auf die Quantenmechanik. Deren grundlegende Erkenntnis ist es ja, dass die Dinge in der Natur nicht kontinuierlich ablaufen. Energie kann beispielsweise nur in Form von “Quanten” abgestrahlt werden. Anschaulich kann man das mit einem Gartenschlauch vergleichen, aus dem das Wasser nur in Form von Tropfen kommen kann. Weniger Wasser als in einem Tropfen enthalten ist, kann nicht abgegeben werden. Genau so kann ein Atom nicht von einem beliebigen in irgendeinen anderen beliebigen Zustand wechseln, sondern nur zwischen ganz exakt definierten Quantenzuständen. Daher stammt ursprünglich auch der Begriff “Quantensprung”: Wenn ein Atom von einem Zustand in einen anderen übergeht, dann hat so Quantensprung stattgefunden. Ganz im Gegenteil zum allgemeinen Sprachgebrauch, wo mit “Quantensprung” irgendeine dramatische und große Entdeckung bezeichnet wird, beschreibt ein Quantensprung also eigentlich die kleinstmögliche Änderung, die ein Atom erfahren kann.

Und noch dazu eine Änderung, die nicht lange anhält. Wenn ein Photon mit genau der passenden Energie auf ein Elektron trifft, um es von einem erlaubten Zustand in einen anderen zu transferieren, dann bleibt das im allgemeinen nicht lange so. Irgendwann wird das Elektron spontan wieder auf den ursprünglichen, niedrigeren Zustand zurück fallen und dabei wieder ein Photon abstrahlen, dessen Energie genau der Energiedifferenz zwischen den beiden Zuständen entspricht.

Welche Photonen von einem Atom absorbiert werden können, hängt nun von der speziellen Anordnung ab. Im Normalzustand hat jedes Atom in seiner Hülle genau so viele negativ geladene Elektronen wie es positive Protonen im Kern gibt. Die Elektronen sind in unterschiedlichen Abständen zum Kern angeordnet die unterschiedlichen Energiezuständen entsprechen. Das ist bei jedem Element verschieden und deswegen kann jedes Element auch Photonen mit unterschiedlichen Energien absorbieren. Licht unterschiedlicher Farbe enthält unterschiedlich viel Energie und Gold ist besonders gut darin, blaues Licht zu absorbieren – das Licht, das von den Atomen reflektiert wird, enthält also wenig blau. Und erscheint uns daher gelb-rötlich.

Aber warum absorbiert Gold blaues Licht und Silber offensichtlich nicht? Hier kommt nun die Relativitätstheorie ins Spiel. Im Jahr 1905 hat Albert Einstein sich überlegt, was passiert, wenn sich Objekte fast so schnell wie das Licht selbst bewegen. Dabei stieß er auf jede Menge seltsame Effekte. Einer davon ist der sogenannte “relativistische Massenzuwachs”. Je schneller sich ein Objekt bewegt, desto mehr Masse scheint es zu haben. Es ist ein wenig schwierig genau zu erklären, warum das so ist. Vor allem deswegen, weil Einstein ja mit seiner berühmten Formel E = mc² gezeigt hat, das Masse und Energie mehr oder weniger das gleiche sind. Je schneller sich nun etwas bewegt, desto mehr Energie steckt auch darin – und desto unklarer wird, was der Begriff “Masse” bei schnell bewegten Objekten eigentlich noch bedeuten soll. Darum sprechen die Physiker meistens nur von der “Ruhemasse” die ein Objekt hat, das sich nicht bewegt und verwenden ansonsten den Begriff “Impuls”, wenn es um bewegte Massen und Energie geht. Aber das würde jetzt hier zu weit führen und um die Sache einigermassen anschaulich zu halten, können wir uns vorstellen, dass die Masse eines Objekts um so größer wird, je schneller es sich bewegt.

Das gilt auch für Elektronen. In den alten Röhrenfernsehern wurden beispielsweise Elektronen ausgestrahlt, die von hinten auf den Bildschirm treffen und dort das Bild erzeugen. Damit das Bild scharf ist, müssen die Elektronen von Magneten genau auf die richtige Weise ab- und auf die richtigen Stellen am Bildschirm gelenkt werden. Je stärker man ein Elektron ablenken will, desto stärker muss der Magnet sein. Die Stärke der Ablenkung hängt aber auch von der Masse der Elektronen ab. Und wenn man nicht berücksichtigt, dass sich die Elektronen im Fernsehapparat so schnell bewegen, dass ihre Masse relativistisch vergrößert wird, bekommt man kein scharfes Bild.

Dieser Effekt spielt nun auch bei der Farbe des Goldes eine wichtige Rolle. Je mehr positiv geladene Protonen im Kern eines Atoms vorhanden sind, desto stärker ist auch dessen gesamte elektrische Ladung und damit auch dessen elektrostatische Kraft, die er auf die negativ geladenen Elektronen ausübt. Oder anders gesagt: Je mehr Protonen im Kern, desto schneller bewegen sich die Elektronen. Und je schneller sie sich bewegen, desto größer ist ihre relativistische Masse. Je größer aber ihre Masse ist, desto näher rücken sie an den Kern. Auch hier ist die Sache wieder schwierig, wenn man sie sich genau vorstellen will. Elektronen sind ja keine kleinen Kugeln, die um den Atomkern kreise wie Planeten um die Sonne, auch wenn sie oft immer noch so dargestellt werden. Genaugenommen kann man gar nicht sagen, wo ein Elektron genau ist, sondern nur Bereiche angeben, wo es sich aufhalten könnte und dann mithilfe der Quantenmechanik berechnen, wie groß jeweils die Wahrscheinlichkeit ist, dass es sich in bestimmten Regionen dieses Bereichs aufhält.

Diese Bereiche nennt man “Orbitale” und wenn ein Elektron durch die Absorption der Energie eines Photons von einem Zustand in einen anderen wechselt, dann wechselt man genaugenommen zwischen zwei solcher Orbitale hin und her. Beim Gold spielt in unserem Fall der Wechsel zwischen dem sogenannten 5d- und 6s-Orbital eine wichtige Rolle. Was das genau ist, ist hier nicht relevant – so werden eben die entsprechenden Energiezustände bezeichnet, deren Differenz genau der Wellenlänge von blauem Licht entspricht.

Ignoriert man die Relativitätstheorie, dann wären sich diese 5d- und 6s-Orbitale bei Silber und Gold sehr ähnlich und damit auch die Art und Weise, wie sie blaues bzw. anderes Licht absorbieren. Da Gold aber nun schwerer ist als Silber und die Elektronen dort eine höhere Geschwindigkeit und eine höhere relativistische Masse haben, rücken die 6s-Zustände näher an den Kern. Sie liegen also näher am Atomkern als beim Silber und weil sie näher liegen, können die negativ geladenen Elektronen nun die positive elektrische Ladung der Protonen besser abschirmen. Die weiter außen liegenden 5d-Zustände spüren also jetzt weniger elektrostatische Kraft und entfernen sich vom Kern. Durch die relativistischen Effekte liegen die 6s-Orbitale des Goldes näher am Kern als die des Silbers und die 5d-Orbitale sind weiter entfernt als beim Silber. Damit Elektronen von einem Zustand in den anderen wechseln können ist bei Gold also nun eine andere Energiemenge notwendig als bei Silber weswegen das Gold mehr blaues Licht absorbiert als es das Silber macht.

Und deswegen goldfarben ist und nicht silberfarben! Die relativistischen Effekte spielen allerdings nicht nur bei Gold eine Rolle. Auch viele andere chemische Elemente verhalten sich nicht so, wie man es erwarten würde, wenn man sie rein klassisch betrachtet ohne die Effekte der Relativitätstheorie zu berücksichtigen. Aber Gold und Silber spielen eben in unserer Kultur eine große Rolle und der Unterschied ist hier wirklich deutlich sichtbar und wir machen uns darüber mehr Gedanken als zum Beispiel über die Frage, warum Quecksilber auch bei tiefen Temperaturen noch flüssig ist – was sich ebenfalls nur mit der Relativitätstheorie erklären lässt.

Bei der Frage nach der Farbe des Goldes treffen Alltag, Kunst, Kultur und Wissenschaft auf höchst interessante Weise zusammen. Genau so wie die beiden großen Theorien der modernen Physik, die Quantenmechanik und die Relativitätstheorie. Beide sind nötig, wenn man wirklich verstehen will, wie die Atome funktionieren. Und es wird noch ein langer Weg sein, bevor sie wirklich vereint sind und man damit alles erklären kann und nicht nur die Farbe des Goldes…