Sendung: tagesschau 12.04.2020 20:00 Uhr - Papst Franziskus ruft zu Solidarität
Themen der Sendung: Corona-Virus in Afrika: Experten gehen von hoher Ansteckungsrate aus, Papst Franziskus ruft zu internationaler Solidarität in Corona-Krise auf, Forderung nach flächendeckenden Corona-Tests als Voraussetzung für Lockerung der Schutzmaßnahmen, Corona-Schutzmaßnahmen in Israel, Britischer Premierminister Johnson aus Klinik entlassen, Ausbreitung des Corona-Virus in Russland gestiegen, Luxemburgischer Außenminister Asselborn ruft EU-Staaten zu Aufnahme von Flüchtlingskindern aus Griechenland auf, Früherer Formel-Eins-Pilot Stirling Moss gestorben, Das Wetter
-------------------------------------------
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau.
Heute im Studio: Linda Zervakis
Guten Abend,
ich begrüße Sie zur tagesschau.
Vier Monate nach dem Auftreten
des Corona-Virus in China
sind mehr als 200 Länder und Regionen
von der Pandemie betroffen.
In Afrika ist die Zahl
der Infizierten
mit offiziell 13.000
bisher verhältnismäßig niedrig.
Experten wie der US-Milliardär
Bill Gates gehen aber davon,
dass die Ansteckungsrate dort
höher sein wird als in Europa.
Die Gesundheitssysteme in Afrika
seien nicht so gut ausgebaut,
sagte Gates den tagesthemen.
Geordnet soll es zugehen.
Doch durch das Gitter
sind sie kaum zu halten.
Die Not treibt die Menschen
in diesem Elendsviertel in Nairobi.
Und das Wissen,
dass es gleich Hilfspakete gibt.
Ich warte, damit meine Enkel
wieder was zu essen haben.
Private Spenden,
nicht genug für alle.
Im Kampf gegen Corona
hat Kenias Regierung
die Bewegungsfreiheit
seit Wochen eingeschränkt.
Es wird kaum noch Geld verdient.
In den Armenviertel
geht das an die Substanz.
Erspartes gibt es nicht.
Es fehlt Geld fürs Essen.
Seife, fließendes Wasser:
Alles kostet Geld -
mehr als vor Ausbruch der Seuche.
Den meisten afrikanischen Staaten
geht es nicht besser.
Sie sind hoch verschuldet,
das Gesundheitssystem ist schlecht.
Steigen die Corona-Fallzahlen,
droht der Zusammenbruch.
Im Kampf um Schutzmasken
oder Beatmungsgeräte
ist Afrika reichen Ländern
hoffnungslos unterlegen.
Bill Gates
und seine Frau Melinda fordern:
Die Industrieländer müssten
ihre Egoismen beiseite scheiben.
Das Ehepaar unterhält
die größte Privatstiftung der Welt.
Die engagiert sich
auch für Projekte on Afrika.
Sie plädieren
für mehr Zusammenarbeit der Staaten
und der Weltgesundheitsorganisation,
WHO.
Noch ist die Zahl der Infizierten
in Entwicklungsländern niedrig.
Aber es ist wahrscheinlich,
dass dort in den nächsten Monaten
die Epizentren der Epidemie liegen.
Die Corona-Pandemie
als globales Problem.
Das löst sich nur mit massiver Hilfe
für Entwicklungsländer lösen.
Das ausführliche Interview
mit Bill Gates können Sie
heute um 21.45 Uhr
in den Tagesthemen sehen.
Papst Franziskus hat in
seiner Osterbotschaft aufgerufen,
in der Krise
international Solidarität zu zeigen.
Bei der Messe im Petersdom in Rom
forderte er u.a. einen Schuldenerlass
für die ärmsten Länder.
Jetzt sei nicht die Zeit
für Gleichgültigkeit und Egoismus.
Die Zeremonie fand wegen der Pandemie
ohne die sonst üblichen
Zehntausenden Gläubigen statt.
Sie wurde live übertragen.
Wieder ohne Gläubige
und mit großem Abstand
feiert Papst Franziskus im kleinen
Kreis die Ostermesse im Petersdom.
Auch heute bleibt
bei den Feierlichkeiten
die Corona-Pandemie zentrales Thema.
Der Pontifex spendet zum zweiten Mal
innerhalb kürzester Zeit
den Segen Urbi et Orbi,
der Stadt und dem Erdkreis.
Er betet für die Kranken,
Schwachen, Pflegende, Ärzte –
alle, die täglich
gegen die Pandemie kämpfen.
Er appelliert an die Regierungen,
ihren Landsleuten in Not zu helfen.
Viele Menschen hätten Existenzängste.
Die Europäische Union steht
vor einer epochalen Herausforderung,
von der nicht nur ihre Zukunft,
sondern die der ganzen Welt abhängt.
Lasst uns nicht
die Gelegenheit versäumen,
einen Beweis der Solidarität
zu erbringen.
Auch wenn wir dazu
neue Wege einschlagen müssen.
Als Alternative bleibt nur
ein Egoismus der Einzelinteressen.
Papst Franziskus
betet auch für Krisenregionen:
Syrien, Jemen, den Irak
oder viele afrikanische Staaten.
Er mahnt,
internationale Sanktionen zu lockern
und Schulden zu erlassen.
Und er erinnert an die Menschen,
die wegen Krieg, Terror oder Hunger
auf der Flucht sind.
Er hofft, dass vielerorts
Konflikte gelöst werden können.
Die Ewige Stadt heute:
So hat Rom am Ostersonntag
noch nie ausgesehen -
eine Geisterstadt.
Es herrscht Ausgangssperre.
In der Touristen-Stadt
gibt es keine Touristen.
Sonst zog es Hunderttausende
zu den kirchlichen Feiertagen her.
Nicht so in diesem Jahr.
Für viele Bürger Roms ist das
eine wirtschaftliche Katastrophe.
Sie leben vom Tourismus.
Unmittelbar betroffen:
die Hotellerie.
Das Hotel Bramante liegt
einen Steinwurf vom Vatikan entfernt.
Normalerweise ist das Haus
rund um Ostern ausgebucht.
Jetzt steht es leer.
Unseren größten Umsatz
machen wir normalerweise
im April, Mai und im Oktober.
Ich fürchte, wir werden
auch im Herbst keine Gäste haben.
Seit vier Generationen
betreibt Familie Mariani ihr Hotel.
Das Ausbleiben der Touristen
bedroht die Zukunft des Betriebs.
Wir haben das Haus gemietet.
Die Märzmiete
konnten wir noch bezahlen.
Im April
konnten wir nicht mehr überweisen.
Mauro Pizzuti betreibt ein Restaurant
an der Piazza Navona:
Normalerweise ein Touristenmagnet,
heute menschenleer.
In 30 Jahren habe ich hier
so etwas noch nicht gesehen.
Es ist hart, wirklich hart.
Rom zu Ostern:
Die sonst so pulsierende Stadt
ist still geworden –
beinahe erschreckend still.
Flächendeckende Tests sollten
Voraussetzung für eine Lockerung
der Schutzmaßnahmen sein,
fordert der Städte- und Gemeindebund.
Hauptgeschäftsführer Landsberg
sagte der "Funke"-Mediengruppe:
Kontaktpersonen von Infizierten
müssten innerhalb eines Tages
gefunden und getestet werden.
In Deutschland haben sich
laut Robert Koch-Institut
120.479 Menschen angesteckt.
2.821 mehr als gestern.
Insgesamt 2.673 Menschen
sind gestorben.
Inzwischen genesen sind 60.200,
fast die Hälfte aller Infizierten.
Ostersonntag am Meer,
ohne Tagesauflügler,
Touristen und Ferienhausbesitzer.
Das Einreiseverbot in
Schleswig-Holstein hat abgeschreckt.
Der Strand in St. Peter-Ording
beinahe verwaist.
Es ist gespenstisch
mit so wenig Gästen,
aber es konzentriert sich,
und die gehen weit auseinander.
Wir müssen das Beste draus machen.
Auch in Bayern gelten strenge Regeln.
Rund um den Ammersee ist wenig los,
Paddeln mit Familie ist aber erlaubt.
Überall in Deutschland
wacht die Polizei
über die Einhaltung der Regeln.
Deutlich voller ist es nachmittags
in den Berliner Parks.
Die meisten halten Abstand,
bisher wenig zu tun für die Polizei.
Wir erfahren viel Verständnis
und viel Akzeptanz -
es wird auch
umgehend Folge geleistet.
Natürlich gibt es immer Ausnahmen.
Das sind glücklicherweise
aber einzelne.
Bundesweite Kontaktbeschränkungen.
Das sei keine Dauerlösung,
sagt NRWs Ministerpräsident:
Die Bereitschaft zum Verzicht
braucht Aussicht auf Normalisierung.
Wir benötigen einen Fahrplan,
der uns den Weg
in eine verantwortungsvolle
Normalität zeigt.
Am Mittwoch wollen Bund und Länder
über erste Lockerungen beraten.
Klar ist die Botschaft:
Mit jeder Lockerung muss klar sein,
Hygiene muss
besonders beachtet werden.
Vor allem Abstand halten.
Das scheint
an den Ostertagen zu gelingen.
Auch die Kirchen leer,
EKD-Ratsvorsitzender Bedford-Strohm
predigt online.
Eine Berliner Kirchengemeinde
distanziert sich auf andere Weise.
Die Botschaft kommt trotzdem an.
Auch im Heiligen Land
beeinträchtigt die Corona-Krise
die Osterfeierlichkeiten.
In Jerusalem durften Gläubige
zum ersten Mal seit über 100 Jahren
an einem Ostersonntag
die Grabeskirche nicht betreten.
Viertel der Altstadt, die v.a. von
ultraorthodoxen Juden bewohnt werden,
stehen seit heute Mittag
unter Quarantäne.
In ganz Israel gilt
in der Öffentlichkeit die Pflicht,
Schutzmasken zu tragen.
Wieder hat Israel
die Sicherheitsmaßnahmen verschärft.
Die meisten scheinen sich
an die Maskenpflicht zu halten.
Doch die Meinungen darüber
gehen auseinander.
Ich glaube, dass sie
das Ansteckungsrisiko vermindert.
Zuerst hieß es,
Masken bringen nichts.
Jetzt sollen sie helfen.
Ich höre
nur noch auf mein Bauchgefühl.
Die Polizei kontrolliert
die Einhaltung dieser Vorschrift,
lässt am ersten Tag
aber noch Nachsicht walten.
Streng kontrolliert
werden Ortschaften,
in denen es viele Infektionen gibt.
Auch in Jerusalem
wurden mehrere Stadtteile,
in denen vor allem streng-religiöse
Juden leben, abgeriegelt.
Ab sofort müssen
sich Rückkehrer nach Israel
für zwei Wochen
in "Quarantäne-Hotels" begeben.
Wie dieses Urlaubshotel in Tel Aviv,
das jetzt
unter Militärverwaltung steht.
Frühzeitig hat Israel
auf rigorose Maßnahmen gesetzt.
100 Meter dürfen sich Menschen
vom Wohnort entfernen.
Einkaufen ist erlaubt
oder zur Arbeit gehen,
wenn es sich
um systemrelevante Jobs handelt.
Hoffnungen auf
eine schnelle Regierungsbildung
im Zuge der Krise erteilte
Premier Netanjahu eine Absage.
Eine Einigung
mit Herausforderer Gantz
scheint nicht in Sicht.
Netanjahu bekommt Druck
aus seinem Regierungsapparat,
die rigorosen Maßnahmen
schaden der Wirtschaft:
Jeder Vierte ist arbeitslos
oder in unbezahltem Zwangsurlaub.
Aus dem Finanzministerium
kommen Forderungen,
die Beschränkungen
schrittweise zu lockern.
Das schon nach dem Pessach-Fest
in einer Woche.
Der britische Premier Johnson
hat das Krankenhaus verlassen.
Er war eine Woche in London im
St Thomas' Hospital behandelt worden,
davon drei Tage
auf der Intensivstation.
In einer Videobotschaft
dankte der Regierungschef
Ärzten und Pflegern -
sie hätten sein Leben gerettet.
Johnson erholt sich
auf dem offiziellen Landsitz
des Premierministers in Chequers.
Wann er die Regierungsgeschäfte
wieder aufnimmt, steht nicht fest.
In Russland hat sich die Ausbreitung
des Coronavirus beschleunigt.
Laut Behördenangaben
haben sich 2186 Menschen
mit dem Virus neu angesteckt.
Das ist der größte Anstieg
binnen eines Tages
seit Ausbruch der Krankheit.
Insgesamt sind im Land
16.000 Menschen an Covid-19 erkrankt.
Moskau ist nahezu leer,
aber nicht leer genug.
Deshalb werden
die Ausgangsbeschränkungen
noch mal verschärft.
Wer das Haus verlässt,
kurze Fußwege ausgenommen,
braucht
einen elektronischen Passierschein.
"Der Gipfel der Infektionen
ist noch längst nicht erreicht,
nicht mal die Mitte", sagte
Moskaus Bürgermeister am Freitag.
"Wir stehen am Anfang, uns steht
ein sehr ernster Test bevor."
Vor einer Moskauer Infektionsklinik
stauen sich Krankenwagen.
Das Virus
hat Russland längst erreicht,
die weitaus meisten Fälle
verzeichnet Moskau.
Es gibt einen unerklärlichen
Anstieg an Lungenentzündungen,
bei negativen Tests auf Covid-19.
Die Stadt beschloss, diese Patienten
wie Corona-Fälle zu behandeln.
Die Tests
sind offenbar nicht zuverlässig.
Moskaus Gesundheitssystem
ist bis zum Maximum mobilisiert.
Wir sind am Anschlag.
Deshalb rüsten wir
ständig weitere Krankenhäuser um,
auch Privatkliniken.
Am Stadtrand
bauen sie auf die Schnelle
ein neues Infektionskrankenhaus -
mit bis zu 650 Intensivplätzen.
Ein Wettlauf gegen die Zeit.
Noch ist vor allem Moskau betroffen,
doch auch in den Regionen
steigen die Zahlen schnell.
Dort ist die medizinische Versorgung
weit schlechter als in Moskau.
Im Land gibt es knapp 16.000 Fälle.
Im weltweiten Vergleich
klingt das wenig,
doch Russland steht am Anfang.
Luxemburgs Außenminister Asselborn
hat EU-Staaten dazu aufgerufen,
unbegleitete Flüchtlingskinder
aus griechischen Lagern aufzunehmen.
Jedes europäische Land,
das Mitgefühl habe,
sollte anpacken,
sagte Asselborn dem "Spiegel".
Was Luxemburg gelinge,
könnten auch andere Staaten schaffen.
Die ersten zwölf Flüchtlingskinder
sollen am Mittwoch
in Luxemburg eintreffen.
Ende der Woche weitere 50
in Deutschland.
Sir Stirling Moss ist tot.
Der frühere britische Formel-1-Pilot
starb mit 90 Jahren.
Berühmt wurde er
als "der ewige Zweite",
oft Favorit auf den WM-Titel,
doch immer knapp geschlagen.
Moss gewann 212 Autorennen,
davon 16 in der Formel 1.
Seine Karriere endete 1962,
als er in Goodwood
einen schweren Unfall hatte.
Die Wettervorhersage für morgen,
Ostermontag, den 13. April.
Morgen überquert uns die Kaltfront
eines skandinavischen Tiefs.
Dabei wird es gebietsweise nass,
es sind Schneeschauer dabei.
Heute Nacht
zunächst einzelne Schauer.
Aber von Norden
zieht ein Regenband heran,
das sich morgen
nach Süden ausbreitet.
Ein paar Gewitter sind unterwegs,
dazu windig.
Gleichzeitig wird es
von Nordwesten sonnig.
Von der Ostsee bis zu
den östlichen Mittelgebirgen
sind einzelne Schneeschauer möglich.
Am Dienstag wird es freundlicher,
aber ziemlich kühl.
In den folgenden Tagen
scheint unter Hochdruckeinfluss
häufig die Sonne.
Ingo Zamperoni hat um 21.45 Uhr
diese Tagesthemen für Sie:
Die Suche nach einem Corona-Impfstoff
für die ganze Weltbevölkerung -
ein Interview mit Bill Gates.
Und: Wie könnten die Beschränkungen
in Deutschland gelockert werden?
Fragen an die Ministerpräsidentin
von Rheinland-Pfalz - Malu Dreyer.
Ihnen einen schönen Abend.
Copyright Untertitel: NDR 2020