Kanzlerin Merkel zum Fall Nawalny
BK'IN DR. MERKEL: Meine Damen und Herren,
ich habe mich heute Mittag
mit dem Bundesfinanzminister und Vizekanzler,
dem Außenminister, der Verteidigungsministerin,
dem Innenminister, der Justizministerin
und dem Chef des Bundeskanzleramts
über neue Erkenntnisse im Fall Alexej Nawalny informieren lassen,
und wir haben darüber beraten,
wie wir mit diesen Erkenntnissen umgehen.
Wir haben Sie darüber am Nachmittag ja schon schriftlich informiert.
Es sind bestürzende Informationen
über den versuchten Giftmord
an einem der führenden Oppositionellen Russlands.
Daher ist es mir wichtig,
dazu auch noch einmal vor Ihnen Stellung zu nehmen.
Herr Nawalny ist seit dem 22. August
hier in Berlin in Behandlung.
Aus humanitären Gründen und auf Wunsch seiner Familie
haben wir seine Verlegung nach Deutschland ermöglicht.
Die Charité hat spezialisierte Toxikologen der Bundeswehr
mit der Untersuchung verschiedener Proben
von Herrn Nawalny beauftragt.
Nun hat das Speziallabor der Bundeswehr
einen klaren Befund geliefert:
Alexej Nawalny wurde Opfer eines Angriffs
mit einem chemischen Nervenkampfstoff
der Nowitschok-Gruppe.
Dieses Gift lässt sich zweifelsfrei in den Proben nachweisen.
Damit ist sicher: Alexej Nawalny ist Opfer eines Verbrechens.
Er sollte zum Schweigen gebracht werden.
Ich verurteile das auch im Namen
der ganzen Bundesregierung auf das Allerschärfste.
Ich möchte auch diese Gelegenheit nutzen,
Alexej Nawalny mein Mitgefühl auszusprechen
und auch seiner Familie, die Schweres durchmacht.
Ich hoffe und wünsche ihm,
dass er von diesem Anschlag genesen kann.
Ich habe vorhin auch den Herrn Bundespräsidenten angerufen
und mit ihm über diese neue Entwicklung
im Fall Nawalny gesprochen.
Die Bundesregierung hat darüber hinaus
die Fraktionen im Deutschen Bundestag unterrichtet.
Mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen, OVCW, in Den Haag
wird die Bundesregierung Kontakt aufnehmen.
Der russische Botschafter wurde am Nachmittag im Auswärtigen Amt
über die Untersuchungsergebnisse unterrichtet.
Wir erwarten, dass die russische Regierung
sich zu diesem Vorgang erklärt.
Es stellen sich jetzt sehr schwerwiegende Fragen,
die nur die russische Regierung beantworten kann
und beantworten muss.
Das Schicksal Alexej Nawalnys hat weltweite Aufmerksamkeit erlangt.
Die Welt wird auf Antworten warten.
Wir unterrichten unsere Partner in der EU
und in der NATO über die Untersuchungsergebnisse.
Wir werden gemeinsam beraten
und im Lichte der russischen Einlassungen
über eine angemessene gemeinsame Reaktion entscheiden.
Das Verbrechen an Alexej Nawalny
richtet sich gegen die Grundwerte und Grundrechte,
für die wir eintreten.
Ich danke Ihnen.