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2021 ZDF Sendung, heute journal vom 04.06.2021 - Toter Punkt - Kardinal bietet Rücktritt an, Globale Steuer - G7 wollen mehr Gerechtigkeit

heute journal vom 04.06.2021 - Toter Punkt - Kardinal bietet Rücktritt an, Globale Steuer - G7 wollen mehr Gerechtigkeit

Diese Untertitel sind live produziert.

Guten Abend.

"Wir sind trotz aller Rechtgläubigkeit

an einem toten Punkt".

Das schrieb der von den Nazis 1945 hingerichtete Jesuitenpater

Alfred Delp, als er bereits im Gefängnis saß.

Er sorgte sich um die Zukunft der Kirchen,

sie stünden sich selbst im Wege.

Dass die Katholische Kirche "an einem toten Punkt" sei,

dieses Zitat verwendet nun auch Kardinal Reinhard Marx

in seinem Rücktrittsgesuch an den Papst.

Dass Franziskus die Veröffentlichung dieses Briefes überhaupt erlaubt,

bevor er die Zukunft des deutschen Bischofs entschieden hat,

ist an sich schon bemerkenswert.

Beide, Papst und Kardinal, wissen,

dass das weit über Deutschland hinaus hohe Wellen schlagen wird.

Aber mit welchem Nachhall?

Dazu gleich ein Gespräch.

Doch zunächst zeichnet Stefan Leifert die Ereignisse dieses Tages nach.

Er kommt alleine, und er redet frei.

Nur ein kleines Zettelchen mit Stichworten

braucht Münchens Kardinal,

als er zum wohl wuchtigsten Statement seiner Laufbahn ausholt.

Reinhard Marx will zurücktreten und Verantwortung übernehmen:

für seine Schuld, für die anderer, für das Versagen der ganzen Kirche.

Es geht für mich im Kern darum, auch Mitverantwortung zu übernehmen,

für das, was in der Kirche geschehen ist.

Im Raum der Kirche, der ein Raum der Heilung sein soll,

der Hoffnung sein soll, der Zuversicht sein soll.

Und das Erschrecken darüber, dass auch im Raum der Kirche

in diesem Umfang sexueller Missbrauch stattgefunden hat,

begleitet uns ja seit 2010.

Schon vor zwei Wochen hatte Marx in einem Brief

dem Papst seinen Rücktritt angeboten.

Es ist ein Dokument des tiefen Frusts über die Kirche

und die gescheiterte Missbrauchsaufarbeitung:

seine eigene genauso wie die anderer.

Es kann ja nicht sein, dass ich zufrieden bin, damit,

dass mir persönlich vielleicht nichts oder nur wenig

nachgewiesen wird, juristisch.

Sondern: Wer übernimmt die Verantwortung

für das Ganze, der Kirche?

Das Rücktrittsangebot ist Niederlage und Schuldeingeständnis zugleich.

Marx versuchte sich lange als Aufklärer,

wurde aber nie den Vorwurf los,

selbst auch in Schuld und Fehler verstrickt zu sein.

Ich habe Kontakt mit Betroffenen aus dem Bistum Trier.

Was die mir sagen, was ihnen passiert ist

mit dem Bischof von Trier, der damals Marx hieß,

muss ich ganz klar sagen:

Hier tritt mit Sicherheit nicht der Falsche zurück.

Marx' Rücktritt ist mehr als

der Rücktritt eines Münchner Kirchenmannes.

Sein Schritt ist auch unausgesprochener Appell

an den Mitbruder in Köln: Kardinal Woelki.

Als ich das erste Mal gelesen hab,

dass Kardinal Marx seinen Rücktritt angeboten hat,

hab ich mich natürlich gefragt,

ob der Richtige seinen Rücktritt angeboten hat.

Woelki gerät damit unter großen Druck, es Marx gleichzutun.

Doch dass Woelki damit davon kommt, ist unwahrscheinlich.

Mit dem Druck von außen wird auch in der Bischofskonferenz

der Machtkampf immer härter.

Wie eine Front stellen sich immer mehr Mitbrüder gegen Woelki.

Selbst der Vorsitzende demontiert Kölns Kardinal heute unverblümt.

Was Köln betrifft, Kardinal Marx hat eine

sehr souveräne Entscheidung getroffen.

Dazu braucht man menschlichen Stand,

dazu muss man auch geistlich in der Lage sein.

Ich glaube, der Zeitpunkt solcher Souveränität

ist in Köln überschritten.

Erstmals tritt mit Münchens Kardinal

ein Bischof im Zuge des Missbrauchsskandals zurück.

Es könnte erst der Beginn eines großen Kirchenbebens sein.

Darüber wollen wir mit Thomas Sternberg sprechen,

den Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Guten Abend, Herr Sternberg.

Guten Abend, Frau Slomka.

Das sind ja schon auch ziemlich dramatisch Formulierungen,

die Kardinal Marx gewählt hat.

Auch so dieses historische Zitat wir sind an einem "toten Punkt".

Und er hofft auf einen Wendepunkt.

Woraus kann denn jetzt konkret ein solcher Wendepunkt bestehen?

Also, was kann das bewirken? Haben sie Erwartungen?

Ja, eine Erwartung habe ich, und die formuliert Reinhard Marx

auch sehr deutlich,

dass dieser Wendepunkt, das ist das, was der Papst in seinem Schreiben

an die Gläubigen in Deutschland "Zeitenwende" nennt,

dass das jetzt wirklich ernst und wahrgenommen wird

als eine ganz wichtige Aufforderung zu grundsätzlichen Reformen

im Arbeiten an den systemischen Ursachen daran,

was überhaupt Missbrauch in der Kirche möglich machte.

Was ist das für Sie zum Beispiel?

Was wäre eine solche grundsätzliche systemische Änderung?

Das sind die Themen, die wir im synodalen Weg bearbeiten.

Das ist einmal die Frage von Machtunterschieden

und Machtmissbrauch - das ist immer bei sexualisierter Gewalt,

es geht immer um Macht und Machtverhältnisse.

Dann die Frage nach einer Sexualmoral,

die nicht mehr verstanden wird und die sich längst überlebt hat.

Dann das Thema der priesterlichen Lebensform - das ist weit mehr

als Zölibat.

Und schließlich das Thema, die Rolle der Frau in der Kirche.

Wenn wir da jetzt schon so direkt ans Eingemachte gehen, sozusagen,

muss man dazu sagen, das hat der Vatikan,

hat auch Papst Franziskus eigentlich bisher eher verhindert,

dass da große Reformen hier in diesem synodalen Weg

in Deutschland entwickelt werden.

Also z.b. Weihe von Frauen, das ist jetzt ein Straftatbestand.

Beim Stichwort Homosexualität ist man auch nicht weiter.

Da hat der Papst auch gebremst.

Also, einerseits eine Zeitenwende fordern,

aber andererseits die eigentlich nicht wollen?

Ich glaube, das das so nicht ganz stimmt,

denn wir hatten tatsächlich, wir haben,

eines unserer Probleme ist, dass wir einen Reformstau

in unserer Kirche haben, seit 1978.

Seitdem ist sehr vieles nicht passiert.

Aber die Welt hat sich gewaltig verändert.

Das kann man eben gerade

an der Frage der Partizipation von Frauen erkennen.

Nein, es ist da sehr viel passiert.

Und gerade der Papst hat sehr viele Themen aufgewirbelt,

aber er hat sie nicht in eine rechtliche Kodifizierung gebracht.

Das heißt, die Fragen liegen auf dem Tisch.

Sie werden intensiv diskutiert, aber sie sind nicht so weit gebracht

und soweit geführt,

dass sie wirklich zu einem rechtlichen Ergebnis kommen.

Aber ich bin sicher, dass das, was da angestoßen ist,

auch mit vielen Erklärungen und Responsen und wie das alles heißt,

seiner Dikasterien nicht ausgehebelt werden kann.

Nun hat ja ein solcher Rücktritt heute, um auf den konkret

noch mal zu kommen, auch auf Kardinal Marx,

schon auch eine politische Wirkung.

Man könnte das auch interpretieren

als einen sehr ausgestreckten Zeigefinger Richtung Köln,

wo sich Kardinal Woelki an sein Amt, Kritiker sagen, klammert.

Ja, ich meine, das hat mich eben mit ganz großem Respekt erfüllt,

wie Reinhard Marx hier wirklich Verantwortung übernimmt,

Verantwortung übernimmt für ein Institutionenversagen,

gar nicht mal die Frage nach persönlicher Schuld,

sondern die Frage danach, ob man Verantwortung hat

für eine Institution.

Und das ist ein starkes Zeichen.

Einmal an die Betroffenen, die Betroffenen,

die auf so ein Zeichen lange gewartet haben.

Und es ist ein Zeichen auch an die anderen Bischöfe.

So ganz singulär ist das nicht.

2018 bot die gesamte chilenische Bischofskonferenz, über 30 Bischöfe,

ihren Rücktritt an.

Erwarten Sie so etwas auch in Deutschland

von der Deutschen Bischofskonferenz,

dass mal die gesamte Bischofskonferenz sagt,

okay, Kardinal Marx ist für uns jetzt ein Vorbild.

Wir bieten jetzt mal alle unseren Rücktritt an?

Man muss allerdings auch einmal durchspielen,

was das eigentlich bedeutet.

Ein Rücktritt ist ein starkes Zeichen.

Ganz ohne Frage, ist ein Signal,

zeigt auch hier einen sensiblen Menschen hinter dem Amt,

zeigt Verantwortungsübernahme.

Aber andererseits ist ein Rücktritt noch keine Lösung.

Denn auch der Rücktritt heißt nicht, dass deshalb alles besser wird,

alles anders wird und deshalb die Aufarbeitung

besser funktionieren würde, als sie jetzt

in einigen Bistümern eben schleppend verläuft.

Herr Sternberg, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch.

Ich hätte jetzt gern noch ein paar Minuten länger

über viele andere Aspekte, die damit verbunden sind, gesprochen.

Und wir sind schon am Ende unserer Zeit.

Das Interview haben wir aus Termingründen am Abend aufgezeichnet.

Nachher im heute journal up:date

gibt es ein Gespräch mit einem Mitglied des Betroffenenbeirats

im Erzbistum Köln.

Zum Rücktritt von Kardinal Marx

nun ein Kommentar vom Chefredakteur des ZDF, Peter Frey.

Endlich, endlich

zieht ein Schwergewicht der Katholischen Kirche Konsequenzen.

Konsequenzen aus einem Missbrauchsskandal,

der auch nach elf Jahren nicht umfassend aufgeklärt ist.

Konsequenzen aus systemischem Versagen der Institution Kirche,

der es mehr um den Schutz ihrer selbst als um die Opfer geht.

Marx resigniert.

Es ist ein bitterer Schlussstrich,

gerade für einen, der im Gegensatz zu vielen Bischöfen

den Dialog mit der Gesellschaft suchte,

auf Augenhöhe mit den Protestanten für die Ökumene stritt.

Seine Entscheidung ist ein Plädoyer, die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle

jetzt wirklich unabhängigen Expert*innen zu überlassen

und nicht denen, die die Hand auf Akten und Archive halten.

Marx ist nicht irgendein Kirchenmann.

Er ist Berater des Papstes, mit unmittelbarem Zugang zu Franziskus.

Marx scheitert nicht nur an sich, seinen Amtsbrüdern,

der Kirche in Deutschland.

Er scheitert auch an der Römischen Kirche.

Auch an einem Papst, der zwar ein Meister eindrucksvoller Gesten ist,

aber strukturellen Reformen ausweicht.

Das jüngste Dekret gegen die Segnung homosexueller Paare

zeigte einmal mehr,

wie auch bei Franziskus Worte und Taten auseinanderklaffen.

Der Kardinal klagt an:

So wie sie ist, kann die Kirche nicht bleiben.

Sie muss demütiger und demokratischer,

weniger klerikal und weiblicher werden.

Unübersehbar zeigt Marx heute v.a. in Richtung Köln.

Sein Amtsbruder, Rainer Kardinal Woelki, klebt am Amt,

obwohl ihm seine eigenen Priester das Misstrauen erklären

und zehntausende Kirchenmitglieder

im einst fromm-fröhlichen Rheinland empört austreten.

Marx' Rücktrittsgesuch ist bitter, es ist schmerzhaft.

Aber es war notwendig und womöglich stellen sich

auch an seine Amtsführung noch bittere Fragen.

"Folget mir nach", heißt es in der Bibel.

Um die Kirche zu retten, sind nicht nur tiefgreifende Reformen,

sondern wirkliche Rücktritte nötig.

Peter Frey kommentierte.

Vom Katholizismus zum heutigen Treffen der G7-Finanzminister

zu kommen, könnte ein harter Bruch sein.

Aber kein Thema, zu dem die Bibel nicht etwas bieten könnte:

Für das jetzt folgende etwa der Brief des Paulus an die Römer:

"Das ist auch der Grund, weshalb ihr Steuern zahlt.

Denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben."

Gut, das mag vielleicht nicht jeder so sehen,

aber zumindest eine Form der Steuervermeidung

ist seit langem ein internationales Ärgernis:

nämlich die Art und Weise, wie große Konzerne

geschickt über den Globus tingeln, um ihre Gewinne dort zu versteuern,

wo die Sätze am niedrigsten sind.

Eine Strategie, zu der diverse Staaten ja auch einladen

mit ihrem Steuerdumping.

Der Versuch, dem mit einer globalen Mindeststeuer entgegenzuwirken,

war in der Vergangenheit immer wieder gescheitert.

Doch im Moment stehen die Chancen dafür erstmals recht gut.

Andreas Stamm berichtet.

Mit prall gefüllter Ledertasche

kommt der Bundesfinanzminister in London an.

Der Inhalt, verspricht er, könne gar die Welt verändern.

Die Finanzminister der führenden Industrienationen

wollen ein gerechteres internationales Steuersystem.

Seit Jahrzehnten diskutiert,

sei eine Einigung in London zum Greifen nah.

Wir können nicht mehr auf ein Steuersystem setzen,

das zu großen Teilen aus den 1920er Jahren stammt.

Die Welt schaut auf uns und hat dabei hohe Erwartungen.

Global agierende Unternehmen, die Milliarden verdienen,

aber kaum Steuern zahlen.

Länder, die sich Firmen anbiedern mit Niedrigsteuersätzen.

Mithelfen, dass Gewinne verschoben und kleingerechnet werden können.

Dass Gewinne nicht im Land versteuert werden,

wo sie erwirtschaftet werden.

All das solle enden.

Künftig soll eine globale Mindeststeuer gezahlt werden,

in Höhe von mindestens 15 %,

auf sämtliche Unternehmens- gewinne weltweit.

D.h., wenn beispielsweise ein deutsches Unternehmen im Ausland,

etwa den Niederlanden, nur 1 % auf seine Gewinne entrichtet,

fordert der deutsche Fiskus die restlichen 14 % ein.

Gewinne verschieben in Steueroasen würde unattraktiv.

Viele Bürger*innen, viele Handwerker*innen,

kleine Unternehmen haben sich immer darüber beklagt,

dass sie Steuern zahlen, aber ganz große Unternehmen

Wege finden, sich dem irgendwie zu entziehen.

Deshalb ist es auch eine Sache,

die für die innere Gerechtigkeit unseres Landes,

die für den Zusammenhalt in unserem Land wichtig ist:

Dass wir es hier über eine inter- nationale Vereinbarung schaffen,

dass es mit dieser Art und Weise nicht mehr weitergeht.

V.a. in den USA galten Steuererhöhungen für Unternehmen

lange als Gift für die Wirtschaft.

Doch nun suchen alle Finanzminister nach Einnahmequellen,

um riesige, pandemie-bedingte Haushaltslöcher zu stopfen.

Schon innerhalb der EU droht Streit.

Irland, die Niederlande oder Luxemburg

profitieren vom alten System.

Doch nun, wo die Mächtigste in der Runde, US-Finanzministerin Yellen,

im Camp der Reformer sei, sei die Zeit der Bremser abgelaufen.

Ich kann die Schwierigkeiten

der Iren oder anderer in Europa verstehen.

Aber der internationale Wille ist überwältigend.

Die G7 scheinen sich einig.

Es herrscht Zuversicht, dass man im Juli die G20 überzeugen kann.

Globale Rivalen wie China oder Indien.

Und am Ende 140 Länder mitmachen.

Doch der Teufel steckt im Detail.

Bis die ausgehandelt sind, dürften Jahre vergehen.

Jetzt erst mal die Nachrichten von Heinz Wolf.

Zunächst zur aktuellen Corona-Lage.

Wobei das Robert Koch-Institut darauf hinweist,

dass gestern in mehreren Bundesländern Feiertag war

und sich das auf die Zahlen auswirken kann.

Das RKI verzeichnete 3.165 Neuinfektionen innerhalb eines Tages.

4.215 weniger als vergangenen Freitag.

86 weitere Menschen starben an oder mit dem Virus.

Die bundesweite Inzidenz sinkt wieder - auf 29,7.

Das ist der niedrigste Wert seit Mitte Oktober.

In immer mehr Bundesländern gibt es weitere Lockerungen.

In Berlin und Hamburg darf von heute an

die Innengastronomie wieder aufmachen, unter Auflagen.

Ab Montag gilt das auch in Bayern.

Dort gab Ministerpräsident Söder außerdem bekannt,

dass bei den Spielen der Fußball-EM in München bis zu 20 % der Zuschauer

im Stadion zugelassen werden sollen.

Das wären jeweils rund 14.000 Zuschauer.

Und in Mecklenburg-Vorpommern können ab heute wieder

Touristen aus ganz Deutschland Urlaub machen.

Voraussetzung: ein aktueller negativer Corona-Test.

Union und SPD haben sich auf eine Kandidatin

für das neue Amt der Bundesbeauftragten

für die Opfer der SED-Diktatur geeinigt.

Es ist die frühere DDR-Oppositionelle Evelyn Zupke.

Das Amt entsteht im Zuge der Neuorganisation

des Stasi-Unterlagenarchivs,

das am 17. Juni in das Bundesarchiv eingegliedert wird.

Präsident Putin hat auf einem Wirtschaftsgipfel

im russischen St. Petersburg angekündigt,

die Gaspipeline Nord Stream 2 könne in zwei Monaten fertiggestellt sein.

Von russischer Seite seien die Arbeiten

am ersten Strang beendet, so Putin.

Mit insgesamt zwei Ostseeröhren soll deutlich mehr

russisches Erdgas als bisher nach Deutschland geliefert werden.

Das Projekt Nord Stream 2 wird innerhalb der EU,

aber auch von den USA kritisiert.

Ein vom belarussischen Staatsfernsehen ausgestrahltes Video,

in dem der inhaftierte Blogger Roman Protasewitsch

Reue für seine oppositionellen Aktivitäten und Bewunderung

für Machthaber Lukaschenko äußert, hat Empörung ausgelöst.

Die ins Ausland geflohene

Oppositionsführerin Tichanowskaja sagte,

mit Blick auch auf andere Geständnisvideos aus der Haft,

dass diejenigen unter Druck gesetzt und gefoltert würden.

Die Bundesregierung erklärte,

die belarussische Führung zeige noch mal

ihre ganze Demokratieverachtung und auch Menschenverachtung.

Nach der Festnahme Protasewitschs verhängte die EU Sanktionen:

So dürfen von Samstag an keine Fluggesellschaften aus Belarus

in den Luftraum der EU fliegen.

Das wird Diktator Lukaschenko mutmaßlich wenig beeindrucken,

solange Wladimir Putins Russland fest an seiner Seite steht.

Und darauf ist Verlass,

außer der Westen würde Putin mit Sanktionen so weh tun,

dass ihm sein eigenes Hemd dann doch näher wäre als die Lumpen in Minsk.

Die Art und Weise, wie in Belarus die Opposition niedergeschlagen wird,

hat viele brutale Vorbilder.

Zu den heftigsten Beispielen der Nachkriegszeit gehört,

wie die Kommunistische Partei Chinas die Studentenproteste

auf dem Platz des Himmlischen Friedens niederwalzen ließ.

Die Bilder von 1989 gingen um die Welt

und brannten sich ins Weltgedächtnis ein.

Auf den Tag 32 Jahre ist das nun her.

Nichts ist seitdem politisch besser geworden in China, im Gegenteil,

und das Massaker bleibt ein Tabu.

Ulf Röller berichtet.

Es scheint ein ganz normaler Tag

auf dem "Platz des Himmlischen Friedens" zu sein.

Aber wir müssen aus dem Auto filmen,

denn Chinas Machthaber wollen keine Berichte über den 4. Juni,

dem Tag des Massakers.

Maos Nachfolger wollen diesen Tag der Schande

aus dem Gedächtnis des Volkes tilgen.

Erinnern ist gefährlich.

Ich habe davon gehört.

Aber in den Geschichtsbüchern finden Sie dazu nichts.

Dies ist die Realität.

Wenn wir ein Bier trinken würden,

dann könnten wir heimlich über diesen Tag reden.

Aber vor der Kamera traue ich mich nicht.

Hong Kong war in den letzten Jahren der einzige Ort in China,

an dem die Menschen den tausenden Opfern gedenken konnten.

Doch auch hier will Peking die Erin- nerungskultur endgültig auslöschen.

Schon am Morgen nimmt die Hongkonger Polizei

die bekannte Demokratie-Aktivistin Chow Hang Tung fest.

Sie hatte angekündigt, zu protestieren.

Hongkongs Machthaber warnen ihre eigenen Bürger.

Jeder, der sich heute versammelt, verstößt gegen unseren Erlass.

Es droht eine Freiheitsstraße bis zu fünf Jahren.

Die Stadt ist voller Polizei,

die die Bürger beobachtet und durchsucht.

Der Victoria Park ist bereits abgeriegelt:

Dort wollen sich eigentlich die Demonstranten am Abend treffen.

Kacey Wong hat immer wieder für Hongkongs Freiheit gekämpft.

Aber diesmal hat er sich einen leisen Protest ausgedacht:

ein Sack voller Kerzenstummel.

Die Kerzen brannten bei den letzten Demonstrationen.

Jeder, der will, kann sich eine nehmen.

Jede dieser Kerzen steht für Hoffnung, Frieden und Demokratie.

Deshalb sind sie eine Gefahr für das tyrannische Regime.

Am Abend brennen die Kerzen der Erinnerung und Freiheit.

Leise protestieren mutige Bürger.

Sie hoffen, so ein Zeichen zu setzen an die Welt,

Hongkong nicht zu vergessen.

Sie bewegen sich, weil Versammlungen verboten sind.

Der Polizei bleibt nur, die Kerzen abzuräumen.

Auch ohne Gedenkfeier können wir uns erinnern.

Die Massenproteste in Hongkong sind lange vorbei.

Man muss genau hinsehen,

um den Kampf gegen das Vergessen und für die Freiheit zu sehen.

Peking will, dass wir wegschauen.

China ist übrigens auch ein Land, in dem man lernen kann, was passiert,

wenn es keine Bienen mehr gibt.

In der Region Sechuan, wo die größten Obstplantagen des Landes liegen,

mussten in den 80er und 90er Jahren

Menschen die Bäume von Hand bestäuben.

Wegen der vielen Pestizide ließen Imker ihre Bienen

dort nicht mehr fliegen.

Und andere Insekten waren abgetötet.

Wie wichtig Insekten für Welternährung und Artenvielfalt sind,

ist eigentlich längst bekannt.

Trotzdem tut sich auch Deutschland mit ihrem Schutz schwer.

Um das Insektenschutzgesetz wird weiterhin hart gerungen.

Private Initiativen allein, wie zum Beispiel die heute wieder

startende deutschlandweite Insektenzähl-Aktion,

werden das Problem nicht lösen können.

Malin Ihlau über fleißige Bestäuber und blühende Landschaften.

Sie wollen unbedingt etwas tun:

Eine Fläche für Insekten soll hier entstehen.

Auf diesem Stück brauner Erde legen sie Blühwiesen an,

vergeben Blühpatenschaften.

Lara Boye hat zusammen mit zwei jungen Landwirten

das Unternehmen “Artenglück“ gegründet.

Die Motivation war, dass wir etwas für den Naturschutz tun,

uns engagieren, weil wir gemerkt haben, dass man mit kleinen Mitteln

wie Blühmischungen aussäen und tolle neue Lebensräume schaffen,

schon ganz viel erreichen kann.

Weil das Insektensterben immer weiter vorangetrieben wurde

in den letzten Jahrzehnten.

Für 5,7 Hektar Fläche, das sind rund acht Fußballfelder,

konnte das Trio bisher Blühpaten gewinnen.

Die Äcker pachten sie von anderen Bauern aus der Gegend.

Für die jüngere Generation der Landwirte

ist Naturschutz ein großes Thema.

Die Landwirtschaft steht oft in der Kritik,

sie würde nichts für den Naturschutz tun.

Das ist einfach nicht so, denn moderne Landwirtschaft

geht nur zusammen mit Naturschutz und Nachhaltigkeit.

Bundesweit ein Trend: Blühpaten- schaften, Acker-Onlineshopping.

Jeder interessierte Bürger kann Land auf Zeit pachten,

für einen Monat oder für Jahre.

Land, auf das der Landwirt im Frühjahr Blumen für Bienen anlegt.

An sich sind diese Blühpatenschaften eine sehr gute Sache.

V.a. ist schön, dass so Landwirt*innen und Privatpersonen

mit dem Naturschutz kooperieren und etwas für den Insektenschutz tun.

In weiten Teilen Deutschlands

ist die Biomasse aller fliegenden Insekten laut einer Studie

in den letzten drei Jahrzehnten um 76 % zurückgegangen.

Ursachen sind Nahrungsmangel,

monoton genutzte Flächen in der Agrarlandschaft

und Einsatz von Pestiziden.

Die Landwirte hätten dazugelernt, betont der Deutsche Bauernverband.

Wir deutschen Bauern haben auf 230 km Länge

fünf Meter breit Blühstreifen angesät.

Wir machen viel.

Verglichen mit anderen Regionen in Europa,

sind wir da ganz vorne dabei.

Landwirt Bernd Pieper

betreibt Blühpatenschaften und Blühlandschaften im großen Stil.

25 Fußballfelder ganz im Norden, im Emsland begrünt er.

Seine Beobachtung: Die Tiere holen sich die Fläche sofort zurück.

Wenn man im Sommer dreißig, vierzig Schmetterlinge auf einmal sieht,

die über eine kleine Fläche fliegen,

was ich zuletzt als Kind gesehen habe, ist das beeindruckend

und erfüllt einen, diese Aktion weiterzumachen.

Allein von der Landwirtschaft leben kann er nicht.

Pieper ist von Beruf Grafikdesigner.

Die Blühpatenschaften

macht er aus Überzeugung für die Erhaltung der Artenvielfalt.

Mensch und Umwelt - damit geht's jetzt auch bei Heinz weiter.

Die Spritpreise sind in diesen Tagen erneut in der Diskussion.

In der Berliner Politik wird kontrovers debattiert,

um wie viel bzw. wie schnell sie

im Zuge der neuen CO2-Bepreisung steigen sollen.

Frank Bethmann, worum geht es in der Diskussion?

Was schlägt bei den Spritpreisen wie zu Buche?

Es ist halt nicht nur das Rohöl, das den Preis bestimmt.

Im Gegenteil, überwiegend zahlt man an der Zapfsäule Steuern.

Und seit diesem Jahr kommt noch eine Abgabe dazu:

Das klimaschädliche CO2 hat einen Preis bekommen,

um eben einen sparsameren Verbrauch attraktiv zu machen.

Wenn man jetzt auf den Preis an der Zapfsäule schaut,

ist eben nicht nur jene Abgabe neu dazugekommen.

Auch die reduzierte Mehrwertsteuer wurde wieder angehoben, um 3 %.

Und da die Weltkonjunktur anspringt, steigt auch der Rohölpreis

seit Jahresanfang wieder kräftig, um 38 %.

Gleich mehrere Effekte also machen das Benzin teurer.

Ob zu teuer, darüber lässt sich trefflich streiten.

Doch die CO2-Abgabe beim Tanken ist gewollt

und wird sogar noch weiter steigen in den nächsten Jahren.

So ist es parteiübergreifend beschlossen.

Zur Wahrheit aber gehört auch, dass es Entlastungen gibt,

damit Mobilität bezahlbar bleibt.

Etwa die Senkung der EEG-Umlage und damit des Strompreises,

mehr Wohngeld, eine höhere Entfernungspauschale

und eine Mobilitätsprämie für Geringverdiener.

Das sind die Fakten.

Der Spritpreis ist eben populär genug,

um damit Wahlkampf zu betreiben.

Auch deswegen wird über ihn jetzt hitzig debattiert.

Dabei geht fast unter,

dass der DAX heute wieder ein neues Rekordhoch markierte

und am Ende nur knapp unterhalb von 15.700 Punkten schloss.

Es ziehen weiter teils heftige Gewitter

über verschiedene Regionen Deutschlands.

Es gibt auch Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes

vor schweren Gewittern mit heftigem Starkregen und Hagel,

aktuell für den Südwesten Baden-Württembergs.

Mehr dazu auch gleich von Katja Horneffer im Wetterbericht.

Die Handballer des TBV Lemgo Lippe haben den DHB-Pokal gewonnen -

mit einem 28:24-Sieg gegen die MT Melsungen im Finale der DHB-Endrunde.

Alexander Zverev steht bei den French Open im Achtelfinale.

Er gewann sein Drittrundenspiel

gegen den Serben Laslo Djere in drei Sätzen.

Bei den Finals, den deutschen Meisterschaften in 18 Sportarten,

war heute Tag 2 - und da gab es auch einen neuen deutschen Rekord

durch Schwimmerin Anna Elendt.

Die Frankfurterin verbessert den zwölf Jahre alten Deutschen Rekord

über 100 Meter Brust.

Mit einer Minute und sechseinhalb Sekunden

ist sie eine halbe Sekunde schneller als Sarah Poewe

bei der WM in Rom 2009.

Elendt wird Deutsche Meisterin vor Julia Titze, München,

und Bente Fischer, Neckarsulm.

Rekord-Europameister Patrick Hausding

verpatzt beim Synchronspringen

mit Partner Lars Rüdiger beinahe die Olympiateilnahme.

Beim dreieinhalb Auerbachsalto geht der Halt verloren.

Nur Platz drei für die Favoriten.

Die Gesamtpunktzahl reicht am Ende dennoch für Olympia.

Und jetzt zum Schluss gibt's Musik,

und am besten drehen Sie gleich den Fernseher noch etwas lauter.

Denn Beethoven verträgt das.

Er fiel ja auch der Pandemie zum Opfer:

Das Beethoven-Jahr zu seinem 250. Geburtstag

konnte nicht wirklich gefeiert werden.

Das wird jetzt umso leidenschaftlicher nachgeholt,

an diesem Sonntag.

Mit einem gesamteuropäischen Großprojekt:

Arte sendet Beethovens Symphonien live aus neun europäischen Städten,

neun Stunden lang.

Barbara Lueg gibt schon mal einen Vorgeschmack auf das,

was da geboten wird.

Diese weltberühmten Töne

und ihr umtriebiger Komponist im Chaos.

Vier Töne, so schlicht und doch so unübertroffen.

Beethovens Fünfte ist nur eine von neun Sinfonien voller Strahlkraft,

Schrecken, Sehnsucht, Hingabe.

Sie sind ein Gesamtkunstwerk von der ersten bis zur letzten Sinfonie,

das nie langweilig wird zu spielen.

Man kann sehen,

wie sich Beethoven als Komponist und Mensch entwickelt hat.

Seine Geburtsstadt Bonn macht sich bereit -

und der Cellist probt schon mal für das große Spektakel am Sonntag.

Bonn ist der Auftakt für diese musikalische Reise.

Neun Sinfonien hintereinander in neun europäischen Städten,

darunter Helsinki, Prag, Dublin und das antike Theater in Delphi.

Dort liegt Sasha Waltz gerade auf den warmen Steinen

und dirigiert die Szenerie.

Die Choreographin wird hier die 7. Sinfonie tänzerisch befeuern.

Die Musik von Beethoven ist natürlich unglaublich dynamisch.

Und es fordert auf, aufzuspringen

und sofort die Emotion in Bewegung umzusetzen.

Doch seine Noten verströmen auch die Kämpfe, das Hadern,

die maßlose Verzweiflung über den Verlust seines Gehörs.

Die Sinfonien entstehen in Jahren zunehmender Taubheit.

Aber Beethoven kann die Kraft des Klangs innerlich hören.

Heute Morgen in Wien:

letzte Proben für die legendäre Neunte.

Die Hymne soll diesmal zeigen: Die Kultur ist wieder da.

Starsopranistin Camilla Nylund wird im großen Finale singen.

Es ist ein sehr tolles Zeichen, dass wir durch die Neunte,

durch diese Musik, die eigentlich Verbrüderung ausspricht,

dass das wieder auch wichtig sein wird.

Und so werden sie am Sonntag ein starkes Signal senden

für Hoffnung, Freiheit und ja - das Leben selbst.

♪ Ode an die Freude ♪

Der Livestream und später die einzelnen Konzert-Videos

sind übrigens auch über die ZDF-Mediathek abrufbar.

Jetzt geht's hier aber erstmal mit der heute-show weiter.

Um 23.55 Uhr gibt es dann unser heute journal up:date mit Nazan Gökdemir.

Uns gibt's morgen wieder, auf Wiedersehen.

* technischer Fehler *

heute journal vom 04.06.2021 - Toter Punkt - Kardinal bietet Rücktritt an, Globale Steuer - G7 wollen mehr Gerechtigkeit heute journal vom 04.06.2021 - Dead point - Cardinal offers resignation, Global tax - G7 want more justice

Diese Untertitel sind live produziert.

Guten Abend.

"Wir sind trotz aller Rechtgläubigkeit

an einem toten Punkt".

Das schrieb der von den Nazis 1945 hingerichtete Jesuitenpater

Alfred Delp, als er bereits im Gefängnis saß.

Er sorgte sich um die Zukunft der Kirchen,

sie stünden sich selbst im Wege.

Dass die Katholische Kirche "an einem toten Punkt" sei,

dieses Zitat verwendet nun auch Kardinal Reinhard Marx

in seinem Rücktrittsgesuch an den Papst.

Dass Franziskus die Veröffentlichung dieses Briefes überhaupt erlaubt,

bevor er die Zukunft des deutschen Bischofs entschieden hat,

ist an sich schon bemerkenswert.

Beide, Papst und Kardinal, wissen,

dass das weit über Deutschland hinaus hohe Wellen schlagen wird.

Aber mit welchem Nachhall?

Dazu gleich ein Gespräch.

Doch zunächst zeichnet Stefan Leifert die Ereignisse dieses Tages nach.

Er kommt alleine, und er redet frei.

Nur ein kleines Zettelchen mit Stichworten

braucht Münchens Kardinal,

als er zum wohl wuchtigsten Statement seiner Laufbahn ausholt.

Reinhard Marx will zurücktreten und Verantwortung übernehmen:

für seine Schuld, für die anderer, für das Versagen der ganzen Kirche.

Es geht für mich im Kern darum, auch Mitverantwortung zu übernehmen,

für das, was in der Kirche geschehen ist.

Im Raum der Kirche, der ein Raum der Heilung sein soll,

der Hoffnung sein soll, der Zuversicht sein soll.

Und das Erschrecken darüber, dass auch im Raum der Kirche

in diesem Umfang sexueller Missbrauch stattgefunden hat,

begleitet uns ja seit 2010.

Schon vor zwei Wochen hatte Marx in einem Brief

dem Papst seinen Rücktritt angeboten.

Es ist ein Dokument des tiefen Frusts über die Kirche

und die gescheiterte Missbrauchsaufarbeitung:

seine eigene genauso wie die anderer.

Es kann ja nicht sein, dass ich zufrieden bin, damit,

dass mir persönlich vielleicht nichts oder nur wenig

nachgewiesen wird, juristisch.

Sondern: Wer übernimmt die Verantwortung

für das Ganze, der Kirche?

Das Rücktrittsangebot ist Niederlage und Schuldeingeständnis zugleich.

Marx versuchte sich lange als Aufklärer,

wurde aber nie den Vorwurf los,

selbst auch in Schuld und Fehler verstrickt zu sein.

Ich habe Kontakt mit Betroffenen aus dem Bistum Trier.

Was die mir sagen, was ihnen passiert ist

mit dem Bischof von Trier, der damals Marx hieß,

muss ich ganz klar sagen:

Hier tritt mit Sicherheit nicht der Falsche zurück.

Marx' Rücktritt ist mehr als

der Rücktritt eines Münchner Kirchenmannes.

Sein Schritt ist auch unausgesprochener Appell

an den Mitbruder in Köln: Kardinal Woelki.

Als ich das erste Mal gelesen hab,

dass Kardinal Marx seinen Rücktritt angeboten hat,

hab ich mich natürlich gefragt,

ob der Richtige seinen Rücktritt angeboten hat.

Woelki gerät damit unter großen Druck, es Marx gleichzutun.

Doch dass Woelki damit davon kommt, ist unwahrscheinlich.

Mit dem Druck von außen wird auch in der Bischofskonferenz

der Machtkampf immer härter.

Wie eine Front stellen sich immer mehr Mitbrüder gegen Woelki.

Selbst der Vorsitzende demontiert Kölns Kardinal heute unverblümt.

Was Köln betrifft, Kardinal Marx hat eine

sehr souveräne Entscheidung getroffen.

Dazu braucht man menschlichen Stand,

dazu muss man auch geistlich in der Lage sein.

Ich glaube, der Zeitpunkt solcher Souveränität

ist in Köln überschritten.

Erstmals tritt mit Münchens Kardinal

ein Bischof im Zuge des Missbrauchsskandals zurück.

Es könnte erst der Beginn eines großen Kirchenbebens sein.

Darüber wollen wir mit Thomas Sternberg sprechen,

den Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Guten Abend, Herr Sternberg.

Guten Abend, Frau Slomka.

Das sind ja schon auch ziemlich dramatisch Formulierungen,

die Kardinal Marx gewählt hat.

Auch so dieses historische Zitat wir sind an einem "toten Punkt".

Und er hofft auf einen Wendepunkt.

Woraus kann denn jetzt konkret ein solcher Wendepunkt bestehen?

Also, was kann das bewirken? Haben sie Erwartungen?

Ja, eine Erwartung habe ich, und die formuliert Reinhard Marx

auch sehr deutlich,

dass dieser Wendepunkt, das ist das, was der Papst in seinem Schreiben

an die Gläubigen in Deutschland "Zeitenwende" nennt,

dass das jetzt wirklich ernst und wahrgenommen wird

als eine ganz wichtige Aufforderung zu grundsätzlichen Reformen

im Arbeiten an den systemischen Ursachen daran,

was überhaupt Missbrauch in der Kirche möglich machte.

Was ist das für Sie zum Beispiel?

Was wäre eine solche grundsätzliche systemische Änderung?

Das sind die Themen, die wir im synodalen Weg bearbeiten.

Das ist einmal die Frage von Machtunterschieden

und Machtmissbrauch - das ist immer bei sexualisierter Gewalt,

es geht immer um Macht und Machtverhältnisse.

Dann die Frage nach einer Sexualmoral,

die nicht mehr verstanden wird und die sich längst überlebt hat.

Dann das Thema der priesterlichen Lebensform - das ist weit mehr

als Zölibat.

Und schließlich das Thema, die Rolle der Frau in der Kirche.

Wenn wir da jetzt schon so direkt ans Eingemachte gehen, sozusagen,

muss man dazu sagen, das hat der Vatikan,

hat auch Papst Franziskus eigentlich bisher eher verhindert,

dass da große Reformen hier in diesem synodalen Weg

in Deutschland entwickelt werden.

Also z.b. Weihe von Frauen, das ist jetzt ein Straftatbestand.

Beim Stichwort Homosexualität ist man auch nicht weiter.

Da hat der Papst auch gebremst.

Also, einerseits eine Zeitenwende fordern,

aber andererseits die eigentlich nicht wollen?

Ich glaube, das das so nicht ganz stimmt,

denn wir hatten tatsächlich, wir haben,

eines unserer Probleme ist, dass wir einen Reformstau

in unserer Kirche haben, seit 1978.

Seitdem ist sehr vieles nicht passiert.

Aber die Welt hat sich gewaltig verändert.

Das kann man eben gerade

an der Frage der Partizipation von Frauen erkennen.

Nein, es ist da sehr viel passiert.

Und gerade der Papst hat sehr viele Themen aufgewirbelt,

aber er hat sie nicht in eine rechtliche Kodifizierung gebracht.

Das heißt, die Fragen liegen auf dem Tisch.

Sie werden intensiv diskutiert, aber sie sind nicht so weit gebracht

und soweit geführt,

dass sie wirklich zu einem rechtlichen Ergebnis kommen.

Aber ich bin sicher, dass das, was da angestoßen ist,

auch mit vielen Erklärungen und Responsen und wie das alles heißt,

seiner Dikasterien nicht ausgehebelt werden kann.

Nun hat ja ein solcher Rücktritt heute, um auf den konkret

noch mal zu kommen, auch auf Kardinal Marx,

schon auch eine politische Wirkung.

Man könnte das auch interpretieren

als einen sehr ausgestreckten Zeigefinger Richtung Köln,

wo sich Kardinal Woelki an sein Amt, Kritiker sagen, klammert.

Ja, ich meine, das hat mich eben mit ganz großem Respekt erfüllt,

wie Reinhard Marx hier wirklich Verantwortung übernimmt,

Verantwortung übernimmt für ein Institutionenversagen,

gar nicht mal die Frage nach persönlicher Schuld,

sondern die Frage danach, ob man Verantwortung hat

für eine Institution.

Und das ist ein starkes Zeichen.

Einmal an die Betroffenen, die Betroffenen,

die auf so ein Zeichen lange gewartet haben.

Und es ist ein Zeichen auch an die anderen Bischöfe.

So ganz singulär ist das nicht.

2018 bot die gesamte chilenische Bischofskonferenz, über 30 Bischöfe,

ihren Rücktritt an.

Erwarten Sie so etwas auch in Deutschland

von der Deutschen Bischofskonferenz,

dass mal die gesamte Bischofskonferenz sagt,

okay, Kardinal Marx ist für uns jetzt ein Vorbild.

Wir bieten jetzt mal alle unseren Rücktritt an?

Man muss allerdings auch einmal durchspielen,

was das eigentlich bedeutet.

Ein Rücktritt ist ein starkes Zeichen.

Ganz ohne Frage, ist ein Signal,

zeigt auch hier einen sensiblen Menschen hinter dem Amt,

zeigt Verantwortungsübernahme.

Aber andererseits ist ein Rücktritt noch keine Lösung.

Denn auch der Rücktritt heißt nicht, dass deshalb alles besser wird,

alles anders wird und deshalb die Aufarbeitung

besser funktionieren würde, als sie jetzt

in einigen Bistümern eben schleppend verläuft.

Herr Sternberg, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch.

Ich hätte jetzt gern noch ein paar Minuten länger

über viele andere Aspekte, die damit verbunden sind, gesprochen.

Und wir sind schon am Ende unserer Zeit.

Das Interview haben wir aus Termingründen am Abend aufgezeichnet.

Nachher im heute journal up:date

gibt es ein Gespräch mit einem Mitglied des Betroffenenbeirats there is an interview with a member of the Advisory Board

im Erzbistum Köln.

Zum Rücktritt von Kardinal Marx

nun ein Kommentar vom Chefredakteur des ZDF, Peter Frey.

Endlich, endlich

zieht ein Schwergewicht der Katholischen Kirche Konsequenzen.

Konsequenzen aus einem Missbrauchsskandal,

der auch nach elf Jahren nicht umfassend aufgeklärt ist.

Konsequenzen aus systemischem Versagen der Institution Kirche,

der es mehr um den Schutz ihrer selbst als um die Opfer geht.

Marx resigniert.

Es ist ein bitterer Schlussstrich,

gerade für einen, der im Gegensatz zu vielen Bischöfen

den Dialog mit der Gesellschaft suchte,

auf Augenhöhe mit den Protestanten für die Ökumene stritt.

Seine Entscheidung ist ein Plädoyer, die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle

jetzt wirklich unabhängigen Expert*innen zu überlassen

und nicht denen, die die Hand auf Akten und Archive halten.

Marx ist nicht irgendein Kirchenmann.

Er ist Berater des Papstes, mit unmittelbarem Zugang zu Franziskus.

Marx scheitert nicht nur an sich, seinen Amtsbrüdern, Marx fails not only because of himself, his colleagues in office,

der Kirche in Deutschland.

Er scheitert auch an der Römischen Kirche.

Auch an einem Papst, der zwar ein Meister eindrucksvoller Gesten ist,

aber strukturellen Reformen ausweicht.

Das jüngste Dekret gegen die Segnung homosexueller Paare

zeigte einmal mehr,

wie auch bei Franziskus Worte und Taten auseinanderklaffen.

Der Kardinal klagt an:

So wie sie ist, kann die Kirche nicht bleiben.

Sie muss demütiger und demokratischer,

weniger klerikal und weiblicher werden.

Unübersehbar zeigt Marx heute v.a. in Richtung Köln.

Sein Amtsbruder, Rainer Kardinal Woelki, klebt am Amt,

obwohl ihm seine eigenen Priester das Misstrauen erklären

und zehntausende Kirchenmitglieder

im einst fromm-fröhlichen Rheinland empört austreten.

Marx' Rücktrittsgesuch ist bitter, es ist schmerzhaft.

Aber es war notwendig und womöglich stellen sich

auch an seine Amtsführung noch bittere Fragen.

"Folget mir nach", heißt es in der Bibel. "Follow me," says the Bible.

Um die Kirche zu retten, sind nicht nur tiefgreifende Reformen,

sondern wirkliche Rücktritte nötig.

Peter Frey kommentierte.

Vom Katholizismus zum heutigen Treffen der G7-Finanzminister

zu kommen, könnte ein harter Bruch sein.

Aber kein Thema, zu dem die Bibel nicht etwas bieten könnte:

Für das jetzt folgende etwa der Brief des Paulus an die Römer:

"Das ist auch der Grund, weshalb ihr Steuern zahlt.

Denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben."

Gut, das mag vielleicht nicht jeder so sehen,

aber zumindest eine Form der Steuervermeidung

ist seit langem ein internationales Ärgernis:

nämlich die Art und Weise, wie große Konzerne

geschickt über den Globus tingeln, um ihre Gewinne dort zu versteuern, skilfully trundle across the globe to tax their profits there,

wo die Sätze am niedrigsten sind.

Eine Strategie, zu der diverse Staaten ja auch einladen

mit ihrem Steuerdumping.

Der Versuch, dem mit einer globalen Mindeststeuer entgegenzuwirken,

war in der Vergangenheit immer wieder gescheitert.

Doch im Moment stehen die Chancen dafür erstmals recht gut.

Andreas Stamm berichtet.

Mit prall gefüllter Ledertasche

kommt der Bundesfinanzminister in London an.

Der Inhalt, verspricht er, könne gar die Welt verändern.

Die Finanzminister der führenden Industrienationen

wollen ein gerechteres internationales Steuersystem.

Seit Jahrzehnten diskutiert,

sei eine Einigung in London zum Greifen nah.

Wir können nicht mehr auf ein Steuersystem setzen,

das zu großen Teilen aus den 1920er Jahren stammt.

Die Welt schaut auf uns und hat dabei hohe Erwartungen.

Global agierende Unternehmen, die Milliarden verdienen,

aber kaum Steuern zahlen.

Länder, die sich Firmen anbiedern mit Niedrigsteuersätzen.

Mithelfen, dass Gewinne verschoben und kleingerechnet werden können.

Dass Gewinne nicht im Land versteuert werden,

wo sie erwirtschaftet werden.

All das solle enden.

Künftig soll eine globale Mindeststeuer gezahlt werden,

in Höhe von mindestens 15 %,

auf sämtliche Unternehmens- gewinne weltweit.

D.h., wenn beispielsweise ein deutsches Unternehmen im Ausland,

etwa den Niederlanden, nur 1 % auf seine Gewinne entrichtet,

fordert der deutsche Fiskus die restlichen 14 % ein.

Gewinne verschieben in Steueroasen würde unattraktiv.

Viele Bürger*innen, viele Handwerker*innen,

kleine Unternehmen haben sich immer darüber beklagt,

dass sie Steuern zahlen, aber ganz große Unternehmen

Wege finden, sich dem irgendwie zu entziehen.

Deshalb ist es auch eine Sache,

die für die innere Gerechtigkeit unseres Landes,

die für den Zusammenhalt in unserem Land wichtig ist:

Dass wir es hier über eine inter- nationale Vereinbarung schaffen,

dass es mit dieser Art und Weise nicht mehr weitergeht.

V.a. in den USA galten Steuererhöhungen für Unternehmen

lange als Gift für die Wirtschaft.

Doch nun suchen alle Finanzminister nach Einnahmequellen,

um riesige, pandemie-bedingte Haushaltslöcher zu stopfen.

Schon innerhalb der EU droht Streit.

Irland, die Niederlande oder Luxemburg

profitieren vom alten System.

Doch nun, wo die Mächtigste in der Runde, US-Finanzministerin Yellen,

im Camp der Reformer sei, sei die Zeit der Bremser abgelaufen.

Ich kann die Schwierigkeiten

der Iren oder anderer in Europa verstehen.

Aber der internationale Wille ist überwältigend.

Die G7 scheinen sich einig.

Es herrscht Zuversicht, dass man im Juli die G20 überzeugen kann.

Globale Rivalen wie China oder Indien.

Und am Ende 140 Länder mitmachen.

Doch der Teufel steckt im Detail.

Bis die ausgehandelt sind, dürften Jahre vergehen.

Jetzt erst mal die Nachrichten von Heinz Wolf.

Zunächst zur aktuellen Corona-Lage.

Wobei das Robert Koch-Institut darauf hinweist,

dass gestern in mehreren Bundesländern Feiertag war

und sich das auf die Zahlen auswirken kann.

Das RKI verzeichnete 3.165 Neuinfektionen innerhalb eines Tages.

4.215 weniger als vergangenen Freitag.

86 weitere Menschen starben an oder mit dem Virus.

Die bundesweite Inzidenz sinkt wieder - auf 29,7.

Das ist der niedrigste Wert seit Mitte Oktober.

In immer mehr Bundesländern gibt es weitere Lockerungen.

In Berlin und Hamburg darf von heute an

die Innengastronomie wieder aufmachen, unter Auflagen.

Ab Montag gilt das auch in Bayern.

Dort gab Ministerpräsident Söder außerdem bekannt,

dass bei den Spielen der Fußball-EM in München bis zu 20 % der Zuschauer

im Stadion zugelassen werden sollen.

Das wären jeweils rund 14.000 Zuschauer.

Und in Mecklenburg-Vorpommern können ab heute wieder

Touristen aus ganz Deutschland Urlaub machen.

Voraussetzung: ein aktueller negativer Corona-Test.

Union und SPD haben sich auf eine Kandidatin

für das neue Amt der Bundesbeauftragten

für die Opfer der SED-Diktatur geeinigt.

Es ist die frühere DDR-Oppositionelle Evelyn Zupke.

Das Amt entsteht im Zuge der Neuorganisation

des Stasi-Unterlagenarchivs,

das am 17. Juni in das Bundesarchiv eingegliedert wird.

Präsident Putin hat auf einem Wirtschaftsgipfel

im russischen St. Petersburg angekündigt,

die Gaspipeline Nord Stream 2 könne in zwei Monaten fertiggestellt sein.

Von russischer Seite seien die Arbeiten

am ersten Strang beendet, so Putin.

Mit insgesamt zwei Ostseeröhren soll deutlich mehr With a total of two Baltic Sea tubes, significantly more is to be achieved

russisches Erdgas als bisher nach Deutschland geliefert werden.

Das Projekt Nord Stream 2 wird innerhalb der EU,

aber auch von den USA kritisiert.

Ein vom belarussischen Staatsfernsehen ausgestrahltes Video,

in dem der inhaftierte Blogger Roman Protasewitsch

Reue für seine oppositionellen Aktivitäten und Bewunderung

für Machthaber Lukaschenko äußert, hat Empörung ausgelöst.

Die ins Ausland geflohene

Oppositionsführerin Tichanowskaja sagte,

mit Blick auch auf andere Geständnisvideos aus der Haft,

dass diejenigen unter Druck gesetzt und gefoltert würden.

Die Bundesregierung erklärte,

die belarussische Führung zeige noch mal

ihre ganze Demokratieverachtung und auch Menschenverachtung. all their contempt for democracy and also human contempt.

Nach der Festnahme Protasewitschs verhängte die EU Sanktionen:

So dürfen von Samstag an keine Fluggesellschaften aus Belarus

in den Luftraum der EU fliegen.

Das wird Diktator Lukaschenko mutmaßlich wenig beeindrucken,

solange Wladimir Putins Russland fest an seiner Seite steht.

Und darauf ist Verlass,

außer der Westen würde Putin mit Sanktionen so weh tun,

dass ihm sein eigenes Hemd dann doch näher wäre als die Lumpen in Minsk.

Die Art und Weise, wie in Belarus die Opposition niedergeschlagen wird,

hat viele brutale Vorbilder.

Zu den heftigsten Beispielen der Nachkriegszeit gehört,

wie die Kommunistische Partei Chinas die Studentenproteste

auf dem Platz des Himmlischen Friedens niederwalzen ließ.

Die Bilder von 1989 gingen um die Welt

und brannten sich ins Weltgedächtnis ein.

Auf den Tag 32 Jahre ist das nun her.

Nichts ist seitdem politisch besser geworden in China, im Gegenteil,

und das Massaker bleibt ein Tabu.

Ulf Röller berichtet.

Es scheint ein ganz normaler Tag

auf dem "Platz des Himmlischen Friedens" zu sein.

Aber wir müssen aus dem Auto filmen,

denn Chinas Machthaber wollen keine Berichte über den 4. Juni,

dem Tag des Massakers.

Maos Nachfolger wollen diesen Tag der Schande

aus dem Gedächtnis des Volkes tilgen.

Erinnern ist gefährlich.

Ich habe davon gehört.

Aber in den Geschichtsbüchern finden Sie dazu nichts.

Dies ist die Realität.

Wenn wir ein Bier trinken würden,

dann könnten wir heimlich über diesen Tag reden.

Aber vor der Kamera traue ich mich nicht.

Hong Kong war in den letzten Jahren der einzige Ort in China,

an dem die Menschen den tausenden Opfern gedenken konnten.

Doch auch hier will Peking die Erin- nerungskultur endgültig auslöschen.

Schon am Morgen nimmt die Hongkonger Polizei

die bekannte Demokratie-Aktivistin Chow Hang Tung fest.

Sie hatte angekündigt, zu protestieren.

Hongkongs Machthaber warnen ihre eigenen Bürger.

Jeder, der sich heute versammelt, verstößt gegen unseren Erlass.

Es droht eine Freiheitsstraße bis zu fünf Jahren.

Die Stadt ist voller Polizei,

die die Bürger beobachtet und durchsucht.

Der Victoria Park ist bereits abgeriegelt:

Dort wollen sich eigentlich die Demonstranten am Abend treffen.

Kacey Wong hat immer wieder für Hongkongs Freiheit gekämpft.

Aber diesmal hat er sich einen leisen Protest ausgedacht:

ein Sack voller Kerzenstummel.

Die Kerzen brannten bei den letzten Demonstrationen.

Jeder, der will, kann sich eine nehmen.

Jede dieser Kerzen steht für Hoffnung, Frieden und Demokratie.

Deshalb sind sie eine Gefahr für das tyrannische Regime.

Am Abend brennen die Kerzen der Erinnerung und Freiheit.

Leise protestieren mutige Bürger.

Sie hoffen, so ein Zeichen zu setzen an die Welt,

Hongkong nicht zu vergessen.

Sie bewegen sich, weil Versammlungen verboten sind.

Der Polizei bleibt nur, die Kerzen abzuräumen.

Auch ohne Gedenkfeier können wir uns erinnern.

Die Massenproteste in Hongkong sind lange vorbei.

Man muss genau hinsehen,

um den Kampf gegen das Vergessen und für die Freiheit zu sehen.

Peking will, dass wir wegschauen.

China ist übrigens auch ein Land, in dem man lernen kann, was passiert,

wenn es keine Bienen mehr gibt.

In der Region Sechuan, wo die größten Obstplantagen des Landes liegen,

mussten in den 80er und 90er Jahren

Menschen die Bäume von Hand bestäuben.

Wegen der vielen Pestizide ließen Imker ihre Bienen

dort nicht mehr fliegen.

Und andere Insekten waren abgetötet.

Wie wichtig Insekten für Welternährung und Artenvielfalt sind,

ist eigentlich längst bekannt.

Trotzdem tut sich auch Deutschland mit ihrem Schutz schwer.

Um das Insektenschutzgesetz wird weiterhin hart gerungen.

Private Initiativen allein, wie zum Beispiel die heute wieder

startende deutschlandweite Insektenzähl-Aktion,

werden das Problem nicht lösen können.

Malin Ihlau über fleißige Bestäuber und blühende Landschaften.

Sie wollen unbedingt etwas tun:

Eine Fläche für Insekten soll hier entstehen.

Auf diesem Stück brauner Erde legen sie Blühwiesen an,

vergeben Blühpatenschaften.

Lara Boye hat zusammen mit zwei jungen Landwirten

das Unternehmen “Artenglück“ gegründet. founded the company "Artenglück".

Die Motivation war, dass wir etwas für den Naturschutz tun,

uns engagieren, weil wir gemerkt haben, dass man mit kleinen Mitteln

wie Blühmischungen aussäen und tolle neue Lebensräume schaffen,

schon ganz viel erreichen kann.

Weil das Insektensterben immer weiter vorangetrieben wurde

in den letzten Jahrzehnten.

Für 5,7 Hektar Fläche, das sind rund acht Fußballfelder,

konnte das Trio bisher Blühpaten gewinnen. the trio has been able to win flower godparents so far.

Die Äcker pachten sie von anderen Bauern aus der Gegend.

Für die jüngere Generation der Landwirte

ist Naturschutz ein großes Thema.

Die Landwirtschaft steht oft in der Kritik,

sie würde nichts für den Naturschutz tun.

Das ist einfach nicht so, denn moderne Landwirtschaft

geht nur zusammen mit Naturschutz und Nachhaltigkeit.

Bundesweit ein Trend: Blühpaten- schaften, Acker-Onlineshopping. A nationwide trend: flower sponsorships, field online shopping.

Jeder interessierte Bürger kann Land auf Zeit pachten,

für einen Monat oder für Jahre.

Land, auf das der Landwirt im Frühjahr Blumen für Bienen anlegt.

An sich sind diese Blühpatenschaften eine sehr gute Sache.

V.a. ist schön, dass so Landwirt*innen und Privatpersonen

mit dem Naturschutz kooperieren und etwas für den Insektenschutz tun.

In weiten Teilen Deutschlands

ist die Biomasse aller fliegenden Insekten laut einer Studie

in den letzten drei Jahrzehnten um 76 % zurückgegangen.

Ursachen sind Nahrungsmangel,

monoton genutzte Flächen in der Agrarlandschaft

und Einsatz von Pestiziden.

Die Landwirte hätten dazugelernt, betont der Deutsche Bauernverband.

Wir deutschen Bauern haben auf 230 km Länge

fünf Meter breit Blühstreifen angesät.

Wir machen viel.

Verglichen mit anderen Regionen in Europa,

sind wir da ganz vorne dabei.

Landwirt Bernd Pieper

betreibt Blühpatenschaften und Blühlandschaften im großen Stil.

25 Fußballfelder ganz im Norden, im Emsland begrünt er.

Seine Beobachtung: Die Tiere holen sich die Fläche sofort zurück.

Wenn man im Sommer dreißig, vierzig Schmetterlinge auf einmal sieht,

die über eine kleine Fläche fliegen,

was ich zuletzt als Kind gesehen habe, ist das beeindruckend

und erfüllt einen, diese Aktion weiterzumachen.

Allein von der Landwirtschaft leben kann er nicht.

Pieper ist von Beruf Grafikdesigner.

Die Blühpatenschaften

macht er aus Überzeugung für die Erhaltung der Artenvielfalt.

Mensch und Umwelt - damit geht's jetzt auch bei Heinz weiter.

Die Spritpreise sind in diesen Tagen erneut in der Diskussion.

In der Berliner Politik wird kontrovers debattiert,

um wie viel bzw. wie schnell sie

im Zuge der neuen CO2-Bepreisung steigen sollen.

Frank Bethmann, worum geht es in der Diskussion?

Was schlägt bei den Spritpreisen wie zu Buche?

Es ist halt nicht nur das Rohöl, das den Preis bestimmt.

Im Gegenteil, überwiegend zahlt man an der Zapfsäule Steuern.

Und seit diesem Jahr kommt noch eine Abgabe dazu:

Das klimaschädliche CO2 hat einen Preis bekommen,

um eben einen sparsameren Verbrauch attraktiv zu machen.

Wenn man jetzt auf den Preis an der Zapfsäule schaut,

ist eben nicht nur jene Abgabe neu dazugekommen.

Auch die reduzierte Mehrwertsteuer wurde wieder angehoben, um 3 %.

Und da die Weltkonjunktur anspringt, steigt auch der Rohölpreis

seit Jahresanfang wieder kräftig, um 38 %.

Gleich mehrere Effekte also machen das Benzin teurer.

Ob zu teuer, darüber lässt sich trefflich streiten.

Doch die CO2-Abgabe beim Tanken ist gewollt

und wird sogar noch weiter steigen in den nächsten Jahren.

So ist es parteiübergreifend beschlossen.

Zur Wahrheit aber gehört auch, dass es Entlastungen gibt,

damit Mobilität bezahlbar bleibt.

Etwa die Senkung der EEG-Umlage und damit des Strompreises,

mehr Wohngeld, eine höhere Entfernungspauschale

und eine Mobilitätsprämie für Geringverdiener.

Das sind die Fakten.

Der Spritpreis ist eben populär genug,

um damit Wahlkampf zu betreiben.

Auch deswegen wird über ihn jetzt hitzig debattiert.

Dabei geht fast unter,

dass der DAX heute wieder ein neues Rekordhoch markierte

und am Ende nur knapp unterhalb von 15.700 Punkten schloss.

Es ziehen weiter teils heftige Gewitter

über verschiedene Regionen Deutschlands.

Es gibt auch Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes

vor schweren Gewittern mit heftigem Starkregen und Hagel,

aktuell für den Südwesten Baden-Württembergs.

Mehr dazu auch gleich von Katja Horneffer im Wetterbericht.

Die Handballer des TBV Lemgo Lippe haben den DHB-Pokal gewonnen -

mit einem 28:24-Sieg gegen die MT Melsungen im Finale der DHB-Endrunde.

Alexander Zverev steht bei den French Open im Achtelfinale.

Er gewann sein Drittrundenspiel

gegen den Serben Laslo Djere in drei Sätzen.

Bei den Finals, den deutschen Meisterschaften in 18 Sportarten,

war heute Tag 2 - und da gab es auch einen neuen deutschen Rekord

durch Schwimmerin Anna Elendt.

Die Frankfurterin verbessert den zwölf Jahre alten Deutschen Rekord

über 100 Meter Brust.

Mit einer Minute und sechseinhalb Sekunden

ist sie eine halbe Sekunde schneller als Sarah Poewe

bei der WM in Rom 2009.

Elendt wird Deutsche Meisterin vor Julia Titze, München,

und Bente Fischer, Neckarsulm.

Rekord-Europameister Patrick Hausding

verpatzt beim Synchronspringen

mit Partner Lars Rüdiger beinahe die Olympiateilnahme.

Beim dreieinhalb Auerbachsalto geht der Halt verloren.

Nur Platz drei für die Favoriten.

Die Gesamtpunktzahl reicht am Ende dennoch für Olympia.

Und jetzt zum Schluss gibt's Musik,

und am besten drehen Sie gleich den Fernseher noch etwas lauter.

Denn Beethoven verträgt das.

Er fiel ja auch der Pandemie zum Opfer:

Das Beethoven-Jahr zu seinem 250. Geburtstag

konnte nicht wirklich gefeiert werden.

Das wird jetzt umso leidenschaftlicher nachgeholt,

an diesem Sonntag.

Mit einem gesamteuropäischen Großprojekt:

Arte sendet Beethovens Symphonien live aus neun europäischen Städten,

neun Stunden lang.

Barbara Lueg gibt schon mal einen Vorgeschmack auf das,

was da geboten wird.

Diese weltberühmten Töne

und ihr umtriebiger Komponist im Chaos. and her busy composer in chaos.

Vier Töne, so schlicht und doch so unübertroffen.

Beethovens Fünfte ist nur eine von neun Sinfonien voller Strahlkraft,

Schrecken, Sehnsucht, Hingabe.

Sie sind ein Gesamtkunstwerk von der ersten bis zur letzten Sinfonie,

das nie langweilig wird zu spielen.

Man kann sehen,

wie sich Beethoven als Komponist und Mensch entwickelt hat.

Seine Geburtsstadt Bonn macht sich bereit -

und der Cellist probt schon mal für das große Spektakel am Sonntag.

Bonn ist der Auftakt für diese musikalische Reise.

Neun Sinfonien hintereinander in neun europäischen Städten,

darunter Helsinki, Prag, Dublin und das antike Theater in Delphi.

Dort liegt Sasha Waltz gerade auf den warmen Steinen

und dirigiert die Szenerie.

Die Choreographin wird hier die 7. Sinfonie tänzerisch befeuern. Fire up the symphony with dance.

Die Musik von Beethoven ist natürlich unglaublich dynamisch.

Und es fordert auf, aufzuspringen

und sofort die Emotion in Bewegung umzusetzen.

Doch seine Noten verströmen auch die Kämpfe, das Hadern,

die maßlose Verzweiflung über den Verlust seines Gehörs.

Die Sinfonien entstehen in Jahren zunehmender Taubheit.

Aber Beethoven kann die Kraft des Klangs innerlich hören.

Heute Morgen in Wien:

letzte Proben für die legendäre Neunte.

Die Hymne soll diesmal zeigen: Die Kultur ist wieder da.

Starsopranistin Camilla Nylund wird im großen Finale singen.

Es ist ein sehr tolles Zeichen, dass wir durch die Neunte,

durch diese Musik, die eigentlich Verbrüderung ausspricht,

dass das wieder auch wichtig sein wird.

Und so werden sie am Sonntag ein starkes Signal senden

für Hoffnung, Freiheit und ja - das Leben selbst.

♪ Ode an die Freude ♪

Der Livestream und später die einzelnen Konzert-Videos

sind übrigens auch über die ZDF-Mediathek abrufbar.

Jetzt geht's hier aber erstmal mit der heute-show weiter.

Um 23.55 Uhr gibt es dann unser heute journal up:date mit Nazan Gökdemir.

Uns gibt's morgen wieder, auf Wiedersehen.

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