tagesschau 20.12.2021, 12:00 Uhr - Bund und Länder planen Beratungen über mögliche Nachschärfung der Corona-Maßnahmen
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der tagesschau.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (20.12.2021)
Heute im Studio: Susanne Holst
Guten Tag, willkommen zur tagesschau.
Die Silvester-Party könne auch dieses Jahr nicht stattfinden:
So stimmt NRW-Regierungschef Wüst die Menschen darauf ein,
dass die Corona-Maßnahmen in Deutschland nachgeschärft werden.
Als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz
hat er mit Kanzler Scholz für morgen eine Bund-Länder-Runde anberaumt.
Der Grund ist die Ausbreitung der Omikron-Variante.
Der Expertenrat der Bundesregierung hatte gedrängt,
die Kontakte rasch weiter zu beschränken.
Damit Weihnachten nicht ein Fest für Omikron wird,
sollen Familienfeiern möglichst klein stattfinden.
So der Appell der Politik.
Auch Silvestersausen wie die am Brandenburger Tor
fallen wieder aus.
Der Expertenrat der Regierung rät, Kontakte weiter einzuschränken.
Außerdem:
Auch andere Experten raten zur Eile.
Das ist ein schnelles exponentielles Wachstum.
Wenn sich alle drei Tage, konservativ gerechnet,
oder wie in England alle zwei Tage die Infektionszahlen verdoppeln:
Da kann jeder den Taschenrechner nehmen.
Das ist wahnsinnig schnell.
Die Befürchtung:
Die Zahlen könnten sogar bei milden Verläufen
zur Überlastung des Gesundheitswesens führen.
Und zum Zusammenbruch kritischer Infrastruktur.
Wie halten wir unser Land am laufen,
wenn mehr Menschen infiziert oder in Quarantäne sind?
Es geht um Daseinsvorsorge, um Strom- und Wasserversorgung.
Um Müllabfuhr, Feuerwehr ...
Morgen wollen Bund und Länder darüber beraten.
Einen Lockdown vor Weihnachten
schloss der Gesundheitsminister gestern aus.
Nicole Kohnert in Berlin,
das zusammen mit Blick auf die Bund-Länder-Beratungen:
Wie wahrscheinlich ist es, dass es zum Lockdown kommt?
Zu einem Lockdown vor Weihnachten wird es wohl nicht kommen.
Das hat Lauterbach gestern betont.
Vor Weihnachten traut man sich da wohl nicht dran.
Wahrscheinlich sind aber Kontaktbeschränkungen
auch für Geimpfte.
Clubs und Bars könnten geschlossen werden.
Die Maskenpflicht könnte verschärft werden.
Diese Regelungen sind vor Weihnachten wahrscheinlich.
Aber kein Lockdown.
Es wird befürchtet, dass die Omikron-Welle
das Gesundheitssystem extrem belasten wird.
Auch die "kritische Infrastruktur". Was bedeutet das?
Dazu gehört nicht nur das Personal in Krankenhäusern.
Es sind viele Bereiche, die wir nicht auf dem Schirm haben.
Polizei und Feuerwehr sind offensichtlich.
Aber auch die Kassiererin im Supermarkt gehört dazu.
Die sorgt dafür, dass wir an Lebensmittel kommen.
Stromversorgung und Bankengeschäft sind wichtig.
Wenn Menschen dort infiziert werden, wenn die ausfallen,
könnte das System zusammenbrechen.
Deswegen möchte der Expertenrat,
dass diese Menschen besonders geschützt werden.
Dass man Gas gibt bei den Kontaktbeschränkungen.
Danke nach Berlin.
Die Zahlen zur Infektionslage:
16.086 neue Corona-Fälle
wurden beim RKI binnen 24 Stunden erfasst.
Fast 5660 weniger als vergangenen Montag.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz gibt das RKI mit 316 an.
Vier Corona-Impfstoffe sind in der EU zugelassen,
heute könnte ein weiterer hinzukommen:
Das Vakzin des US-Herstellers Novavax.
Gesundheitsminister Lauterbach geht davon aus,
dass die EU-Arzneimittelbehörde EMA das Präparat freigibt.
Vielleicht lassen sich damit Menschen impfen,
die bisher skeptisch waren.
Novavax funktioniert anders
als die mRNA- oder Vektor-Impfstoffe.
Es ist ein Protein-Impfstoff,
hat sich schon gegen andere Krankheiten wie Grippe bewährt.
Wenn es um die Pandemie geht, richtet sich der Blick meist auf die,
die schwer erkranken und auf Intensivstationen liegen.
Das Virus kann gravierend sein für die, die eine Infektion
mit nur leichten oder ohne Symptome durchgemacht haben.
Das zeigt eine neue Studie der Universitätsmedizin
zu den Langzeitfolgen von Covid-19.
Den Waldspaziergang in Mainz kann Carla Boehm wieder genießen.
Vor einem guten Jahr war die Psychologin an Corona erkrankt.
Der Verlauf war mild.
Dann aber stellten sich anhaltende Beschwerden ein.
Mir sind Haare ausgegangen,
ich hatte Kurzatmigkeit über viele Monate.
Ich konnte mich schlechter konzentrieren,
ein Gefühl der Minderbelastbarkeit und Erschöpfung.
Und gehäuft Kopfschmerzen, was ich nicht kannte.
Sie nahm an einer Studie der Unimedizin Mainz teil.
Die erforscht die Langzeitfolgen von Corona.
Mehr als 10.000 Personen wurden untersucht,
ein Querschnitt der Bevölkerung.
Die Studie stellt fest:
Wir haben eine hohe Last an Beschwerden
langfristig nach einer Corona-Infektion.
Ein sehr buntes Bild an Beschwerden, sehr breit gestreut.
Dass ein neues Krankheitsbild nach einer Infektion auftritt,
in diesem Ausmaß - das ist neu.
Eine Herausforderung für uns alle.
Die positive Nachricht:
Bei den meisten Erkrankten lassen die Spätfolgen mit der Zeit nach.
Bei einigen aber könnten sie dauerhaft bleiben.
Weidmann geht, Nagel kommt.
Klingt nach Bundesliga, geht aber um die Bundesbank.
Dort soll Volkswirt Nagel (55) auf den Präsidentenposten rücken.
Bundeskanzler Scholz und Finanzminister Lindner
schlugen ihn als Nachfolger von Weidmann vor.
Der verlässt die deutsche Zentralbank aus persönlichen Gründen.
Nagel kennt die Bundesbank, war dort 17 Jahre tätig,
lange Zeit auch im Vorstand.
Samir Ibrahim in der Börse:
Nagel ist schon länger nicht mehr in der Bundesbank.
Warum holt man ihn zurück und an die Spitze?
Auf diese Personalie konnte sich die Ampel einigen.
Und es ist ein Mann mit auch viel internationaler Erfahrung.
Er kommt aus Genf von der Bank für internationalen Zahlungsausgleich.
Dort hat er natürlich Expertise.
Er ist ein ausgewiesener Fachmann.
Top-Ökonomen loben ihn über den grünen Klee.
Die Personalie wird an der Börse begrüßt.
Es wurde aber eher nur zur Kenntnis genommen.
Es gibt andere Probleme:
Omikron und der Lockdown in den Niederlanden.
Der DAX startete heute morgen tiefrot in den Handel.
Inzwischen erholt er sich ein wenig.
Der tiefste Sand bei 15.060 Punkte.
Es kommt hier erschwerend hinzu,
dass aus den USA negative Nachrichten kommen.
Bidens Konjunkturpaket scheint zu kippen.
Kurz vor Weihnachten ist es schwierig.
Danke.
Er will Chile vom wirtschaftspolitischen Erbe
der Militärdiktatur unter Pinochet befreien.
Und mehr soziale Gerechtigkeit.
Mit diesen Versprechen ging Gabriel Boric
mit seinem linken Bündnis in die Präsidentschaftswahl.
Gegen Konkurrent Kast holte er bei der Stichwahl gestern
knapp 56 % der Stimmen.
Angesichts der beiden unterschiedlichen Kandidaten
galt die Abstimmung als richtungsweisend.
Über 55 % der Wahlberechtigten beteiligten sich –
ein Höchstwert seit 2012.
"Man spürt es, Boric wird Präsident", skandieren sie.
Hunderttausende sind unterwegs, ins Zentrum von Santiago.
Eineinhalb Stunden nach Schließung der Wahllokale
ist der Vorsprung des Linken Gabriel Boric deutlich.
Ich bin glücklich.
Chile hat einen Präsidenten,
der Frauen- und Menschenrechte respektiert.
Er repräsentiert Einheit, beschwört den Wandel,
er gibt Vertrauen.
Gratulationen trudeln ein,
auch von Jose Antonio Kast, seinem ultra-konservativen Rivalen.
Dann bahnt sich der 35-Jährige seinen Weg.
Die Erwartungen sind riesig.
Er will Chile vom Erbe der Diktatur befreien,
dem neoliberalen Wirtschaftsmodell.
Umweltschutz, Feminismus sind weitere Themen.
Und die Versöhnung mit den indigenen Mapuche,
die Boric in ihrer Sprache grüßt.
* Spricht Sprache der Mapuche *
Wir werden die sozialen Rechte ausweiten
und wir machen das verantwortlich.
Boric muss v.a. die Forderungen der sozialen Bewegung kanalisieren,
die ihn mit ins Amt getragen hat.
Der Großmarkt in Rungis in der Nähe von Paris
ist der größte weltweit für frische Produkte.
Dort ist immer viel los,
aber momentan gibt es besonders viel zu tun.
Im Dezember wird ein Viertel des Jahresumsatzes gemacht.
Probleme bei den Lieferketten sorgen für zusätzlichen Stress.
Ananas von der Insel La Reunion, Trüffel aus dem Perigord,
Geflügel aus Frankreichs Südwesten.
Im größten Großmarkt der Welt, Rungis südlich von Paris,
herrscht vor Weihnachten Hochbetrieb.
Von hier werden Produkte nach ganz Europa verkauft.
Eine komplexe Logistik, zum Beispiel bei den Austern.
Diese Austern wurden vor 24 Stunden aus Becken in Frankreich abgeholt.
Um 2 Uhr fahren sie von hier nach Deutschland ab
und sind am Nachmittag da.
Der Großmarkt leidet nicht so unter Corona wie andere Branchen.
Dennoch sind die Lieferketten nicht mehr so stabil.
Dieser Obsthändler kämpft damit, dass es weniger Flugzeuge gibt,
um seine Südfrüchte nach Rungis zu bringen.
Der Transport ist herausfordernd – und die Frachtkosten.
Die steigen sowieso an Weihnachten.
Dann kommt Corona dazu, echt kompliziert.
Dadurch wird die Ware teurer.
Das spüren viele Händler, z.B. bei Jakobsmuscheln.
Hier kommt wegen des Brexits zudem weniger Ware aus Großbritannien.
Es gibt nicht viel.
Und das wenige, was da ist, ist superteuer.
Das Kilo ist 2,50 Euro teurer als vor einer Woche.
Wegen Weihnachten gehen die Betreiber hier aber nicht davon aus,
dass sich das auf die Verkäufe auswirkt.
Viele Händler merken,
dass Corona-bedingt kleinere Einheiten gefragt sind.
So wie Geflügel für vier bis sechs Personen - für kleinere Runden.
Der Fall erregte internationales Aufsehen.
Die chinesische Profi-Tennisspielerin Peng erhob Vergewaltigungsvorwürfe
gegen einen ranghohen Parteifunktionär.
Der Eintrag in den sozialen Medien wurde schnell gelöscht,
die Spielerin verschwand spurlos.
Nach internationalem Druck kam ein kurzes Lebenszeichen.
Jetzt bestreitet Peng ihre Vorwürfe öffentlich in einem Video.
Der Tennisverband WTA bezweifelt, dass sie ohne Zwang reden konnte.
Er fordert eine unabhängige Untersuchung.
Traurig, aber leider wahr:
Immer wieder werden in Deutschland Fußballspieler rassistisch beleidigt.
Gestern wieder - diesmal mit Folgen:
Das Drittliga-Spiel Duisburg gegen Osnabrück wurde abgebrochen -
zum ersten Mal im deutschen Profi-Fußball.
Die Polizei hat Anzeige gegen einen Zuschauer erstattet,
auch der Staatschutz wurde informiert.
Es läuft die 33. Minute
im Drittligaspiel MSV Duisburg gegen VfL Osnabrück.
Der Osnabrücker Opoko wird von der Tribüne beschimpft.
Der Schiedsrichter:
Als er zum Eckstoß laufen wollte,
wurden Affenlaute von der Tribüne gerufen.
Das hat er sofort wahrgenommen und auch mein Assistent.
Beide haben mir den Vorgang geschildert.
Da sind wir sehr sensibel.
Der Schiedsrichter unterbricht die Partie zunächst.
Opoko verlässt deutlich erschrocken das Spielfeld.
Fans beider Mannschaften solidarisieren sich mit ihm.
Sie skandieren: Nazis raus!
Sie identifizieren den Mann, der Opoko beschimpft haben soll.
Übergeben ihn der Stadion-Sicherheit.
Die Polizei hat Anzeige gegen den 55-Jährigen erstattet.
Die Partie wird abgebrochen.
Wir haben gesagt, wir treten nicht wieder an.
Wir haben uns mit allen abgestimmt.
Wir haben zu Protokoll gegeben, dass wir nicht mehr antreten,
egal was das sportrechtlich für Folgen hat.
Es ist das erste Mal, dass eine Partie in der Profiliga
wegen rassistischer Beschimpfungen abgebrochen wird.
Der DFB muss entscheiden, ob die Partie neu angesetzt wird.
Dafür plädieren beide Vereine.
In der tagesschau um 14 Uhr sind wir wieder für Sie da,
ebenso auf tagesschau24.
Auf Wiedersehen.
Copyright Untertitel: NDR 2021