tagesschau 23.04.2021, 17:00 Uhr - Wirecard-Finanzskandal: Kanzlerin Merkel sagt vor dem Untersuchungsausschuss aus
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der tagesschau.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (23.04.2021)
Heute im Studio: Claus-Erich Boetzkes
Guten Tag, willkommen zur tagesschau.
Es ist schon ein Ereignis, wenn eine Kanzlerin
von einem Untersuchungsausschuss befragt wird.
Aber der Bilanz-Skandal bei Wirecard hat Ausmaße,
die in Deutschland ihresgleichen suchen.
Bei Merkels Aussage ging es um ihren Einsatz für Wirecard
während einer China-Reise 2019.
Ein normaler Vorgang, so die Kanzlerin.
Sie gab zu Protokoll:
Anlass, von schwerwiegenden Ungereimtheiten auszugehen,
habe es nicht gegeben.
Merkel musste sich fünf Stunden den Fragen stellen.
Politische Verantwortung für das Wirecard-Desaster
vermutet die Opposition.
Weil sich die Kanzlerin in China für Wirecard einsetzte
und Zweifel an Wirecard in ihrem Umfeld nicht ernstgenommen wurden.
Deswegen glaube ich, dass sich die Bundesregierung
die Kritik gefallen lassen muss:
Dass sie sich für ein Unternehmen engagiert hat -
auch in systematischer Art.
Es war Mittelpunkt von Kritik der Financial Times.
Der Ausschuss stellte bisher fest:
Das Unternehmen aus Aschheim suchte Kontakt zur Bundesregierung.
Dass Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg gegen Geld
bei der Kanzlerin intervenierte, empört selbst in der CSU.
Das beschämt mich.
Ich habe mich deshalb bei der Bundeskanzlerin
auch für meine Partei entschuldigt.
Auch die Rolle von Merkels engstem Wirtschaftsberater im Kanzleramt
wirft Fragen auf:
Seine Ehefrau soll
in China-Kontakte Wirecards involviert gewesen sein.
Fehlende Verhaltensregeln an der Schnittstelle
zwischen Politik und Wirtschaft, Defizite bei der Compliance:
Das war im Ausschuss wiederholt Thema.
Dass auch die Frau Kanzlerin sagt, "weiß ich eigentlich gar nicht ..."
Sie wäre auch von dieser Compliance betroffen -
das hat mich mehr als schockiert.
Der Auftritt Merkels war der Höhepunkt der Ausschussarbeit.
Nun beraten die Abgeordneten, ob weitere Befragungen nötig sind.
Für die EU-Impfstoffbeschaffung hatte Kommissionspräsidentin von der Leyen
Kritik einstecken müssen.
Lieferengpässe führten dazu, dass die meisten EU-Länder
hinter ihren Impfzielen zurückliegen.
Im Juli soll sich das Blatt aber wenden.
Sie sei zuversichtlich, dass es dann genug Impfstoff gebe,
um 70 Prozent aller Erwachsenen in der EU zu impfen.
Das sagte von der Leyen
bei einem Besuch in einem BioNTech/Pfizer-Werk in Belgien.
Von den steigenden Impfstoff-Lieferungen
profitiert die Impfkampagne hierzulande.
Optimismus heute bei Gesundheitsminister Spahn:
Anfang Mai werde jeder Vierte
und im Verlauf des Monats jeder Dritte eine Impfung erhalten haben.
Danach soll die bisher geltende Impfreihenfolge wegfallen.
In einigen Ländern können sich schon alle Altersgruppen impfen lassen,
allerdings nur mit AstraZeneca.
Der erste Freiwillige, der sich in dieser Praxis impfen lassen will -
zwei Stunden nachdem das Land Berlin gestern AstraZeneca freigab.
Ihm werden weitere folgen.
Die Impfkampagne gehe in eine neue Phase,
so Gesundheitsminister Spahn heute.
Wir werden im Juni die Priorisierung aufheben können,
nach den Lieferprognosen, die wir aktuell haben.
Aber das heißt nicht, dass wir im Juni alle impfen können.
Damit stellt sich für immer mehr Menschen die Impffrage konkret -
und besonders bei AstraZeneca sind viele verunsichert.
Neue Prüfungen zeigten eine Wirksamkeit von 94 Prozent,
sagt der Präsident des zuständigen Institutes heute.
Thrombosen seien eine mögliche Nebenwirkung - aber:
Ich kann berichten, dass wir am Paul-Ehrlich-Institut
eine Meldehäufigkeit von 1:100.000 haben.
Also eine sehr geringe Häufigkeit.
Die Zahl der Neuinfektionen habe sich auf hohem Niveau eingependelt.
Die Menschen in Deutschland waren in den letzten Wochen weniger mobil,
so das RKI heute.
Trotzdem: Die Intensivstationen laufen voll,
besonders häufig mit Personen im Alter von 35 bis 59.
Besonders besorgniserregend ist:
Immer mehr Patienten erkranken so schwer,
dass sie an eine künstliche Lunge müssen.
Oft sind dies jüngere Patienten.
Nun müssten besonders die ungeimpften Kinder und Jugendlichen
geschützt werden, so Schaade.
Studien zeigten bei 10 % der Infizierten langfristige Schäden.
Irritation, Verständnislosigkeit bis hin zu Entsetzen,
so die Reaktionen auf eine Kampagne zahlreicher Schauspieler.
Diese veröffentlichten unter dem Hashtag "allesdichtmachen" Clips,
in denen sie die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung kritisieren.
Nach einem Proteststurm in den sozialen Medien
zogen einige ihren Beitrag heute zurück.
Ich bin Schauspielerin.
Mein Name ist Ken Duken, so weit ich weiß, ich bin Schauspieler.
Es sind bekannte und weniger bekannte Schauspieler.
53 Schauspieler wollten mit Ironie Kritik an Corona-Maßnahmen äußern.
Deshalb appelliere ich an unsere Regierung: macht uns mehr Angst!
Schließlich wissen nur wenige Spezialisten,
was wirklich gut für uns ist.
Inzwischen sind viele Videos nicht mehr online.
Vor der Kamera äußern wollte sich niemand.
Nach einem Proteststurm in den Medien haben einzelne reagiert.
Heike Makatsch hat ihren Beitrag zurückgezogen.
Meret Becker äußert sich nachdenklich:
Dass Infragestellen von Dingen hat mich doch überzeugt mitzumachen.
Here we go - jetzt gibt's auf die Nase.
Jan-Josef Liefers betont seine Distanz zu Querdenkern und AfD,
doch gerade die loben seine Aktion.
Der Initiator Bernd K. Wunder soll laut Medienberichten
selbst Corona verharmlost haben.
Die Schauspielgewerkschaft kritisiert die Aktion.
Es lenkt den Fokus weg - wir haben wirkliche Probleme.
Zwei Drittel bis drei Viertel aller Schauspieler
leben von Gast-Verträgen an Theatern.
Die haben seit Pandemie-Beginn kein Geld bekommen.
Die Politik reagiert gelassen. Spahn bietet einen Dialog an.
Ich wäre eher besorgt, wenn es keine Kritik gäbe.
Es ist notwendig, dass das, was wir tun -
das wir es rechtfertigen und erklären.
Viele der Beteiligten haben in Tatorten
und anderen ARD-Produktionen mitgespielt.
Es sei ihr Recht als Privatpersonen Kritik zu äußern, betont die ARD.
Keine Produktion werde eingefroren oder in Frage gestellt.
Es habe Fortschritte gegeben, aber das sei nur der Anfang.
Mit diesen Worten eröffnete US-Präsident Biden
den zweiten Tag des Klimagipfels mit Spitzenpolitikern aus aller Welt.
Dass er den Kampf gegen die Erderwärmung
mit mehr Nachdruck führen will als sein Vorgänger Trump:
Das machte Biden gestern deutlich, er verkündete neue Klimaziele.
Heute soll es um den Einsatz neuer Technologien gehen.
Good morning. Hello everyone. Good morning.
Auch bei Tag zwei des Klimagipfels ist die Welt zugeschaltet.
Gestern wurden nationale Ziele zum Schadstoffausstoß vorgelegt.
Heute geht es um Innovationen und Entwicklungsmöglichkeiten.
US-Präsident Biden forderte internationale Mitstreiter auf,
den Kampf gegen die Erderwärmung als Chance für die Wirtschaft zu sehen.
Es ist eine Gelegenheit,
Millionen gut bezahlte Arbeitsplätze rund um die Welt zu schaffen.
Jobs mit besserer Lebensqualität und Würde für die Beschäftigten
in jedem Land.
Gleichzeitig appelliert er:
Mitarbeiter in traditionellen Energiefeldern
müssten dabei aufgefangen werden.
Auch im Bereich grüner Zukunftstechnologien
wollen die USA eine Führungsrolle und Investitionen hochfahren.
Es ging auch darum,
in Forschung und Technik schnellere Fortschritte zu machen.
Mit öffentlichen und privaten Geldern.
Die heutigen Technologien alleine werden uns nicht erlauben,
ehrgeizige Ziele zu erreichen.
Wir brauchen neue Angebote, die genau so günstig sind
und den grünen Bonus haben, kein CO2 auszustoßen.
Für Israel kündigte Netanyahu an, ab 2025 aus der Kohle auszusteigen.
Als Reaktion auf den Klimagipfel warnen Experten,
Ziele und Tempo seien nicht ehrgeizig genug.
Andere Pläne von Joe Biden haben gestern viele Anleger kalt erwischt.
Biden will nach Insider-Informationen angeblich die US-Steuern
auf Kapitalerträge verdoppeln - auf bis zu 43,5 %.
Das Geld soll unter anderem in Bildung fließen.
Samir Ibrahim, wie reagieren die Börsen darauf?
Die US-Börsen haben zunächst erschrocken reagiert.
Inzwischen herrscht ein wenig mehr Gelassenheit.
Es ist erst mal nur eine Meldung, die lanciert wurde.
Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass es so schnell nicht gehen wird.
Biden muss im Kongress nach Mehrheiten suchen.
Die Republikaner werden eher keine drastische Steuererhöhung zulassen.
Definitiv eine gebrauchte Woche.
Danke.
Der Sauerstoff geht zur Neige
und die Überlebenschancen werden immer geringer:
Mit Kriegsschiffen und Hubschraubern sucht die indonesische Marine
weiter nach einem vermissten U-Boot mit 53 Seeleuten an Bord.
Trotzdem gibt es noch keine konkrete Spur.
Am Mittwochmorgen war der Kontakt zu dem U-Boot abgerissen,
als es sich 100 km vor der indonesischen Insel Bali befand.
Es war von der indonesischen Hafenstadt Surabaya aufgebrochen.
Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit - 100 Kilometer nördlich von Bali.
Hunderte von Rettungskräften aus Indonesien und den Nachbarstaaten
suchen nach dem vermissten U-Boot.
Es wurden Ölspuren auf der Wasseroberfläche gefunden.
Wenn die Besatzung es geschafft hat,
das U-Boot 50 bis 100 Meter unter der Wasseroberfläche zu halten:
Dann haben sie vielleicht Flüssigkeiten wie Öl und Diesel
abfließen lassen, um das Gewicht zu verringern.
Hoffen für 53 Besatzungsmitglieder.
Das U-Boot ist mehr als 40 Jahre alt und wurde in Deutschland gebaut.
2012 war es bei einer Generalüberholung in Südkorea.
Manche Experten fürchten, das Boot könnte gesunken und zerbrochen sein.
Ab 500 Metern Tiefe wird der Druck zu stark.
Weltweit machen sich U-Bootfahrer sorgen.
Wir U-Bootfahrer sind eine geschlossene Gemeinschaft.
Wir empfinden miteinander.
Die Indonesier sind zum Teil in Deutschland ausgebildet.
Ich kenne den Kommandanten und wir empfinden mit denen.
Die Retter geben alles, aber der Sauerstoff im Boot
wird bald nicht mehr zum Überleben reichen.
Endlich gibt es Klarheit:
München bleibt Austragungsort bei der Fußball-EM,
das hat die UEFA am Mittag entschieden.
Die DFB-Elf soll dort im Sommer drei Spiele bestreiten.
Unklar ist aber weiter, ob Fans ins Stadion dürfen.
Die UEFA geht davon aus,
dass mindestens 14.500 Zuschauer zugelassen werden.
Münchens Oberbürgermeister Reiter sagte,
dass man dies in der Pandemie nicht garantieren könne.
Robert Hunke in Köln.
Aber was ist, wenn Corona es nicht zulässt?
Dann greift ein Backup-Szenario.
Dann werden keine Zuschauer im Stadion sein.
Die UEFA wünscht sich Zuschauer
und hat die gastgebenden Städte unter Druck gesetzt.
Vielleicht haben sie sich zu positiv geäußert.
Das ist jetzt das Problem von München.
Sie müssen versuchen, Zuschauer irgendwie ins Stadion zu bekommen.
Man wünscht sich Spiele mit Fans.
Bilbao beispielsweise hat sich nicht so positiv geäußert:
"Wir haben erst Sportveranstaltungen mit Fans
bei einer Impfquote von 60 %."
Warum ist der UEFA die Anwesenheit von Publikum so wichtig?
Das hat wirtschaftliche Gründe.
Die UEFA verspricht sich etwa zwei Milliarden Einnahmen.
Ein Teil davon sind Zuschauereinnahmen.
Darum versucht man alles, auch beim DFB,
in München Fans ins Stadion zu bekommen.
Danke.
Die Wetteraussichten:
Morgen in der Nordhälfte ein Mix aus Sonne und dichteren Wolkenfeldern.
Meist trocken, nur vereinzelt Schauer.
In der Südhälfte wieder viel Sonne.
Das war die tagesschau um fünf.
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Einen schönen Abend noch.
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