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2021 Tagesschau, tagesthemen 25.08.2021, 22:31 Uhr - Herr J. hat wenig Hoffnung auf Rettung, Kritik aus der Truppe

tagesthemen 25.08.2021, 22:31 Uhr - Herr J. hat wenig Hoffnung auf Rettung, Kritik aus der Truppe

Guten Abend, schön, dass Sie sich Zeit nehmen für uns -

Ein Mann sprach heute vielen aus dem Herzen:

Die Verzweiflung der Menschen am Flughafen in Kabul

zerreißt einem das Herz.

Ihr Schicksal erschüttert das Selbstverständnis des Westens.

Damit setzte Schäuble den Ton bei der Aussprache

über die Afghanistan-Politik der Bundesregierung.

Dazu kommen wir gleich.

Zunächst wollen wir eine der Geschichten erzählen,

die Wolfgang Schäuble wohl im Sinn hatte.

Eine der unzähligen Geschichten aus Kabul,

wo den Menschen immer weniger Zeit bleibt.

Die letzten deutschen Maschinen werden vielleicht morgen fliegen.

Tausende drängen sich vor dem Flughafen,

der einer Festung gleicht.

Selbst die, die auf den Listen der Bundeswehr stehen,

schaffen es nicht immer hinein.

Cosima Gill und Jens Eberl.

Ein Hilferuf aus Kabul.

Das Gespräch muss er nach wenigen Minuten abbrechen,

weil ihn die Gefühle überwältigen.

Ahmad J. arbeitete jahrelang für die Bundeswehr.

Als Journalist berichtete er auch über die Taliban.

Nun fürchtet er ihre Rache.

Vor einigen Tagen bekam er eine E-Mail der Bundeswehr,

er solle mit seiner Frau und den zwei Kindern zum Flughafen kommen.

Im Flughafen wies ihn ein Bundeswehr-Soldat zurück.

Er hat eine Liste von vier, fünf oder sechs Seiten geöffnet.

Er ist sie so schnell durchgegangen,

dass er gar nicht alle Namen lesen konnte.

Er sagte: "Gehen Sie weg."

Das Flugzeug startete ohne Ahmad -

ohne seine Frau und die Kinder, sieben Monate und drei Jahre alt.

Nach der Ankündigung der Amerikaner, den Einsatz nicht zu verlängern,

spitzt sich in Kabul die Situation weiter zu.

Zehntausende harren vor dem Flughafen aus,

hoffen auf Rettung in letzter Sekunde.

Doch das Ende scheint noch schneller zu kommen.

Die deutsche Botschaft

warnt vor Schießereien und Selbstmordanschlägen.

Die Hinweise auf mögliche Bedrohungslagen

sind sehr konkret und ernst zu nehmen.

Das beschließt auch möglicherweise Zeitfenster.

Dann geht es um die Sicherheit der Menschen am Flughafen

und unserer Truppen.

Ahmad zeigt uns die Dokumente, die er dabei hatte.

Er hat eine neue Nachricht der Bundeswehr bekommen.

Es sei ein Fehler passiert, er solle wieder zum Flughafen kommen.

Der 28-Jährige sieht aber keine Chance mehr.

Es ist unmöglich, zum Gate zu kommen.

Es gibt kein Durchkommen mehr.

Da sind Tausende Menschen, ich komme keinen Meter voran,

meine Kinder würden zerquetscht werden.

Die Lage am Flughafen ist chaotisch.

Die Bundeswehr hat sich zum Fall geäußert und räumte Fehler ein.

Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos schreibt:

Aber die Zeit rennt davon.

Ahmad J. fürchtet,

dass der Fehler am Flughafen für ihn den Tod bedeuten könnte.

Es ist nicht klar, wie sich die Taliban verhalten werden,

wenn die Evakuierung beendet ist.

Ich frage mich nur, wie sie mich umbringen werden.

Werden sie mich erschießen, erstechen oder verhungern lassen?

Ich bin mir nur sicher, es wird geschehen.

Es bleibt nur noch wenig Zeit für die Rettung.

Ahmad J. will die Hoffnung nicht aufgeben.

Aber es fällt ihm sichtlich schwer.

Sibylle Licht in Neu-Delhi,

hat Ahmad eine Chance, aus Kabul herauszukommen?

Im Moment ist das äußerst schwer vorherzusagen.

Was wir heute wieder am Flughafen gesehen haben:

Es waren Tausende Menschen unterwegs.

Auch vor Hintergrund des Abzugsdatums der NATO-Truppen versuchen sie,

auf die Flüge zu kommen.

Heute müssen es dreimal so viele Menschen gewesen sein.

Eine Schlange, die sich von der Kabuler Innenstadt

bis zum Flughafen erstreckte.

Auch heute wieder Panik, Auseinandersetzungen.

Es ist äußerst schwer, aber es gibt ein Hoffnungszeichen

für die Ortskräfte, die für die Bundeswehr gearbeitet haben.

Es gibt eine Vereinbarung mit den Taliban:

Wenn sie's jetzt nicht in einen Flieger schaffen,

können sie möglicherweise über den 31.8. hinaus außer Landes kommen.

Wie glaubwürdig ist diese Ankündigung?

Die Bundesregierung glaubt den Taliban erst mal.

Sie verhandelt schon länger mit ihnen

und bisher haben die sich an Vereinbarungen gehalten.

Die Bundesregierung hat ausgehandelt,

dass die Ortskräfte an den Flughafen kommen können.

Im zweiten Schritt sollen sie länger ausgeflogen werden können,

über das Abzugsdatum der NATO hinaus, den 31.8.

Außerdem möchten die Taliban international Anerkennung

für die Regierung, die sie gerade bilden.

Und sie möchten humanitäre Hilfe.

Die hat die Bundesregierung ihnen zugesagt,

100 Mio. Euro wird den Taliban zur Verfügung gestellt.

Das sind Konditionen, auf die sich der Bund verlässt,

dass die Zusagen der Taliban eingehalten werden.

Vielleicht soll schon morgen

der letzte Flug über Taschkent nach Deutschland gehen.

Was wissen Sie darüber?

Da gibt's vonseiten der Bundesregierung keine Bestätigung.

Die Bundesregierung hat Angst,

dass morgen eine Panik am Flughafen ausbricht.

Und dass noch mehr Menschen versuchen,

auf die Flugzeuge zu kommen.

Und es gibt Geheimdienstberichte der USA, die besagen,

dass Selbstmordattentäter vom IS unterwegs seien.

Das könnte auch dazu beitragen, die Panik anzuheizen.

Oder dass ein Attentat stattfinden könnte.

Darum unterliegt der letzte Flug der Geheimhaltung.

Tschechien und Polen haben ihre Evakuierungsflüge schon eingestellt.

Einige Länder haben die Evakuierung also schon beendet.

Man wird es täglich neu bewerten müssen.

Danke, Sibylle Licht. Gerne.

Die Kritik am Afghanistan-Einsatz, am überhasteten Abzug der NATO.

Warum die bedrohten Menschen nicht längst herausgeholt wurden?

Darauf antwortete die Bundeskanzlerin heute.

Vielleicht erinnern Sie sich an die letzte Situation,

in der Angela Merkel unter Druck war.

Nach dem in der Pandemie die Osterruhe ausgerufen

und wieder kassiert wurde, bat sie im Bundestag um Verzeihung.

Sie sagte den bemerkenswerten Satz:

"Am Ende trage ich für alles die Verantwortung."

Das wiederholte sie nicht.

Frank Jahn.

Es ist ein Desaster. Eine Katastrophe. Kompletter Wahnsinn.

Angela Merkel im Sturm der Kritik für das Afghanistan-Drama.

In ihrer vielleicht letzten Regierungserklärung

muss sie Fehler einräumen - doch sie verteilt die Verantwortung.

Die internationale Koalition habe die Lage falsch eingeschätzt.

Wir haben die Geschwindigkeit dieser Entwicklung unterschätzt,

und das gilt auch für Deutschland.

Fragen zum Abzug müssten beantwortet werden,

aber dafür müsse man sich Zeit lassen.

Auch in dieser Krise wirkt sie, als folge sie der bekannten Methode:

Abwarten und abblitzen lassen.

Hinterher alles genau zu wissen und exakt vorherzusehen,

das ist relativ mühelos.

Die internationale Staatengemeinschaft

konnte aber nicht im Nachhinein entscheiden.

Wir mussten es in der damaligen Situation tun.

20 Jahre Bundeswehreinsatz seien nicht vergebens, sagt Merkel,

und verweist auf den Erfolg über Al Kaida und auf Frauenrechte.

Die AfD lässt das nicht gelten.

Sie fordert mit Blick auf die Bundeswehr eine ganz andere Politik.

Statt im Orient Frauenrechte gegen Taliban zu verteidigen,

soll sie lieber deutsche Grenzen vor Gefahren schützen:

Aus dem Zustrom an Menschen, denen unsere Lebensart völlig fremd ist.

Die Linke sagte stets Nein zum Afghanistan-Einsatz.

Die Entwicklung

sei der schwärzeste Punkt in Merkels 16-jähriger Kanzlerschaft.

Sie fordert personelle Konsequenzen.

Die, die daran beteiligt waren,

sollten nie wieder Mitglieder einer Bundesregierung sein.

Wie Linke und FDP fordern die Grünen einen Untersuchungsausschuss.

Die Kanzlerkandidatin

attackiert scharf das SPD-geführte Außenministerium.

Es hätte die Lage früher neu bewerten müssen.

Warum haben Sie das nicht getan?

Weil sie weiter nach Afghanistan abschieben wollten.

Das gehört zur Ehrlichkeit der Debatte dazu.

Die SPD-Fraktion erinnert die Grünen daran,

in Landesregierungen Abschiebungen mitgetragen zu haben.

Die Heuchelei wird erst deutlich, wenn man sieht:

Sie waren bis zur letzten Stunde in Regierungen vertreten,

die Menschen nach Afghanistan abschieben wollten.

Der Blick zurück reicht der FDP nicht.

Sie fordert einen Bundessicherheitsrat.

Dort sollen Kanzleramt, Außen-, Verteidigungs- und Innenministerium

vertreten sein.

Die letzten Wochen haben den Eindruck

organisierter Unverantwortlichkeit verstärkt.

Das muss Folgen für unsere Sicherheitspolitik haben.

Zum Amtszeit-Ende steht Merkels Politik heftig in der Kritik.

Sie erhält nach dem Schlagabtausch

eine große Mehrheit für das Mandat zum Evakuierungseinsatz.

Der wird bald enden,

doch die Debatte ums Krisenmanagement der Kanzlerin wohl noch nicht.

Auch wenn die Kanzlerin der Bundeswehr ausdrücklich dankte:

Viele Soldaten, die in Afghanistan waren,

blicken enttäuscht auf das Ende dieses Einsatzes.

Sie machen den Regierenden schwere Vorwürfe:

Von Tausenden afghanischen Helfern

konnte erst ein Bruchteil ausgeflogen werden.

Obwohl es nach dem Bundeswehr-Abzug wochenlang möglich gewesen wäre.

Dass man so viele wohl zurücklassen müsse,

sei - wie einer der Männer gleich sagen wird - Verrat.

Iris Völlnagel und Stephan Lenhardt und die bittere Bilanz der Soldaten.

Das Ehrenmal des Deutschen Heeres auf der Festung Ehrenbreitstein.

Hier gedenkt die Bundeswehr

auch der bislang 59 Soldaten, die in Afghanistan starben.

Intensivkrankenschwester Dunja Neukam war viermal in Afghanistan,

als Unteroffizierin und Sanitäterin.

Die Blumen sind für sie nicht irgendein Symbol -

einen verwundeten Kameraden begleitete sie bis in den Tod.

Ich hab seine Mutter kennengelernt, das war sehr prägnant.

Ich war die Letzte, die seine Hand hielt bei der Aussegnung.

Und sie war die Erste, die ihn im Arm hielt.

Das verbindet uns auf ewig.

Neukam geht erstmals 2002 nach Afghanistan -

ein gefährlicher Einsatz.

Dass nun eine Evakuierungsmission nötig ist, macht sie wütend.

Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen.

Jetzt macht man große Bemühungen.

Wieder müssen meine Kameraden also in den Einsatz,

um die Suppe auszulöffeln.

Ja, ich bin wütend.

Das ist auch er.

Wolfgang Bender ist heute Winzer.

Er wollte für Menschenrechte kämpfen -

ein halbes Jahr Afghanistan freiwillig.

Er und seine Kameraden

waren angewiesen auf afghanische Ortskräfte.

Die haben uns Sprengsätze gemeldet,

haben dafür gesorgt, dass wir überleben können.

Das haben ja nicht alle geschafft.

Wenn man diese Menschen im Stich lässt,

wenn ihr Leben in Gefahr ist, weil sie uns geholfen haben:

Dann haben wir das Blut an den Händen.

Der Bundeswehrverband ist überzeugt:

Politische Entscheidungen werden zu wenig erklärt.

Durch das Kommunikationsdesaster bei dieser Tragödie ...

Das bezieh ich auf Politik, auf Regierung.

Da gibt es viel Unverständnis.

Das beschädigt das Band des Vertrauens,

das wir zur Politik haben.

Afghanistans schöne Seite -

Scharfschütze Bender machte die Fotos im Einsatz.

Er glaubt, wie andere Veteranen auch, der Einsatz war trotz allem sinnvoll.

Es war nicht umsonst.

Aber wir haben es weggeworfen und die Menschen verraten.

Ein Scheitern des Westens auf ganzer Linie.

Ein Scheitern der Menschenrechte.

In dieser Zeit gab es für das Land 'ne gewisse Stabilisation.

Kinder konnten ohne Angst auf die Straße gehen.

Frauen mussten keine Schläge von Sittenwächtern befürchten.

Die Generation, die jetzt aufwachsen konnte,

hat zumindest eine Art des Friedens erfahren.

Afghanistan und was wir daraus lernen müssen.

Die Meinung von Michael Stempfle (SWR).

Angela Merkel hat sich rausgeredet.

Die Bundesregierung habe falsch eingeschätzt,

wie schnell die Taliban Kabul einnehmen würden.

Aber alle anderen Verbündeten auch.

Zur Erinnerung:

Vor 20 Jahren riefen die USA erstmals den NATO-Bündnisfall aus.

Deutschland erklärte sich bereit,

an der Seite der USA in Afghanistan zu kämpfen.

Jetzt ist nicht nur ein Militäreinsatz gescheitert,

sondern der Westen.

Es wäre die Pflicht der Bundesregierung gewesen,

ein Worst-Case-Szenario in Betracht zu ziehen:

In dem ein schneller Taliban-Triumph einkalkuliert ist.

Ende September haben die Wähler die Chance mitzubestimmen,

wie die Nach-Merkel-Ära aussieht.

Wir brauchen einen neuen Stil, mehr Ehrlichkeit,

mehr Realismus in Außen- und Sicherheitspolitik.

Dazu zählt, dass wir uns nicht verstecken

hinter internationalen Verpflichtungen.

Sondern, dass wir knallhart definieren:

Was sind unsere Interessen, auch wirtschaftliche?

Wie wollen wir in einer Welt bestehen,

in der autoritäre Staaten wie China mächtiger werden?

Statt Schuldzuweisungen innerhalb einer Regierung

brauchen wir eine viel bessere Zusammenarbeit von Ministerien.

Gern in einem nationalen Sicherheitsrat,

wie von Union und FDP gefordert.

Ausschlaggebend darf aber nicht sein,

was sich Kanzleramt, Parteien, Fraktionen ausdenken.

Sondern was der Sicherheitsrat mit Wissenschaftlern erarbeitet,

wie etwa von den Grünen gefordert.

Entscheiden wir uns für einen Militäreinsatz, dann nur, wenn:

Der Sicherheitsrat Ziele und Gefährlichkeit klar benennt,

Soldaten richtig ausgestattet und die Einsätze evaluiert werden.

Bei der Wahl geht es nicht darum, wer der beste Sprechautomat ist,

sondern darum, wer die besten Ideen hat.

Die Meinung von Michael Stempfle.

Der Bundestag blickte nicht nur nach Afghanistan,

sondern auch auf die von der Flut zerstörten Regionen in Deutschland.

Die Abgeordneten debattierten über einen 30-Mrd.-Hilfsfonds,

der im September beschlossen werden soll.

Wenn man sich die Bilder wie hier in Stolberg (NRW) anschaut,

die nun 5,5 Wochen alt sind, kann man wohl ermessen:

Selbst solch eine riesige Summe

wird das Leid der Menschen auf Jahre nicht heilen können.

Sie kann aber helfen, Häuser, Wasser- und Stromleitungen

oder Straßen zu erneuern.

In Stolberg hat Birgit Virnich festgestellt:

Es fehlt oftmals an Handwerkern.

Die, die da sind, können den Wiederaufbau nicht alleine stemmen.

Sie können sich vor Aufträgen kaum retten:

Lagebesprechung in der kleinen Handwerkerbörse in Stolberg.

25 Handwerker aus ganz Deutschland bieten hier ihre Dienste an.

Jeden Tag verteilen sie die anstehenden Arbeiten.

Es werden immer mehr

für immer weniger der hauptsächlich ehrenamtlichen Helfer.

Am Anfang waren wir paar Tausend -

nach zwei, drei Wochen gar keine mehr.

Diese Dimensionen schaffen wir gar nicht.

Matheo kommt aus Essen.

Der Fliesenleger wollte nur beim Auspumpen der Keller helfen.

Dann hatte er die Idee, mit anderen Handwerkern

der Zerstörung in Stolberg Herr zu werden.

Eine meterhohe Welle des Vichtbachs

hatte Häuser, Geschäfte und Straßen überflutet.

Für Stephan Lucht (26) ist der Anblick schwer zu ertragen.

Der Maler kommt aus Stolberg, und packt seit Wochen mit an.

Man merkt, es sind nur noch vereinzelt Kräfte da.

Es wird sehr viel Hilfe benötigt.

Es kann nicht jeder Laminat oder Parkett verlegen, Türen lackieren.

Das kommt auch noch auf uns zu.

Und wenn's nur 'ne Küche aufbauen ist.

Sisyphusarbeit.

Auf der Baustelle – massive Probleme, es geht nicht weiter.

Zwar haben sie den Putz von den durchnässten Wänden geschlagen.

Doch nun könnten die abgestützten Decken einstürzen.

Ein Statiker ist gefragt.

Dat sieht alles ein bisschen gefährlich aus.

Da fragt man sich, wer die Haftung übernimmt.

Wir brauchen das auf Papier,

damit wir einen Verputzer finden können, der helfen kann.

Der Hausbesitzer ist verzweifelt.

Eigentlich wollte Ralf Kauert alles schnell wiederaufbauen.

Ich hab alles privat organisiert, mit Elektrik, mit Heizung.

Aber hier fehlt Estrichleger, Putzer, Trockenbauer, Fensterbauer.

Alle Handwerksbetriebe haben lange Wartelisten.

Der ansässige Bauunternehmer kommt kaum hinterher.

Er weiß: Um weitere Schäden abzuwenden,

müssten die Gebäude vor dem Winter saniert werden.

Die Leute können nicht so lange warten.

Wo sollen sie denn hin?

Es ist nicht damit getan, das alles auseinanderzureißen.

Man muss ja wiederaufbauen.

Hier fehlen 500 Mann – allein in Stolberg.

Ohne Leute ausm Ausland bekommen wir das nicht hin.

Was muss geschehen?

Dass die Regierung Möglichkeiten schafft,

Handwerker ausm Ausland zu holen, selbst befristet.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.

In Stolberg geben sie ihr Bestes.

Aber sie haben die Sorge, dass das nicht reichen wird.

Wer wäre besser geeignet, fürs Impfen zu werben,

als "Die Ärzte"?

Drei Mann, vier Worte: "Damit das Leben weitergeht".

Damit meint die Punkband ihr Weiterleben auf der Bühne

und das aller Sänger, Gruppen und Ensembles.

Die wegen der Pandemie nicht vor Hunderten Fans auftreten dürfen.

Und danach sehnen sich die Künstler.

Auch wenn viele Beschränkungen fallen,

zeigen der Blick auf die Infektionszahlen

und die verlängerte epidemische Lage heute durch den Bundestag:

Das Virus ist nicht besiegt.

Deshalb trommeln nun viele Musiker dafür,

dass ihre Fans sich impfen lassen, damit Konzerthallen voll werden.

Mirja Fiedler und Andreas König.

Hallo, Berlin!

Heute Abend durfte die Antilopen Gang ihre Fans doch reinlassen

in die Columbiahalle in Berlin.

Das erste große Konzert mit Publikum hier nach 1,5 Jahren Zwangspause

aufgrund der Pandemie.

Das Allererste, wir freuen uns sehr.

Wie geht's Ihnen damit? Mir geht's prima.

Ich bin sogar 'n bisschen aufgeregt.

330 Menschen dürfen hier zur Stunde feiern.

Geimpft, genesen oder getestet.

Anstatt 3500 im ausverkauften Haus.

Ein Minusgeschäft für die Veranstalter.

Trotzdem hatten sie den roten Teppich heute werbewirksam ausgerollt.

Wirtschaftlich muss man bedenken,

dass das betriebswirtschaftlich nicht rentabel ist.

Man muss irgendwann zur Normalität zurückkehren,

wo eine gewisse Auslastung ist, ob bestuhlt oder unbestuhlt.

80 % aller Tickets einer vollen Halle müssten sie verkaufen,

damit sie Geld verdienen.

Um in Zukunft wieder mehr Menschen einlassen zu dürfen,

haben Musiker und Veranstalter heute eine Kampagne gestartet.

Symbolisch um fünf vor zwölf.

Sie rufen zum Impfen auf.

Bitte lasst euch impfen, das ist die einzige Möglichkeit,

dass wir in großen Mengen zusammenkommen können.

Punkrocker, Hip-Hopper, Funk-Musiker und Schlagersänger sind dabei,

unter ihnen Roland Kaiser.

Der Schlagerstar stimmt sich und sein Team heute ein

auf seinen Tourauftakt am Samstag.

Er hat auf Facebook schon Reaktionen auf sein Statement bekommen.

Gibt einige, die das sehr bejahen.

Manche sagen, sie sind anderer Meinung, ist ihr gutes Recht.

Jeder darf seine Meinung haben und sie sagen.

Aber ich kann meine Meinung nicht abhängig machen

von derer anderer Menschen.

Die Besucher des Hip-Hop-Konzerts in Berlin

haben von der Impfkampagne schon gehört.

Wunderbar, super.

Sollte sich jeder impfen lassen. Warum?

Damit wir den Schutz haben,

dass wir Kultur und Schule genießen können.

Und dass irgendwie die Freiheit wiederkommt.

Die können 330 Fans und die Band zur Stunde spüren.

Bei der Bahn droht neuer Ärger.

Mehr dazu in den Nachrichten mit Jens Riewa.

Am Morgen war die zweite Streikrunde zu Ende gegangen.

Die Lokführergewerkschaft GDL

droht mit neuen Arbeitsniederlegungen im Tarifkonflikt.

GDL-Chef Weselsky

nannte keinen Zeitpunkt für mögliche weitere Streiks.

Laut Bahn rollte der Verkehr heute wieder weitgehend normal.

Ein Ende des Tarifkonflikts ist weiter nicht in Sicht.

Die Corona-Krise führt in vielen Ausbildungsberufen zu Problemen.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage der DGB-Jugendorganisation.

Homeoffice und Homeschooling haben sich negativ

auf die Qualität der Ausbildung und des Unterrichts ausgewirkt.

Der DGB kritisierte:

Manche Arbeitgeber hätten infolge der Pandemie

Vergütung und Urlaubstage für die Auszubildenden gekürzt.

Ein wichtiger Wirtschaftsgradmesser, der ifo-Geschäftsklimaindex,

weist für den August geteilte Stimmung aus.

Die Lage wird als gut bezeichnet, aber die Aussichten trüben sich ein.

Mehr von Markus Gürne.

Steigende Infektionszahlen, der nahende Herbst,

die Furcht vor Einschränkungen wegen Corona:

Das macht den Unternehmenschefs Sorgen.

Darum zeigt die Kurve des ifo-Index seit zwei Monaten nach unten.

Die Geschäfte laufen zwar noch gut,

die nahe Zukunft aber wird skeptischer gesehen.

Das betrifft Branchen, die schon in der Vergangenheit gebeutelt waren:

Dienstleistungssektor, Gastronomie und Tourismus.

Die Industrie sorgt sich um internationale Lieferketten.

Die sind brüchig und sorgen für Mangel in der Produktion.

Bundespräsident Steinmeier ist zu Gesprächen nach Tschechien gereist.

Er nahm erstmals für einen offiziellen Auslandsbesuch den Zug,

um auf den Wert offener Grenzen in Europa hinzuweisen.

Steinmeier informierte sich bei Pendlern

über die Situation während der Corona-bedingten Grenzschließungen.

Für morgen sind Gespräche mit Präsident Zeman

und Regierungschef Babis geplant.

Wenn eine Stadt so unabänderlich mit einer Ware verbunden ist,

dass man sie sogar auf ihren Postkarten nicht übersehen kann:

Dann dürfte klar sein, was für ein Umbruch es ist,

wenn dieser Werbeartikel dort kaum noch hergestellt wird.

Pirmasens war Schuh - fast 200 Jahre lang.

Dann nahmen Slipper, Sandaletten und Stiefel andere Wege,

und die Firmen wanderten ab.

Wer dort einst arbeitete, blieb.

Christian Kretschmer war zu Besuch in Pirmasens.

Er traf Menschen, die traurig auf die Vergangenheit schauen

und versuchen, sich Mut für die Zukunft zu machen.

Susanne Knerr vor ihrem ehemaligen Arbeitsplatz.

Peter Kaiser - die älteste Schuhfabrik Deutschlands.

Seit dem Frühjahr werden Schuhe hier nur noch verkauft.

Der Umsatz - seit Langem rückläufig,

das Unternehmen insolvent, langjährige Mitarbeiter arbeitslos.

Ich treffe Susanne Knerr zu Hause wieder.

35 Jahre hat sie bei Peter Kaiser gearbeitet.

Hallo! Dürfen wir reinkommen? Natürlich.

Sie zeigt mit etwas wehmütigem Stolz ein Paar ihrer Lieblingsschuhe,

die sie selbst mit hergestellt hat.

Auch Rainer Scheffler war 30 Jahre bei Peter Kaiser beschäftigt.

Viele ehemalige Kollegen halten noch immer Kontakt.

Längst nicht allen geht es gut.

Viele sind am Boden zerstört, kenn ich viele.

Nervlich. Ja, psychisch.

Viele Kollegen von Ihnen?

Wie das aussieht, wollen sie mir zeigen.

Mit einer DVD,

die viele Peter-Kaiser-Mitarbeiter vor Jahren bekommen haben.

Bessere Zeiten, als es hier noch viele Fabriken gab

und mehr als die Hälfte der 40.000 Einwohner darin gearbeitet hat.

Und als einmal jeder zweite Straßenschuh Deutschlands

aus Pirmasens kam.

Doch die heimische Schuhindustrie ist seit den 70ern

immer mehr in Billiglohnländer abgewandert.

Tausende Arbeitsplätze gingen durch die Globalisierung verloren.

Die ehemals größte Schuhfabrik Europas beheimatet nun ein Museum.

Die Stadt kämpft mit den wirtschaftlichen Folgen

der hohen Arbeitslosigkeit, dem Leerstand in der Fußgängerzone.

Ich bin mit dem Bürgermeister verabredet.

Auf einem ehemaligen Kasernengelände

forschen und lehren Einrichtungen zur Schuhproduktion und -entwicklung.

Pirmasens ist die Schuhstadt.

Es ist ein Kompetenzcluster, das hier am Standort ist.

Das bietet auch für die Zukunft Chancen.

So sieht diese Zukunft aus:

Hier im internationalen Schuhkompetenzzentrum

lernen angehende Schuhspezialisten verschiedene Materialien kennen.

Und im Biomechaniklabor

werden modernste Gesundheitsschuhe mit Sensoren getestet.

Ist in dieser Zukunft Platz für Menschen wie Rainer Scheffler?

Er will wieder Arbeit finden und hat einen Termin bei den Kümmerern.

So heißt ein vom Land gefördertes Projekt,

das ehemalige Schuhfabrikmitarbeiter wieder in Arbeit bringen soll.

Was haben Sie bei Peter Kaiser gemacht?

Verschiedene Sachen: Sohlen setzen, Absatz schrauben.

Bei Peter Kaiser kommen viele das erste Mal in die Situation,

Bewerbungsunterlagen zusammenzustellen.

Da sind viele überfordert, das ist 'ne ganz neue Situation.

Nach dem Beratungsgespräch ist für Rainer Scheffler klar:

Er will sich umorientieren.

Mit dem Schuhemachen hat er abgeschlossen.

Ich konzentrier mich jetzt auf 'nen anderen Berufszweig.

Aber mit Schuhfabrik - wird mir nix mehr bringen.

So denkt auch Susanne Knerr.

Sie zeigt mir zum Abschluss eine Sehenswürdigkeit von Pirmasens:

Der Schusterbrunnen hält noch immer das Schuhhandwerk hoch.

Irgendwie wird es hier mit den Schuhen weitergehen.

Aber ohne viele Bürger, die sie hier zum Wahrzeichen gemacht haben.

Seit gestern zeigen die weltbesten Sportler, dass eine Behinderung

kein Hinderungsgrund ist, Spitzenleistungen zu liefern.

Die Paralympics werden traditionell einige Wochen nach Olympia

in derselben Stadt ausgetragen.

In Tokio gab es am ersten Entscheidungstag

die erste Medaille für das deutsche Team.

Sebastian Rieth.

So sieht er aus,

der Jubel über die erste deutsche Medaille bei den Paralympics.

Denise Schindler holt Bronze im Bahnrad.

Das kleine Finale gegen die Amerikanerin Clara Brown

dominiert Schindler vom Start an.

Über die 3000 Meter liegt die 35-Jährige jederzeit vorne,

baut ihren Vorsprung sogar auf über sechs Sekunden aus.

In persönlicher Bestzeit von 3:55 Minuten fährt sie ins Ziel.

Für die unterschenkelamputierte Radsportlerin

ist es die erste Paralympics-Medaille auf der Bahn.

Es ist 'n Traum, der wahr wird.

Ich konnte in Rio keine Medaille auf der Bahn holen.

Jetzt kann ich allen Leuten, die an mich geglaubt haben,

die den Weg mit mir gegangen sind, das zurückgeben.

Erfolgreicher Auftakt auch für die deutschen Goalballer.

Der Europameister besiegt im ersten Gruppenspiel die Türkei mit 6:4

und unterstrich seine Gold-Ambitionen.

Den letzten Treffer erzielte Michael Dennis per Penalty.

Gold ist auch das Ziel von Tischtennis-Ass Thomas Schmidberger.

Er gewann seine ersten Turnierspiele, zog problemlos ins Viertelfinale ein.

Dort stehen auch Thomas Brüchle und Sandra Mikolascheck

nach starken Auftritten am ersten Tag der Paralympics in Tokio.

Dem Sommerwetter könnte man Trainingsrückstand ankreiden,

Karsten.

Das ist eine Frage des Standpunktes.

Dieses Foto haben wir heute von Sylt bekommen.

Das sieht nicht nach August aus.

Das herbstliche Wetter macht sich überall in Deutschland breit.

Ich erwarte nicht mehr, dass wir über 25 Grad kommen.

Die werden in ganz Deutschland in den nächsten Tagen nicht erreicht.

Es wird relativ kühl.

Schuld ist ein riesiges Tief,

das sich in den nächsten Tagen über Europa bildet.

Das bringt Schauer und wechselhaftes Wetter.

Wir sehen hier die Niederschläge aufsummiert.

Hier wird es in den nächsten Tagen definitiv nass.

Das hier ist die erste Kaltfront in der Nacht.

Mit leichtem Regen.

Dahinter morgen Vormittag erst mal trockenes Wetter.

Am Nachmittag kommt dann das Aprilwetter mit Gewittern.

Vor allem im Osten und in der Mitte.

Die Aussichten:

Es geht wechselhaft weiter.

Danke, Karsten.

Gleich empfängt Sandra Maischberger hier ihre Gäste zum Talk.

Um 0.20 Uhr meldet sich dann das nachtmagazin.

Wir sehen uns morgen wieder. Tschüss.

Copyright Untertitel: NDR 2021


tagesthemen 25.08.2021, 22:31 Uhr - Herr J. hat wenig Hoffnung auf Rettung, Kritik aus der Truppe tagesthemen 25.08.2021, 22:31 Uhr - Herr J. hat wenig Hoffnung auf Rettung, Kritik aus der Truppe tagesthemen 25.08.2021, 22:31 Uhr - Mr. J. has little hope for rescue, criticism from the troops tagesthemen 25/08/2021, 22:31 - Sr. J. tiene pocas esperanzas de rescate, críticas de las tropas

Guten Abend, schön, dass Sie sich Zeit nehmen für uns -

Ein Mann sprach heute vielen aus dem Herzen: 今天有一个人说出了很多人的心声:

Die Verzweiflung der Menschen am Flughafen in Kabul

zerreißt einem das Herz. rasga seu coração.

Ihr Schicksal erschüttert das Selbstverständnis des Westens.

Damit setzte Schäuble den Ton bei der Aussprache

über die Afghanistan-Politik der Bundesregierung.

Dazu kommen wir gleich.

Zunächst wollen wir eine der Geschichten erzählen,

die Wolfgang Schäuble wohl im Sinn hatte.

Eine der unzähligen Geschichten aus Kabul,

wo den Menschen immer weniger Zeit bleibt.

Die letzten deutschen Maschinen werden vielleicht morgen fliegen.

Tausende drängen sich vor dem Flughafen,

der einer Festung gleicht.

Selbst die, die auf den Listen der Bundeswehr stehen,

schaffen es nicht immer hinein.

Cosima Gill und Jens Eberl.

Ein Hilferuf aus Kabul.

Das Gespräch muss er nach wenigen Minuten abbrechen,

weil ihn die Gefühle überwältigen.

Ahmad J. arbeitete jahrelang für die Bundeswehr.

Als Journalist berichtete er auch über die Taliban.

Nun fürchtet er ihre Rache.

Vor einigen Tagen bekam er eine E-Mail der Bundeswehr,

er solle mit seiner Frau und den zwei Kindern zum Flughafen kommen.

Im Flughafen wies ihn ein Bundeswehr-Soldat zurück.

Er hat eine Liste von vier, fünf oder sechs Seiten geöffnet.

Er ist sie so schnell durchgegangen,

dass er gar nicht alle Namen lesen konnte.

Er sagte: "Gehen Sie weg."

Das Flugzeug startete ohne Ahmad -

ohne seine Frau und die Kinder, sieben Monate und drei Jahre alt.

Nach der Ankündigung der Amerikaner, den Einsatz nicht zu verlängern,

spitzt sich in Kabul die Situation weiter zu.

Zehntausende harren vor dem Flughafen aus,

hoffen auf Rettung in letzter Sekunde.

Doch das Ende scheint noch schneller zu kommen.

Die deutsche Botschaft

warnt vor Schießereien und Selbstmordanschlägen.

Die Hinweise auf mögliche Bedrohungslagen

sind sehr konkret und ernst zu nehmen.

Das beschließt auch möglicherweise Zeitfenster.

Dann geht es um die Sicherheit der Menschen am Flughafen

und unserer Truppen.

Ahmad zeigt uns die Dokumente, die er dabei hatte.

Er hat eine neue Nachricht der Bundeswehr bekommen.

Es sei ein Fehler passiert, er solle wieder zum Flughafen kommen.

Der 28-Jährige sieht aber keine Chance mehr.

Es ist unmöglich, zum Gate zu kommen.

Es gibt kein Durchkommen mehr.

Da sind Tausende Menschen, ich komme keinen Meter voran,

meine Kinder würden zerquetscht werden.

Die Lage am Flughafen ist chaotisch.

Die Bundeswehr hat sich zum Fall geäußert und räumte Fehler ein.

Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos schreibt:

Aber die Zeit rennt davon.

Ahmad J. fürchtet,

dass der Fehler am Flughafen für ihn den Tod bedeuten könnte.

Es ist nicht klar, wie sich die Taliban verhalten werden,

wenn die Evakuierung beendet ist.

Ich frage mich nur, wie sie mich umbringen werden.

Werden sie mich erschießen, erstechen oder verhungern lassen?

Ich bin mir nur sicher, es wird geschehen.

Es bleibt nur noch wenig Zeit für die Rettung.

Ahmad J. will die Hoffnung nicht aufgeben.

Aber es fällt ihm sichtlich schwer.

Sibylle Licht in Neu-Delhi,

hat Ahmad eine Chance, aus Kabul herauszukommen?

Im Moment ist das äußerst schwer vorherzusagen.

Was wir heute wieder am Flughafen gesehen haben:

Es waren Tausende Menschen unterwegs.

Auch vor Hintergrund des Abzugsdatums der NATO-Truppen versuchen sie,

auf die Flüge zu kommen.

Heute müssen es dreimal so viele Menschen gewesen sein.

Eine Schlange, die sich von der Kabuler Innenstadt

bis zum Flughafen erstreckte.

Auch heute wieder Panik, Auseinandersetzungen.

Es ist äußerst schwer, aber es gibt ein Hoffnungszeichen

für die Ortskräfte, die für die Bundeswehr gearbeitet haben.

Es gibt eine Vereinbarung mit den Taliban:

Wenn sie's jetzt nicht in einen Flieger schaffen,

können sie möglicherweise über den 31.8. hinaus außer Landes kommen.

Wie glaubwürdig ist diese Ankündigung?

Die Bundesregierung glaubt den Taliban erst mal.

Sie verhandelt schon länger mit ihnen

und bisher haben die sich an Vereinbarungen gehalten.

Die Bundesregierung hat ausgehandelt,

dass die Ortskräfte an den Flughafen kommen können.

Im zweiten Schritt sollen sie länger ausgeflogen werden können,

über das Abzugsdatum der NATO hinaus, den 31.8.

Außerdem möchten die Taliban international Anerkennung

für die Regierung, die sie gerade bilden.

Und sie möchten humanitäre Hilfe.

Die hat die Bundesregierung ihnen zugesagt,

100 Mio. Euro wird den Taliban zur Verfügung gestellt.

Das sind Konditionen, auf die sich der Bund verlässt,

dass die Zusagen der Taliban eingehalten werden.

Vielleicht soll schon morgen

der letzte Flug über Taschkent nach Deutschland gehen.

Was wissen Sie darüber?

Da gibt's vonseiten der Bundesregierung keine Bestätigung.

Die Bundesregierung hat Angst,

dass morgen eine Panik am Flughafen ausbricht.

Und dass noch mehr Menschen versuchen,

auf die Flugzeuge zu kommen.

Und es gibt Geheimdienstberichte der USA, die besagen,

dass Selbstmordattentäter vom IS unterwegs seien.

Das könnte auch dazu beitragen, die Panik anzuheizen.

Oder dass ein Attentat stattfinden könnte.

Darum unterliegt der letzte Flug der Geheimhaltung.

Tschechien und Polen haben ihre Evakuierungsflüge schon eingestellt.

Einige Länder haben die Evakuierung also schon beendet.

Man wird es täglich neu bewerten müssen.

Danke, Sibylle Licht. Gerne.

Die Kritik am Afghanistan-Einsatz, am überhasteten Abzug der NATO.

Warum die bedrohten Menschen nicht längst herausgeholt wurden?

Darauf antwortete die Bundeskanzlerin heute.

Vielleicht erinnern Sie sich an die letzte Situation,

in der Angela Merkel unter Druck war.

Nach dem in der Pandemie die Osterruhe ausgerufen

und wieder kassiert wurde, bat sie im Bundestag um Verzeihung.

Sie sagte den bemerkenswerten Satz:

"Am Ende trage ich für alles die Verantwortung."

Das wiederholte sie nicht.

Frank Jahn.

Es ist ein Desaster. Eine Katastrophe. Kompletter Wahnsinn.

Angela Merkel im Sturm der Kritik für das Afghanistan-Drama.

In ihrer vielleicht letzten Regierungserklärung

muss sie Fehler einräumen - doch sie verteilt die Verantwortung.

Die internationale Koalition habe die Lage falsch eingeschätzt.

Wir haben die Geschwindigkeit dieser Entwicklung unterschätzt,

und das gilt auch für Deutschland.

Fragen zum Abzug müssten beantwortet werden,

aber dafür müsse man sich Zeit lassen.

Auch in dieser Krise wirkt sie, als folge sie der bekannten Methode:

Abwarten und abblitzen lassen.

Hinterher alles genau zu wissen und exakt vorherzusehen,

das ist relativ mühelos.

Die internationale Staatengemeinschaft

konnte aber nicht im Nachhinein entscheiden.

Wir mussten es in der damaligen Situation tun.

20 Jahre Bundeswehreinsatz seien nicht vergebens, sagt Merkel,

und verweist auf den Erfolg über Al Kaida und auf Frauenrechte.

Die AfD lässt das nicht gelten.

Sie fordert mit Blick auf die Bundeswehr eine ganz andere Politik.

Statt im Orient Frauenrechte gegen Taliban zu verteidigen,

soll sie lieber deutsche Grenzen vor Gefahren schützen:

Aus dem Zustrom an Menschen, denen unsere Lebensart völlig fremd ist.

Die Linke sagte stets Nein zum Afghanistan-Einsatz.

Die Entwicklung

sei der schwärzeste Punkt in Merkels 16-jähriger Kanzlerschaft.

Sie fordert personelle Konsequenzen.

Die, die daran beteiligt waren,

sollten nie wieder Mitglieder einer Bundesregierung sein.

Wie Linke und FDP fordern die Grünen einen Untersuchungsausschuss.

Die Kanzlerkandidatin

attackiert scharf das SPD-geführte Außenministerium.

Es hätte die Lage früher neu bewerten müssen.

Warum haben Sie das nicht getan?

Weil sie weiter nach Afghanistan abschieben wollten.

Das gehört zur Ehrlichkeit der Debatte dazu.

Die SPD-Fraktion erinnert die Grünen daran,

in Landesregierungen Abschiebungen mitgetragen zu haben.

Die Heuchelei wird erst deutlich, wenn man sieht:

Sie waren bis zur letzten Stunde in Regierungen vertreten,

die Menschen nach Afghanistan abschieben wollten.

Der Blick zurück reicht der FDP nicht.

Sie fordert einen Bundessicherheitsrat.

Dort sollen Kanzleramt, Außen-, Verteidigungs- und Innenministerium

vertreten sein.

Die letzten Wochen haben den Eindruck

organisierter Unverantwortlichkeit verstärkt.

Das muss Folgen für unsere Sicherheitspolitik haben.

Zum Amtszeit-Ende steht Merkels Politik heftig in der Kritik.

Sie erhält nach dem Schlagabtausch

eine große Mehrheit für das Mandat zum Evakuierungseinsatz.

Der wird bald enden,

doch die Debatte ums Krisenmanagement der Kanzlerin wohl noch nicht.

Auch wenn die Kanzlerin der Bundeswehr ausdrücklich dankte:

Viele Soldaten, die in Afghanistan waren,

blicken enttäuscht auf das Ende dieses Einsatzes.

Sie machen den Regierenden schwere Vorwürfe:

Von Tausenden afghanischen Helfern

konnte erst ein Bruchteil ausgeflogen werden.

Obwohl es nach dem Bundeswehr-Abzug wochenlang möglich gewesen wäre.

Dass man so viele wohl zurücklassen müsse,

sei - wie einer der Männer gleich sagen wird - Verrat.

Iris Völlnagel und Stephan Lenhardt und die bittere Bilanz der Soldaten.

Das Ehrenmal des Deutschen Heeres auf der Festung Ehrenbreitstein.

Hier gedenkt die Bundeswehr

auch der bislang 59 Soldaten, die in Afghanistan starben.

Intensivkrankenschwester Dunja Neukam war viermal in Afghanistan,

als Unteroffizierin und Sanitäterin.

Die Blumen sind für sie nicht irgendein Symbol -

einen verwundeten Kameraden begleitete sie bis in den Tod.

Ich hab seine Mutter kennengelernt, das war sehr prägnant.

Ich war die Letzte, die seine Hand hielt bei der Aussegnung.

Und sie war die Erste, die ihn im Arm hielt.

Das verbindet uns auf ewig.

Neukam geht erstmals 2002 nach Afghanistan -

ein gefährlicher Einsatz.

Dass nun eine Evakuierungsmission nötig ist, macht sie wütend.

Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen.

Jetzt macht man große Bemühungen.

Wieder müssen meine Kameraden also in den Einsatz,

um die Suppe auszulöffeln.

Ja, ich bin wütend.

Das ist auch er.

Wolfgang Bender ist heute Winzer.

Er wollte für Menschenrechte kämpfen -

ein halbes Jahr Afghanistan freiwillig.

Er und seine Kameraden

waren angewiesen auf afghanische Ortskräfte.

Die haben uns Sprengsätze gemeldet,

haben dafür gesorgt, dass wir überleben können.

Das haben ja nicht alle geschafft.

Wenn man diese Menschen im Stich lässt,

wenn ihr Leben in Gefahr ist, weil sie uns geholfen haben:

Dann haben wir das Blut an den Händen.

Der Bundeswehrverband ist überzeugt:

Politische Entscheidungen werden zu wenig erklärt.

Durch das Kommunikationsdesaster bei dieser Tragödie ...

Das bezieh ich auf Politik, auf Regierung.

Da gibt es viel Unverständnis.

Das beschädigt das Band des Vertrauens,

das wir zur Politik haben.

Afghanistans schöne Seite -

Scharfschütze Bender machte die Fotos im Einsatz.

Er glaubt, wie andere Veteranen auch, der Einsatz war trotz allem sinnvoll.

Es war nicht umsonst.

Aber wir haben es weggeworfen und die Menschen verraten.

Ein Scheitern des Westens auf ganzer Linie.

Ein Scheitern der Menschenrechte.

In dieser Zeit gab es für das Land 'ne gewisse Stabilisation.

Kinder konnten ohne Angst auf die Straße gehen.

Frauen mussten keine Schläge von Sittenwächtern befürchten.

Die Generation, die jetzt aufwachsen konnte,

hat zumindest eine Art des Friedens erfahren.

Afghanistan und was wir daraus lernen müssen.

Die Meinung von Michael Stempfle (SWR).

Angela Merkel hat sich rausgeredet.

Die Bundesregierung habe falsch eingeschätzt,

wie schnell die Taliban Kabul einnehmen würden.

Aber alle anderen Verbündeten auch.

Zur Erinnerung:

Vor 20 Jahren riefen die USA erstmals den NATO-Bündnisfall aus.

Deutschland erklärte sich bereit,

an der Seite der USA in Afghanistan zu kämpfen.

Jetzt ist nicht nur ein Militäreinsatz gescheitert,

sondern der Westen.

Es wäre die Pflicht der Bundesregierung gewesen,

ein Worst-Case-Szenario in Betracht zu ziehen:

In dem ein schneller Taliban-Triumph einkalkuliert ist.

Ende September haben die Wähler die Chance mitzubestimmen,

wie die Nach-Merkel-Ära aussieht.

Wir brauchen einen neuen Stil, mehr Ehrlichkeit,

mehr Realismus in Außen- und Sicherheitspolitik.

Dazu zählt, dass wir uns nicht verstecken

hinter internationalen Verpflichtungen.

Sondern, dass wir knallhart definieren:

Was sind unsere Interessen, auch wirtschaftliche?

Wie wollen wir in einer Welt bestehen,

in der autoritäre Staaten wie China mächtiger werden?

Statt Schuldzuweisungen innerhalb einer Regierung

brauchen wir eine viel bessere Zusammenarbeit von Ministerien.

Gern in einem nationalen Sicherheitsrat,

wie von Union und FDP gefordert.

Ausschlaggebend darf aber nicht sein,

was sich Kanzleramt, Parteien, Fraktionen ausdenken.

Sondern was der Sicherheitsrat mit Wissenschaftlern erarbeitet,

wie etwa von den Grünen gefordert.

Entscheiden wir uns für einen Militäreinsatz, dann nur, wenn:

Der Sicherheitsrat Ziele und Gefährlichkeit klar benennt,

Soldaten richtig ausgestattet und die Einsätze evaluiert werden.

Bei der Wahl geht es nicht darum, wer der beste Sprechautomat ist,

sondern darum, wer die besten Ideen hat.

Die Meinung von Michael Stempfle.

Der Bundestag blickte nicht nur nach Afghanistan,

sondern auch auf die von der Flut zerstörten Regionen in Deutschland.

Die Abgeordneten debattierten über einen 30-Mrd.-Hilfsfonds,

der im September beschlossen werden soll.

Wenn man sich die Bilder wie hier in Stolberg (NRW) anschaut,

die nun 5,5 Wochen alt sind, kann man wohl ermessen:

Selbst solch eine riesige Summe

wird das Leid der Menschen auf Jahre nicht heilen können.

Sie kann aber helfen, Häuser, Wasser- und Stromleitungen

oder Straßen zu erneuern.

In Stolberg hat Birgit Virnich festgestellt:

Es fehlt oftmals an Handwerkern.

Die, die da sind, können den Wiederaufbau nicht alleine stemmen.

Sie können sich vor Aufträgen kaum retten:

Lagebesprechung in der kleinen Handwerkerbörse in Stolberg.

25 Handwerker aus ganz Deutschland bieten hier ihre Dienste an.

Jeden Tag verteilen sie die anstehenden Arbeiten.

Es werden immer mehr

für immer weniger der hauptsächlich ehrenamtlichen Helfer.

Am Anfang waren wir paar Tausend -

nach zwei, drei Wochen gar keine mehr.

Diese Dimensionen schaffen wir gar nicht.

Matheo kommt aus Essen.

Der Fliesenleger wollte nur beim Auspumpen der Keller helfen.

Dann hatte er die Idee, mit anderen Handwerkern

der Zerstörung in Stolberg Herr zu werden.

Eine meterhohe Welle des Vichtbachs

hatte Häuser, Geschäfte und Straßen überflutet.

Für Stephan Lucht (26) ist der Anblick schwer zu ertragen.

Der Maler kommt aus Stolberg, und packt seit Wochen mit an.

Man merkt, es sind nur noch vereinzelt Kräfte da.

Es wird sehr viel Hilfe benötigt.

Es kann nicht jeder Laminat oder Parkett verlegen, Türen lackieren.

Das kommt auch noch auf uns zu.

Und wenn's nur 'ne Küche aufbauen ist.

Sisyphusarbeit.

Auf der Baustelle – massive Probleme, es geht nicht weiter.

Zwar haben sie den Putz von den durchnässten Wänden geschlagen.

Doch nun könnten die abgestützten Decken einstürzen.

Ein Statiker ist gefragt.

Dat sieht alles ein bisschen gefährlich aus.

Da fragt man sich, wer die Haftung übernimmt.

Wir brauchen das auf Papier,

damit wir einen Verputzer finden können, der helfen kann.

Der Hausbesitzer ist verzweifelt.

Eigentlich wollte Ralf Kauert alles schnell wiederaufbauen.

Ich hab alles privat organisiert, mit Elektrik, mit Heizung.

Aber hier fehlt Estrichleger, Putzer, Trockenbauer, Fensterbauer.

Alle Handwerksbetriebe haben lange Wartelisten.

Der ansässige Bauunternehmer kommt kaum hinterher.

Er weiß: Um weitere Schäden abzuwenden,

müssten die Gebäude vor dem Winter saniert werden.

Die Leute können nicht so lange warten.

Wo sollen sie denn hin?

Es ist nicht damit getan, das alles auseinanderzureißen.

Man muss ja wiederaufbauen.

Hier fehlen 500 Mann – allein in Stolberg.

Ohne Leute ausm Ausland bekommen wir das nicht hin.

Was muss geschehen?

Dass die Regierung Möglichkeiten schafft,

Handwerker ausm Ausland zu holen, selbst befristet.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.

In Stolberg geben sie ihr Bestes.

Aber sie haben die Sorge, dass das nicht reichen wird.

Wer wäre besser geeignet, fürs Impfen zu werben,

als "Die Ärzte"?

Drei Mann, vier Worte: "Damit das Leben weitergeht".

Damit meint die Punkband ihr Weiterleben auf der Bühne

und das aller Sänger, Gruppen und Ensembles.

Die wegen der Pandemie nicht vor Hunderten Fans auftreten dürfen.

Und danach sehnen sich die Künstler.

Auch wenn viele Beschränkungen fallen,

zeigen der Blick auf die Infektionszahlen

und die verlängerte epidemische Lage heute durch den Bundestag:

Das Virus ist nicht besiegt.

Deshalb trommeln nun viele Musiker dafür,

dass ihre Fans sich impfen lassen, damit Konzerthallen voll werden.

Mirja Fiedler und Andreas König.

Hallo, Berlin!

Heute Abend durfte die Antilopen Gang ihre Fans doch reinlassen

in die Columbiahalle in Berlin.

Das erste große Konzert mit Publikum hier nach 1,5 Jahren Zwangspause

aufgrund der Pandemie.

Das Allererste, wir freuen uns sehr.

Wie geht's Ihnen damit? Mir geht's prima.

Ich bin sogar 'n bisschen aufgeregt.

330 Menschen dürfen hier zur Stunde feiern.

Geimpft, genesen oder getestet.

Anstatt 3500 im ausverkauften Haus.

Ein Minusgeschäft für die Veranstalter.

Trotzdem hatten sie den roten Teppich heute werbewirksam ausgerollt.

Wirtschaftlich muss man bedenken,

dass das betriebswirtschaftlich nicht rentabel ist.

Man muss irgendwann zur Normalität zurückkehren,

wo eine gewisse Auslastung ist, ob bestuhlt oder unbestuhlt.

80 % aller Tickets einer vollen Halle müssten sie verkaufen,

damit sie Geld verdienen.

Um in Zukunft wieder mehr Menschen einlassen zu dürfen,

haben Musiker und Veranstalter heute eine Kampagne gestartet.

Symbolisch um fünf vor zwölf.

Sie rufen zum Impfen auf.

Bitte lasst euch impfen, das ist die einzige Möglichkeit,

dass wir in großen Mengen zusammenkommen können.

Punkrocker, Hip-Hopper, Funk-Musiker und Schlagersänger sind dabei,

unter ihnen Roland Kaiser.

Der Schlagerstar stimmt sich und sein Team heute ein

auf seinen Tourauftakt am Samstag.

Er hat auf Facebook schon Reaktionen auf sein Statement bekommen.

Gibt einige, die das sehr bejahen.

Manche sagen, sie sind anderer Meinung, ist ihr gutes Recht.

Jeder darf seine Meinung haben und sie sagen.

Aber ich kann meine Meinung nicht abhängig machen

von derer anderer Menschen.

Die Besucher des Hip-Hop-Konzerts in Berlin

haben von der Impfkampagne schon gehört.

Wunderbar, super.

Sollte sich jeder impfen lassen. Warum?

Damit wir den Schutz haben,

dass wir Kultur und Schule genießen können.

Und dass irgendwie die Freiheit wiederkommt.

Die können 330 Fans und die Band zur Stunde spüren.

Bei der Bahn droht neuer Ärger.

Mehr dazu in den Nachrichten mit Jens Riewa.

Am Morgen war die zweite Streikrunde zu Ende gegangen.

Die Lokführergewerkschaft GDL

droht mit neuen Arbeitsniederlegungen im Tarifkonflikt.

GDL-Chef Weselsky

nannte keinen Zeitpunkt für mögliche weitere Streiks.

Laut Bahn rollte der Verkehr heute wieder weitgehend normal.

Ein Ende des Tarifkonflikts ist weiter nicht in Sicht.

Die Corona-Krise führt in vielen Ausbildungsberufen zu Problemen.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage der DGB-Jugendorganisation.

Homeoffice und Homeschooling haben sich negativ

auf die Qualität der Ausbildung und des Unterrichts ausgewirkt.

Der DGB kritisierte:

Manche Arbeitgeber hätten infolge der Pandemie

Vergütung und Urlaubstage für die Auszubildenden gekürzt.

Ein wichtiger Wirtschaftsgradmesser, der ifo-Geschäftsklimaindex,

weist für den August geteilte Stimmung aus.

Die Lage wird als gut bezeichnet, aber die Aussichten trüben sich ein.

Mehr von Markus Gürne.

Steigende Infektionszahlen, der nahende Herbst,

die Furcht vor Einschränkungen wegen Corona:

Das macht den Unternehmenschefs Sorgen.

Darum zeigt die Kurve des ifo-Index seit zwei Monaten nach unten.

Die Geschäfte laufen zwar noch gut,

die nahe Zukunft aber wird skeptischer gesehen.

Das betrifft Branchen, die schon in der Vergangenheit gebeutelt waren:

Dienstleistungssektor, Gastronomie und Tourismus.

Die Industrie sorgt sich um internationale Lieferketten.

Die sind brüchig und sorgen für Mangel in der Produktion.

Bundespräsident Steinmeier ist zu Gesprächen nach Tschechien gereist.

Er nahm erstmals für einen offiziellen Auslandsbesuch den Zug,

um auf den Wert offener Grenzen in Europa hinzuweisen.

Steinmeier informierte sich bei Pendlern

über die Situation während der Corona-bedingten Grenzschließungen.

Für morgen sind Gespräche mit Präsident Zeman

und Regierungschef Babis geplant.

Wenn eine Stadt so unabänderlich mit einer Ware verbunden ist,

dass man sie sogar auf ihren Postkarten nicht übersehen kann:

Dann dürfte klar sein, was für ein Umbruch es ist,

wenn dieser Werbeartikel dort kaum noch hergestellt wird.

Pirmasens war Schuh - fast 200 Jahre lang.

Dann nahmen Slipper, Sandaletten und Stiefel andere Wege,

und die Firmen wanderten ab.

Wer dort einst arbeitete, blieb.

Christian Kretschmer war zu Besuch in Pirmasens.

Er traf Menschen, die traurig auf die Vergangenheit schauen

und versuchen, sich Mut für die Zukunft zu machen.

Susanne Knerr vor ihrem ehemaligen Arbeitsplatz.

Peter Kaiser - die älteste Schuhfabrik Deutschlands.

Seit dem Frühjahr werden Schuhe hier nur noch verkauft.

Der Umsatz - seit Langem rückläufig,

das Unternehmen insolvent, langjährige Mitarbeiter arbeitslos.

Ich treffe Susanne Knerr zu Hause wieder.

35 Jahre hat sie bei Peter Kaiser gearbeitet.

Hallo! Dürfen wir reinkommen? Natürlich.

Sie zeigt mit etwas wehmütigem Stolz ein Paar ihrer Lieblingsschuhe,

die sie selbst mit hergestellt hat.

Auch Rainer Scheffler war 30 Jahre bei Peter Kaiser beschäftigt.

Viele ehemalige Kollegen halten noch immer Kontakt.

Längst nicht allen geht es gut.

Viele sind am Boden zerstört, kenn ich viele.

Nervlich. Ja, psychisch.

Viele Kollegen von Ihnen?

Wie das aussieht, wollen sie mir zeigen.

Mit einer DVD,

die viele Peter-Kaiser-Mitarbeiter vor Jahren bekommen haben.

Bessere Zeiten, als es hier noch viele Fabriken gab

und mehr als die Hälfte der 40.000 Einwohner darin gearbeitet hat.

Und als einmal jeder zweite Straßenschuh Deutschlands

aus Pirmasens kam.

Doch die heimische Schuhindustrie ist seit den 70ern

immer mehr in Billiglohnländer abgewandert.

Tausende Arbeitsplätze gingen durch die Globalisierung verloren.

Die ehemals größte Schuhfabrik Europas beheimatet nun ein Museum.

Die Stadt kämpft mit den wirtschaftlichen Folgen

der hohen Arbeitslosigkeit, dem Leerstand in der Fußgängerzone.

Ich bin mit dem Bürgermeister verabredet.

Auf einem ehemaligen Kasernengelände

forschen und lehren Einrichtungen zur Schuhproduktion und -entwicklung.

Pirmasens ist die Schuhstadt.

Es ist ein Kompetenzcluster, das hier am Standort ist.

Das bietet auch für die Zukunft Chancen.

So sieht diese Zukunft aus:

Hier im internationalen Schuhkompetenzzentrum

lernen angehende Schuhspezialisten verschiedene Materialien kennen.

Und im Biomechaniklabor

werden modernste Gesundheitsschuhe mit Sensoren getestet.

Ist in dieser Zukunft Platz für Menschen wie Rainer Scheffler?

Er will wieder Arbeit finden und hat einen Termin bei den Kümmerern.

So heißt ein vom Land gefördertes Projekt,

das ehemalige Schuhfabrikmitarbeiter wieder in Arbeit bringen soll.

Was haben Sie bei Peter Kaiser gemacht?

Verschiedene Sachen: Sohlen setzen, Absatz schrauben.

Bei Peter Kaiser kommen viele das erste Mal in die Situation,

Bewerbungsunterlagen zusammenzustellen.

Da sind viele überfordert, das ist 'ne ganz neue Situation.

Nach dem Beratungsgespräch ist für Rainer Scheffler klar:

Er will sich umorientieren.

Mit dem Schuhemachen hat er abgeschlossen.

Ich konzentrier mich jetzt auf 'nen anderen Berufszweig.

Aber mit Schuhfabrik - wird mir nix mehr bringen.

So denkt auch Susanne Knerr.

Sie zeigt mir zum Abschluss eine Sehenswürdigkeit von Pirmasens:

Der Schusterbrunnen hält noch immer das Schuhhandwerk hoch.

Irgendwie wird es hier mit den Schuhen weitergehen.

Aber ohne viele Bürger, die sie hier zum Wahrzeichen gemacht haben.

Seit gestern zeigen die weltbesten Sportler, dass eine Behinderung

kein Hinderungsgrund ist, Spitzenleistungen zu liefern.

Die Paralympics werden traditionell einige Wochen nach Olympia

in derselben Stadt ausgetragen.

In Tokio gab es am ersten Entscheidungstag

die erste Medaille für das deutsche Team.

Sebastian Rieth.

So sieht er aus,

der Jubel über die erste deutsche Medaille bei den Paralympics.

Denise Schindler holt Bronze im Bahnrad.

Das kleine Finale gegen die Amerikanerin Clara Brown

dominiert Schindler vom Start an.

Über die 3000 Meter liegt die 35-Jährige jederzeit vorne,

baut ihren Vorsprung sogar auf über sechs Sekunden aus.

In persönlicher Bestzeit von 3:55 Minuten fährt sie ins Ziel.

Für die unterschenkelamputierte Radsportlerin

ist es die erste Paralympics-Medaille auf der Bahn.

Es ist 'n Traum, der wahr wird.

Ich konnte in Rio keine Medaille auf der Bahn holen.

Jetzt kann ich allen Leuten, die an mich geglaubt haben,

die den Weg mit mir gegangen sind, das zurückgeben.

Erfolgreicher Auftakt auch für die deutschen Goalballer.

Der Europameister besiegt im ersten Gruppenspiel die Türkei mit 6:4

und unterstrich seine Gold-Ambitionen.

Den letzten Treffer erzielte Michael Dennis per Penalty.

Gold ist auch das Ziel von Tischtennis-Ass Thomas Schmidberger.

Er gewann seine ersten Turnierspiele, zog problemlos ins Viertelfinale ein.

Dort stehen auch Thomas Brüchle und Sandra Mikolascheck

nach starken Auftritten am ersten Tag der Paralympics in Tokio.

Dem Sommerwetter könnte man Trainingsrückstand ankreiden,

Karsten.

Das ist eine Frage des Standpunktes.

Dieses Foto haben wir heute von Sylt bekommen.

Das sieht nicht nach August aus.

Das herbstliche Wetter macht sich überall in Deutschland breit.

Ich erwarte nicht mehr, dass wir über 25 Grad kommen.

Die werden in ganz Deutschland in den nächsten Tagen nicht erreicht.

Es wird relativ kühl.

Schuld ist ein riesiges Tief,

das sich in den nächsten Tagen über Europa bildet.

Das bringt Schauer und wechselhaftes Wetter.

Wir sehen hier die Niederschläge aufsummiert.

Hier wird es in den nächsten Tagen definitiv nass.

Das hier ist die erste Kaltfront in der Nacht.

Mit leichtem Regen.

Dahinter morgen Vormittag erst mal trockenes Wetter.

Am Nachmittag kommt dann das Aprilwetter mit Gewittern.

Vor allem im Osten und in der Mitte.

Die Aussichten:

Es geht wechselhaft weiter.

Danke, Karsten.

Gleich empfängt Sandra Maischberger hier ihre Gäste zum Talk.

Um 0.20 Uhr meldet sich dann das nachtmagazin.

Wir sehen uns morgen wieder. Tschüss.

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