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SWR - Nachtcafe, 4-In die Fänge geraten | SWR Nachtcafé (1)

4-In die Fänge geraten | SWR Nachtcafé (1)

Sie, Frau Kunze, leiden unter paranoider Schizophrenie.

Und wir möchten heute einfach mehr erfahren, was das bedeutet.

Diese Krankheit kann sich ja auf ganz unterschiedliche Art und Weisen bemerkbar machen.

Sie hören zum Beispiel Stimmen.

Haben diesen Stimmen mittlerweile sogar Namen gegeben.

Wie haben Sie die genannt?

Also, es hatte bei mir angefangen, dass ich ihnen Namen gegeben habe,

als ich in der Therapie erstmals darüber gesprochen habe. - Ja.

Und zu dem Zeitpunkt hab ich ein Buch von Hermann Hesse gelesen, das "Demian" heißt. - Mhm.

Und unter anderem natürlich ein Charakter im Buch heißt Demian.

Ja.

Es gibt aber auch so eine Art mütterliche Figur in der Erzählung.

Und das ist halt die Eva. Und ...

Wir kommen zu diesen Stimmen auch noch zurück, aber möchten vorher auch Sie noch mal bisschen näher kennenlernen.

Sie waren als Kind auch viel bei Ihren Großeltern.

Wie wichtig waren die für Sie, wie wohl haben Sie sich da gefühlt?

Es war eine sehr schöne Zeit. Also, es war so, dass meine Eltern natürlich beide gearbeitet haben, als ich ein Kind war, gerade so erste Klasse.

Und da war ich dann halt nachmittags.

Also, meine Großeltern haben bei uns in demselben Haus gewohnt, die haben sich quasi mit den Eltern das Haus geteilt.

Und grade zu meiner Oma väterlicherseits hatte ich eine sehr, sehr enge gute Verbindung. - Mhm.

Und ... es war auch mit meiner älteren Schwester, die ist dreieinhalb Jahre älter als ich ...

Wir waren eigentlich auch beide unzertrennlich.

Wir waren immer mit der Oma unterwegs oder haben was gemacht.

Also war schon so ein Gefühl der Geborgenheit da. - Ja.

Und einfach 'ne schöne Zeit.

Als Sie dann 13 waren, ist Ihre Großmutter verstorben. - Genau.

Sie wurden in dieser Zeit in der Schule auch gemobbt.

Hat sich Ihr Leben da, würden Sie sagen, es hat sich verfinstert?

Und wenn ja, wie sehr?

Also, es war auf jeden Fall eine schwierige Zeit.

Ich denke generell, 13 ist ein Alter, wo viele Situationen empfinden, die irgendwie negativ sind.

Es ist halt die Zeit, in der die Pubertät einsetzt.

Mein Sohn wird 13, ich bin gespannt. (Lachen)

Also, ich denke, generell ist es auf jeden Fall eine Zeit, die für viele Menschen schwierig ist.

Ich wurde schon in der Grundschule etwas gehänselt, gemobbt.

Aber dann so ... in der achten Klasse war das, hatte sich das Ganze dann intensiviert.

Und ... infolgedessen hab ich dann auch angefangen, mich selbst zu verletzen, mit 13 Jahren.

Und hab das dann erst ganz spät auch meinen Eltern quasi gebeichtet.

Ich hab's immer versucht zu verstecken und wollt es auch selber nicht so richtig wahrhaben, und hatte dann mit knapp 14 Jahren dann auch einen Suizidversuch.

Hu ...

Daraufhin bin ich auch in die Kinder-Jugend-Klinik gekommen.

Und das hat mir aber eigentlich sehr gut geholfen.

Es war an sich ... also die ersten ein, zwei Wochen war's sehr schwierig, ich hätte alles getan, damit ich wieder nach Hause kann.

Und, ähm ...

Sie haben ja dann, als Sie zu Hause waren, die Schule gewechselt.

Raus aus der Schule, wo Sie gemobbt waren.

Ich hab das noch, während ich in der Klinik war.

Und war das in der neuen Schule auch besser?

Haben Sie sich da mehr aufgehoben gefühlt

Ja, sehr.

Also, ich hatte großes Glück mit meiner Klasse, hatte auch einen ganz tollen Klassenlehrer.

Der auch in Kombination mit der Schulleitung und meinem behandelnden Therapeuten auch Gespräche gesucht hat und versucht hat auch, mich zu integrieren.

Das ist auch sehr gut gelungen, ich hab mich in der Klasse wohlgefühlt.

Es war natürlich nicht einfach, ich war fast ein halbes Jahr in der Klinik, den Schulstoff nachzuholen, es war neunte Klasse.

Was langsam auf Abschluss in der zehnten Klasse hinführt.

Und ja ...

Aber Sie haben sich wohlgefühlt? - Ich hab mich wohlgefühlt.

Dann haben Sie aber irgendwann den Wahn entwickelt, dass eine gute Freundin in der Schule Ihnen was antun möchte.

Erzählen Sie mal was darüber.

Es war wirklich für mich auch eine sehr schwierige Phase.

Ich hatte angefangen, Stimmen zu hören.

Das war direkt so mit 16 Jahren, das war 2012.

Und ... dazu kamen aber diese Wahnvorstellungen.

Es war so ... ich hatte damals in der Zeit häufig mit zwei verschiedenen Kugelschreibern geschrieben.

Und die Schulfreundin hatte das dann auch übernommen, diese Kugelschreiber zu verwenden, es war ein roter und ein schwarzer.

Warum, weiß ich nicht mehr genau.

Und es war dann für mich der untrügliche Beweis, dass sie mir meine Seele stehlen möchte, um mich zu ersetzen oder umzubringen.

Es hört sich im Nachhinein immer an wie Science-Fiction oder Fantasy oder nach Horrorbuch.

Aber es war für mich in dieser Phase absolut Realität.

Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, ich hatte Ängste in der Schule.

Vor dieser ... - Vor dieser Freundin.

Mhm.

Und ich war zu der Zeit auch in psychotherapeutischer Behandlung.

Und das wurde aber nicht so richtig als Psychose erkannt.

Das heißt, es wurde halt nicht medikamentös behandelt und auch nicht psychotherapeutisch in dem Sinne.

Und das ging ein paar Monate, das weiß ich nicht mehr genau, vielleicht sieben, acht Monate.

Und dann hatte diese Freundin aber mit der Schule aufgehört, nach der zehnten Klasse den Abschluss gemacht.

Und, ähm ...

Ja, dann hatte sich das alles wieder bisschen eingerenkt ...

Aber Sie haben gesagt, das eine waren die Wahnvorstellungen, die wirklich für Außenstehende ... sich wirklich sehr heftig anhören, aber das war für Sie erlebte Realität. - Genau.

Sie haben gesagt, Sie haben mit 16 angefangen, Stimmen zu hören.

Beschreiben Sie mal, erinnern Sie sich noch daran, als Sie das erste Mal Stimmen gehört haben? Ja, ich erinnere mich sogar ziemlich gut.

Und zwar hatte ich bei meinen Eltern ...

zu Hause sollte ich halt immer das Bad reinigen.

Das war immer Mittwochnachmittag nach der Schule.

Und ... ich hing da so über der Wanne und hab die geschrubbt oder irgendwie saubergemacht.

Und hab dann halt mehrmals meinen Namen rufen hören.

Und es war etwas seltsam, weil meine Eltern waren noch auf Arbeit.

Und ich hab drei ältere Geschwister, und zu dem Zeitpunkt war die, die mir am nächsten ist, vom Altersabstand, die war auch grade im Auslandsemester oder Auslandsjahr.

Und dann dachte ich so ...

Also, ich hab mich gewundert halt, woher das kommt.

Und hab das aber erst mal abgetan.

Wie real waren die Stimmen, die Sie da gehört ...

Es war schon, es war wirklich, als hätte mich jemand gerufen, den ich kenne auch. - Ja.

Ich dachte damals, das ist so eine Form von Tinnitus.

Weil für mich war Tinnitus die Definition von etwas hören, das nicht da ist.

Das es so was wie Stimmen hören gibt, hatte man mal gehört oder gelesen, ich konnte das aber überhaupt nicht auf mich beziehen.

War das auch eine tiefe Verunsicherung? - Ja ...

Sie hören etwas, aber da ist niemand.

Ich hatte sehr starke Ängste dann auch.

Das ist eigentlich immer noch so, bei mir ist immer noch so, dass ich phasenweise Stimmen höre.

Es gibt aber mittlerweile Phasen, in denen es längere Zeit nicht vorkommt.

Und es ist trotzdem so, nach all den Jahren, mittlerweile fast zehn Jahre, nach all den Jahren hat's nichts von seiner Beklommenheit oder von dieser Angst verloren.

Was sagen die denn, greifen diese Stimmen auch in Situationen ein?

Ja, also, es ist, gerade die Eva war die erste Stimme, die ich vernommen habe, und da war es anfangs so, dass der Name gerufen wurde, später kamen dann aber auch Aufforderungen hinzu.

Also, dass ich mich ritzen sollte oder dass ich mir das Leben nehmen, mich umbringen soll. Es war halt auch auf beleidigend. "Du dummes Stück!" Und "Du bist eh verrückt!" Das war ... ja, es war extremst belastend.

Und später erst kam die Stimme Demian hinzu. Das war dann manchmal so, ich war, wo das damals losging, frisch in einer Partnerschaft. Und da hatte ich quasi die Stimme meines Partners nach Hilfe rufen hören. Also: "Anna, hilf mir, ich brauch jetzt Hilfe, du musst jetzt kommen." Und dann bin ich ihn suchen gegangen, oder wir hatten damals schon zusammen gewohnt. Und er saß am Rechner und hat was gespielt, der wusste von gar nix. Das war dann halt auch ... sehr schwierig, erst mal zu akzeptieren, dass es diese Imitation auch gab, die mich so beeinflusst hat. Wir hören jetzt etwas, was für viele fremd ist, weil es ja Welten sind, wenn man sie nicht erfahren hat, muss man sie erst mal kennenlernen oder sich reinversetzen. Was bedeutet es eigentlich, wenn wir an einer Psychose leiden? Wir haben jetzt zwei Formen kennengelernt, mit Wahnvorstellungen und Stimmen.

Welche gibt's sonst noch?

Also zunächst find ich das klasse, dass Sie das auch öffentlich machen und darüber reden, was gar nicht so selbstverständlich ist.

Auch danke von uns dafür noch mal. Genau.

(Applaus)

Und was die meisten nicht wissen und was mich auch erstaunt hat, als ich das vor wenigen Jahren gelesen habe:

Dass sechs bis sieben Prozent der Normalbevölkerung, der gesunden Normalbevölkerung in ihrem Leben schizophrenieartige Symptome haben.

Für kurze Zeit.

Also Stimmen hören ist überhaupt nichts, was nur im Rahmen einer schizophrenen Psychose vorkommt.

Es kommt etwa auch bei vielen Traumafolgestörungen vor.

Aber auch in der Normalbevölkerung.

Das ist was, was sehr verblüfft.

Es ist nicht so weit vom Alltagserleben weg, wie man denkt.

Und Sie haben das sehr eindrucksvoll beschrieben.

Der Charakter des Bedrohtseins, dass es mich massiv ängstigt.

Und dass es dann auch kommentierende und herabwürdigende Stimmen gibt, die mich gar zur Selbstverletzung oder zum Suizid auffordern.

Das ist etwas, was dringend behandlungsbedürftig ist.

Sie haben ja gesagt, es wurde gar nicht gleich erkannt.

Irgendwann wussten Sie dann, was es ist.

Hat Ihnen denn seitdem etwas geholfen?

Ist es besser geworden nach Ihrer Einschätzung?

Für Sie erträglicher geworden?

Also, es hat mir sehr stark weiterhin geholfen,

Therapie zu machen. - Ja.

Ich bin psychotherapeutisch und psychiatrisch angebunden.

Was mir auch sehr gut geholfen hat, ist das sogenannte Metakognitive Training.

Da lernt man halt auch, mit den verschiedenen Empfindungen in der Psychose umzugehen.

Wir hatten auch in der Klinik etwa Psychoedukation.

Wo wir erfahren haben, was die Krankheit bedeutet, was sie ist, wie man sie behandeln kann.

Und weiterhin natürlich auf jeden Fall meinen Partner, mit dem ich auch schon verheiratet bin.

Meine Familie auf jeden Fall auch, ist mir sehr wichtig.

Ich sag immer, ich hab eine multiprofessionelle Familie.

Meine Mutter ist Heilpädagogin, meine Schwestern Psychiaterin und Sozialarbeiterin.

Da haben Sie ein perfektes Umfeld.

Wie ist es denn...

Sie haben ja auch beschrieben: Als Sie sich aus den Fängen befreit haben, bedeutet es trotzdem noch, dass Sie achtsam sind. In welchen Situationen ist es für Sie auch schwierig nach wie vor?

Es gibt eigentlich viele. - Ja.

Also, ich hab diesen Monat frisch ein Studium begonnen. Und da ist es ... Das ist auch häufig eine Folge von so psychotischen Erfahrungen, dass man etwa ganz starken Konzentrationsverlust hat. Das fällt mir dann schon schwer, eine anderthalbe Stunde oder länger am Ball zu bleiben, sich zu konzentrieren. Weiterhin muss ich wirklich immer aufpassen, dass ich ein Gleichgewicht schaffe zwischen Anstrengungen oder, ja, Forderungen und Unterforderungen.

Dass ich einfach für mich selber darauf achte, was ich jetzt auch mit meinen Kräften schaffe.

Ich muss halt abwägen:

Kann ich jetzt zu der Party gehen, oder ist es mir zu anstrengend?

Oder mach ich heute noch einen Termin, oder lass es lieber?

Es ist letztendlich immer so ein bisschen ein Drahtseilakt.

Und die Balance zu halten ist unglaublich wichtig für mich.

Bei Außenstehenden löst das manchmal Ängste aus -was man nicht kennt, was man nicht einschätzen kann.

Es ist wichtig, zu sagen, es gibt Therapien.

Welche Therapien gibt es, und wie erfolgreich sind die mittlerweile?

Die Verläufe der schizophrenen Psychose sind auch sehr unterschiedlich.

Tatsächlich gibt es ungefähr ein Drittel, die einmal eine heftige Episode haben und dann zeitlebens nichts mehr.

Es gibt diejenigen, die wiederkehrend darunter erkranken.

Aber jedes Mal danach sozusagen wieder in den Normalzustand kommen.

Dann noch etwa ein Drittel, die auch unter Einschränkungen leiden.

Das heißt, die Prognose ist gar nicht so schlecht, wie man denkt.

Wenn man Diabetes nimmt als eine Volkskrankheit, ist es durchaus vergleichbar.

Ich glaub, das muss man sagen, auch da ist es klar, dass man Medikamente nimmt.

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Sie, Frau Kunze, leiden unter paranoider Schizophrenie. You, Ms. Kunze, suffer from paranoid schizophrenia. Siz, Bayan Kunze, paranoid şizofreni hastasısınız.

Und wir möchten heute einfach mehr erfahren, was das bedeutet. And today we just want to know more about what that means.

Diese Krankheit kann sich ja auf ganz unterschiedliche Art und Weisen bemerkbar machen. This disease can manifest itself in many different ways. Bu hastalık kendini birçok farklı şekilde gösterebilir.

Sie hören zum Beispiel Stimmen. For example, you hear voices.

Haben diesen Stimmen mittlerweile sogar Namen gegeben. Have even given these voices names. Hatta bu seslere isimler bile verdik.

Wie haben Sie die genannt? What did you call them?

Also, es hatte bei mir angefangen, dass ich ihnen Namen gegeben habe, Well, it started with me naming them Onlara isim vermemle başladı

als ich in der Therapie erstmals darüber gesprochen habe. when I first talked about it in therapy. - Ja. - Yes.

Und zu dem Zeitpunkt hab ich ein Buch von Hermann Hesse gelesen, das "Demian" heißt. And at that time I was reading a book by Hermann Hesse called "Demian". Ve o sırada Hermann Hesse'nin "Demian" adlı kitabını okuyordum. - Mhm.

Und unter anderem natürlich ein Charakter im Buch heißt Demian. And among other things, of course, a character in the book is called Demian. Ve diğer şeylerin yanı sıra, elbette, kitaptaki bir karakterin adı Demian'dır.

Ja.

Es gibt aber auch so eine Art mütterliche Figur in der Erzählung. But there is also a kind of maternal character in the story. Ancak hikayede bir tür anne karakteri de var.

Und das ist halt die Eva. And that's Eva. Und ...

Wir kommen zu diesen Stimmen auch noch zurück, aber möchten vorher auch Sie noch mal bisschen näher kennenlernen. We will come back to these voices, but before that we would like to get to know you a little better. Bu seslere geri döneceğiz ama ondan önce sizi biraz daha yakından tanımak isteriz.

Sie waren als Kind auch viel bei Ihren Großeltern. You also spent a lot of time with your grandparents as a child. Ayrıca çocukken büyükanne ve büyükbabanızla çok zaman geçirdiniz.

Wie wichtig waren die für Sie, wie wohl haben Sie sich da gefühlt? How important were they for you, how comfortable did you feel there? Senin için ne kadar önemliydiler, orada ne kadar rahat hissettin?

Es war eine sehr schöne Zeit. Also, es war so, dass meine Eltern natürlich beide gearbeitet haben, als ich ein Kind war, gerade so erste Klasse. Şey, tabii ki ben çocukken, annemle babam da çalışıyordu, hemen hemen birinci sınıfta.

Und da war ich dann halt nachmittags. And there I was in the afternoon. Ve öğleden sonra oradaydım.

Also, meine Großeltern haben bei uns in demselben Haus gewohnt, die haben sich quasi mit den Eltern das Haus geteilt. Well, my grandparents lived in the same house with us, they practically shared the house with their parents. Şey, büyükannem ve büyükbabam bizimle aynı evde yaşıyordu, evi neredeyse ebeveynleriyle paylaşıyorlardı.

Und grade zu meiner Oma väterlicherseits hatte ich eine sehr, sehr enge gute Verbindung. وكان لدي اتصال جيد جدًا مع جدتي من جهة والدي. And I had a very, very good connection with my grandmother on my father's side. Ve babaannemle baba tarafından çok ama çok iyi bir bağım vardı. - Mhm.

Und ... es war auch mit meiner älteren Schwester, die ist dreieinhalb Jahre älter als ich ...

Wir waren eigentlich auch beide unzertrennlich. Aslında ikimiz de ayrılmazdık.

Wir waren immer mit der Oma unterwegs oder haben was gemacht. We were always out with grandma or did something.

Also war schon so ein Gefühl der Geborgenheit da. So there was already a feeling of security. Yani zaten bir güvenlik hissi vardı. - Ja.

Und einfach 'ne schöne Zeit.

Als Sie dann 13 waren, ist Ihre Großmutter verstorben. When you were 13, your grandmother passed away. - Genau.

Sie wurden in dieser Zeit in der Schule auch gemobbt. Bu süre zarfında okulda da zorbalığa uğradın.

Hat sich Ihr Leben da, würden Sie sagen, es hat sich verfinstert? Hayatınız orada mı karardı diyebilir misiniz?

Und wenn ja, wie sehr? And if so, how much? Eğer öyleyse, ne kadar?

Also, es war auf jeden Fall eine schwierige Zeit.

Ich denke generell, 13 ist ein Alter, wo viele Situationen empfinden, die irgendwie negativ sind. I generally think 13 is an age where a lot of people feel situations that are kind of negative.

Es ist halt die Zeit, in der die Pubertät einsetzt.

Mein Sohn wird 13, ich bin gespannt. My son will be 13, I'm excited. (Lachen)

Also, ich denke, generell ist es auf jeden Fall eine Zeit, die für viele Menschen schwierig ist.

Ich wurde schon in der Grundschule etwas gehänselt, gemobbt.

Aber dann so ... in der achten Klasse war das, hatte sich das Ganze dann intensiviert. But then... that was in the eighth grade, and then the whole thing intensified. Ama sonra... o sekizinci sınıftaydı ve sonra her şey yoğunlaştı.

Und ... infolgedessen hab ich dann auch angefangen, mich selbst zu verletzen, mit 13 Jahren.

Und hab das dann erst ganz spät auch meinen Eltern quasi gebeichtet. And it was only very late that I confessed it to my parents, so to speak. Ve bunu aileme çok geç itiraf ettim.

Ich hab's immer versucht zu verstecken und wollt es auch selber nicht so richtig wahrhaben, und hatte dann mit knapp 14 Jahren dann auch einen Suizidversuch. I've always tried to hide it and didn't really want to admit it myself, and then at the age of almost 14 I attempted suicide.

Hu ...

Daraufhin bin ich auch in die Kinder-Jugend-Klinik gekommen.

Und das hat mir aber eigentlich sehr gut geholfen.

Es war an sich ... also die ersten ein, zwei Wochen war's sehr schwierig, ich hätte alles getan, damit ich wieder nach Hause kann.

Und, ähm ...

Sie haben ja dann, als Sie zu Hause waren, die Schule gewechselt. You changed schools when you were at home.

Raus aus der Schule, wo Sie gemobbt waren. Get out of the school where you were bullied.

Ich hab das noch, während ich in der Klinik war. Klinikteyken hala bu bende var.

Und war das in der neuen Schule auch besser? Ve yeni okulda daha mı iyiydi?

Haben Sie sich da mehr aufgehoben gefühlt Did you feel more taken care of there Orada daha rahat hissettin mi?

Ja, sehr.

Also, ich hatte großes Glück mit meiner Klasse, hatte auch einen ganz tollen Klassenlehrer.

Der auch in Kombination mit der Schulleitung und meinem behandelnden Therapeuten auch Gespräche gesucht hat und versucht hat auch, mich zu integrieren. Who, in combination with the school administration and my treating therapist, also sought talks and also tried to integrate me. Kim, okul yönetimi ve tedavi eden terapistimle birlikte, ayrıca görüşmeler aradı ve beni entegre etmeye çalıştı.

Das ist auch sehr gut gelungen, ich hab mich in der Klasse wohlgefühlt. Bu da çok başarılıydı, sınıfta kendimi rahat hissettim.

Es war natürlich nicht einfach, ich war fast ein halbes Jahr in der Klinik, den Schulstoff nachzuholen, es war neunte Klasse. Tabii ki kolay olmadı, okul ödevlerimi tamamlamak için neredeyse yarım yıl hastanede kaldım, dokuzuncu sınıftı.

Was langsam auf Abschluss in der zehnten Klasse hinführt. Which is slowly leading to graduation in the tenth grade. Bu da yavaş yavaş onuncu sınıfta mezuniyete yol açıyor.

Und ja ...

Aber Sie haben sich wohlgefühlt? - Ich hab mich wohlgefühlt.

Dann haben Sie aber irgendwann den Wahn entwickelt, dass eine gute Freundin in der Schule Ihnen was antun möchte. But then at some point you developed the delusion that a good friend at school wanted to harm you. Ama sonra bir noktada okuldaki iyi bir arkadaşının sana zarar vermek istediği yanılgısına kapıldın.

Erzählen Sie mal was darüber.

Es war wirklich für mich auch eine sehr schwierige Phase.

Ich hatte angefangen, Stimmen zu hören.

Das war direkt so mit 16 Jahren, das war 2012.

Und ... dazu kamen aber diese Wahnvorstellungen. Ve ... ama sonra bu sanrılar geldi.

Es war so ... ich hatte damals in der Zeit häufig mit zwei verschiedenen Kugelschreibern geschrieben.

Und die Schulfreundin hatte das dann auch übernommen, diese Kugelschreiber zu verwenden, es war ein roter und ein schwarzer. Ve okul arkadaşı daha sonra bu kalemleri kullanmak için devraldı, kırmızı ve siyahtı.

Warum, weiß ich nicht mehr genau. Nedenini tam olarak hatırlayamıyorum.

Und es war dann für mich der untrügliche Beweis, dass sie mir meine Seele stehlen möchte, um mich zu ersetzen oder umzubringen. And then for me it was the undeniable proof that she wanted to steal my soul to replace me or to kill me. Ve sonra benim için, benim yerimi almak ya da beni öldürmek için ruhumu çalmak istediğinin kesin kanıtıydı.

Es hört sich im Nachhinein immer an wie Science-Fiction oder Fantasy oder nach Horrorbuch. In retrospect, it always sounds like science fiction or fantasy or a horror book.

Aber es war für mich in dieser Phase absolut Realität.

Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, ich hatte Ängste in der Schule. I couldn't think straight anymore, I was scared at school.

Vor dieser ... - Vor dieser Freundin. From this... - From this girlfriend.

Mhm.

Und ich war zu der Zeit auch in psychotherapeutischer Behandlung. And I was also in psychotherapeutic treatment at the time.

Und das wurde aber nicht so richtig als Psychose erkannt. And that wasn't really recognized as a psychosis.

Das heißt, es wurde halt nicht medikamentös behandelt und auch nicht psychotherapeutisch in dem Sinne. That means it wasn't treated with medication and not psychotherapeutically in that sense.

Und das ging ein paar Monate, das weiß ich nicht mehr genau, vielleicht sieben, acht Monate.

Und dann hatte diese Freundin aber mit der Schule aufgehört, nach der zehnten Klasse den Abschluss gemacht. And then this friend stopped school and graduated after tenth grade.

Und, ähm ...

Ja, dann hatte sich das alles wieder bisschen eingerenkt ...

Aber Sie haben gesagt, das eine waren die Wahnvorstellungen, die wirklich für Außenstehende ... sich wirklich sehr heftig anhören, aber das war für Sie erlebte Realität. But you said one thing was the delusions, which to outsiders really... sound really, really intense, but that was lived reality for you. - Genau.

Sie haben gesagt, Sie haben mit 16 angefangen, Stimmen zu hören.

Beschreiben Sie mal, erinnern Sie sich noch daran, als Sie das erste Mal Stimmen gehört haben? Ja, ich erinnere mich sogar ziemlich gut.

Und zwar hatte ich bei meinen Eltern ... And while I was with my parents...

zu Hause sollte ich halt immer das Bad reinigen. I should always clean the bathroom at home.

Das war immer Mittwochnachmittag nach der Schule.

Und ... ich hing da so über der Wanne und hab die geschrubbt oder irgendwie saubergemacht. And ... I just hung there over the tub and scrubbed it or cleaned it somehow.

Und hab dann halt mehrmals meinen Namen rufen hören.

Und es war etwas seltsam, weil meine Eltern waren noch auf Arbeit. And it was a bit strange because my parents were still at work.

Und ich hab drei ältere Geschwister, und zu dem Zeitpunkt war die, die mir am nächsten ist, vom Altersabstand, die war auch grade im Auslandsemester oder Auslandsjahr. And I have three older siblings, and at the time the one closest to me was the age gap, she was also doing a semester or a year abroad.

Und dann dachte ich so ...

Also, ich hab mich gewundert halt, woher das kommt. So I was just wondering where that came from.

Und hab das aber erst mal abgetan. And I dismissed that for now.

Wie real waren die Stimmen, die Sie da gehört ...

Es war schon, es war wirklich, als hätte mich jemand gerufen, den ich kenne auch. - Ja.

Ich dachte damals, das ist so eine Form von Tinnitus.

Weil für mich war Tinnitus die Definition von etwas hören, das nicht da ist.

Das es so was wie Stimmen hören gibt, hatte man mal gehört oder gelesen, ich konnte das aber überhaupt nicht auf mich beziehen. One had heard or read that there was something like hearing voices, but I couldn't relate that to myself at all.

War das auch eine tiefe Verunsicherung? Was that also a deep sense of insecurity? - Ja ...

Sie hören etwas, aber da ist niemand.

Ich hatte sehr starke Ängste dann auch.

Das ist eigentlich immer noch so, bei mir ist immer noch so, dass ich phasenweise Stimmen höre. That's actually still the case, I still hear voices from time to time.

Es gibt aber mittlerweile Phasen, in denen es längere Zeit nicht vorkommt. But there are now phases in which it does not occur for a long time.

Und es ist trotzdem so, nach all den Jahren, mittlerweile fast zehn Jahre, nach all den Jahren hat's nichts von seiner Beklommenheit oder von dieser Angst verloren. And it's still like that, after all these years, almost ten years now, after all these years it hasn't lost any of its trepidation or fear.

Was sagen die denn, greifen diese Stimmen auch in Situationen ein? What do they say, do these voices also intervene in situations?

Ja, also, es ist, gerade die Eva war die erste Stimme, die ich vernommen habe, und da war es anfangs so, dass der Name gerufen wurde, später kamen dann aber auch Aufforderungen hinzu. Yes, well, it is, Eva was the first voice I heard, and at first the name was called, but later there were also requests.

Also, dass ich mich ritzen sollte oder dass ich mir das Leben nehmen, mich umbringen soll. So that I should cut myself or that I should take my own life, kill myself. Es war halt auch auf beleidigend. It was also insulting. "Du dummes Stück!" "You stupid piece!" Und "Du bist eh verrückt!" And "You're crazy anyway!" Das war ... ja, es war extremst belastend.

Und später erst kam die Stimme Demian hinzu. Das war dann manchmal so, ich war, wo das damals losging, frisch in einer Partnerschaft. Und da hatte ich quasi die Stimme meines Partners nach Hilfe rufen hören. Also: "Anna, hilf mir, ich brauch jetzt Hilfe, du musst jetzt kommen." Und dann bin ich ihn suchen gegangen, oder wir hatten damals schon zusammen gewohnt. And then I went looking for him, or we were already living together back then. Und er saß am Rechner und hat was gespielt, der wusste von gar nix. And he sat at the computer and played something, he didn't know anything about it. Das war dann halt auch ... sehr schwierig, erst mal zu akzeptieren, dass es diese Imitation auch gab, die mich so beeinflusst hat. That was also ... very difficult, first of all to accept that this imitation also existed, which influenced me so much. Wir hören jetzt etwas, was für viele fremd ist, weil es ja Welten sind, wenn man sie nicht erfahren hat, muss man sie erst mal kennenlernen oder sich reinversetzen. We are now hearing something that is foreign to many, because they are worlds, if you haven't experienced them, you first have to get to know them or put yourself in their place. Was bedeutet es eigentlich, wenn wir an einer Psychose leiden? Wir haben jetzt zwei Formen kennengelernt, mit Wahnvorstellungen und Stimmen.

Welche gibt's sonst noch?

Also zunächst find ich das klasse, dass Sie das auch öffentlich machen und darüber reden, was gar nicht so selbstverständlich ist. Well, first of all, I think it's great that you're making this public and talking about things that aren't so self-evident.

Auch danke von uns dafür noch mal. Thank you again from us. Genau.

(Applaus)

Und was die meisten nicht wissen und was mich auch erstaunt hat, als ich das vor wenigen Jahren gelesen habe:

Dass sechs bis sieben Prozent der Normalbevölkerung, der gesunden Normalbevölkerung in ihrem Leben schizophrenieartige Symptome haben.

Für kurze Zeit.

Also Stimmen hören ist überhaupt nichts, was nur im Rahmen einer schizophrenen Psychose vorkommt. So hearing voices is not at all something that only occurs in the context of a schizophrenic psychosis.

Es kommt etwa auch bei vielen Traumafolgestörungen vor.

Aber auch in der Normalbevölkerung.

Das ist was, was sehr verblüfft.

Es ist nicht so weit vom Alltagserleben weg, wie man denkt.

Und Sie haben das sehr eindrucksvoll beschrieben.

Der Charakter des Bedrohtseins, dass es mich massiv ängstigt. The character of being threatened that it scares me massively.

Und dass es dann auch kommentierende und herabwürdigende Stimmen gibt, die mich gar zur Selbstverletzung oder zum Suizid auffordern. And that there are also commenting and degrading voices that even encourage me to harm myself or commit suicide.

Das ist etwas, was dringend behandlungsbedürftig ist. This is something that needs urgent attention.

Sie haben ja gesagt, es wurde gar nicht gleich erkannt.

Irgendwann wussten Sie dann, was es ist.

Hat Ihnen denn seitdem etwas geholfen? Has anything helped you since then?

Ist es besser geworden nach Ihrer Einschätzung? In your opinion, has it gotten better?

Für Sie erträglicher geworden?

Also, es hat mir sehr stark weiterhin geholfen, So, it helped me a lot further,

Therapie zu machen. - Ja.

Ich bin psychotherapeutisch und psychiatrisch angebunden. I am psychotherapeutically and psychiatrically connected.

Was mir auch sehr gut geholfen hat, ist das sogenannte Metakognitive Training.

Da lernt man halt auch, mit den verschiedenen Empfindungen in der Psychose umzugehen. You also learn how to deal with the different feelings in the psychosis.

Wir hatten auch in der Klinik etwa Psychoedukation. We also had psychoeducation in the clinic.

Wo wir erfahren haben, was die Krankheit bedeutet, was sie ist, wie man sie behandeln kann. Where we learned what the disease means, what it is, how to treat it.

Und weiterhin natürlich auf jeden Fall meinen Partner, mit dem ich auch schon verheiratet bin.

Meine Familie auf jeden Fall auch, ist mir sehr wichtig.

Ich sag immer, ich hab eine multiprofessionelle Familie.

Meine Mutter ist Heilpädagogin, meine Schwestern Psychiaterin und Sozialarbeiterin. My mother is a curative teacher, my sisters are psychiatrists and social workers.

Da haben Sie ein perfektes Umfeld. You have a perfect environment there.

Wie ist es denn...

Sie haben ja auch beschrieben: Als Sie sich aus den Fängen befreit haben, bedeutet es trotzdem noch, dass Sie achtsam sind. You also described that once you have freed yourself from the clutches, it still means that you are mindful. In welchen Situationen ist es für Sie auch schwierig nach wie vor?

Es gibt eigentlich viele. - Ja.

Also, ich hab diesen Monat frisch ein Studium begonnen. Und da ist es ... Das ist auch häufig eine Folge von so psychotischen Erfahrungen, dass man etwa ganz starken Konzentrationsverlust hat. Das fällt mir dann schon schwer, eine anderthalbe Stunde oder länger am Ball zu bleiben, sich zu konzentrieren. Weiterhin muss ich wirklich immer aufpassen, dass ich ein Gleichgewicht schaffe zwischen Anstrengungen oder, ja, Forderungen und Unterforderungen. Furthermore, I really always have to be careful that I create a balance between efforts or, yes, demands and under-demands.

Dass ich einfach für mich selber darauf achte, was ich jetzt auch mit meinen Kräften schaffe.

Ich muss halt abwägen: I have to consider:

Kann ich jetzt zu der Party gehen, oder ist es mir zu anstrengend? Can I go to the party now or is it too much work for me?

Oder mach ich heute noch einen Termin, oder lass es lieber?

Es ist letztendlich immer so ein bisschen ein Drahtseilakt. In the end it's always a bit of a tightrope act.

Und die Balance zu halten ist unglaublich wichtig für mich.

Bei Außenstehenden löst das manchmal Ängste aus -was man nicht kennt, was man nicht einschätzen kann. For outsiders, this sometimes triggers fears - something you don't know, what you can't assess.

Es ist wichtig, zu sagen, es gibt Therapien.

Welche Therapien gibt es, und wie erfolgreich sind die mittlerweile?

Die Verläufe der schizophrenen Psychose sind auch sehr unterschiedlich.

Tatsächlich gibt es ungefähr ein Drittel, die einmal eine heftige Episode haben und dann zeitlebens nichts mehr.

Es gibt diejenigen, die wiederkehrend darunter erkranken. There are those who get sick from it recurrently.

Aber jedes Mal danach sozusagen wieder in den Normalzustand kommen.

Dann noch etwa ein Drittel, die auch unter Einschränkungen leiden.

Das heißt, die Prognose ist gar nicht so schlecht, wie man denkt.

Wenn man Diabetes nimmt als eine Volkskrankheit, ist es durchaus vergleichbar. If you take diabetes as a widespread disease, it is quite comparable.

Ich glaub, das muss man sagen, auch da ist es klar, dass man Medikamente nimmt. I think you have to say that, even then it's clear that you're taking medication.