Hört, hört!
Fünf Sinne hat der Mensch: Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten und Hören. Mit ihnen wird die Welt erkundet. Doch nur einen von ihnen können wir nicht ausschalten, nicht einmal im Schlaf.
Man kann die Augen schließen und sieht nichts mehr, Tasten ist sowieso eine aktive Sache. Auch Riechen und Schmecken haben mal Pause, nur das Gehör ist immer wach. Kein Wunder, dass das Hören so viele Worte hervorgebracht hat. Hören und zuhören
Hören passiert automatisch. Niemand kann damit aufhören. Das Gehör funktioniert so lange, bis es im Alter schlechter wird, dann gibt's ein Hörgerät. Wer es gut kann, der hört wie ein Luchs, wer schlecht hört, ist schwerhörig. Zuhören dagegen ist ein Willensakt. „Hört gut zu“, sagt der Märchenerzähler zu seinem Publikum. „Nie hörst du mir zu“, hört man gerne in streitgeplagten Paarbeziehungen. „HörZu“, ist eine Programmzeitschrift für Fernsehen und Hörfunk. Im Hörfunk gibt es Hörspiele und im MP3-Player Hörbücher, denen eine Hörerin oder ein Hörer mit dem Kopfhörer zuhören kann.
Arten des Hörens
Mit ein paar kleinen Vorsilben wird das Hören jedes Mal ein anderes. Hören tun wir den ganzen Tag, aber etwas anhören immer nur begrenzt. Man kann sich ein Musikstück oder einen Vortrag anhören oder entrüstet rufen: „Ich hör mir das nicht länger an!“ und den Raum verlassen.
Eine Anhörung ist etwas höchst Offizielles. Sie findet im Parlament oder vor Gericht statt. Die NSA ist in Sachen Abhören sehr aktiv. Wer ein Gespräch belauscht, der hört es mit, und eine Aufnahme von einem Konzert lässt sich später nachhören. Wem das alles nicht gefällt, der kann ja weghören. Obwohl: Das geht ja nicht, wie wir oben schon festgestellt haben. Etwas überhören kann man dagegen schon, wie so mancher unkonzentrierte Gesprächspartner weiß.
Ob das Wort aufhören allerdings etwas mit hören zu tun hat, ist umstritten. Im Mittelalter hieß es „ūfhœren“, was so viel wie „beenden“ heißt. Möglicherweise stammt das Wort aus urzeitlichen Verhaltensweisen, als man aufhorchte und sich regungslos verhielt, um zu hören, ob Gefahr drohte. Vom Hören zum gehören
Eigentlich ist das Wort gehören nur eine Verstärkung von hören. Wer also jemandem gehörte, der musste auf ihn hören, machen, was dieser sagte. Wenn er das immer tun musste, war er hörig, wie zum Beispiel der Leibeigene eines Adligen. Wer heutzutage jemandem hörig ist, der unterwirft sich mehr oder weniger freiwillig dem Befehl eines anderen.
Seit dem 16. Jahrhundert können nicht nur Menschen jemandem gehören, sondern auch Dinge. Wem etwas gehört, der besitzt es. Wenn etwas allerdings zueinander gehört, dann passt es gut zusammen. „Er gehört zu mir“ heißt es in einem populären deutschen Schlager.
Der Imperativ des Hörens
Hört, hört!“ Ruft die Opposition im Bundestag, wenn ihrer Meinung nach mal wieder eine Unverschämtheit von der Regierung verkündet wird. „Hör endlich mal zu“, sagt sie zu ihm, wenn er einfach nicht verstehen will, was sie sagt. „Hör mal!“ entfährt es dem Musiker, wenn er einen neuen Song fertig komponiert hat. „Hörst du jetzt endlich?“ schreit der Vater aus Verzweiflung, wenn der Nachwuchs so gar nicht machen will, was die Eltern sagen. Denn hören und gehorchen liegen oft dicht beieinander. Der Ausruf: „Man höre und staune“ gehört auch in diese Kategorie. Denn damit wird etwas Merkwürdiges, Wunderbares, Originelles oder Unglaubliches angekündigt.
Eine kleine Hörgeschichte Hör mal, sagte ich in der Kneipe zu einem alten Freund, den ich lange nicht gesehen hatte. Du lässt ja auch nichts mehr von dir hören. Na ja, meinte der, dich kenn ich ja auch nur noch vom Hörensagen. Aber gib mir doch einfach einen aus! Das würde sich echt gut anhören. Auf dem Ohr hör ich sehr schlecht, konnte ich da nur entgegnen. Dass du geizig bist, das hab ich ja schon läuten hören, meinte er angesäuert, aber dass es so schlimm ist ... Ich schwieg, wurde ärgerlich, und man konnte eine Stecknadel fallen hören. Erst jahrelang nicht melden und dann gleich schnorren. Da kann einem ja Hören und Sehen vergehen. Ich stand auf und ging raus. Er rief mir noch nach: Du wirst noch von mir hören!