Verdammt noch mal!
Lackaffen sind eine besondere Spezies unter den Menschen wie blöde Hunde und Scheißkerle. Manche Giftschlange kann auch, ohne zu beißen, Böses anrichten. Das Reich der Schimpfwörter und Flüche ist fast grenzenlos.
Fluchen und Schimpfen befreit und nimmt den Druck von der Seele. Dabei handelt es sich keineswegs um ein und dieselbe Sache. Ein richtiger Fluch wird selten ausgesprochen. Er soll Unheil über die verfluchte Person bringen, wurde und wird meist aus Rachelust ausgesprochen. Damit könnte man den Fluch als Gegenstück zum Segen bezeichnen. „Dich soll der Teufel holen!“ oder „Fahr zur Hölle!“ wären beliebte Klassiker aus dem deutschen Fluch-Repertoire, die aber nichts zu tun haben mit den ritualisierten Flüchen und Verwünschungszaubern anderer Völker.
Hauptsache Dampf ablassen
„Geh dahin, wo der Pfeffer wächst!“ ist auch so eine gängige Fluchformel. Damit soll das Gegenüber jedoch nicht in eine ferne Weltengegend gewünscht werden. Im Grunde geht es nur darum, mit Nachdruck klar zu machen, dass der andere verschwinden soll. „Ein Hau ab!“ in theatralischer Form gewissermaßen.
„Dampf“ beziehungsweise „Druck ablassen“ ist also die Hauptsache und deshalb kann man fluchen auch ganz ohne Gegenüber: „Verdammt noch mal!“, „Verfluchter Mist!“ oder das allseits beliebte „Scheiße!“ fluchen viele vor sich hin, wenn zum Beispiel das Essen angebrannt ist, das Auto mal wieder nicht anspringt oder eine kostbare Vase zu Bruch geht. Genauso könnte man aber auch mit „Herrgott noch mal!“ oder „Himmel, Arsch und Zwirn!“ seinen Ärger in Worte auflösen. Selbst gläubige Christen würden darin nichts Unanständiges sehen.
Das Reich der Tiere
Weitaus größer als bei den Flüchen ist die Auswahl im reichen Schatz der Schimpfwörter, die übrigens meist dieselbe Funktion haben wie die Flüche: kurz und heftig aufregen, um sich dann besser abregen und beruhigen zu können.
Tiernamen sind hier besonders beliebt, um andere zu beschimpfen – am besten noch mit einem bösen Wort ergänzt, um dem Ausdruck mehr Kraft zu verleihen. Die „blöde Kuh“ gehört noch zu den harmloseren Varianten, das „blöde Schwein“ oder die „dumme Sau“ gelten da schon als deftigere Formen, um klarzumachen, was man vom anderen hält: Nämlich gar nichts!
Nur der Esel ist wirklich dumm
Das „blöde Schwein“ könnte wahlweise allerdings auch ein „blöder Hund“ oder „Hammel“ sein. Das nimmt die Umgangssprache nicht so genau. Ganz ohne Zusatz kommt der Esel aus, der als Schimpfwort benutzt per se schon als Inbegriff der Dummheit gilt. Im Reich der Tiere findet sich für jeden schlechten Charakterzug etwas. Hinterlistig und verlogen ist die Schlange, unfreundlich und launisch die Ziege.
Daneben gibt es aber auch spezielle Neuzüchtungen der Umgangssprache ohne Gegenstück in der Natur. Als „Lackaffe“ beschimpft man gerne Menschen, die übertrieben geziert und überheblich auftreten. „Hurenböcke“ nehmen es mit der Treue zu ihrer Frau nicht so genau und ein „Kameradenschwein“ ist jemand, der für den persönlichen Vorteil seine Freunde verrät.
Alles Sch …
Alle benutzen es, aber keiner gibt es gerne zu. „Scheiße“ ist der Superstar unter den Schimpfwörtern, wird reichlich gebraucht, vielfach variiert und jeder Situation angepasst. Ein trübsinniger Tag ist ein „Scheißtag“, ein schlechtes Theaterstück ist eine „Scheißvorstellung“ und eine anstrengende und unangenehme Arbeit eine „Scheißarbeit“. Ob Sturm oder Dauerregen: Mit der Bezeichnung „Scheißwetter“ wird man viel Zustimmung ernten und niemand würde sich über den unanständigen Ausdruck aufregen.
Mit nichts kann man stärker die Unwichtigkeit einer Sache betonen als mit dem Attribut „scheißegal“. Und wer von seiner Frau in flagranti beim Ehebruch erwischt wird, der steckt nicht nur bis zum Hals in der Scheiße, er müsste sich zu Recht auch als „Scheißkerl“ betiteln lassen. Auch der „Klugscheißer“ ist kein angenehmer Mensch, sondern schlicht und einfach eingebildet und lästig, weil er ständig durch seine Bemerkungen den Eindruck erwecken will, dass er alles besser weiß und kann.
Je derber, desto stärker
Noch mehr verpönt, aber ebenso stark verbreitet, sind Ausdrücke, die auf ein ganz bestimmtes Körperteil des Menschen anspielen. Das Hinterteil muss für vieles herhalten. Auch wenn der Ausdruck „Arschloch“ grob und beleidigend ist: Es gibt kaum jemanden, der ihn noch nicht benutzt hätte. „Lahmarsch“ ist da noch eine der harmlosen Varianten, die ausdrückt, dass jemand zu deutlicher Langsamkeit oder Passivität neigt.
Große Opportunisten, die sich bei Vorgesetzten übertrieben freundlich geben, um schneller Karriere zu machen, werden nicht nur mit böser Zunge „Speichellecker“ genannt, sondern grob und eindeutig auch gerne als „Arschkriecher“ bezeichnet. Die Liste lässt sich beliebig fortführen. Die ganz derben Varianten sparen wir uns.
Es lebe die Vielfalt
Schimpfwörter brauchen eine gewisse Gemeinheit, sonst sind sie nicht wirksam. Das gilt nicht nur für die vulgären Begriffe, mit denen man seinem Ärger Ausdruck verleiht, sondern auch für die kleinen Sticheleien gegenüber ungeliebten Zeitgenossen. Statt von einem „Schwächling“ sprechen deshalb heute viele eher von „Warmduschern“ und „Weicheiern“. Über Pedanten kann man munter mit dem Begriff „Korinthenkacker“ und „Erbsenzähler“ lästern, und wer auf Festen über die erzählten Witze nicht lachen kann, wird schnell als „Spaßbremse“ abgestempelt. Schimpfwortklassiker wie „Niete“ und „Null“ sterben aber auch nicht aus, weder die Nichtskönner, die so genannt werden, noch die Ausdrücke selbst. Denn Sprache liebt Vielfalt, und das gilt auch beim Schimpfen.