Sendung: tagesschau 14.02.2020 17:00 Uhr - Bundespräsident Steinmeier wirft
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau.
Diese Sendung wurde vom NDR
live untertitelt (14.02.2020)
Heute im Studio: Susanne Holst
Guten Tag, willkommen zur tagesschau.
Wenn jeder an sich denkt,
ist an alle gedacht.
In der Weltpolitik
funktioniert das nicht.
Mit scharfen Worten
eröffnete Bundespräsident Steinmeier
die Münchener Sicherheitskonferenz.
Dabei kritisierte er vor allem
die USA, Russland und China.
Im Publikum: hochrangige Vertreter
dieser Staaten und aus aller Welt.
Die Münchener Sicherheitskonferenz
gibt es seit 1963.
Das Dialogforum
befasst sich mit aktuellen Krisen
und internationalen
Herausforderungen.
Verbindliche Beschlüsse
werden nicht gefasst.
Die privat organisierte Konferenz
gilt als Pflichtveranstaltung
für Außen- und Sicherheitspolitiker
weltweit.
Tagungsleiter Ischinger dämpft
schon im Vorfeld die Erwartungen.
Das Motto der Konferenz
spricht für sich.
"Westlessness" -
der Westen rat- und rastlos.
Deutliche Worte zu Beginn der Tagung.
Der Westen scheint durch
eine Identitätskrise zu gehen.
Die Welt wird
generell weniger westlich.
Auch der Westen selbst
wird weniger westlich.
Bundespräsident Steinmeier teilt
in seiner Rede diese Einschätzung.
Die USA erteilen
unter der jetzigen Regierung
der Idee einer internationalen
Gemeinschaft eine Absage.
Als ob die Haltung
"Jeder ist sich selbst der Nächste"
schon Weltpolitik sein könnte.
Als ob an alle gedacht sei,
wenn jeder an sich denkt.
Die drei Weltmächte USA,
Russland und China
hätten eine zerstörerische Wirkung
entfacht.
Wir werden Zeugen einer zunehmend
destruktiven Dynamik.
Vom Ziel internationaler
Zusammenarbeit
zur Schaffung einer friedlichen Welt
entfernen wir uns immer weiter.
Eine Krise des Westens habe es
auf einer Sicherheitskonferenz
in dieser Form noch nicht gegeben,
so Beobachter.
Steinmeier verzichtet auf
Diplomatensprache, redet Klartext.
Das dürfte
den Verlauf der Tagung prägen.
Tina Hassel in München:
Scharfe Kritik übt Steinmeier
an den USA, Russland und China.
Was ist seine Hauptbotschaft?
Er hat gesagt, er ist nicht mehr
als Außenminister hier.
Er kann Tacheles reden.
Die Botschaft war:
Die Großmächte zertrümmern
die internationale Ordnung.
Er hat das als sehr gefährlich
skizziert.
Er sagte, der Westen sei selber
schuld an seiner Schwäche.
Er hat auch im Hinblick
auf Deutschland durchdekliniert,
was man tun sollte.
Es gilt den Zusammenhalt in Europa
zu stärken.
Das bedeute auch, die europäische
Sicherheit zu stärken.
Das Verteidigungsziel von zwei
Prozent sollte eingehalten werden.
Nur wenn Deutschland sagt,
was es tun will,
um den europäischen Pfeiler
in der NATO zu stärken:
Nur dann könne Deutschland erklären,
warum es bei der ein oder anderen
Mission nicht dabei ist.
Da hat er Klartext geredet.
Steinmeier hat sich zuletzt
in einer Reihe von Reden
stark positioniert:
Auschwitz, Dresden, heute München.
Warum macht er das?
Er ist freier im Amt geworden.
Vor allem ist er aber besorgt.
Seine große Überschrift der Reden
lautet immer,
dass er gerne sagen würde,
man habe aus der Geschichte gelernt.
Das könne er aber nicht.
Weil er besorgt ist, unterbreitet er
schonungslos den Ist-Zustand.
Man müsse handeln.
Es dürfe keine falsche
moralische Bremse geben.
Danke, Tina Hassel.
Mit Sicherheit befasst sich auch der
neue Zukunftspodcast der tagesschau.
Angenommen, Deutschland exportiert
keine Waffen mehr ins Ausland:
Würde es weniger Kriege geben?
Dieses Gedankenexperiment spielen wir
im aktuellen Podcast durch -
mit Forschern, Experten
und einem Vertreter der Waffenlobby.
Begonnen hatte es mit der Wahl
des FDP-Politikers Kemmerich
zum Thüringer Ministerpräsidenten -
mit Stimmen von CDU und AFD.
Seitdem sind bei der CDU
die Dinge in Bewegung,
nicht nur in Thüringen.
Dort hat Landes- und Fraktionschef
Mohring eine Konsequenz gezogen
und angekündigt,
den Parteivorsitz abzugeben.
Auf Twitter sagte er, er wolle zur
Befriedung seiner Partei beitragen.
Iris Völlnagel in Leipzig:
Wie überraschend
kommt dieser Schritt?
Der Rücktritt
kommt nicht überraschend.
Es ist die Konsequenz
von vielen Schritten.
Er hatte letzte Woche
schon angekündigt,
dass er im Mai den Fraktionsvorsitz
im Landtag abgeben will.
Er war auch nicht mehr
in der Verhandlungsgruppe,
die sich mit Rot-Rot-Grün
treffen will.
Wie geht es weiter?
Das ist eine spannende Frage.
Sein Rücktritt
wurde positiv gesehen.
Zumindest
auf Bundesebene sagte man,
es würde den Weg ebnen für einen
Neustart der CDU in Thüringen.
Aus Thüringen selbst
gibt es kaum Reaktionen.
Sicherlich auch,
weil es darum geht,
wer jetzt welchen Posten
übernehmen wird.
Der ehemalige Ostbeauftragte
der Bundesregierung wird genannt.
Die Frage ist auch:
Wie positioniert sich die CDU
in Zukunft?
Kommende Woche
soll es dazu Gespräche geben.
Darauf kann man gespannt sein.
Der Bundestag beschließt
die Verlängerung und Verschärfung
der Mietpreisbremse.
Mit der bis 2025 befristeten Regelung
soll der Anstieg der Mieten
in Innenstadtlagen gedämpft werden.
Vermieter dürfen dort
maximal 10 % mehr verlangen
als die ortsübliche Vergleichsmiete.
Anders als bisher können Mieter
zu viel gezahlte Miete
für einen Zeitraum von bis zu
zweieinhalb Jahren zurückfordern.
Die Mietpreisbremse
gilt nicht für Neubauten.
Autofahrer müssen bei Regelverstößen
mit höheren Strafen rechnen,
etwa wenn sie in zweiter Reihe halten
oder keine Rettungsgasse bilden.
Das beschloss der Bundesrat heute.
Umweltfreundliche Verkehrsmittel
sollen attraktiver werden:
Der Bund erhöht die Investitionen
in den öffentlichen Nahverkehr.
Zudem sollen Radfahrer
gestärkt werden -
zum Beispiel durch mehr Platz und
mehr Sicherheit auf den Straßen.
Eine typische Situation:
Fahrrad- und Autofahrer
kommen sich gefährlich nahe.
Daher soll ein Mindestabstand beim
Überholen von 1,50 Metern innerorts
und zwei Metern außerorts gelten.
Die Novelle
der Straßenverkehrsordnung,
die der Bundesrat verabschiedete,
sieht auch vor:
Das soll auch
für Schutzstreifen gelten.
Hier durften Autos
bisher drei Minuten halten.
Für den Minister ein guter Tag.
Weil wir bei Radfahrern sehen,
dass sich die Unfallbilanz
verschlechtert hat.
Deshalb müssen wir
gerade Radverkehr schützen.
Damit ist mein Versprechen
einen Schritt voran gekommen,
dass Deutschland Fahrradland
Nummer eins werden soll.
Für Lkw gilt künftig:
Beim Rechtsabbiegen
nur noch Schrittgeschwindigkeit,
wenn mit Radfahrern
oder Fußgängern zu rechnen ist.
Grüne Landesminister im Bundesrat
wären gern weiter gegangen.
Wenn wir in Städten die
Geschwindigkeit auf 30 senken,
wird das die Zahl der tödlichen
Unfälle senken.
Durchzusetzen war das nicht, ebenso
wenig wie Tempo 130 auf Autobahnen.
Der Antrag bekam keine Mehrheit.
Thüringen hat übrigens
nicht mitgestimmt.
Die Plätze des Landes blieben leer.
Der Diesel-Skandal
hat viele VW-Kunden verärgert.
Etwa 460.000 hatten sich
einer Musterfeststellungsklage
der Verbraucherzentralen
gegen den Konzern angeschlossen.
Der angestrebte Vergleich
ist geplatzt.
Trotzdem will Volkswagen den Klägern
eine Entschädigung zahlen,
die bereits ausgehandelten
830 Mio. Euro.
Die Verbraucherzentralen
wiesen den Vorwurf zurück,
Honorar-Forderungen ihrer Anwälte
in Höhe von 50 Mio. Euro
seien die Ursache
für das Scheitern des Vergleichs.
Stefan Wolff in der Börse:
Wie schätzt man das dort ein,
was sagen die Anleger
zum geplatzten Deal?
Die Verbraucher werden
in eine unsichere Lage versetzt.
Die gescheiterte Verhandlung
bedeutet aber auch,
dass es möglich ist, dass die
Verbraucher einzeln versuchen,
die Ansprüche durchzusetzen.
Das wurde von einigen Kanzleien
schon angekündigt.
Das Verfahren
zieht sich in die Länge.
Das befürchtet man
auch an der Börse.
Daher gehören die VW-Aktien
heute zu den Verlierern.
Der Bundesanwaltschaft
ist ein Schlag gegen eine mutmaßliche
rechte Terrorzelle gelungen.
In sechs Bundesländern
fanden Razzien statt.
Zwölf Männer
wurden vorläufig festgenommen.
Sie sollen Übergriffe auf Politiker
und Muslime geplant haben.
Ziel sei offenbar gewesen,
bürgerkriegsähnliche Zustände
auszulösen.
Unter den Verdächtigen
ist ein Verwaltungsbeamter
der Polizei in NRW.
Hier bei Augsburg
und zwölf weiteren Orten
in sechs Bundesländern suchten
die Ermittler nach Beweismitteln.
Die Bundesanwaltschaft
wirft fünf Männern vor,
eine rechtsterroristische Vereinigung
gebildet zu haben.
Acht weitere sollen
die Gruppe unterstützt haben.
Der Generalbundesanwalt lässt
zwölf Männer vorläufig festnehmen.
In Chatgruppen sollen sie sich
ausgetauscht haben.
Nach SWR-Informationen wurde
in diesen Chats darüber gesprochen,
was man denn tun könne.
Zum Beispiel Politiker ermorden
oder einen Anschlag
auf eine Moschee verüben.
Konkret sollen diese Pläne
aber wohl noch nicht gewesen sein.
Der NRW-Innenminister erklärte:
Einer der Beschuldigten
sei Verwaltungsbeamter
der nordrhein-westfälischen Polizei.
Er sei vom Dienst suspendiert worden.
Jeder, der sich in diesem Bereich
bewegt, muss wissen:
Die Sicherheitsbehörden
sind ihm auf den Fersen.
Diese Leute können sich
nirgends sicher fühlen,
auch nicht im Internet.
Bis morgen Abend
müssen die Beschuldigten
dem Ermittlungsrichter am BGH
vorgeführt werden.
Der entscheidet,
ob er Haftbefehle erlässt.
Die Zahl der Corona-Erkrankten
steigt:
Mehr als 5000 Neuinfektionen meldete
heute Chinas Gesundheitsbehörde.
Die Angst vor dem Virus greift auch
auf die Tourismusindustrie über.
AIDA Cruises
sagte alle Asien-Reisen vorerst ab.
Vorausgegangen waren Anlegeverbote
in mehreren Häfen,
zudem mussten Passagiere wochenlang
in Quarantäne ausharren.
Umso größer war die Freude
bei den Passagieren der "Westerdam".
Sie durften in Kambodscha an Land.
Blumen und Küsschen
von Kambodschas Premier.
Zwei Wochen irrte die "Westerdam"
durch asiatische Gewässer.
Mehrere Länder wiesen das Schiff ab,
ohne nachgewiesenen Corona-Fall
an Bord.
Wir sind dankbar,
in eurem Land zu sein
und festen Boden
unter den Füßen zu haben.
Die "Westerdam"
liegt nun in Sihanoukville.
In Yokohama (Japan)
ist die "Diamond Princess"
seit zehn Tagen in Quarantäne.
Die "AIDA Vita" soll heute
in Bangkok ankommen,
nachdem sie in Vietnam
nicht ankern durfte.
Aufgrund der Corona-Gefahr
kündigte AIDA an,
seine Asienfahrten einzustellen.
Wir haben Kosten
für den Rücktransport
und werden einige Reisen
nicht machen.
Aber diese Investition
ist jetzt genau richtig.
Die Sicherheit der Passagiere
habe höchste Priorität.
Der Hygienestandard
ist noch mal erhöht worden.
Die medizinischen Abteilungen
auf den Schiffen sind instruiert.
Die AIDA-Schiffe sollen nun
gefährdete Regionen meiden.
Passagiere sollen entschädigt werden.
Die Wetteraussichten:
Morgen im Norden und Nordwesten
stark bewölkt,
in Küstennähe gelegentlich Regen.
Sonst neben einigen Wolkenfeldern
auch Sonne.
Hier geht es weiter mit Brisant.
Um 20 Uhr gibt es
eine neue tagesschau.
Ihnen einen guten Abend.
Copyright Untertitel: NDR 2020
Themen der Sendung:
Bundespräsident Steinmeier wirft auf Münchner Sicherheitskonferenz Großmächten Egoismus vor,
Thüringer CDU-Landesvorsitzender Mike Mohring tritt nach Wahleklat zurück,
Mietpreisbremse durch Bundestag verlängert und verschärft,
Bundesrat beschließt mehrere neue Verkehrsregeln,
Organspende bleibt nach Bundesratsentscheidung freiwillig,
Abgasskandal: Vergleich zwischen VW und Dieselkunden geplatzt,
Die Börse,
Zwölf mutmaßliche Mitglieder einer rechtsextremen Terrorzelle festgenommen,
Zahl der Coronavirus-Infektionen steigt weiter,
Das Wetter