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Youtube-Lektionen - April 2020, Wie App-Bewertungen manipuliert werden

Wie App-Bewertungen manipuliert werden

In meinem Video zu “Raid: Shadow Legends” gab es einen verworfenen Absatz, der sich

mit der Aussage “Über 300.000 Bewertungen können nicht lügen” auseinandergesetzt

hat.

Dann hab ich gemerkt, dass das ganze Ding eigentlich schon ein eigenes Thema wert ist,

denn warum diese Aussage so problematisch ist, ist tatsächlich etwas komplexer.

Es ist jetzt zugegeben keine Meisterleistung in Medienkompetenz, wenn man bei den Bewertungen

im App- und Google Play Store etwas skeptisch wird.

Und, dass da tatsächlich einiges nicht mit Rechten Dingen zugeht, dürfte auch niemanden

mehr verwundern, der schon mal die absurden Dinge gelesen hat, die dort zum Teil stehen.

Die AppStores sind ein wenig wie ein YouTube für Software.

Mit super erfolgreichen Deppen, deren Mittel an den Erfolg zu kommen, durchaus fragwürdig

sind und kleinen Perlen, die aufgrund ihrer moralischen Überzeugung nicht derartige Mittel

gebrauchen wollen und deswegen den Anschluss verlieren.

Aber ich muss gestehen, die Mittel, die teilweise genutzt werden, um die eigene Appbewertung

künstlich in die Höhe zu treiben, ohne etwas an der tatsächlichen App und ihrer Qualität

zu ändern, haben mich dann doch überrascht.

Klar, die naheliegendste Variante davon ist sich einfach Bewertungen zu kaufen.

Auf Freelance-Seiten wie Fiverr aber auch auf eigens dafür angelegten Domains findet

man haufenweise Angebote für Installationen und Reviews.

Im Schnitt kostet so eine Installation & Bewertungs-Kombo 1,60-1,80€. Natürlich ist das ganze von Apple und Google verboten, aber Google Maps hat beispielsweise

seit über 15 Jahren Probleme mit Fake-Bewertungen.

Die Chance, dass dieses Problem also irgendwann demnächst behoben wird, ist doch recht gering.

Und man muss ja nicht zwangsläufig positive Bewertungen für einen selbst kaufen.

Man könnte ja auch zum Beispiel negative Reviews für den Konkurrenten kaufen.

Die Wortwahl der Bewertungen kann man häufig auch selbst festlegen.

So könnte eine negative Bewertung einfach “Find' ich scheiße” lauten, man könnte

aber auch direkt auf die eigene App verweisen, weil die wär ja viel besser.

Aber das ist natürlich noch nicht alles.

Das eben war ganz simpler Betrug.

Jetzt, kommt Psychologie.

Es ist mir damals schon bei Harry Potter - Hogwarts Mystery aufgefallen.

Die Bewertungsaufforderung, die einem unweigerlich in jeder App irgendwann mal angezeigt wird,

weil AppStore-Bewertungen eben so elementar wichtig sind, ist in diesem Spiel extrem taktisch

platziert.

Und zwar genau an dem Moment, wo das Spiel kurz davor ist, sein bis zu diesem Zeitpunkt

unsichtbares Monetarisierungsmodell zu enthüllen.

Bis zu diesem Zeitpunkt hat man eine flüssige, 20-minütige Spielerfahrung genossen, die

man ohne Geldeinwurf im Anschluss nie wieder bekommen wird und wird nun darum gebeten,

diese Erfahrung zu bewerten, obwohl sie überhaupt nicht repräsentativ für das eigentliche

Spiel ist.

Ein kurzzeitiger Belohnungsmoment wie ein neuer Highscore kann mit dem darauf folgenden

emotionalen Momentum dafür sorgen, dass Leute eine höhere Bewertung abgeben, als wenn die

Aufforderung einfach irgendwann platziert wäre.

Das ist natürlich schon recht arschig und manipulativ und Hogwarts Misery ist bei weitem

nicht die einzige App mit dieser Taktik, aber es wird noch viel hinterlistiger.

Manche Apps bieten für das Bewerten der App auch Belohnungen an.

Das müssen keine mobile Games sein, auch ganz normale Apps nutzen diese Taktik.

Zwar ist es streng untersagt, Belohnungen an konkrete Bewertungen wie “5-Sterne”

zu koppeln, aber generell Belohnungen für das Bewerten auszuschütten ist dann schon

etwas mehr in der Grau-Zone.

Natürlich könnte man dann die Belohnung einsacken und der App trotzdem nur einen Stern

geben, aber wer macht das schon?

In der Regel werden die Leute eine Gegenleistung bringen wollen, weil sie etwas vermeintlich

gratis bekommen haben.

Außerdem sind die Belohnungen meist App-relevante virtuelle Güter, die denjenigen, die von

der App sowieso nicht so begeistert sind, kaum Anreize geben, die App überhaupt zu

bewerten.

Aber Moment mal, wer hat überhaupt gesagt, dass man all seinen Nutzern eine Bewertungsaufforderung

senden sollte?

Die Daten, die man durch das Verhalten eines Nutzers in der App erheben kann, könnten

doch auch dafür sorgen, dass man im Vorfeld erahnen kann, wie jemand eine App findet.

Man könnte zum Beispiel entscheiden, die Aufforderung nur denjenigen zu senden, die

noch nie im Echtgeldshop waren, die die Pushbenachrichtigungen angelassen haben oder die App schon seit 20

Minuten am Stück nutzen?

Vielleicht weiß man auch von Performance-Problemen auf bestimmten Geräten und … überspringt

die Bewertungsaufforderung bei den Problemkindern.

Und jetzt kommt mein absoluter Favorit in Sachen Arschigkeit.

Viele Apps nutzen in etwa dieses Interface, “Gefällt dir unsere App?”

inklusive einer Auswahlmöglichkeit zwischen einem und 5 Sternen.

Das Ding ist: Diese Auswahl ist in keinster Weise mit dem dahinterstehenden AppStore verknüpft.

Sie ist nur ein Test.

Ein Test, um herauszufinden, was man nun mit dem Nutzer macht.

5 Sterne?

Mega, ich leite dich direkt automatisch zu unserer AppStore-Seite weiter, damit du da

deine Euphorie mit den anderen teilen kannst.

Mach uns stolz, Jimmy!

Oh, 3 Sterne?

Hmmh, dann scheint ja etwas nicht in Ordnung zu sein.

Hier, ich leite dich mal auf unsere unresponsive Entwicklerseite weiter, wo du dein Feedback

hinterlassen kannst.

Das… schau ich mir dann… später an.

ABER GEH NICHT IN DEN APP STORE.

Jap.

Das ist ein Filter, der dafür sorgen soll, dass diejenigen, die von einer App begeistert

sind, diese auch bewerten und diejenigen, die nicht so Feuer und Flamme sind, davon

überzeugt werden sollen, dass die Bewertungsfunktion einer App nicht der richtige Platz für Kritik

ist.

Oh, und einen hab ich noch.

In mehreren Fällen tritt es auf, dass diese Aufforderung wesentlich positivere Bewertungen

zur Folge hat, als diese hier.

Genau wie das Phänomen, dass wenn man in YouTube-Videos übers Liken spricht, auch

im Durchschnitt mehr davon bekommt.

Der Mensch ist eben doch nicht immer so komplex.

Und natürlich wissen die Betreiber der AppStores davon.

Apple hat zum Beispiel mittlerweile eine Funktion implementiert, mit der man auch echte mit

dem AppStore verknüpfte Bewertungsaufforderungen in die eigene App integrieren kann, was für

32x mehr Bewertungen gesorgt hat als davor.

Zwar sind die alle ohne Text, den man besonders bei niedrigen Bewertungen häufig gebrauchen

könnte, aber immerhin.

Und hier stellt sich wieder die Frage: Wenn alle betrügen und manipulieren, gleicht sich

das alles dann nicht irgendwann aus?

Auch wenn das zur Folge hätte, dass die Bewertungen einer App nichts mehr wert sind.

So oder so, “300.000 Bewertungen” können sehr wohl lügen..

...und das ist furchtbar schade.

ENDCARD


Wie App-Bewertungen manipuliert werden How app ratings are manipulated Cómo se manipulan las calificaciones de las aplicaciones Como são manipuladas as classificações das aplicações

In meinem Video zu “Raid: Shadow Legends” gab es einen verworfenen Absatz, der sich

mit der Aussage “Über 300.000 Bewertungen können nicht lügen” auseinandergesetzt

hat.

Dann hab ich gemerkt, dass das ganze Ding eigentlich schon ein eigenes Thema wert ist,

denn warum diese Aussage so problematisch ist, ist tatsächlich etwas komplexer.

Es ist jetzt zugegeben keine Meisterleistung in Medienkompetenz, wenn man bei den Bewertungen Admittedly, it's not a masterpiece of media literacy to be able to

im App- und Google Play Store etwas skeptisch wird.

Und, dass da tatsächlich einiges nicht mit Rechten Dingen zugeht, dürfte auch niemanden

mehr verwundern, der schon mal die absurden Dinge gelesen hat, die dort zum Teil stehen.

Die AppStores sind ein wenig wie ein YouTube für Software.

Mit super erfolgreichen Deppen, deren Mittel an den Erfolg zu kommen, durchaus fragwürdig

sind und kleinen Perlen, die aufgrund ihrer moralischen Überzeugung nicht derartige Mittel

gebrauchen wollen und deswegen den Anschluss verlieren.

Aber ich muss gestehen, die Mittel, die teilweise genutzt werden, um die eigene Appbewertung

künstlich in die Höhe zu treiben, ohne etwas an der tatsächlichen App und ihrer Qualität

zu ändern, haben mich dann doch überrascht.

Klar, die naheliegendste Variante davon ist sich einfach Bewertungen zu kaufen.

Auf Freelance-Seiten wie Fiverr aber auch auf eigens dafür angelegten Domains findet

man haufenweise Angebote für Installationen und Reviews.

Im Schnitt kostet so eine Installation & Bewertungs-Kombo 1,60-1,80€. Natürlich ist das ganze von Apple und Google verboten, aber Google Maps hat beispielsweise

seit über 15 Jahren Probleme mit Fake-Bewertungen.

Die Chance, dass dieses Problem also irgendwann demnächst behoben wird, ist doch recht gering.

Und man muss ja nicht zwangsläufig positive Bewertungen für einen selbst kaufen.

Man könnte ja auch zum Beispiel negative Reviews für den Konkurrenten kaufen.

Die Wortwahl der Bewertungen kann man häufig auch selbst festlegen.

So könnte eine negative Bewertung einfach “Find' ich scheiße” lauten, man könnte

aber auch direkt auf die eigene App verweisen, weil die wär ja viel besser.

Aber das ist natürlich noch nicht alles.

Das eben war ganz simpler Betrug.

Jetzt, kommt Psychologie.

Es ist mir damals schon bei Harry Potter - Hogwarts Mystery aufgefallen.

Die Bewertungsaufforderung, die einem unweigerlich in jeder App irgendwann mal angezeigt wird,

weil AppStore-Bewertungen eben so elementar wichtig sind, ist in diesem Spiel extrem taktisch

platziert.

Und zwar genau an dem Moment, wo das Spiel kurz davor ist, sein bis zu diesem Zeitpunkt

unsichtbares Monetarisierungsmodell zu enthüllen.

Bis zu diesem Zeitpunkt hat man eine flüssige, 20-minütige Spielerfahrung genossen, die

man ohne Geldeinwurf im Anschluss nie wieder bekommen wird und wird nun darum gebeten,

diese Erfahrung zu bewerten, obwohl sie überhaupt nicht repräsentativ für das eigentliche

Spiel ist.

Ein kurzzeitiger Belohnungsmoment wie ein neuer Highscore kann mit dem darauf folgenden

emotionalen Momentum dafür sorgen, dass Leute eine höhere Bewertung abgeben, als wenn die

Aufforderung einfach irgendwann platziert wäre.

Das ist natürlich schon recht arschig und manipulativ und Hogwarts Misery ist bei weitem

nicht die einzige App mit dieser Taktik, aber es wird noch viel hinterlistiger.

Manche Apps bieten für das Bewerten der App auch Belohnungen an.

Das müssen keine mobile Games sein, auch ganz normale Apps nutzen diese Taktik.

Zwar ist es streng untersagt, Belohnungen an konkrete Bewertungen wie “5-Sterne”

zu koppeln, aber generell Belohnungen für das Bewerten auszuschütten ist dann schon

etwas mehr in der Grau-Zone.

Natürlich könnte man dann die Belohnung einsacken und der App trotzdem nur einen Stern

geben, aber wer macht das schon?

In der Regel werden die Leute eine Gegenleistung bringen wollen, weil sie etwas vermeintlich

gratis bekommen haben.

Außerdem sind die Belohnungen meist App-relevante virtuelle Güter, die denjenigen, die von

der App sowieso nicht so begeistert sind, kaum Anreize geben, die App überhaupt zu

bewerten.

Aber Moment mal, wer hat überhaupt gesagt, dass man all seinen Nutzern eine Bewertungsaufforderung

senden sollte?

Die Daten, die man durch das Verhalten eines Nutzers in der App erheben kann, könnten

doch auch dafür sorgen, dass man im Vorfeld erahnen kann, wie jemand eine App findet.

Man könnte zum Beispiel entscheiden, die Aufforderung nur denjenigen zu senden, die

noch nie im Echtgeldshop waren, die die Pushbenachrichtigungen angelassen haben oder die App schon seit 20

Minuten am Stück nutzen?

Vielleicht weiß man auch von Performance-Problemen auf bestimmten Geräten und … überspringt

die Bewertungsaufforderung bei den Problemkindern.

Und jetzt kommt mein absoluter Favorit in Sachen Arschigkeit.

Viele Apps nutzen in etwa dieses Interface, “Gefällt dir unsere App?”

inklusive einer Auswahlmöglichkeit zwischen einem und 5 Sternen.

Das Ding ist: Diese Auswahl ist in keinster Weise mit dem dahinterstehenden AppStore verknüpft.

Sie ist nur ein Test.

Ein Test, um herauszufinden, was man nun mit dem Nutzer macht.

5 Sterne?

Mega, ich leite dich direkt automatisch zu unserer AppStore-Seite weiter, damit du da

deine Euphorie mit den anderen teilen kannst.

Mach uns stolz, Jimmy!

Oh, 3 Sterne?

Hmmh, dann scheint ja etwas nicht in Ordnung zu sein.

Hier, ich leite dich mal auf unsere unresponsive Entwicklerseite weiter, wo du dein Feedback

hinterlassen kannst.

Das… schau ich mir dann… später an.

ABER GEH NICHT IN DEN APP STORE.

Jap.

Das ist ein Filter, der dafür sorgen soll, dass diejenigen, die von einer App begeistert

sind, diese auch bewerten und diejenigen, die nicht so Feuer und Flamme sind, davon

überzeugt werden sollen, dass die Bewertungsfunktion einer App nicht der richtige Platz für Kritik

ist.

Oh, und einen hab ich noch.

In mehreren Fällen tritt es auf, dass diese Aufforderung wesentlich positivere Bewertungen

zur Folge hat, als diese hier.

Genau wie das Phänomen, dass wenn man in YouTube-Videos übers Liken spricht, auch

im Durchschnitt mehr davon bekommt.

Der Mensch ist eben doch nicht immer so komplex.

Und natürlich wissen die Betreiber der AppStores davon.

Apple hat zum Beispiel mittlerweile eine Funktion implementiert, mit der man auch echte mit

dem AppStore verknüpfte Bewertungsaufforderungen in die eigene App integrieren kann, was für

32x mehr Bewertungen gesorgt hat als davor.

Zwar sind die alle ohne Text, den man besonders bei niedrigen Bewertungen häufig gebrauchen

könnte, aber immerhin.

Und hier stellt sich wieder die Frage: Wenn alle betrügen und manipulieren, gleicht sich

das alles dann nicht irgendwann aus?

Auch wenn das zur Folge hätte, dass die Bewertungen einer App nichts mehr wert sind.

So oder so, “300.000 Bewertungen” können sehr wohl lügen..

...und das ist furchtbar schade.

ENDCARD