Mortel | GERMANIA
Ich glaube, hätte ich weiter Fußball gespielt,
wäre ich nicht kriminell geworden.
Ich hätte auch andere Ziele und Interessen gehabt.
Und hätte nie angefangen Drogen zu nehmen oder so.
* Musik *
* Hiphop *
Mein Name ist Mortel.
Ich bin 27 Jahre alt, komme aus Trier, und mache Musik.
Meine Eltern kommen aus dem Kongo.
Sind '89 nach Deutschland gekommen.
Sie sind halt vor dem Krieg geflüchtet.
Ich war leider bisher noch nie im Kongo.
Aber ich bin mit der Kultur und mit der Mentalität aufgewachsen.
Ich fühle mich schon wie ein Kongolese,
aber auch wie ein Deutscher.
Die Pünktlichkeit ist wie ein Kongolese,
aber der Ehrgeiz wie ein Deutscher.
Ich bin in Bitburg aufgewachsen.
Als ich zehn war, sind wir nach Konz gezogen.
Konz ist zwar ne eigenständige Stadt, aber es gehört noch zu Trier,
es ist eine Kleinstadt, von ner Kleinstadt.
* Musik *
Wir sind in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen.
Wenig Geld, und da hat es so angefangen.
Ich wollte halt auch coole Schuhe tragen,
wollte halt auch schöne Markenklamotten haben.
Das hat mich so angetrieben.
Man hat gesehen, was die Älteren machen, wie sie ihr Geld verdienen,
dass es viel schneller geht als andere, die 8 Stunden lang arbeiten.
Und man hat sich solche Leute als Vorbilder genommen,
das waren für uns halt die Influencer.
Wir haben halt auf der Straße unsere Zeit vertrieben.
Aus Langeweile dann Sachen gemacht und sich zu einer Clique formiert.
Überall aufgetaucht, wo wir nicht eingeladen worden sind.
Haben halt Sachen dann kaputt gemacht,
oder waren graffitimäßig sehr, sehr aktiv.
Wir haben halt das gemacht, was ne Gang macht.
Ich will nicht ins Detail gehen, aber es gab eine Straftat,
die schon sehr extrem war.
Hat auch was mit ein paar Rechtsradikalen zu tun.
Weil die mich dann gejagt haben
und ich das dann nicht auf mir sitzen lassen konnte.
Und dann einen Rachezug gemacht habe,
der dann sehr schlimm ausgegangen ist.
Dann wurde ich in der Schule verhaftet.
Wir waren gerade eine Klassenarbeit am schreiben,
dann kamen die reingestürmt mit sieben Leuten
und haben mich verhaftet.
Vor dem Haftrichter ist dann meine Mutter in Ohnmacht gefallen.
Dann haben die einen Krankenwagen rufen.
* Musik *
Meine Mutter am Boden liegend, meine Schwester am Weinen.
Da wusste ich, es ging nicht mehr weiter. Ich muss mein Leben ändern.
Die Haftrichterin war halt auch irgendwo eine Mutter.
Da haben die sich zusammengetan mit dem Anwalt,
damit ich doch irgendwie nicht ins Gefängnis komme.
Und kam dann dafür in eine Jugendeinrichtung
für schwer erziehbare Kinder.
Da war ich von 15-18 auf mich alleine gestellt,
alleine kochen, bügeln, Wäsche waschen, und so.
Meine Mutter hat mich in eine kaufmännische Privatschule gesteckt.
Es war halt so diese letzte Chance, die ich dann hatte,
und habe es dann durchgezogen.
Nur meiner Mutter zuliebe eigentlich.
Im Rückblick hatte es eigentlich nur positive Seiten, im Heim zu landen.
Weil, ich weiß ganz genau, Freunde die gerade aus dem Gefängnis kommen.
Die kommen raus, nach zwei, drei Monaten überlegen die schon,
was sie als nächstes machen.
Ich habe die zweite Chance bekommen.
Wer weiß, was nach Knast passiert wäre.
Was für Leute ich da kennengelernt hätte,
was für einen Weg ich da eingeschlagen hätte.
Ich habe selbst zwei Kinder.
In erster Linie werde ich schauen, dass die keine Geldprobleme haben.
Sportlich müssen die sehr aktiv sein.
So die fangen nicht an, Drogen zu nehmen.
Ich merke es immer wieder, ich habe sehr viel Nachholbedarf.
Ich freue mich über eine Playstation, als wäre ich ein kleines Kind,
oder über Kleinigkeiten.
Ich möchte, dass das bei meinen Kindern nicht so ist.
Es soll eine Selbstverständlichkeit sein für die,
weil es einfach zu einer Kindheit gehört.
* Musik *
Untertitel: ARD Text