0.85x heute journal vom 15.04.2021 - Konflikt ums Infektionsschutzgesetz
Diese Untertitel sind live produziert.
Guten Abend.
Um in Sachen Corona zur Abwechslung
mal mit einer guten Nachricht zu beginnen:
Gestern wurden hierzulande
mehr als 700.000 Menschen geimpft, ein Tagesrekord.
Der zeigt, was möglich ist, wenn Impfstoff da ist.
Doch Epidemiologen warnen:
Selbst wenn beim Impfen jetzt Tempo reinkommt,
werden davon allein die Zahlen so bald nicht runtergehen.
Im Moment gehen sie ja eh steil nach oben.
Binnen 24 Stunden wurden dem Robert Koch-Institut
29.426 Neuinfektionen gemeldet.
Das sind 9.019 mehr als vergangenen Donnerstag.
293 Menschen sind in Verbindung mit Covid-19 gestorben.
Die 7-Tage-Inzidenz ist weiter gestiegen
und liegt aktuell bei 160,1.
Man kann gewissermaßen zugucken, wie das eintritt, wovor gewarnt wurde.
Britta Spiekermann berichtet.
"Jeder Tag zählt",
eine Aussage, die heute von diesen drei Männern geteilt
und der Öffentlichkeit mit einer gewissen Dramatik mitgeteilt wird.
Ein Notruf, ein Ruf nach mehr Tempo.
Shutdown für alle, das wäre aus ihrer Sicht das Beste.
Klar ist, wir müssen jetzt handeln, auf allen Ebenen
und natürlich besonders auf der Ebene der Entscheider.
Es ist gut, dass wir mit der Notbremse
per Bundesgesetz bald eine einheitliche Regelung haben.
Aber wir sollten nicht darauf warten,
bis der Bundestag nächste Woche dieses Gesetz beschlossen hat.
Nur noch 10 % freie Intensivkapazitäten,
d.h. pro Intensivstation genau ein Bett.
Dieses Bett haben sie für den Schlaganfall-, den Herzinfarkt-,
den Unfallpatienten, den chirurgisch operierten Patienten
und für den Covid-Patienten.
So ist die Situation zz.
Sie will die Macht der Länder an sich ziehen.
Bundesweite Notbremse, bundesweite Ausgangssperren.
Doch selbst Juristen aus dem Kanzleramt
kritisieren laut “Bild"-Zeitung“ den Entwurf als “angreifbar“,
Ausgangssperren hätten keine “belegte Wirksamkeit“.
Dazu kommt Widerstand aus der eigenen Fraktion,
Widerstand in den eigenen CDU-geführten Ländern.
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer
meldete bereits erheblichen Gesprächsbedarf an.
Sachsens-Anhalts Regierungschef warnt,
kein Mensch werde mehr mitmachen.
Jetzt sollen Bilder überzeugen.
Vizekanzler Scholz stellte sich heute an die Seite der Mediziner
und damit noch einmal demonstrativ auf die Seite des Bundes-Shutdowns.
Er versichert geschlossene SPD-Reihen,
verspricht ein wasserdichtes Bundesgesetz.
Die Verfassungsressorts haben sich intensiv mit der Frage beschäftigt,
wie das Gesetz zu bewerten ist.
Wir sind alle zu dem Ergebnis gekommen, dass das eine zulässige,
richtige und auch verfassungsfeste Lösung ist.
Das sieht Berlin Regierender Bürgermeister Müller, SPD,
ganz anders.
Ausgangssperren seien nicht verhältnismäßig,
ein zu massiver Grundrechtseingriff.
Carsten Schneider, auch SPD,
warnt gar vor einer Eskalation der “sozialen Situation“.
Selbst das Wort "Verfassungsbeschwerde" fällt.
Ferdinand Kirchhoff war Vizepräsident am Bundesverfassungsgericht.
Er kritisiert, man könne eine Gesellschaft auch zu Tode schützen,
neben der Gesundheit gebe es noch andere Grundrechte.
Was mir an dem Gesetz, wie bereits an der früheren Fassung, missfällt:
Die Grundrechte der anderen Beteiligten,
d.h. der Gewerbetreibenden, der Künstler,
aller, die sich in der öffentlichen und privaten Gesellschaft bewegen,
werden nicht berücksichtigt.
Man denkt sehr eindimensional nur an die Virusbekämpfung.
Hinter den Kulissen wird weiter verhandelt,
morgen erste Debatte im Bundestag.
Es ist eine Abwägung zwischen dem, was notwendig,
und dem, was vertretbar erscheint - eine schwierige Gratwanderung.
Wenn von Bundesnotbremse die Rede ist, klingt das ja fast ein wenig so,
als könnten die Bundesländer nicht selbst Bremsen ziehen.
Das können sie aber ja durchaus.
Keine Landesregierung ist gezwungen,
individuelle Öffnungsmodelle auszuprobieren.
Sie könnten sich auch an die Verabredungen
aus den MPK-Runden halten und z.B. die 100er-Regel umsetzen,
wenn sie das für richtig halten.
Hamburg etwa tut das.
Das, was im Entwurf für das Bundesgesetz steht,
wird an der Alster bereits praktiziert,
in Teilen sogar die besonders umstrittene nächtliche Ausgangssperre
Das ist in zweierlei Hinsicht interessant:
Es zeigt, inwieweit die Bürger mitmachen.
Und es zeigt, dass auch diese Maßnahmen nicht so stark sind,
dass die Zahlen in Hamburg schlagartig nach unten gehen würden.
Sven Rieken berichtet.
Diese Bilder sind von heute Abend.
In Hamburg
hat die 14. Nacht in Folge mit einer Ausgangsbeschränkung begonnen.
Bis morgen früh um 5 Uhr darf niemand hier draußen sein,
jedenfalls nicht ohne triftigen Grund.
Die Polizei kontrolliert das scharf.
Allerdings gab es bislang nicht viel zu kontrollieren.
Es ist natürlich immer schwer, wissenschaftlich zu bewerten.
Aber seitdem wir die Maßnahmen verschärft haben vor Ostern,
seitdem haben wir unterm Strich rückläufige Infektionszahlen,
was sonst in Deutschland kaum jemand sagen kann.
Das gilt heute, zum ersten Mal allerdings.
Nächtliche Ausgangsbeschränkung, Alkoholverbot in der Öffentlichkeit,
Maskenpflicht in vielen Bereichen:
Wer die Zeichen der Pandemie in Hamburg sehen möchte,
der kommt an den Symbolen nicht vorbei.
Der Stadtstaat hat so manche Reißleine zuerst gezogen.
Doch das Virus zog trotzdem weiter.
Gestern auch im Stadtpark:
Drei Familien haben mit allen Kindern schön Fußball gespielt.
Klar, an solchen Ecken, wo es sich knubbelt,
sollte man mehr kontrollieren.
Wir wohnen im Südelbe-Raum an der Landesgrenze zu Niedersachen.
Wir waren gestern in einem Kaufhaus in Buxtehude.
Die haben das wunderbar geregelt.
In Hamburg sind die Kaufhäuser zu, aber die Schulen sind offen.
Hamburg hat keine Ferien, Hamburg hat Wechselunterricht.
Die Klassen sind geteilt und zweimal die Woche getestet,
aber es sind nur die Abschlussklassen.
Einen vollen Betrieb traut sich die Stadt nicht, mit Folgen wie überall.
Ich mache mir Sorgen, das hat auch die Elternratssitzung gezeigt,
um die neuen Jahrgänge, dass man die mal in die Schule holen kann.
Dass die wenigsten mal eine Klassenratsstunde abhalten können,
um das Feeling Schule wieder mal zu haben.
Auf den Intensivstationen kommen die Patienten.
Die Taktung steigt trotz aller Maßnahmen.
Eine Taktung, die den Medizinern Sorgen bereitet,
obwohl die gut ausgestattete Hansestadt
noch weit von einer Übertaktung entfernt ist.
Man sieht schon seit Februar einen stetig steigenden Bedarf
an Intensivbetten über ganz Hamburg.
Auch bei uns und wir versuchen, uns so gut es geht zu helfen.
Gerade heute haben zwei Patienten aus umliegenden Häusern.
Auch in Hamburg wird es also eng, drinnen und draußen.
Die Stadt hält sich, auch mit viel Kontrolle,
an alle Inzidenzgrenzwerte und wird dafür belohnt -
etwas und auch erst heute.
Die Warnung vor überlasteten Kliniken ist mancherorts schon real.
Von dort kommen dann Patienten, die z.B. nach Hamburg gebracht werden,
wo noch etwas geht.
Darüber wollen wir sprechen mit Prof. Michael Bauer,
er ist Chefarzt vom Jenaer Klinikum für Intensivmedizin.
Guten Abend, Herr Prof. Bauer. Guten Abend, Frau Slomka.
Bei Ihnen in Thüringen ist die Situation schlimm
und Sie haben heute Nachmittag mit einer meiner Kolleginnen
aus dem Thüringer Landesstudio gesprochen am Telefon.
Da sagten Sie: Bei uns brennt die Hütte.
Das ist korrekt, wir sind seit Wochen im Ausnahmezustand.
Die Hälfte meiner Betten sind aktuell
mit schwerstkranken Patienten mit Covid-19 belegt.
Im Gegensatz zu den letzten Wochen sinkt der Altersdurchschnitt
kontinuierlich, das sind Menschen mitten aus dem Leben,
der Altersdurchschnitt ist Mitte 50.
Wir haben eine junge Patientin, die frisch entbunden hat,
samt dem Kind auf der Intensivstation.
Wir haben einen 32-jährigen Fitnesstrainer,
der auf der Intensivstation beatmet wird.
Leute mitten aus dem Leben.
Gerade das wird manche auch überraschen.
Manche Leute glaubten vielleicht,
wenn die Pflegeheime und die Über-80-Jährigen durchgeimpft sind,
dann ist das für den Rest alles nicht mehr so gefährlich.
Und jetzt liegen da Schwangere und ein Fitnesstrainer bei Ihnen.
Das ist korrekt, die gute Nachricht ist, die Impfung wirkt.
Aber mit den neuen Varianten B.1.1.7, der südafrikanischen etc.
gibt es durchaus schwere Verläufe, auch bei jungen Patienten.
Und mit den ansteigenden Zahlen sind wir hier in Thüringen
in der sehr ungünstigen Situation,
dass die Inzidenz seit Monaten hoch ist,
kommt es zu schwersten Erkrankungen auch bei jungen Patienten,
mitten aus dem Leben.
Das ist dann sozusagen auch die Wucht der großen Zahlen.
Nun gibt es auch Stimmen, die sagen: Ach, Inzidenzen, das kommt manchmal
auch nur, weil in einer Fleischfabrik z.B. sich Leute angesteckt haben.
Man sollte lieber auf die Bettenbelegung gucken und darauf,
wie viele Menschen tatsächlich erkranken.
Das ist wahrscheinlich aus Ihrer Perspektive dann eher schwierig?
Ja, wir sehen mit einer erheblichen Verzögerung die Patienten
auf der Intensivstation, mir ist angst und bange.
Die Zahlen steigen auch bei uns in der Region weiter,
und wir haben einen kontinuierlichen Nachschub
von schwerstkranken Patienten.
Andere Bundesländer, die jetzt nachziehen mit der Inzidenz,
die werden auch in 14 Tagen, drei Wochen entsprechend die Patienten
auf den Intensivstationen sehen.
Thüringen ist im Moment bei ungefähr 250 Inzidenz.
Sie fliegen bereits Patienten aus,
weil Sie einfach keinen Platz mehr haben bei sich in der Klinik in Jena?
Ja, es ist einerseits so,
dass wir im Bereich der hochspezialisierten Medizin,
z.B. bei Patienten, bei denen eine extrakorporale Unterstützung
der Lungenfunktion erforderlich wird mit dem Rücken an der Wand stehen.
Bei der ECMO stehen wir mit dem Rücken an der Wand,
haben wir keine Möglichkeiten mehr, diese Therapieoptionen auszunutzen.
Auch bei den jungen Patienten müssen wir diese Option haben.
Und dann müssen wir verlegen, wenn wir in der Individualmedizin
alle Register ziehen wollen.
Bei diesen Patienten müssen wir die Patienten jetzt verlegen.
Und zum anderen haben wir natürlich auch einen erheblichen Engpass
bei Patienten, die andere Diagnosen haben als Covid-19.
Die Situation ist bei uns angespannt für die normale Intensivmedizin,
wenn 45 % der Betten belegt sind mit Covid-19.
Die werden ja sonst nicht leer die Betten, haben wir Engpässe
in der Versorgung von Patienten mit Tumorerkrankungen,
mit akuten Gefäßleiden.
Wir sind mit dem Rücken an der Wand.
Das heißt ganz konkret, dass ein Krebspatient länger
auf eine ja auch dringend notwendige Operation warten muss?
Das ist korrekt, das ist seit Wochen die harte Realität
in deutschen Krankenhäusern.
Was erhoffen Sie sich jetzt von der Politik?
Wir haben ja auch das neue Infektionsschutzgesetz,
das im Gespräch ist.
Da werden Sie vermutlich als Arzt auch eine Meinung zu haben?
Ganz sicher.
Einerseits habe ich eben schon die gute Nachricht vorweggenommen:
Die Impfung wirkt.
Wir sehen die hochbetagten Patienten nicht mehr auf der Intensivstation.
Aber bis die Impfquote in Deutschland entsprechend hoch ist,
gibt es nur eine Chance: Wir müssen Kontakte reduzieren.
Wir müssen die entsprechenden Regelungen befolgen
und die Füße stillhalten, bis die Impfquote ausreichend hoch ist.
Sonst gibt es sehr, sehr viele Tote auch in Deutschland.
Herr Prof. Bauer, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Das Gespräch haben wir vor einer Stunde geführt.
Inmitten dieser Pandemie hat Deutschland bekanntlich
noch ein zweites Großthema, wobei es da ja auch Wechselwirkungen gibt.
Damit beginnen jetzt die Nachrichten von Heinz Wolf.
In der Kanzlerkandidatenfrage der Union haben sich heute
CDU-Ministerpräsidenten zu Wort gemeldet.
Rainer Haseloff aus Sachsen-Anhalt
ist indirekt von Parteichef Laschet als Kanzlerkandidat abgerückt.
Dem "Spiegel" sagte Haseloff,
es gehe nicht um persönliche Sympathie, Vertrauen
oder Charaktereigenschaften, sondern um die harte Machtfrage
und die besten Chancen - und damit um Popularitätswerte.
Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther forderte Söder dagegen
zum Rückzug auf.
Hessens Ministerpräsident Bouffier sagte im Hessischen Rundfunk,
die CDU habe das erste Zugriffsrecht.
Das habe man gemacht, habe ein Meinungsbild herbeigeführt
und daraus müsse man jetzt eine gemeinsame Entscheidung machen.
Der Nachtragshaushalt von Bundesfinanzminister Scholz
ging heute zur ersten Beratung in den Bundestag.
Dabei verteidigte Scholz
die weitere deutliche Erhöhung der Neuverschuldung
als unerlässlich zur erfolgreichen Bewältigung der Corona-Pandemie.
Der Nachtragshaushalt sieht eine zusätzliche Kreditaufnahme
von rund 60 Mrd. Euro vor.
Damit kann die Neuverschuldung in diesem Jahr auf einen Rekordwert
von rund 240 Mrd. Euro steigen.
Die Corona-Krise reißt ein tiefes Loch in den Staatshaushalt.
Ein Vorschlag führender Wirtschaftsinstitute ist jetzt,
das Rentenalter auf 69 Jahre heraufzusetzen.
Für dieses Jahr haben die Wissenschaftler
ihre Wachstumsprognose deutlich gesenkt, von 4,7 auf 3,7 %.
Die dritte Welle träfe die Wirtschaft härter
als noch im Herbst angenommen.
Die USA weisen zehn russische Diplomaten aus und verhängen
eine Reihe neuer Sanktionen als Reaktion auf Einmischungen
in die US-Wahlen und einen Hackerangriff,
wie die US-Regierung mitteilte.
Unter anderem sollen US-Banken
bestimmte russische Staatsanleihen nicht mehr kaufen dürfen.
Das russische Außenministerium verurteilte die Sanktionen
als ernsthaften Rückschlag für die wechselseitigen Beziehungen
und kündigte eine baldige Reaktion Moskaus an.
Einen Tag nach der Ankündigung von US-Präsident Biden,
alle amerikanischen Truppen aus Afghanistan abzuziehen,
ist US-Außenminister Blinken nach Kabul gereist,
zu Gesprächen mit der politischen Führung dort.
Blinken sagte Afghanistan weitere Unterstützung der USA zu.
Bei einem Treffen mit Präsident Ghani sagte Blinken,
die Partnerschaft verändere sich,
aber die Partnerschaft selbst dauere an.
Wenn es darum gehen würde, einen Preis zu verleihen
für besonders schlechtes Regierungshandwerk,
wäre der Berliner Senat wohl ein Top-Anwärter.
Er war gewarnt worden, dass sein Mietendeckel-Sonderweg juristisch
nicht haltbar sein würde.
Von inhaltlichen Gestaltungsdefiziten ganz zu schweigen.
Ein Gesetz, bei dem von Anfang an fraglich ist,
ob es Bestand haben kann,
löst v.a. enorme Unsicherheit aus, und zwar auf allen Seiten.
40 % der Berliner Vermieter sind Privatpersonen
und nicht große Wohnungskonzerne.
Die Kleinvermieter rannten Anwälten die Bude ein, weil sie nicht wussten,
was nun gilt und wie sie Neuvermietungen handhaben sollen.
Der Mietmarkt brach regelrecht ein.
Auf der anderen Seite wurden Mieter aufgefordert,
Geld für eventuelle Nachzahlungen zurückzulegen,
auch das eine absurde Nebenwirkung.
Und nun der Paukenschlag vom Bundesverfassungsgericht.
Aus Berlin: Silvia Bleßmann.
Das Urteil hat die Hauptstadt am Morgen mit voller Wucht getroffen.
Der Mietendeckel "made in Berlin" wird kein Exportschlager.
Dabei war Berlin die einzige deutsche Großstadt,
in der die Mieten im letzten Jahr im Sinkflug waren.
Doch das Prestigeprojekt des rot-rot-grünen Senats
ist nun abgestürzt.
Es ist auf jeden Fall ein Rückschlag,
da gibt es gar nichts drum rum zu reden, aber das Thema ist nicht weg.
Sondern wir haben jetzt erfahren und gerichtlich bestätigt,
dass wir anders, als wir dachten, die Kompetenz nicht haben,
hier zu regulieren.
Das Urteil des obersten deutschen Gerichts fußt auf dem Grundsatz,
dass Bundesländer nicht regeln dürfen,
was der Bund bereits geregelt hat.
Mietrecht sei im Bürgerlichen Gesetzbuch ausreichend geregelt.
Das deutschlandweit einmalige Gesetz wurde von der Linkspartei
gegen große Widerstände durchgeboxt.
Für fünf Jahre sollten die Mieten eingefroren
und sogar abgesenkt werden.
Eine Notbremse gegen das Marktversagen,
mit der Neuland betreten wurde, um die Preisspirale zu stoppen.
Eins kann man auf jeden Fall sagen.
Es ist ein sehr schwerer Tag für den Senat
und auch die Mieter*innen von Berlin.
Wir hatten natürlich mit was anderem gerechnet.
Dass Karlsruhe jetzt so deutlich entscheidet,
ist auch für uns überraschend.
Der Streitwert: 2,5 Mrd. Euro,
so viel hätten laut Schätzungen des Senats die Berliner
der 1,5 Mio. Mietwohnungen sparen können.
Auch Marcel und David hatten sich schon letzten Sommer
im Mietendeckelrechner ihren möglichen Sparbetrag ausgerechnet.
Finden wir super, da freuen wir uns auf jeden Fall drüber.
Als Marcel dann heute Morgen las: "Mietendeckel gekippt",
war er geschockt.
Gott sei Dank hatten sie das eingesparte Geld erst mal
zur Seite gelegt.
Damals haben wir uns gefreut,
dass wir weniger Miete zahlen müssen.
Jetzt, typisch Politik, viel versprochen,
am Ende leider nicht gehalten oder es einfach nicht durchdacht,
was sie da beschlossen haben in der Vergangenheit.
Und jetzt müssen wir schauen,
ob wir das Geld zurückzahlen müssen oder nicht.
Wütend über die Auswirkungen des Urteils in ihrer Stadt,
rief das Bündnis gegen Mietenwahnsinn am Abend
zu einer spontanen Demo auf.
Das kostet mich 950 Euro, dann später 50 pro Monat.
Das bedeutet, Berlin wird in zehn Jahren wie London oder Paris,
dass man es nicht mehr bezahlen kann.
Große Berliner Vermieter wie die Deutsche Wohnen
haben schon angekündigt, dass sie alles zurückfordern.
Nur die Vonovia will auf Rückzahlungen verzichten.
In den Altbauvierteln, wo die Miete per Gesetz besonders
stark gesenkt wurde, hatten Vermieterinnen wie Helga Haufe
darauf aufmerksam gemacht,
dass das Gesetz noch nicht rechtssicher ist.
Unterstützt von den Liberalen, kämpfte sie gegen den Mietendeckel.
Für mich ist die erste emotionale Empfindung, die ich hatte:
Heute ist ein guter Tag für unsere Demokratie
und soziale Marktwirtschaft.
Am heutigen Tag ist eigentlich nichts anders für Berlin,
denn das Chaos bleibt bestehen.
Rot-Rot-Grün hat am Miet- und Wohnungsmarkt
in den letzten fünf Jahren das Chaos verstetigt.
Es gibt jetzt keinen Mietendeckel, es gibt keinen Mietspiegel
und es fehlen immer noch 200.000 Wohnungen.
Also nichts ist besser geworden.
Auch wenn der Mietendeckel nun rechtzeitig vor der Wahl
abgeräumt wurde,
enden wird die Debatte über bezahlbaren Wohnraum damit nicht.
Es gibt einen Auftrag an den Bund.
Er muss den Ländern ermöglichen,
den Mietendeckel machen zu können.
Ob mit oder ohne Mietendeckel:
Wenigstens gab es im letzten Jahr weniger Wohnungseinbrüche.
Das ist ein Bereich, in dem die neue Kriminalstatistik
für das vergangene Jahr einen Rückgang verzeichnet.
Insgesamt wurden demnach 2,3 % weniger Straftaten
registriert als 2019.
So ist die Zahl der Wohnungseinbrüche um 13,9 % gesunken.
Aber in anderen Bereichen haben die Straftaten zugenommen:
Die Polizei hat im vergangenen Jahr
mehr sexuellen Missbrauch an Kindern aufgedeckt.
Die Fallzahlen stiegen um 6,8 % - hinzu kommt die Befürchtung,
dass viele Taten aufgrund des Shutdowns unentdeckt bleiben.
Erheblich gestiegen ist auch die Kriminalität im Internet.
Jüngstes Beispiel: das Abgreifen von Corona-Hilfen
mit gefälschten Nutzerprofilen.
Valerie Haller, welche Dimension
hat der wirtschaftliche Schaden der Internetkriminalität?
Der Schaden ist immens.
Auch hier dürfte die Dunkelziffer hoch sein.
Durch Corona hat sich vieles ins Netz verlagert -
das bietet entsprechend mehr Angriffsfläche für Kriminelle.
Beispiel Onlinehandel: In Pandemie-Zeiten boomt er.
Die Kriminalität aber auch.
11,5 % mehr Straftaten beim Internet-Shoppen vergangenes Jahr.
Sei es, weil bestellte und bezahlte Ware nie geliefert wurde
oder Fälschungen als Originale verkauft wurden.
Zugenommen haben auch die Cyberangriffe auf Unternehmen.
Hacker dringen in IT-Systeme ein und legen sie lahm,
bis ein Lösegeld bezahlt wird.
Ein besonderes Problem in Pandemiezeiten:
Das Homeoffice wird zum Einfallstor für Hacker.
Wenn die Belegschaft von außerhalb auf die Systeme zugreift,
können das Cyberkriminelle potenziell auch.
Sofern beim Schutz nicht nachgerüstet wird - und das planen nur wenige.
Schon jetzt vernachlässigen Unternehmen Cyberrisiken.
Gerade mal 10 % des IT-Budgets
geben viele Unternehmen für Sicherheit aus.
8 % der befragten Firmen haben schon eine Cyberattacke erlebt.
25 % mit schweren bis existenzbedrohenden Schäden.
Unternehmen sparen in der Pandemie, auch an der IT-Sicherheit.
Das Problem: Digitaler Schutz kostet Unternehmen sofort
und an den Cyberangriff glauben viele erst, wenn er passiert ist.
Dann aber kann er gleich einen Millionenschaden anrichten.
Die Verkehrsminister von Bund und Ländern
wollen auf ihrer zweitägigen Frühjahrskonferenz den Streit
um die Änderungen der Straßenverkehrsordnung beilegen.
Im Fokus: der neue Bußgeldkatalog.
Mit ihm sollten u.a. deutlich schärfere Strafen
für zu schnelles Fahren durchgesetzt werden.
Wegen eines Formfehlers wurde der bereits geltende Katalog
im vergangenen Juli wieder außer Kraft gesetzt.
Zum zweiten Mal ist eine Aufnahme des dänischen Fotografen Mads Nissen
zum Weltpressefoto des Jahres gekürt worden.
Das Bild zeigt einen Moment der Corona-Pandemie.
Es heißt "Die erste Umarmung“.
Fünf Monate lang lebte die 85-jährige Rosa Luzia Lunardi
isoliert im Altenheim in Brasilien.
Als ihre Pflegerin sie nach dieser Zeit umarmt,
mit geschlossenen Augen und in einem Schutzumhang aus Plastik,
wirkt sie wie ein Engel.
Nach Ansicht der Jury steht das Bild wie kein anderes
für die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Menschen.
Auf den Tag heute vor zwei Jahren blickte die Welt nach Paris.
Geschockt und mitfühlend, angesichts des Kulturdramas,
das sich dort abspielte:
die weltberühmte Notre-Dame lichterloh in Flammen.
Die Pariser Bürger auf den Straßen, fassungslos und hilflos.
Präsident Macron versprach umgehend,
dass das Nationalsymbol innerhalb von fünf Jahren wieder aufgebaut werde.
Und tatsächlich hat sich schon einiges getan:
Vor allem ist die Kathedrale nicht mehr einsturzgefährdet,
die Sicherungen sollen bis zum Sommer abgeschlossen sein.
Dann könnte der eigentliche Wiederaufbau beginnen:
Da geht es zum einen um den mittelalterlichen Dachstuhl.
Er soll so originalgetreu wie möglich rekonstruiert werden.
Ebenso der abgebrannte hölzerne Vierungsturm,
der erst im 19. Jahrhundert auf die Kathedrale gesetzt wurde.
Doch es geht bei diesem Großprojekt nicht nur um alte Baupläne.
Sondern auch um originalgetreues Material.
Vor über 850 Jahren, als Notre-Dame erbaut wurde,
war das neben Stein v.a. Holz.
Das beste Holz, das man damals bekommen konnte.
Christel Haas berichtet.
Das ist alles andere als eine gewöhnliche Baustelle.
Der, der heute in das gähnende Loch im Dach hinabblickt,
ist kein anderer als der Präsident, in Schutzanzug und mit Helm,
so wollen es die Sicherheitsvorschriften.
Bestandsaufnahme am zweiten Jahrestag des Brandes.
Wir sind alle beeindruckt von dem, was wir hier sehen.
Die Arbeit dieser zwei Jahre.
Jeder erinnert sich doch noch an das, was damals passierte.
Alle waren aufgewühlt.
Das Innere von Notre-Dame, eine Kathedrale aus Metall,
Gerüste vom Boden bis zum Dachgewölbe.
Hier, in 25 m Höhe, fanden Bauarbeiter diese Stange:
Überrest des Spitzturms, der in die Tiefe gestürzt war.
Sehen Sie diese Rosen? Sie sind Teil einer großen Krone.
Es gab die Krone, und darüber waren das Holz und der Hahn.
Der Spitzturm machtlos gegen das Inferno vor zwei Jahren Notre-Dame,
eingehüllt in Flammen und Rauch.
Es ist fast ein Wunder, dass sie nicht ganz zerstört wurde.
Dieser Holzbogen ist einer von vielen und tonnenschwer.
Er soll ein Kreuzgewölbe abstützen, das Risse hat.
Ins Innere kommt er durch dieses Fenster,
dass man kurzerhand zweckentfremdet hat.
Er wird millimetergenau eingepasst.
Das Ergebnis sieht so aus:
Sie sind alle maßgetreu ausgemessen und angefertigt worden.
Und weil kein Gewölbebogen gleich ist,
sind auch die Holzstützen alle unterschiedlich.
Unten, in einer Seitenkapelle, eine andere Welt: leuchtende Farben,
Malereien aus dem Mittelalter,
die bei der Restaurierung freigelegt wurden.
Die ganze Kapelle war so schwarz wie diese Säule hier,
das ist die Farbe, die wir kennen.
Durch das Feuer kam noch Staub dazu,
aber es war schon vorher so schmutzig.
Vom Schmutz befreien, ist auch die Aufgabe dieser Kletterer,
die sich immer wieder in das offene Dach abseilen
und dort Bleistaub und Trümmer aufsaugen,
die noch auf den Mauern liegen.
Die Herausforderung ist immens.
Nur noch drei Jahre, dann, so will es Präsident Macron,
soll die Kathedrale wieder aufgebaut sein.
Die ganze Restaurierung und der Aufbau des Dachstuhls usw.
wird wahrscheinlich nicht abgeschlossen sein.
Aber man wird Notre-Dame wieder betreten können.
Ihr Anblick erinnert jeden immer noch an den Brand.
Es ist eben alles andere als eine gewöhnliche Baustelle.
Nicht nur für Architekten und Restauratoren
ist dieser Wiederaufbau ein faszinierendes Projekt.
Wenn Sie mögen, können Sie mit unserer heute-App
Notre-Dame besuchen und sich in Eigenregie und 360 Grad
in der Kathedrale umschauen.
Wie sie vor dem Brand aussah und interaktiv im 3D-Modell,
wie es auf der Baustelle weitergehen soll.
Hier geht's jetzt gleich weiter mit Maybrit Illner
und ihren Gästen, zu denen u.a. Olaf Scholz,
Christian Lindner und Karl Lauterbach gehören und Sie ahnen es:
Debattiert wird über Corona und die Notbremse.
Um 0.30 Uhr meldet sich dann
Hanna Zimmermann mit dem heute journal up:date.
Bis morgen, auf Wiedersehen.
Die Luft kommt allmählich aus östlichen Richtungen
und bringt uns Regen, sogar etwas Schnee.
Es gibt v.a. viele Wolken und weniger Sonnenschein.
In der Nacht kommen von Osten her kompakte Wolken mit Regen und Schnee,
v.a. im Erzgebirge und Richtung Vogtland.
Vorsicht Glätte, auch in tieferen Lagen.
Im Nordwesten klart es verbreitet auf.
Morgen v.a. im Nordwesten viel Sonne,
z.T. bis Richtung Schleswig-Holstein, Emsland und Rhein.
Ansonsten ist es im Osten dichter bewölkt mit etwas Regen.
Richtung Erzgebirge und Vogtland gibt es etwas Schnee.
Am Main kann es minimal regnen.
An den Alpen nur wenige Wolken, v.a. im Allgäu viel Sonnenschein.
Am Samstag kommen immer noch kompakte Wolken von Osten.
Allerdings gibt es nur noch wenig Schnee und Regen dabei.
Im Westen ist es z.T. sonnig.
Am Sonntag gibt es v.a. im Süden und Norden Schauer.
Montag im Süden wiederum Schauer, dafür steigen die Temperaturen.