tagesschau 08.11.2021, 20:00 Uhr - Corona-Inzidenz höchster seit Beginn der Pandemie, Sachsen führt 2G-Regelung ein
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der tagesschau.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (08.11.2021)
Heute im Studio: Thorsten Schröder
Guten Abend, ich begrüße Sie zur tagesschau.
Steigende Corona-Zahlen erhöhen den Druck auf die Politik.
SPD, FDP und Grüne haben sich auf einen Gesetzentwurf
zur Corona-Pandemie geeinigt.
Der Entwurf soll sicherstellen, dass bestimmte Corona-Maßnahmen
auch künftig angeordnet werden können.
Dazu gehört z.B. die Maskenpflicht
oder die Vorlage von Impf- oder Testnachweisen.
Die bisherige Regelung läuft am 25. November aus.
Fast täglich meldet das RKI neue Rekorde.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist auf 201,1
und damit auf den höchsten Stand seit Beginn der Pandemie gestiegen.
Den bisherigen Höchststand hatte der Wert am 22. Dezember 2021
mit 197,6 erreicht.
Corona belastet die Kliniken wieder stärker.
Sie sollen deshalb eine Prämie bekommen
fürs Freihalten von Intensivbetten.
Ein Punkt, mit dem SPD, Grünen und FDP
Corona auch nach dem Auslaufen der epidemischen Lage bekämpfen wollen.
Den rechtlichen Ausnahmezustand wollen sie beenden.
Dies ist notwendig, nicht, weil die Lage entspannter ist.
Sondern vor dem Hintergrund der relativ hohen Impfquote,
die um die 70 % liegt, muss man sich die Frage stellen:
Sind Grundrechtseingriffe noch akzeptabel?
Maßnahmen wie Maskenpflicht, 3G- oder 2G-Regeln
wollen die Ampelparteien weiter ermöglichen.
Auch eine 3G-Regel am Arbeitsplatz.
Beschäftigte müssten dann nachweisen,
dass sie geimpft, genesen oder getestet sind.
Unter SPD, Grünen und FDP gibt es dazu einen Konsens,
dass wir das vorantreiben wollen.
Auch das Impfen wollen sie vorantreiben.
Kostenlose Schnelltests für alle sind wieder im Gespräch.
Virologen begrüßen das, fordern beim Testen
besonderes Augenmerk auf Kliniken und Pflegeheime.
Hier muss man darauf achten,
dass qualitativ hochwertige Teste Anwendung finden.
Das heißt nicht, der Schnelltest in der Besenkammer,
sondern qualitätsgesichert.
Einen bundesweiten Lockdown soll es nicht geben,
auch keine Schulschließungen.
Die Maßnahmen sollen Bestand vor Gerichten haben.
Es hilft überhaupt nichts.
Wir machen jetzt eine Fortschreibung der Notlage.
Und in wenigen Tagen
haben wir eine Aufhebung von Maßnahmen.
Dann ist niemand geschützt.
Am Donnerstag soll der Bundestag
über den Gesetzentwurf von SPD, Grünen und FDP beraten.
Die Ampel-Koalition wird gerade noch verhandelt.
Schon gibt es eine Belastungsprobe.
Die Mehrheit im Bundestag haben SPD, Grüne und FDP.
Doch die Tauglichkeit ihrer Strategie
muss sich angesichts steigender Corona-Zahlen noch erweisen.
Sachsen reagiert mit 2G-Regeln auf zunehmende Corona-Neuinfektionen.
Mit fast 500 Fällen pro 100.000 Einwohner
liegt die 7-Tage-Inzidenz dort höher als in allen anderen Bundesländern.
An Gastronomie-, Kultur- und Freizeitangeboten
darf ab heute nur noch teilnehmen, wer geimpft oder genesen ist.
So soll auch die Impfquote erhöht werden.
Im bundesweiten Vergleich ist Sachsen hier Schlusslicht.
Impf-Aktion in Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge,
dem Landkreis mit der bisher niedrigsten Impfquote Sachsens.
Marco Bartsch sagt, er sei bisher skeptisch gewesen.
Heute lässt auch er sich gegen Corona impfen.
Anlass war für ihn die 2G-Regel, die in Sachsen seit heute gilt.
Ich hab drei Kinder, und man will ja was unternehmen.
Man kommt halt nirgendwo mehr rein, schlecht irgendwo mal hin.
2G heißt: In Innenräume von Kultur- und Freizeit-Einrichtungen
und Restaurants dürfen nur noch Geimpfte und Genesene.
Das findet hier nicht jeder sinnvoll.
Man kann ja auch Corona bekommen, trotz dass man geimpft ist.
Dann lassen sie alle, die den Impf-Zettel haben, zusammen.
Ich weiß nicht, die Zahlen sagen eigentlich was anderes.
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer verteidigt 2G.
Ein Leben mit Corona sei langfristig nur durch Immunisierung möglich.
Wir sehen, dass die, die nicht geimpft sind,
in Größenordnungen jetzt Pandemietreiber sind.
Deswegen setzt unsere Schutzmaßnahme da an, um Schlimmeres zu verhindern,
um einen Lockdown zu verhindern.
Seit der Ankündigung der 2G-Regel verzeichnet Sachsens Rotes Kreuz
eine deutlich höhere Nachfrage seiner mobilen Impf-Angebote.
Dafür stand in Ehrenfriedersdorf
nicht nur Marco Bartsch heute 2,5 Stunden an.
Die SPD-Vorsitzende Esken und Generalsekretär Klingbeil
sind voraussichtlich das neue Führungsduo der Partei.
Beide wurden einstimmig von den höchsten Gremien nominiert.
Entscheiden muss noch ein Parteitag im Dezember.
Während Esken zum linken Flügel der SPD zählt,
gehört Klingbeil dem konservativen Seeheimer Kreis an.
Die Neuaufstellung wurde nötig, weil Norbert Walter-Borjans
Ende Oktober seinen Rückzug angekündigt hatte.
Zwei SPD-Vorsitzende am Ende des gemeinsamen Weges.
Norbert Walter-Borjans hört auf, Saskia Esken will weitermachen.
Als Doppelspitze mit Noch-Generalsekretär Lars Klingbeil.
Der Parteivorstand hat beide nominiert.
Für Esken ist Klingbeil die richtige Wahl.
Er hat als Generalsekretär schon vor meiner Zeit hier
den Grundstein gelegt für die Erneuerung unserer Partei.
Gemeinsam mit Andrea Nahles.
Er hat auch 'nen erheblichen Anteil an unserem Wahlerfolg.
Anders als Walter-Borjans kommt Klingbeil nicht vom linken Flügel.
Der Niedersachse hat sich in den letzten zwei Jahren
in der gesamten Partei Respekt erarbeitet.
Wir haben Stärke gewonnen durch Teamspiel.
Dass wir intern Sachen ordentlich ausdiskutiert
und dann einen gemeinsamen Weg eingeschlagen haben.
Und davon war nicht jeder überzeugt.
Wenn Klingbeil Parteichef wird,
macht er den Platz des Generalsekretärs frei.
Die Jusos bringen Kevin Kühnert ins Spiel.
Ich traue Kevin Kühnert das Amt zu.
Er hat in den letzten Jahren massiven Anteil
an der Neuaufstellung der SPD und auch an dem Erfolg.
Gerade programmatisch ist er wahnsinnig stark.
Kühnert gilt als Vertrauter von Esken und Klingbeil.
Er wäre für viele die logische Wahl.
Viele Frauen in der Partei fordern,
es müsse wieder eine Generalsekretärin geben.
Verschiedene Namen werden genannt.
U.a. Vize-Parteichefin Klara Geywitz
und die Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe.
In Mecklenburg-Vorpommern
steht der Koalitionsvertrag von SPD und der Linken.
Den Entwurf präsentierten Ministerpräsidentin Schwesig
und Linken-Fraktionschefin Oldenburg gemeinsam.
Geplant sind u.a. mehr Lehrer und mehr Klimaschutz.
Über den Vertrag soll am Wochenende auf außerordentlichen Parteitagen
abgestimmt werden.
Für Montag ist die Wiederwahl Schwesigs
als Ministerpräsidentin geplant.
An der Grenze zwischen Belarus und Polen
spitzt sich die Flüchtlingslage zu.
Tausende versuchen dort, in die EU zu gelangen.
Allein heute kamen Hunderte zu Fuß über Autobahnen und Waldwege.
Brüssel wirft Belarus' Machthaber Lukaschenko vor,
Menschen aus Krisenregionen quasi einzuschleusen.
Polen hat das Grenzgebiet für Hilfsorganisationen
und Journalisten gesperrt.
Tausende Soldaten sind im Einsatz.
Ein langer Marsch in Richtung polnische Grenze.
Hunderte machten sich von Belarus aus auf den Weg in Richtung EU.
Von belarussischen Grenzsoldaten seien sie von der Straße
in die Wälder abgedrängt worden, heißt es beim polnischen Grenzschutz.
Es sollen viele Kurden aus dem Irak unter ihnen sein.
Einige versuchen, den Zaun niederzureißen.
Es gibt Konfrontationen mit Grenzschützern.
Als es zu diesem Ansturm auf die Grenze kam,
haben sie sich den Grenzschützern gegenüber sehr aggressiv verhalten.
Es wurde Tränengas eingesetzt,
um die illegale Grenzüberschreitung zu verhindern.
Zusätzliche Soldaten wurden an die Grenze geschickt.
Jetzt sind es 12.000.
In Warschau tagt der Krisenstab unter Beteiligung des Kabinetts
von Ministerpräsident Morawiecki und Präsident Duda.
Die Situation ist die schwierigste
seit Beginn des Konflikts an der polnisch-belarussischen Grenze.
Das Regime von Präsident Lukaschenko
hat gezielt Menschen in Richtung polnische Grenze geschickt.
Nach seinen Angaben
halten sich 3000 bis 4000 Menschen in den Wäldern auf.
Auch aus Brüssel kommen Reaktionen zur Entwicklung in Polen.
Es ist eine weiterer Versuch des Lukaschenko-Regimes,
Menschen dafür auszunutzen, die EU und ihre Werte zu destabilisieren.
Wir lehnen alle Versuche, Menschen politisch zu instrumentalisieren,
entschieden ab.
Vorschlag aus Brüssel:
Die Flüchtlingsagentur Frontex
könnte die polnische Grenzsicherung unterstützen.
Polen lehnt das bisher ab, eigene Mittel würden ausreichen.
An der Grenze bereiten sich die Menschen auf die Nacht vor.
Die katholische Kirche in Frankreich
zieht Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal.
Etwa 330.000 Kinder und Jugendliche wurden Opfer sexueller Übergriffe
durch Priester, Ordensleute und Kirchenmitarbeiter.
Arbeitsgruppen
sollen nun Kirchenstrukturen transparenter machen
und künftig Missbrauchsfälle verhindern.
Bei der Vollversammlung der Bischofskonferenz in Lourdes
stand heute eine Entschädigung der Opfer im Vordergrund.
Eine Geste der Demut, darauf hat Frankreich lang gewartet.
Französische Bischöfe vor der Wallfahrtskirche in Lourdes.
Zeichen der Reue und des Schuldeingeständnisses
angesichts hunderttausendfachen sexuellen Missbrauchs
in der katholischen Kirche Frankreichs.
Wir müssen die institutionelle Verantwortung der Kirche
für alle diese Taten anerkennen.
Und als Konsequenz den Weg für angemessene Entschädigungen
der Opfer einschlagen.
Für sie war das ein aufwühlender Moment.
Yolande hat aufmerksam zugehört.
Die Psychoanalytikerin wurde selbst im Alter von sechs Jahren
von einem Priester missbraucht.
Die Erklärung des Erzbischofs geht ihr nicht weit genug.
Er hat weder von Verbrechen oder Straftaten gesprochen.
330.000 Opfer sind nicht wenig.
Auch nicht von Strafverfolgung
oder gar Machtmissbrauch gegenüber den Opfern.
Sie hat Zeugnis abgelegt für den umfangreichen Missbrauchsbericht
im Auftrag der Kirche, der Frankreich schockiert hat.
Einen Monat
berieten Frankreichs Bischöfe seitdem über Konsequenzen.
Eine unabhängige Kommission
soll die Höhe der Entschädigungen individuell festsetzen.
Das Geld will die Kirche u.a. aus dem Verkauf von Immobilien
und durch Kredite aufbringen.
Ob Forderungen nach Reformen, wie die Öffnung des Beichtgeheimnisses
bei sexuellem Missbrauch, aufgegriffen werden -
das sollen Arbeitsgruppen klären.
Im Ahrtal rollen erstmals nach der Flutkatastrophe wieder Züge.
Nach umfangreichen Instandsetzungen wurde ein erster Streckenabschnitt
der stark beschädigten Ahrtalbahn freigegeben.
Ministerpräsidentin Dreyer sprach von einem wichtigen Tag.
Den Menschen bringe die Wiedereröffnung
große Erleichterungen.
Im Juli hatten die Wassermassen Gleise ausgerissen
und einen Bahnsteig weggeschwemmt.
Auf diesen Zug haben die Menschen im Ahrtal lange gewartet.
Fast vier Monate nach der Flut hat die Bahn die ersten 12 km
der Ahrtalbahn zwischen Ahrweiler und Remagen wieder in Betrieb genommen.
Es ist wie 'n Feiertag.
Ich fahre gerne mit dem Zug nach Bonn.
Ich bin froh, dass man wieder mit dem Zug fahren kann.
Allerdings lief noch nicht alles glatt am ersten Tag.
Wir waren vor einer Stunde schon hier - da kam der Zug nicht.
Jetzt hoffen wir, dass er kommt.
Das Teilstück ist die Verbindung zur Rheinachse,
die nach Köln und Frankfurt führt.
Bis die gesamte Ahrtalstrecke befahrbar sein wird,
können noch Jahre vergehen.
Die Flut im Juli hatte Gleise unterspült und mit sich gerissen.
Brücken, Tunnel und Signalanlagen wurden zerstört.
Die Bahn hat das erste Teilstück
einen Monat früher freigegeben als geplant.
Für den Rest der Strecke hält sie sich aber bedeckt.
Wir werden bis Dezember ein zweites Teilstück eröffnen.
Sodass der verbleibende Teil weiter in der Überprüfung ist.
Da können wir keine Aussage machen, wie lange dieser Teil dauern wird.
Gleichzeitig werden mit Hochdruck zerstörte Straßen instandgesetzt.
Pendler mussten nach der Flut lange Umwege in Kauf nehmen.
Die Wettervorhersage für Dienstag, den 9. November:
Steigender Luftdruck
sorgt für eine Mischung aus Nebel und Sonne.
Der Norden wird von Tiefausläufern gestreift.
Dort und im Osten in der Nacht stellenweise Regen.
Im Westen und Süden klart es vielerorts auf.
Aber bald kommen Nebelfelder,
die sich morgen v.a. in Niederungen zäh halten.
Abseits davon Sonne.
Im Norden windig, wolkig, an der Nordsee etwas Regen.
Im Norden unter Wolken heute Nacht recht mild.
Im Süden klar, leichter Frost.
Am Mittwoch im Norden dichte Wolken und etwas Regen.
Sonst teils zäher Nebel, teils Sonne.
In den folgenden Tagen ändert sich wenig am ruhigen Herbstwetter.
Um 22.15 Uhr hat Ingo Zamperoni diese Tagesthemen.
Noch nicht im Amt und schon gefordert:
Wie die Ampel-Parteien
die vierte Corona-Welle brechen wollen.
Stadtquartier der Zukunft:
Warum eine neue Siedlung in Heidelberg nicht allen gefällt.
Ihnen einen schönen Abend.
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