Propaganda und Proteste: Wie Putins Influencer in Deutschland Stimmung für Russland machen - MONITOR
Da wurden auch diese Woche wieder auf einigen Demonstrationen
Parolen verbreitet, die fast deckungsgleich sind
mit der Kriegspropaganda aus dem Kreml.
Man müsse Russland doch verstehen, heißt es da,
als seien ein Angriffskrieg oder andere Kriegsverbrechen
irgendwie zu rechtfertigen.
Aber nicht nur auf den Straßen, auch im Netz fällt
die russische Kriegspropaganda auf äußerst fruchtbaren Boden.
Verbreitet von "Influencer*innen",
die immer erfolgreicher dafür sorgen, dass Putins Propaganda
sich auch hierzulande immer weiter verbreitet.
Andreas Maus, Luisa Meyer und Alina Schreiber.
Deutsch-Russische Freundschaftsfahnen beim Ostermarsch
in Dresden diesen Montag.
Menschen demonstrieren für den Frieden in der Ukraine,
und einige zeigen viel Verständnis für Putins Angriffskrieg.
Ich denke, es sind Wirtschaftsinteressen,
und Russland fühlt sich bedroht.
Insofern bin ich der Auffassung,
dass Russland dermaßen in die Enge getrieben war,
dass sie zu diesem Schritt gegangen sind.
Es gibt tatsächlich in der Ukraine große Probleme,
die Entnazifizierung bräuchten.
Sie wissen schon, welche Ströme,
nationalistische Ströme da aktiv sind, und das ist nicht ohne.
Viele hier sehen die Berichterstattung
deutscher Medien kritisch.
Auf die Frage, wie sie sich informieren,
verweisen sie auch auf die sozialen Netzwerke.
Wie etwa diesen Social-Media-Kanal.
Hallo aus Donezk.
Hier ist es ziemlich warm.
Ich bin heute im T-Shirt rumgelaufen, unglaublich.
Alina Lipp inszeniert sich, auch als Kriegsreporterin in der Ukraine.
Mit ihrem Telegram-Kanal "Neues aus Russland"
erreicht sie mittlerweile rund 130.000 Menschen.
Und die lesen hier v.a. russische Kriegspropaganda.
Etwa, dass Russland in der Ukraine gegen Nazis kämpft.
Dass die mutmaßlichen Kriegsverbrechen in Butscha und
Kramatorsk nicht von russischen Soldaten begangen wurden.
Und russische Soldaten in Mariupol humanitäre Helfer sind.
Nach eigenen Angaben finanziere Lipp sich über Spenden, aber auch
durch Geld russischer Staatsmedien, denen sie Material verkaufe.
Im russischen Staatsfernsehen trat sie dann auch mehrfach als Gast auf.
Neben Alina Lipps Kanal gibt es weitere,
die russische Kriegspropaganda in Deutschland verbreiten.
Der "Anti-Spiegel" von Thomas Röper z.B.,
der auch als Kriegsreporter mit der russischen Armee unterwegs ist.
Oder Sergey Filbert mit seinem Telegram-Kanal DruschbaFM.
Auf Anfrage von MONITOR wollten alle 3
keine schriftlichen Fragen beantworten.
Prorussische Kanäle seien seit dem Krieg in der Ukraine
deutlich gewachsen, sagt Jan Rathje von der Denkfabrik CeMAS.
Auch, weil der russische Staatssender Russia Today Deutsch
Anfang März abgeschaltet wurde.
Nachdem RT Deutsch und andere Kanäle in Europa verboten worden sind,
zumindest die Ausstrahlung ihres Programms, und dann auch von
Telegram abgeschaltet worden sind, konnte man feststellen, dass hier
ein gewisses Vakuum auch innerhalb des verschwörungsideologischen
Milieus zumindest entstanden ist,
um an bestimmte prorussische Informationen zu kommen.
Informationen, die jetzt über zahlreiche Telegram-Kanäle
verbreitet werden,
von denen einige mittlerweile ein regelrechtes Netzwerk bilden.
Alina Lipp hat neben "Neues aus Russland"
mit Sergej Filbert einen YouTube-Kanal.
Sergej Filbert betreibt auf Telegram
die Kanäle GolosGermanii und Druschba FM.
Mit Thomas Röper vom "Anti-Spiegel" hat Alina Lipp gemeinsam
aus der Ukraine berichtet.
Dazu werden auch andere Kanäle zunehmend populärer.
Sie nennen sich "Deutsch-Russische Freundschaft",
"Russländer&Friends;" oder "Bürgerinitiative für Frieden".
Doch wie einflussreich sind die prorussischen Kanäle?
CeMAS hat für MONITOR die Entwicklung
von 5 deutschsprachigen Kanälen untersucht.
Ergebnis: Alle haben seit Beginn des Kriegs stark an Reichweite
und Abonnenten zugelegt, z.T. um das 5-Fache.
Bei Alina Lipps Kanal "Neues aus Russland" ist die Zahl der Abos
sogar von wenigen Tausend Ende Februar
auf heute 134.000 angewachsen, 17-mal so viel.
Eine Entwicklung, die gefährliche Folgen haben kann.
Mit dem Zuwachs der prorussischen Telegram-Kanäle gibt es natürlich
eine Chance für Russland, auch ihre Propaganda weiter zu streuen.
Und das ist insofern problematisch,
als dass Russland hier eine weitere Möglichkeit hat, um konzentriert
die eigenen Informationen, die eigenen Desinformationen,
die eigene Perspektive an ein dafür empfängliches Publikum zu senden.
Das mache es auch leicht,
innerhalb kurzer Zeit viele Menschen zu mobilisieren.
So gingen Tausende in den letzten Wochen in Deutschland
mit Russlandfahnen auf die Straße
oder wie bei diesem Autokorso in Berlin Anfang April.
Ein Protest gegen die Diskriminierung von Russen,
so hieß es.
Doch wer steckt hinter dem Berliner Korso?
Einer der Organisatoren ist Rene Hermann.
Er trat beim rechtsextremen Compact-TV auf und war Anfang März
im russischen Staatsfernsehen zu sehen
mit einer Videobotschaft an Wladimir Putin.
Sehr geehrter Herr Putin, ich finde es sehr schade,
wie sich die europäischen Staaten Ihnen gegenüber verhalten.
Und Sie nicht verstehen.
Ich teile vollständig Ihre Meinung und ich bin froh über jeden,
der für Sie auf die Straße geht.
Auch Hermann wollte sich auf MONITOR-Anfrage
schriftlich nicht äußern.
Doch es gibt auch eine Gegenbewegung.
In Berlin treffen wir eine Gruppe junger Russen.
Sie solidarisieren sich mit der Ukraine, organisieren Proteste,
auch gegen russische Kriegslügen und die, die sie verbreiten.
Was mich wütend macht, ist,
dass so viele Menschen nach wie vor drauf reinfallen.
Und nicht nur Russen oder Russländer.
Sondern das sind auch sehr viele Deutsche,
die genauso drauf reinfallen.
Mehr als ein halbes Dutzend Demonstrationen haben Dascha
und ihr Verein seit Kriegsbeginn organisiert,
auch vor der russischen Botschaft.
Wir begleiten sie zum sowjetischen Ehrenmal in Berlin.
Hier soll ihre nächste Aktion stattfinden.
Dabei wollen sie den russischen Panzer
mit einem großen Tuch verdecken.
Und darauf Bilder von Kriegsverbrechen zeigen,
auch von den Ermordeten in Butscha.
Es frustriert mich und macht mich wütend.
Ich fand es unerträglich, bei diesem Autokorso fröhliche Leute zu sehen.
Am selben Tag wie Butscha. Einfach unglaublich.
Uns ist sehr wichtig zu zeigen,
dass viele Russen gegen diesen Krieg sind.
Dass wir gegen den Krieg sind.
Sie wollen zeigen, dass sie das andere Gesicht Russlands sind,
mitten in Deutschland.