Auf der Bühne
Personen:
Wilhelm Tell Landvogt Gessler
Walter Tell Wachmann
Hedwig Tell Steuermann
Uli Reiter
Berta Gesslers Leute
Landsleute
Fischer und sein Sohn
Bäuerin mit ihren Kindern
Szene 1: Marktplatz in Altdorf. In der Mitte des Platzes ist eine Stange aufgestellt, auf der Gesslers Hut hängt. Wilhelm Tell und sein Sohn Walter gehen daran vorbei.
Walter: Papa, schau mal! Da hängt ein Hut auf der Stange.
Tell: Das ist Gesslers Hut. Er will, dass jeder, der daran vorbeigeht, sich vor dem Hut verbeugt. So etwas Dummes! Komm Walter, wir gehen einfach weiter.
Ein Wachmann sieht das.
Wachmann: He ihr! Ihr habt den Hut nicht gegrüßt. Was fällt euch ein, den Befehl von Landvogt Gessler nicht zu befolgen? Ihr seid verhaftet!
Ein paar Leute aus Altdorf kommen, um zu sehen, was los ist.
Mann: (zu der Frau) Was ist denn da passiert?
Frau: Er hat den Hut nicht gegrüßt.
Gessler kommt auf seinem Pferd herbeigeritten.
Gessler: Was ist hier los?
Wachmann: Herr Landvogt, dieser Mann hat Euren Befehl nicht befolgt. Ich nehme ihn gefangen.
Gessler: Bist du nicht Tell? Der so gut schießen kann? Das will ich sehen!
Zu Walter: Siehst du den Baum dort hinten? Nimm diesen Apfel und gehe zu dem Baum. Dann lege den Apfel auf deinen Kopf und bewege dich nicht von der Stelle.
Walter geht nichts ahnend mit dem Apfel zum Baum.
Gessler: So, Tell. Nun zeig mal, was du kannst. Wenn du mit dem Pfeil den Apfel triffst, lasse ich euch beide frei.
Tell schaut ihn entsetzt an.
Walter (schreit): Papa! Nein!! !
Tell: Herr Landvogt, Ihr könnt doch nicht verlangen, dass ich auf meinen eigenen Sohn schieße! Habt ihr denn gar kein Herz?
Gessler: Wenn du dich weigerst, lasse ich dich und deinen Sohn töten.
Uli versucht Gessler von seinem schrecklichen Vorhaben abzubringen.
Uli: Herr Landvogt, das war doch sicherlich nur eine Prüfung. Ihr wolltet nur seine Reaktion testen. Jetzt können wir die Übung beenden.
Berta steht neben ihm und schaut Uli bewundernd an. Sie ist stolz auf ihn, dass er so mutig ist und mit dem Landvogt spricht. Währenddessen nimmt Tell zwei Pfeile aus seinem Köcher und spannt den ersten in seine Armbrust.
Gessler: Ich scherze nicht. Los, Tell, schieß endlich!
Walter steht mit dem Apfel auf dem Kopf am Baum. Er hat große Angst. Jetzt bloß nicht zittern! Er kneift die Augen zusammen. Besser nicht hinschauen. Da fällt ein Schuss. Ein Pfeil fliegt durch die Luft und trifft den Apfel.
Alle atmen erleichtert auf. Puh! Das ist ja nochmal gut gegangen! Die Leute jubeln.
Die Leute: Bravo Tell! Du bist ein Meisterschütze!
Gessler: Zugegeben, Tell, das war nicht schlecht. Aber wofür war der zweite Pfeil?
Tell: Och, das ist so Brauch unter den Jägern.
Gessler: Das glaube ich dir nicht! Sag die Wahrheit, worauf wolltest du mit dem zweiten Pfeil schießen?
Tell: Wenn ich nicht den Apfel, sondern meinen Sohn getroffen hätte, dann hätte ich mit dem zweiten Pfeil auf Euch geschossen. Und euch hätte ich ganz bestimmt getroffen!
Gessler: (kocht vor Wut) Ich habe dir zwar versprochen, dass ich dich leben lasse. Aber dafür wirst du im Gefängnis büßen! Du wirst nie wieder die Sonne sehen!
Gesslers Leute fesseln Tell und führen ihn ab.
Walter: (weint) Papa! Papa!
Szene 2: Am Ufer des Vierwaldstätter Sees. Gesslers Leute bringen den gefesselten Tell auf das Schiff. Ein Sturm kommt auf. Die Wellen sind sehr hoch. Gessler steigt ebenfalls auf das Schiff.
Gessler: Los, ablegen!
Das Schiff fährt los. Bald darauf gerät es bei dem Unwetter in Seenot.
Steuermann: Herr Landvogt, der Sturm ist so stark, dass sich das Schiff nicht mehr lenken lässt. Wir werden untergehen. Nur einer kann ein Schiff bei solchem Wellengang noch steuern. Und das ist Tell.
Gessler ist schon ganz grün um die Nase.
Gessler: Nun gut. Bindet ihn los. Er soll das Schiff steuern.
Tell nimmt das Steuer. Aus dem Augenwinkel schaut er, wo seine Armbrust ist. Als er am Ufer einen Felsvorsprung sieht, steuert er darauf zu. Plötzlich greift er mit der Hand nach seiner Armbrust und springt aus dem Schiff auf den Felsen. Mit dem Fuß stößt er das Schiff zurück in die Wellen.
Gessler: (zu seinen Leuten) Zurück ans Ufer! Fasst ihn! Er darf uns nicht entkommen!
Aber das Unwetter ist zu stark. Sie können das Schiff nicht zurück zu den Felsen lenken.
Tell streckt die Arme zum Himmel. Hurra!
Szene 3: Ein Fischer steht mit seinem Jungen am Ufer. Sie sehen, wie das Schiff bei dem Unwetter von den Wellen immer hin- und hergerissen wird.
Fischer: Mit diesem Schiff bringen sie Tell zum Gefängnis nach Küssnacht.
Junge: Schau mal, da kommt ein Mann. Der hat so eine Armbrust wie der Tell.
Fischer: Das ist Tell!
Sie laufen ihm entgegen.
Fischer: Was ist passiert? Wie konntest du entkommen?
Tell: Weil der Sturm so stark war, haben sie meine Fesseln losgebunden, damit ich das Schiff steuere. Ich konnte zu dem Felsen dort unten fahren und an Land springen. Dann habe ich das Schiff wieder zurück ins Wasser gestoßen.
Fischer: Bravo! Das hast du wirklich gut gemacht. Was hast du jetzt vor? Sie werden nach dir suchen.
Tell: Wenn sie es schaffen, ans andere Ufer zu kommen, will ich vor ihnen da sein. Welcher ist der schnellste Weg nach Küssnacht?
Fischer: Mein Junge kommt mit dir und zeigt dir eine Abkürzung.
Tell: Bitte reite zu meiner Frau nach Bürglen und sage ihr, dass ich mich retten konnte und bald zu ihr komme. Vorher muss ich noch etwas erledigen.
Tell geht mit dem Jungen den Weg nach Küssnacht. Es gibt hohe Felsen, durch die ein sehr schmaler Weg hindurchführt. Es gibt keinen anderen Weg zu dem Ort. Gessler und seine Leute müssen hier entlang kommen.
Tell: Ich werde mich hier oben im Gebüsch verstecken. Von hier aus kann ich den Weg gut sehen. Aber keiner kann mich sehen.
Eine Bäuerin mit ihren Kindern geht den Weg entlang und setzt sich genau an der engen Stelle auf den Boden. Ein Reiter von Gessler reitet voraus.
Reiter: Frau, geh weg da! Der Landvogt kommt mit seinem Pferd.
Bäuerin: Ich gehe hier nicht weg. Ich bin in großer Not. Gessler hat meinen Mann ins Gefängnis gesteckt. Er hat nichts Schlimmes getan. Wer versorgt denn jetzt die Familie? Die Kinder haben Hunger und wollen zu ihrem Vater.
Da kommt Gessler im Galopp den Weg entlang.
Gessler: Platz da, Frau! Mach, dass du weg kommst!
Bäuerin: Bitte, Herr Landvogt, hört mir zu.
Aber der Gessler hört der Frau gar nicht zu, sondern treibt sein Pferd an. Er will im Galopp einfach über die Bäuerin und ihre kleinen Kinder reiten. Da kommt plötzlich ein Pfeil geflogen und trifft Gessler! Mitten ins Herz.
Einige Leute, die in der Nähe waren, laufen in das Dorf und verkünden die Nachricht.
Mann: Stellt euch vor, was passiert ist! Gessler ist tot! Er wurde von einem Pfeil getroffen.
Ein anderer Mann: Das kann nur Tell gewesen sein. Es lebe Tell! Er hat uns von diesem Tyrannen befreit.
Die Leute jubeln und tanzen.
Szene 4: In Tells Haus sind Hedwig und die Kinder.
Walter: Mama, schau nur, da kommt der Papa!
Walter läuft ihm entgegen und umarmt ihn.
Walter: Papa, wo ist denn deine Armbrust?
Tell: Damit werde ich nie wieder schießen!
Sie hören fröhliche Stimmen. Viele Menschen kommen den Weg zu Tells Haus. Sie jubeln und rufen:
Hoch lebe Wilhelm Tell! Unser Befreier!
ENDE