×

Nous utilisons des cookies pour rendre LingQ meilleur. En visitant le site vous acceptez nos Politique des cookies.


image

Youtube-Lektionen - April 2020, Zeugen Jehovas Aussteiger: So schwierig ist der Ausstieg! | Wann wird Glaube zu

Zeugen Jehovas Aussteiger: So schwierig ist der Ausstieg! | Wann wird Glaube zu

Im Video letzte Woche habe ich einen Tag die Zeugen Jehovas begleitet,

um herauszufinden, wie extrem die wirklich sind.

Am Anfang waren alle superoffen und nett zu mir

und haben mich überall mit hingenommen.

Zur Tür-zu-Tür-Missionierung oder den Gottesdienst.

Aber wie die mit Leuten umgehen, die nicht mehr bei ihnen sein wollen,

das finde ich wirklich sehr extrem.

Genau so jemanden habe ich getroffen.

Kris hat sich auf einen Community-Aufruf gemeldet.

Hi! - Hallo! - Hi! - Ich bin Frank. - Kris, hi!

Wo sind wir hier?

- Am ehemaligen Königreichssaal der Zeugen Jehovas in Ulm.

Hier habe ich einen Großteil meiner Kindheit und Jugend verbracht.

- Wie lange warst du nicht mehr hier? - 6 Jahre.

Bin mal gespannt, was sie draus gemacht haben. - Lass uns reingehen.

*Musik*

Weckt das Erinnerungen? - Schon, auf jeden Fall.

- An was denkst du dann?

- An Stunden, die ich hier verbracht habe und abgesessen habe.

Also die ich hier vergeudet habe als Kind und als Jugendlicher.

- Wie oft warst du dann hier? - Dreimal die Woche.

- Krass. - Seit ich 4 Jahre alt war, bis ungefähr 25.

Mit 25 bin ich dann ausgestiegen.

- Würdest du sagen, es war immer ein freiwilliges Hierherkommen?

Oder war das festgeschrieben, dreimal die Woche?

- Also freiwillig war es nicht immer.

Wenn ich öfters nicht komme, wird ein Gespräch mit mir geführt,

warum ich denn so selten komme.

Also man ist ein bisschen unter Druck, dass man hier...

- Das ist ja weit weg von jeder freiwilligen... - Richtig.

- Also von jedem Besuch in der Kirche,

da gehe ich halt am Sonntag nicht hin. - Ja.

Also hier wird es gemerkt. Oder wurde es.

*Musik*

Kannst du kurz erklären, wie es dazu gekommen ist,

dass du bei den Zeugen Jehovas gelandet bist?

- Also das lief über meine Mutter.

Ich war 4 Jahre alt, als meine Mutter zu den Zeugen Jehovas gekommen ist,

über eine Freundin.

Welchen Kontakt hast du heute mit deiner Mutter?

- Einen ganz guten Kontakt eigentlich.

Wir kommen gut miteinander klar. Eigentlich dürfte sie keinen Kontakt

zu mir haben, laut den Regeln der Zeugen Jehovas.

Hat sie trotzdem.

Ist das generell eine Regel? - Ja.

Es ist eine Regel bei den Zeugen Jehovas. Sobald jemand getauft war,

in dem Glauben, und er austritt aus dem Glauben,

oder ausgeschlossen wird,

darf niemand mehr in der Versammlung mit dieser Person reden.

- Also wird ausgegrenzt?

- Komplett. Du darfst nicht hallo sagen, gar nichts.

Du wirst wirklich wie ein Aussetziger behandelt.

Bei mir sind in etwa, würde ich schätzen,

70-80 % meines sozialen Umfeldes weggebrochen,

mit dem Tag, wo ich ausgetreten bin. - Von heute auf morgen? - Ja.

Jetzt ist Ulm ja nicht so eine riesige Stadt.

Man trifft sich ja immer mal wieder in der Fußgängerzone.

- Ja. Ich werde komplett ignoriert eigentlich.

Manchmal wird die Straßenseite gewechselt.

Das war auch einer der großen Gründe, warum ich ausgestiegen bin.

Weil ich einfach nicht mit Menschen so umgehen will

und sie auf ihren Glauben reduzieren will.

Sondern ich will Menschen so beurteilen, wie ihr Charakter ist,

wie sie zu mir sind.

Wenn es um Regeln geht bei den Zeugen Jehovas,

was war das, was dich am meisten gestört hat

oder was du am Unnachvollziehbarsten fandest?

Dass man kein Fremdblut nehmen darf.

Wenn ihre Kinder einen Unfall hatten und Blut bräuchten,

Eltern sagen: "Nein, mein Kind kriegt kein Blut."

Auch wenn die Ärzte sagen, Ihr Kind stirbt sonst.

Die Eltern sagen, "nein, dann stirbt man Kind.

Aber ich will nicht Jehova verärgern".

Gibt es noch mehr Regeln, die dich gestört haben?

- Sex vor der Ehe gibt es nicht, das ist verboten.

Man darf mit der Person, die man heiratet,

auch davor nicht zusammenleben.

Man kauft die Katze im Sack.

Man zieht zusammen und erst dann lernt man ja seinen Partner kennen,

so richtig. Deswegen ging auch meine Ehe nicht gut.

Weil man einfach nach 1-2 Jahren schon gemerkt hat, das passt nicht.

Man war zwar verliebt früher, hat sich aber nie so eng kennengelernt.

Weil man auch nie alleine zu zweit war vor der Ehe.

Da waren immer Personen dabei, die "aufgepasst" haben.

Ich kann noch nicht nachvollziehen,

warum man sich freiwillig solchen Regeln unterwirft.

- Ich heutzutage auch nicht mehr.

Ich habe auch mit Religion nichts mehr am Hut.

Jeder kann meiner Meinung nach glauben, was er will.

Er soll nur nicht andere Leute davon überzeugen wollen.

Aus deiner Sicht: Sind die Zeugen Jehovas gefährlich?

- Sie kommen immer rüber als die netten Leute,

die am Straßenrand stehen. Und die dir Zeitschriften anbieten.

Aber wenn man in der Religion erst mal ist und sehr lange da ist

und seinen Freundeskreis nur in dieser Religion hat,

dann ist es gefährlich, würde ich sagen.

Weil wenn man dann aussteigt, alles verliert.

Das kann zu Depressionen führen, es kann zu Vereinsamung führen.

In dem Sinne würde ich sagen, sie sind gefährlich.

Eigentlich wollte ich den Zeugen Jehovas, den ich getroffen habe,

direkt mit Kris' Argumenten konfrontieren.

Es ist einfach so, dass wir zum Thema Ausgeschlossene,

dass wir den Kontakt in jeglicher Form meiden.

- So krass ist das? - Genau, richtig. Das ist in der Bibel tatsächlich so.

- Dass ihr demjenigen auch nicht zuhört?

Wenn er was zu sagen hat quasi? - Genau.

Ich rufe jetzt noch einmal Kris an und bin gespannt, was er davon hält.

*Musik*

- Also dass er sich das nicht angucken will,

ja, damit habe ich ein bisschen gerechnet.

Weil es schon diese Regel gibt bei den Zeugen Jehovas,

dass man sich nichts anschauen darf,

was von sogenannten "Abtrünningen" gesagt oder gemacht wird.

Das zeigt für mich auch einfach nur,

wie schwach eigentlich die Religion bzw. der Glaube sein muss,

wenn man sich nicht einfach auch andere Meinungen anhören kann.

Ich versuche, rauszufinden, ab wann wird Glaube zu extrem.

So okay, das Leben nach der Bibel zu richten,

kann jeder machen, wie er will.

Es ist halt eben viel zu extrem, meiner Meinung nach,

andere Leute auszuschließen, die nicht denselben Glauben haben.

Und auch dieser Wahrheitsanspruch,

immer so: Wir glauben an das einzig Wahre

und jeder, der das nicht glaubt, der ist so ein bisschen verloren.

- Alles, wo man Menschen nicht so sein lässt, wie sie sind,

ist mir zu extrem.

Also wenn man Menschen zwingt,

mit jemandem nicht mehr Kontakt zu haben,

auch, wenn es ein Familieangehöriger ist,

ist das viel zu extrem.

Wie findet ihr das, wenn der Glaube das ganze Leben bestimmt?

Schreibt mir das bitte in die Kommentare.

Und wenn ihr noch nicht gesehen habt,

wie mein Tag bei den Zeugen Jehovas war,

dann solltet ihr euch das Video unbedingt anschauen.

Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2018)


Zeugen Jehovas Aussteiger: So schwierig ist der Ausstieg! | Wann wird Glaube zu

Im Video letzte Woche habe ich einen Tag die Zeugen Jehovas begleitet,

um herauszufinden, wie extrem die wirklich sind.

Am Anfang waren alle superoffen und nett zu mir

und haben mich überall mit hingenommen.

Zur Tür-zu-Tür-Missionierung oder den Gottesdienst.

Aber wie die mit Leuten umgehen, die nicht mehr bei ihnen sein wollen,

das finde ich wirklich sehr extrem.

Genau so jemanden habe ich getroffen.

Kris hat sich auf einen Community-Aufruf gemeldet.

Hi! - Hallo! - Hi! - Ich bin Frank. - Kris, hi!

Wo sind wir hier?

- Am ehemaligen Königreichssaal der Zeugen Jehovas in Ulm.

Hier habe ich einen Großteil meiner Kindheit und Jugend verbracht.

- Wie lange warst du nicht mehr hier? - 6 Jahre.

Bin mal gespannt, was sie draus gemacht haben. - Lass uns reingehen.

*Musik*

Weckt das Erinnerungen? - Schon, auf jeden Fall.

- An was denkst du dann?

- An Stunden, die ich hier verbracht habe und abgesessen habe.

Also die ich hier vergeudet habe als Kind und als Jugendlicher.

- Wie oft warst du dann hier? - Dreimal die Woche.

- Krass. - Seit ich 4 Jahre alt war, bis ungefähr 25.

Mit 25 bin ich dann ausgestiegen.

- Würdest du sagen, es war immer ein freiwilliges Hierherkommen?

Oder war das festgeschrieben, dreimal die Woche?

- Also freiwillig war es nicht immer.

Wenn ich öfters nicht komme, wird ein Gespräch mit mir geführt,

warum ich denn so selten komme.

Also man ist ein bisschen unter Druck, dass man hier...

- Das ist ja weit weg von jeder freiwilligen... - Richtig.

- Also von jedem Besuch in der Kirche,

da gehe ich halt am Sonntag nicht hin. - Ja.

Also hier wird es gemerkt. Oder wurde es.

*Musik*

Kannst du kurz erklären, wie es dazu gekommen ist,

dass du bei den Zeugen Jehovas gelandet bist?

- Also das lief über meine Mutter.

Ich war 4 Jahre alt, als meine Mutter zu den Zeugen Jehovas gekommen ist,

über eine Freundin.

Welchen Kontakt hast du heute mit deiner Mutter?

- Einen ganz guten Kontakt eigentlich.

Wir kommen gut miteinander klar. Eigentlich dürfte sie keinen Kontakt

zu mir haben, laut den Regeln der Zeugen Jehovas.

Hat sie trotzdem.

Ist das generell eine Regel? - Ja.

Es ist eine Regel bei den Zeugen Jehovas. Sobald jemand getauft war,

in dem Glauben, und er austritt aus dem Glauben,

oder ausgeschlossen wird,

darf niemand mehr in der Versammlung mit dieser Person reden.

- Also wird ausgegrenzt?

- Komplett. Du darfst nicht hallo sagen, gar nichts.

Du wirst wirklich wie ein Aussetziger behandelt.

Bei mir sind in etwa, würde ich schätzen,

70-80 % meines sozialen Umfeldes weggebrochen,

mit dem Tag, wo ich ausgetreten bin. - Von heute auf morgen? - Ja.

Jetzt ist Ulm ja nicht so eine riesige Stadt.

Man trifft sich ja immer mal wieder in der Fußgängerzone.

- Ja. Ich werde komplett ignoriert eigentlich.

Manchmal wird die Straßenseite gewechselt.

Das war auch einer der großen Gründe, warum ich ausgestiegen bin.

Weil ich einfach nicht mit Menschen so umgehen will

und sie auf ihren Glauben reduzieren will.

Sondern ich will Menschen so beurteilen, wie ihr Charakter ist,

wie sie zu mir sind.

Wenn es um Regeln geht bei den Zeugen Jehovas,

was war das, was dich am meisten gestört hat

oder was du am Unnachvollziehbarsten fandest?

Dass man kein Fremdblut nehmen darf.

Wenn ihre Kinder einen Unfall hatten und Blut bräuchten,

Eltern sagen: "Nein, mein Kind kriegt kein Blut."

Auch wenn die Ärzte sagen, Ihr Kind stirbt sonst.

Die Eltern sagen, "nein, dann stirbt man Kind.

Aber ich will nicht Jehova verärgern".

Gibt es noch mehr Regeln, die dich gestört haben?

- Sex vor der Ehe gibt es nicht, das ist verboten.

Man darf mit der Person, die man heiratet,

auch davor nicht zusammenleben.

Man kauft die Katze im Sack.

Man zieht zusammen und erst dann lernt man ja seinen Partner kennen,

so richtig. Deswegen ging auch meine Ehe nicht gut.

Weil man einfach nach 1-2 Jahren schon gemerkt hat, das passt nicht.

Man war zwar verliebt früher, hat sich aber nie so eng kennengelernt.

Weil man auch nie alleine zu zweit war vor der Ehe.

Da waren immer Personen dabei, die "aufgepasst" haben.

Ich kann noch nicht nachvollziehen,

warum man sich freiwillig solchen Regeln unterwirft.

- Ich heutzutage auch nicht mehr.

Ich habe auch mit Religion nichts mehr am Hut.

Jeder kann meiner Meinung nach glauben, was er will.

Er soll nur nicht andere Leute davon überzeugen wollen.

Aus deiner Sicht: Sind die Zeugen Jehovas gefährlich?

- Sie kommen immer rüber als die netten Leute,

die am Straßenrand stehen. Und die dir Zeitschriften anbieten.

Aber wenn man in der Religion erst mal ist und sehr lange da ist

und seinen Freundeskreis nur in dieser Religion hat,

dann ist es gefährlich, würde ich sagen.

Weil wenn man dann aussteigt, alles verliert.

Das kann zu Depressionen führen, es kann zu Vereinsamung führen.

In dem Sinne würde ich sagen, sie sind gefährlich.

Eigentlich wollte ich den Zeugen Jehovas, den ich getroffen habe,

direkt mit Kris' Argumenten konfrontieren.

Es ist einfach so, dass wir zum Thema Ausgeschlossene,

dass wir den Kontakt in jeglicher Form meiden.

- So krass ist das? - Genau, richtig. Das ist in der Bibel tatsächlich so.

- Dass ihr demjenigen auch nicht zuhört?

Wenn er was zu sagen hat quasi? - Genau.

Ich rufe jetzt noch einmal Kris an und bin gespannt, was er davon hält.

*Musik*

- Also dass er sich das nicht angucken will,

ja, damit habe ich ein bisschen gerechnet.

Weil es schon diese Regel gibt bei den Zeugen Jehovas,

dass man sich nichts anschauen darf,

was von sogenannten "Abtrünningen" gesagt oder gemacht wird.

Das zeigt für mich auch einfach nur,

wie schwach eigentlich die Religion bzw. der Glaube sein muss,

wenn man sich nicht einfach auch andere Meinungen anhören kann.

Ich versuche, rauszufinden, ab wann wird Glaube zu extrem.

So okay, das Leben nach der Bibel zu richten,

kann jeder machen, wie er will.

Es ist halt eben viel zu extrem, meiner Meinung nach,

andere Leute auszuschließen, die nicht denselben Glauben haben.

Und auch dieser Wahrheitsanspruch,

immer so: Wir glauben an das einzig Wahre

und jeder, der das nicht glaubt, der ist so ein bisschen verloren.

- Alles, wo man Menschen nicht so sein lässt, wie sie sind,

ist mir zu extrem.

Also wenn man Menschen zwingt,

mit jemandem nicht mehr Kontakt zu haben,

auch, wenn es ein Familieangehöriger ist,

ist das viel zu extrem.

Wie findet ihr das, wenn der Glaube das ganze Leben bestimmt?

Schreibt mir das bitte in die Kommentare.

Und wenn ihr noch nicht gesehen habt,

wie mein Tag bei den Zeugen Jehovas war,

dann solltet ihr euch das Video unbedingt anschauen.

Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2018)