Deutschlands PROBLEM mit CORONA-BONDS - VisualPolitik DE (1)
Wenn es die Europäische Union nicht schon gäbe, müssten die Politiker sie erfinden,
denn woraus sonst könnten sie so verlässlich ihre ganzen Fuck-Ups schieben?
Auf ein Killer-Virus? Na, hoffentlich wird das nicht jedes Jahr gehn. Nein, der langfristig
verlässliche perfekte Sündenbock ist und bleibt die EU.
Denn immer wenn die Dinge in einem Land gut laufen, ist dies natürlich das Verdienst
der jeweiligen nationalen Regierung. Aber wenn mal wieder alles schief geht, ist genau
wer am allem schuld? Richtig! Diese furchtbare EU!
Diese Polit-Folklore ist mittlerweile fester Bestandteil des politischens Spektrums geworden,
ob links oder rechts von der Mitte.
Wieso sollte es also in der Corona-Krise anders sein?
All die üblichen Verdächitgen kamen aus ihren Löchern gekrochen und klagten an: "Wie
ist es verdammt nochmal möglich, dass die Europäische Union nicht gegen Corona getan
hat?"
Dabei müsste die eigentliche Frage doch lauten: Was hätte die EU überhaupt tun können?
Ja, das ist mein voller Ernst! Denkt mal einen Moment darüber nach!
Für Gesundheitspolitik und die damit verbudene verbunden Budgets sind einzig und allein die
einzelnen Nationalstaaten zuständig. Und dasselbe gilt für die verschiedenen Gesundheits-
und Krankenversicheurngssysteme in den einzelnen Mitgliedsstatten.
Viele Leute glauben, dass ganz Europa sowas wie ein einheitliches öffentliches Gesundheitssystem
hat, nur weil es diese blauen europäischen Krankenversicherungskärtchen gibt.
Tatsächlich sieht es aber ganz anders aus. In der EU gibt es nämlich zwei große, sich
grundsätzlich voneinander unterscheidende Modelle der Gesundheitsversorgung.
Ok, welche wären das? Hättet ihr eine Idee?
Nun, da wäre zum einen das sogenannte "Beveridge"-System, welches nach Lord Beveridge benannt ist, der
einer Kommission vorsaß, die nach dem zweiten Weltkrieg des britische Gesundheitswesen reformierte.
Es beruht auf dem Prinzip, dass das gesamte Gesundheitswesen, alle Krankenhäuser, Ärzte
und notwendige Medikamende, direkt aus der Staatskasse, also aus Steuermitteln, finanziert
wird und allen Bürgern zugänglich ist. Allerdings kann man sich im Beveridge-System meistens
den Arzt oder die Behandlungseinrichtung nicht selbst aussuchen. Sie werden jedem Bürger
fest zugewiesen, alles wird zentral vom Staat geplant und bezahlt. Außer in Großbritannien
haben dieses System auch z.B. Spanien, Dänemark und Neuseeland übernommen.
Auf der anderen Seite gibt es jedoch noch das "Bismarck"-System. Genau! Das ist nach
dem deutschen Reichskanzler Otto von Bismarck benannt, denn Deutschland führte unter seiner
Regierung bereits im Jahr 1883 als erstes Land der Welt die getzliche Krankenversicherungspflicht
ein.
Kernstück des bismarckschen Modells ist, dass die Erbringung der Gesundheitsversorgung
- durch Krankenhäuser und freie Ärze - von der Finanzierung der dadurch entstehenden
Gesundheitskosten unabhängig ist. Es stehen sich also gesetzliche oder private
Krankenversicherung und die Erbringer der Gesundheitsversorgung gegenüber. Es gibt
also einen Markt. Der Staat greift zwar regulierend ein, aber ansonsten kann ich mir weitgehend
frei aussuchen, in welches Krankenhaus oder zu welchem Arzt ich gehe. Und eben auch, von
welcher Versicherung ich mit die Kosten finanzieren lasse.
Heute haben neben Deutschland auch viele andere Länder wie Österreich, Ungarn, Tschechien
oder Frankreich das Bismarck-System übernommen.
Ebenso wie die System an sich, schwanken jedoch auch die Gesundheitsbudgets von Land zu Land
ganz enorm.
Das schlägt sich dann beispielsweise bei der Intensivpflege nieder. Während Deutschland
über 29 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner verfügt, sind es in Spanien nur 9,7 und in
Finnland 6,1.
Gut, und als es nun um die Maßnahmen im Kampf gegen COVID-19 ging, welcher Art waren diese
in erster Linie? Nun, Schulschließungen liegen z.B. im Kompetenzbereich
der Schul- und Kultusministerien. Diese können also nur die Nationalstaaten beschließen,
oder wie in Deutschland sogar nur die einzelnen Bundesländer.
Ähnlich ist es bei Grenzschließungen, Ausgangsbeschränkungen, der Koordination von Polizei und Armee.
All das fällt einfach nicht in den Kompetenzbereich der EU, dafür sind nur die einzelnen Länder
zuständig.
Es gibt jedoch EU-Institutionen, die Empfehlungen aussprechen können. Und dies ist durch aus
geschehen. Aber seht mal, was dann einzelne Mitgliedsländer wie z.B. Spanien daraus gemacht
haben:
Die Feierlichkeiten am 8. März fanden entgegen den Kriterien der europäischen Agentur statt
Aber es gibt noch eine Sache, bei der die Europäische Union helfen kann: die Wirtschaft.
Und das ist keine Kleinigkeit. Niemand weiß, wie die Welt nach der Coronavirus-Krise aussehen
wird. Aber eines ist ganz klar: Wir werden eine Rezession ungeheueren Ausmaßes erleben.
Wir haben unser gesamtes Produktionsgefüge für mehrere Wochen lahm gelegt. Viele Unternehmen,
werden schließen müssen, da ihnen das Geld ausgeht oder ihre Geschäftsmodelle zerstört
wurden. Das Resultat sind Tausende und Abertausende von Arbeitslose.
Wir haben wohl ein sehr, sehr schlechtes Jahr vor uns. Und das praktisch weltweit.
Coronavirus: Rekordzahl von Amerikanern meldet sich arbeitslos
Und wie ihr euch vorstellen könnt, müssen die Regierungen nun Hilfspläne aufstellen.
Es geht um die verlängerung von Krediten, Steuerbefreiungen oder direkten Subventionen.
Einige Länder wie Deutschland, Österreich, die USA, Großbritannien und Tschechien haben
bereits angekündigt, dass es Überbrückungsleistungen für Selbständige eben wird, oder dass diese
für ein paar Monate keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen.
Unterm Strich bedeutet dies vor allem: Die Corona-Krise wird für alle sehr sehr teuer.
Und womit wird diese fette Corona-Rechnung beglichen werden? Ganz einfach: mit Schulden.
Staaten rund um den Globus werden massiv Anleihen ausgeben müssen.
Deswegen konnte man sich darauf verlassen, dass auch jene alte Idee aus der Schublade
geholt wird, über der in jeder Krise innerhalb der Euro-Zone gerungen wird: EURO-BONDS.
Ok, worum geht es dabei: Nun, im Grunde ganz einfach darum, dass nicht mehr wie bisher
jeder einzelne Staat seine eigenen Staatsanleihen auflegt. Stattdessen soll es gemeinsame Anleihen
für alle Staaten der Euro-Zone geben. D.h. die Schulden werden auf alle Mitgliedstaaten
verteilt - jeder haftet für jeden.
Tja, und was meint ihr, wer sich auf die Ausgabe dieser Staatsanleigen am allermeisten von
allen freut? Ratet mal! Nun, mit absoluter Bestimmtheit kann ich das
auch nicht sagen. Aber wenn wir tippen müsste, würde ich sagen die italienische Mafia. Die
freut sich auf diese neuen Euro-Bonds schon wie kleine Kinder auf den Weihnachtsmann.
Hat euch das jetzt etwas überrascht und fragt ihr euch, warum ich gerade auf die italienische
Mafia komme? Dann passt jetzt gut auf, denn am Ende dieses
Videos werdet ihr genau verstehen, warum gerade diese Verbracherbande so viel Freude an europäischen
Staatsanleigen hätte.
Schauen wir und doch zunächst mal die offiziellen Gegenspieler in diesem Nervenkrieg an!
Die Deutschen und die Niederländer blockieren auf europäischer Video-Konferenz die Corona-Bonds
der Europäischen Union
Für einige von euch wird das jetzt ein Déjà-vu sein, denn es handelt sich um nichts anderes
als um ein weiteres Kapitel in der unendlichen Geschichte "Nordeuropa gegen Südeuropa".
Die Nord-Länder treten für Sparmaßnahmen ein und die Süd-Länder wollen Geld auszugeben,
als ob es kein morgen gäbe. Und wieder einmal brechen die alten Wunden und die gleichen
Spannungen innerhalb Europas auf, wie bei jeder Finanz- oder Wirtschaftskrise.
Und ihr könnt davon ausgehen, dass es dieser Streit auch diesmal verdammt dreckig wird.
Der portugiesische Premierminister z.b. hat bereits die erste Breitseite gefeuert, ale
er die Position der Niederlande als "widerlich" bezeichnete. Die spanischen Medien haben bereits
begonnen, gegen die Niederlande und Deutschland ordentlich Stimmung zu machen.
Und viele werden sich angesichts der Lage ganz berechtigt fragen: geht es hier nicht
einfach um Solidarität? Und sind nicht eigentlich die Niederlande und Deutschland die bösen
Egoisten? Wären Eurobonds oder, wie sie jetzt genannt werden, Coronabonds, nicht eine recht
gute Idee zur Lösung der durch die Corona-Krise verursachten Finanzprobleme?
Heute werden wir diese Fragen beantworten, aber zuerst werden wir uns ein wenig mit der
Geschichte beschäftigen.
NEUE HERAUSFORDERUNGEN, ALTE REZEPTE
Die Finanzkrise von 2008 begann als eine Schuldenkrise der Banken und mündete in eine Schuldenkrise
der Staaten. Damals mussten Portugal, Italien, Griechenland
und Spanien massiv Kredite aufnehmen. Und ja, ich habe sie in genau dieser Reihenfolge
aufgeführt, weil die internationale Presse diesen Länder die Abkürzung P.I.G.S. verpasst
hat. P für Portugal, I für Italien, G für Griechenland und S für Spanien. Eine Anspielung
auf das englische Wort für "Schweine" hatten die Urheber dieses Küruels aber gaaanz bestimmt
nicht im Sinn. Alles nur purer Zufall! Gell?
Nun, was man aber ganz bestimmt sagen kann ist, das diese PIGS einen Schweinehunger hatten...
nach Geld. Und woher nehmen wenn nicht stehlen? Nun,
das Übliche ist die Ausgabe von Staatsanleihen auf dem Bond-Markt.
Aber was ist ein Bond, auch Schulverschreibung oder Anleihe genannt eigentlich? Nun, es ist
ein Blatt Papier, das z.B. von einem Staat herausgegeben wird und Du als Investor kannst
dieses Stück Papier für Geld kaufen. Auf dem Papier steht, dass z.B. Spanien oder
eben das herausgebende Land Dir die Geldsumme, die Du für das Papier bei seiner Herausgabe
bezahlt hast, nach einer festgelegten Zeit wieder zurückzahlt. Außerdem ist auf dem
Papier auch ein Zinssatz festgelegt, denn jedes Jahr zahlt Dir der ausgebende Staat
auch noch Zinsen dafür, dass Du ihm über die Anleihe Dein sauer verdientes Geld geliehen
hast.
Klingt doch eigentlich wie ein gutes und sicheres Geschäft, oder? Denn auf Staaten kann man
doch vertrauen, gell? Nun, leider nicht ganz. Es gibt Länder, die
ihre Schulden nicht zurückzahlen. Und ihr könnt mir getrost glauben, dass wenn
ein Unternehmen Euch Geld schuldet und dies nicht zurückzahlen will, dann habt Ihr ein
Problem - denn ihr müsst es vor Gericht zerren. Wenn der Schuldner aber kein Unternehmen,
sondern ein Staat ist, bleibt euch nichts anderes übrig als... beten
Ich gebe Euch ein Beispiel.
Investoren bereiten sich auf Verluste bei den Schuldenverhandlungen mit Argentinien
vor
Genau. Tausende von Investoren, die Argentinien Geld geliehen haben, gehen davon aus, dass
sie ihr Geld nie wiedersehen werden. Schlimmer noch! Diejenigen, die es wagen, aufzumucken
und darauf hinweisen, dass sie Argentinien ihnen schwarz auf weiß versprochen hat, das
ihnen zustehende Geld zurückzuzahlen, laufen Gefahr, als "Aasgeierfonds" oder "Finanzterroristen"
beschimpft zu werden.
Nun im Fall Argentiniens spricht man von einem hohes Ausfallrisiko. Und was passiert, wenn
ein Land ein hohes Ausfallrisiko hat? Nun, es muss mehr Zinsen auf die Schulden zahlen.
Mit anderen Worten: die Investoren vertrauen erst gar nicht drauf, ihr Geld am Ende zurückzubekommen.
Aber wenn der Staat ihnen verspricht, jedes Jahr ganz viel Zinsen zu bezahlen, gehen sie
dieses Risiko ein, denn sie hoffen, den geliehenen Betrag und vielleicht noch etwas mehr wenigsten
über die Zinsen zurückzuerhalten. Ein Spiel auf Zeit.
Das erklärt, warum die 10-jährige argentinische Anleihe einen Zinssatz von 30 % hat - und
die deutsche -0,3 %.
Ja, das hast Du richtig gehört. Wenn Du dem deutschen Staat Geld leihst, bekommst Du nicht
nur gar keine Zinsen, sondern Du musst auch noch Geld dafür bezahlen, dass der deutsche
Fiskus mit Deinem Geld machen kann, was er will. Und wieso ist das so? Nun, weil alle
Investoren Deutschland unglaublich stark vertrauen, dass es seine Schulden zurückzahlt. So sehr,
dass sie Deutschland sozusagen mit Freude eine kleine Gebühr dafür bezahlen, dass
es für 10 Jahre ihr Geld so schön risikofrei "in Obhut nimmt".
Wer aber misst eigentlich dieses Risiko eines Zahlungsausfalls? Nun, dafür gibt es spezialisierte
Unternehmen, die so genannten Rating-Agenturen. Die drei bedeutendsten sind: Moody's, Fitch
und Standard and Poors. Diese Agenturen wälzen die Rechnungsbücher eines Landes, untersuchen
seine Wirtschaftsstruktur, bewerten die Leistungsfähigkeit seiner Unternehmen... und... aller anderen
Steuerzahler, denn von diesen müssen die Schulden und Zinsen ja letztendlich erarbeitet
und eingetrieben werden.
Nach der Finanzkrise des Jahres 2008 hatten Länder wie Spanien riesige Defizite angehäuft.
Dies bedeutete, dass die Regierung viel mehr ausgab, als sie an Steuern von ihren Bürgern
und Unternehmen einnahm. Hinzu kamen eine hohe Arbeitslosigkeit, überall Strukturprobleme
und eine grassierende Korruption. Mit anderen Worten: Spaniens Risiko, seine Schulden irgendwann
nicht mehr zurückzahlen zu können, war recht hoch.
Das Ergebnis waren sehr hohe Zinssätze für Aufnahme neuer Schulden über Staatsanleihen.
Damit ihr eine Vorstellung bekommt, dass dies kein Pappenstiel ist: In Spanien bilden die
Schuldzinsen auch heute noch den drittgrößte Posten im Staatshaushalt. Nur die Zinsen - von
Tilgungen ist nicht die Rede.
Mit anderen Worten: Wenn man nicht gerade Deutschland ist, kann Geld leihen am Anleihemarkt
sehr teuer werden.
Aber einen Moment mal, denn es gibt für die armen PIGS noch eine billigere Alternative
zum Anleihemarkt! Sie können sich das Geld doch auch ganz einfach
von einem Freund borgen. Zu einem Freundschaftspreis natürlich, also sehr sehr niedrigen Zisen.