heute journal vom 04.05.2021 - Bund, Länder und Geimpfte, Gestiegen - Hass, Hetze und Gewalt
Diese Untertitel sind live produziert.
Guten Abend.
Es ist ein erster Schritt auf dem Weg zur neuen alten Normalität.
Das Bundeskabinett hat heute die Verordnung auf den Weg gebracht,
mit der vollständig Geimpfte und Genesene einer Corona-Infektion
wichtige Freiheitsrechte zurückbekommen.
Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen
könnten damit schon zum Wochenende für viele wegfallen.
Die Bundesjustizministerin, mit der wir gleich noch sprechen,
stand unter Druck, jetzt Tempo zu machen.
Und manche Bundesländer möchten noch ein bisschen schneller sein.
Das alles weckt Freude - und Sorgen.
Dominik Lessmeister.
Es ist ein Hoffnungsschimmer für Barbara Bartlechner.
Nach Monaten, in denen ihr Hotel in Grainau,
direkt unterhalb der Zugspitze, geschlossen war,
gibt es nun eine Perspektive.
Am 21. Mai lässt Bayern wieder Tourismus zu.
Wir freuen uns natürlich, dass wir jetzt aufsperren dürfen,
ist jetzt ein recht schneller Termin,
der auf uns zugekommen ist, aber auch das werden wir schaffen.
Voraussetzung: eine 7-Tage-Inzidenz von unter 100.
Der Landkreis Garmisch-Partenkirchen liegt aktuell bei 93,9.
Es ist gerade Markus Söder, der sich nun an die Spitze der Öffner setzt.
Nicht nur Tourismus, auch ein Besuch in Biergärten
und Kultur soll möglich sein.
Mit Test und bei niedriger Inzidenz.
Bayern ist nicht nur ein Tourismusland.
Es ist für die Menschen auch psychologisch und seelisch wichtig,
dass wir eine Perspektive haben.
Andere Bundesländer ziehen nach.
So sollen in Niedersachsen Handel, Gastronomie und Hotels
unter Auflagen wieder öffnen können,
überall dort, wo die Bundes- notbremse nicht mehr gilt.
Jede dieser Lockerungsmaßnahmen, über die wir sprechen,
sind mit drei, vier, fünf
unterschiedlichen Sicherungen versehen.
Insbesondere erwarten wir in ganz vielen Fällen tagesaktuelle,
kontrollierte Negativ-Attests.
Dagegen lockert Mecklenburg-Vorpommern nicht,
erlaubt keine Hotelübernachtungen,
Tagestouren nur für vollständig Geimpfte.
Bundesweite Absprachen zwischen den Ländern? Fehlanzeige.
Wir werden mit Sicherheit auch wieder zu einer MPK zusammenkommen,
denn wir müssen so etwas ja bundesweit abstimmen.
Es geht ja auch nur in einer Verständigung
zwischen den Bundesländern.
Jeder vierte Landkreis in Deutschland hat mittlerweile
wieder eine Inzidenz von unter 100.
Das Dunkelrot wird weniger auf der Deutschlandkarte -
vor allem im Norden.
Doch Wissenschaftler warnen vor Lockerungen.
Die Gefahr ist, dass wir dadurch den Abwärtstrend,
in welch glücklicherweise gerade haben,
da könnten wir uns sehr glücklich schätzen,
dadurch wieder ausbremsen
und die Inzidenzen auf einem hohen Niveau halten.
Was das bedeutet? Wir können aus den Inzidenzen sehr genau ausrechnen,
wie viele Tote vier Wochen später da sind.
Das bedeutet, wir opfern Menschenleben dafür,
dass wir jetzt diese Öffnungen machen.
Während Öffnungen umstritten sind,
ist die Rückgabe von Freiheitsrechten
für vollständig Geimpfte und Genesene dagegen nötig.
Die vom Kabinett beschlossenen Lockerungen könnten schon
ab dem Wochenende gelten.
Es wird in Zukunft so sein, dass Geimpfte und genesene Personen
keine Einschränkungen mehr haben werden bei Kontakt-
und Ausgangsbeschränkungen.
Und Geimpfte und genesene Personen
werden in Zukunft wie Getestete gleichgestellt.
Das gilt bundesweit dann überall,
während es bei den Öffnungen im Tourismus
noch keine einheitliche Linie zwischen den Ländern gibt.
Das wollen wir vertiefen mit der Bundesjustizministerin in Berlin,
Christine Lambrecht, guten Abend.
Es geht nicht um Privilegien, die die Bundesregierung gewährt,
sondern um die Rückgabe von Grundrechten an all die,
von denen keine oder nur noch geringe Gefahr ausgeht.
Wenn Sie jetzt nicht gehandelt hätten mit Ihrer Verordnung,
hätten Ihnen wohl die Gerichte diese Schritte diktiert.
Hat das jetzt v.a. zu dem erhöhten Tempo geführt?
In einem Rechtsstaat
können Grundrechte nur dann eingeschränkt werden,
wenn es einen guten Grund dafür gibt.
Den hatten wir bisher,
weil Leben und Gesundheit anderer gefährdet waren.
Aber wenn der Grund wegfällt,
und das war der Anlass, wo Handlungsbedarf deutlich wurde,
wenn klar ist, dass keine Gefahr für Leben und Gesundheit mehr ist,
dann kann ich auch Grundrechte nicht mehr einschränken.
In der Situation sind wir.
Aber das RKI hatte das ja schon vor ein paar Wochen gesagt.
Anfang letzter Woche klang das nach dem Impfgipfel
von Bund und Ländern ja eher noch anders.
Da wurde auf eine Gerechtigkeitslücke verwiesen,
solange die Mehrheit der Bevölkerung eben noch nicht geimpft ist.
Wie haben Sie das abgewogen?
Im Grunde bedeutet Ihre Verordnung doch jetzt
den Einstieg in eine Art Zweiklassengesellschaft.
Nein, was wir jetzt machen, ist, dass wir die Gruppen,
die auch sehr gelitten haben in der Pandemie,
weil klar war, wenn sie erkranken, gerade ältere Menschen,
dass es dann sehr schlimme Verläufe haben kann.
Oder Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten
und jeden Tag zur Arbeit gegangen sind,
obwohl sie sich hätten infizieren können,
dass jetzt nach einer Impfung deren Grundrechte
nicht mehr eingeschränkt werden können
in Bezug auf Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen.
Ein alter Mensch im Alten- oder Pflegeheim
muss in Zukunft nicht mehr länger alleine in seinem Zimmer essen,
sondern mit anderen wieder im Speisesaal.
Oder dass Menschen, die eben im Gesundheitswesen arbeiten,
auch mal zusammensitzen können, auch privat.
Das sind keine Privilegien.
Es ist die Rücknahme von Einschränkungen.
Und gerade Solidarität diesen gegenüber ist jetzt auch angebracht.
Kontakt- und Ausgangsbeschränkung werden aufgehoben.
Sie wollen das also auch in diesen engen Grenzen halten.
Aber wenn Doppelt-Geimpfte jetzt wieder einkaufen können,
müssten sie doch auch wieder essen gehen können.
Sagt das nicht die Logik?
Und die Dynamik, zu weiteren Lockerungen jetzt zu kommen,
hat ja schon eingesetzt.
Einige Länder preschen da schon vor.
Sie haben da auch ein Stück weit die Büchse der Pandora geöffnet.
Nein, das, was Länder jetzt machen,
ist ja begründet auf eine positive Entwicklung.
Wir erleben gerade, dass die Zahlen zurückgehen,
dass aber auf der anderen Seite auch die Impfungen zunehmen.
Und das sind alles positive Schritte hin zu mehr Normalität.
Und deswegen gehen die Inzidenzzahlen zurück.
Und wenn die Insolvenzzahlen zurückgehen,
dann ist auch möglich, weitere Öffnungsschritte zu gehen.
Das muss immer verantwortbar sein.
Das ist jetzt der Weg, den wir gehen können.
Wie geht es jetzt weiter?
Werden Sie Ihre Verordnung
entsprechend dem Impffortschritt immer anpassen müssen?
Also jede Woche eine neue Erleichterungen,
eine neue Lockerungen, die wieder zurückgegeben wird,
Das gilt jetzt für alle, die voll geimpft sind und die Genesenen.
Und es wird auch für die zukünftig Geimpften und Genesenen gelten.
Und wir reden jetzt noch über einige wenige Wochen,
bis sehr viel mehr Menschen geimpft sind
und damit auch die Zahlen deutlich runtergehen.
Dann können auch weitere Öffnungsschritte,
weitere Lockerungsschritte kommen.
Diese kurze Zeit
müssen wir jetzt alle gemeinsam noch miteinander überstehen.
Dann kann es auch wieder in Richtung Normalität gehen.
Ja, aber was ist mit denen, die sich nicht impfen lassen wollen,
aus welchen Gründen am Ende auch immer?
Die müssen am längsten auf die Rückgabe ihrer Rechte warten.
Ist das dann am Ende nicht doch so ein staatlicher Hebel,
wenn nicht zu einer Impfpflicht durch die Hintertür,
um die Menschen zur Impfung zu veranlassen,
damit sie freier leben können?
Wir machen jetzt richtig Druck ins Impfen rein.
Also, es geht richtig schnell.
Es wird deutlich mehr Impfstoff jetzt auch zur Verfügung stehen.
Und es bedeutet, wir kommen auch irgendwann in ein Stadium,
dass wir eine Herdenimmunität haben.
Und wenn wir das erreicht haben, dann können wir auch sicher sein,
dass unser Gesundheitssystem auch mit Erkrankten,
die sich nicht haben impfen lassen, zurechtkommt.
Und das muss unser Ziel sein, dass jeder, der erkrankt ist,
dann eben auch sicher sein kann:
Ich habe dann die Möglichkeit, an ein Atmungsgerät zu kommen.
Deswegen wird es keinen Impfzwang geben.
Es gibt Menschen, die wollen das nicht
oder die können sich nicht impfen lassen.
Aber mit der Herdenimmunität dauert es noch,
wenn wenn sie überhaupt je eintritt, sagen Wissenschaftler.
Da bin ich sehr optimistisch,
dass wir da noch in diesem Herbst hinkommen.
Wir müssen natürlich auch darauf setzen,
dass jetzt dann auch Menschen sich impfen lassen.
Da ist noch viel zu tun.
Das ist eine der nächsten Herausforderungen:
aufzuzeigen, wie wichtig es ist, sich impfen zu lassen,
damit wir wieder Normalität erlangen,
wonach wir uns ja alle sehnen.
Sagt die Bundesjustizministerin, Frau Lambrecht, vielen Dank.
Das Gespräch haben wir vor einer Stunde geführt.
Und das Thema Impfen beschäftigt uns auch im Netz.
Geimpft ins Restaurant - darüber streiten Karl Lauterbach
und der Fernsehkoch Nelson Müller auf ZDFheute.de: Klicken Sie rein.
Zunächst wichtige Nachrichten des Tages.
Gundula Gause.
Die Milliardenzuschüsse aus dem Bundeshaushalt
für die gesetzlichen Krankenkassen steigen weiter.
Das Bundesgesundheitsministerium plane einen Rekordzuschuss
von 27 Mrd. Euro für das kommende Jahr,
berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Das wäre die bislang höchste Quersubventionierung.
Gesundheitsminister Spahn wolle so den Zusatzbeitrag
zu den gesetzlichen Kassen stabil halten.
Gründe für die massiven Defizite seien:
Pandemiekosten, teure Reformgesetze und der medizinische Fortschritt.
Die Ärzte warnen,
auch als Lehre aus der Corona-Krise, vor Kostendruck
und einer weiteren Kommerzialisierung im Gesundheitswesen.
Auf dem Deutschen Ärztetag, der digital abgehalten wird,
erklärte Ärzte-Präsident Reinhardt, Kliniken und Praxen
dienten der Daseinsvorsorge und nicht Finanzinvestoren.
Gesundheitsminister Spahn sagte, die Pandemie habe wie im Brennglas
Stärken, aber auch Defizite im Gesundheitssystem aufgedeckt.
Das gelte für die Personalausstattung und bei der Digitalisierung.
Beim G7-Gipfel in London
haben sich die Außenminister der westlichen Industriestaaten
darauf verständigt, den wachsenden Einfluss Chinas
in der Welt eindämmen zu wollen.
Dazu wollen sie in strukturschwachen, südlichen Regionen aktiver werden.
Außenminister Maas forderte mit Blick auf die China-Politik
einen stärkeren Fokus auf Fragen der Menschen- und Freiheitsrechte.
Das dreitägige Treffen in der britischen Hauptstadt
ist die erste persönliche Begegnung der G7-Vertreter
seit zwei Jahren.
Eine Vertiefung der Wirtschafts- beziehungen zwischen der EU und China
ist vorerst gestoppt.
Die EU-Kommission setzte Schritte zur Ratifizierung
des Investitionsabkommens aus.
Grund seien die jüngsten diplomatischen Zerwürfnisse.
Zunächst hatte die EU Sanktionen
gegen chinesische Offizielle verhängt,
wegen der Unterdrückung der Uiguren.
Peking reagierte mit Gegensanktionen für EU-Parlamentarier.
Es ist eines der weltweit schwersten U-Bahn-Unglücke:
In Mexiko-Stadt sind beim Einsturz einer U-Bahn-Brücke
24 Menschen ums Leben gekommen.
Mindestens 79 wurden verletzt, als die U-Bahn-Waggons
auf eine unter der Brücke liegende Straße stürzten.
Aus den auf halber Höhe hängenden Waggons
konnten viele Menschen auch gerettet werden.
Die Unglücksursache soll mit Hilfe internationaler Experten
geklärt werden.
Anwohner hatten bereits vor Jahren, nach einem schweren Erdbeben,
Schäden an Stützpfeilern der U-Bahnlinie angeprangert.
Dem hessischen Landeskriminalamt ist gestern Abend
ein Ermittlungserfolg geglückt,
an den viele schon nicht mehr geglaubt hatten:
In weit über 100 Fällen
waren seit 2018 E-Mails und Faxe verschickt worden,
in denen ein offensichtlich rechtsextremer Absender
Beleidigungen, Gewaltfantasien und Morddrohungen äußerte,
unterschrieben mit dem Kürzel NSU 2.0.
Nun wurde der mutmaßliche Täter gefasst.
Mit einer 30-köpfigen Ermittlergruppe war nach ihm gefahndet worden,
auch weil der Verdacht im Raum stand,
der oder die Täter könnten aus den Reihen der hessischen Polizei kommen.
Diesen Verdacht sieht Hessens Innenminister nun entkräftet.
Der Gefasste ist kein Polizist.
Dennoch bleiben Fragen, wie Isabel de la Vega zeigt.
Der Journalist Deniz Yücel, die Politikerinnen Janine Wissler
und Jutta Ditfurth, die Anwältin Seda Basay-Yildiz -
sie alle wurden zum Hassobjekt in Drohbriefen,
die mit dem Kürzel "NSU 2.0" versehen waren.
“Heil Hitler, Ihr Scheiß-Aktivist_innen,
wir legen Euch alle um“, heißt es da zum Beispiel.
In diesem Berliner Wohnhaus
wurde gestern ein 53-Jähriger festgenommen.
Er soll seit 2018 über 120 Drohmails und Faxe geschrieben haben.
Seine Opfer fühlten sich regelrecht verfolgt:
Weil der Täter auch immer wieder reagiert hat auf Dinge,
die ich äußere und immer wieder klargemacht hat, dass er beobachtet,
wie ich mich bewege, was ich tue.
Die E-Mails kamen immer nachts
und man guckt dann morgens aufs Handy mit der Befürchtung,
dass wieder eine Morddrohung gekommen ist.
Die Festnahme von Alexander Horst M. sei ein großer Fahndungserfolg.
Der Tatverdächtige ist,
wie zwischenzeitlich immer wieder gemutmaßt wurde,
kein hessischer Polizist und hat der hessischen Polizei nie angehört.
Die war unter schweren Verdacht geraten,
weil es von hessischen Polizei- computern aus mehrere Anfragen
zu den persönlichen Daten von Opfern gegeben hatte.
So wie bei der Anwältin Basay-Yildiz,
die im August 2018 eine Drohmail erhalten hatte, rund eine Stunde,
nachdem über einen Frankfurter Polizeicomputer
ihre Daten abgefragt worden waren.
Der Verdacht, dass Polizisten
möglicherweise doch beteiligt gewesen sein könnten,
sei durch die Festnahme nicht ausgeräumt,
so die Parteichefin der Linken.
In der Regel sind es eben keine Einzeltäter, sondern Menschen,
die entweder im Internet mit anderen vernetzt sind
oder die Teil sind von rechtsradikalen Strukturen
und deswegen halte ich diese Einzeltäter-These für gefährlich.
Ob die Polizei wirklich entlastet werden kann
und ob es sich um einen Einzeltäter handelt,
das muss noch geklärt werden.
Das Interview mit Linken-Chefin Janine Wissler,
die Sie gerade im Beitrag gesehen haben
und die selbst zu den Betroffenen gehört,
können Sie in voller Länge sehen,
später im heute journal up:date mit Nazan Gökdemir.
NSU 2.0.: Damit bezog sich der Täter
ausdrücklich auf die Terrorgruppe “Nationalsozialistischer Untergrund“,
die in den Jahren 2000 bis 2007 zehn Menschen in Deutschland ermordete.
Das ist sie, die “Blutspur“, von der der Bundesinnenminister heute sprach,
der in Berlin die Statistik politisch motivierter Straftaten
für 2020 vorlegte.
Horst Seehofer bezeichnete nicht zum ersten Mal
den Rechtsextremismus als die größte Bedrohung für die Sicherheit im Land,
aber auch von Links wurden mehr Straftaten begangen.
Insgesamt ist die politisch motivierte Kriminalität
auf einem Höchststand.
David Gebhard.
Gesichter hinter Zahlen, Geschichten hinter Statistiken.
Die allgemein gemessene Zunahme rechtsextremer Gewalt im Jahr 2020 -
für neun junge Menschen in Hanau brachte sie den Tot,
für ihre Hinterbliebenen unbeschreibbares Leid.
Es ist nicht nur eine Zahl, in Hanau wurden neun junge Menschen
innerhalb von wenigen Minuten ermordet.
Das Jahr 2020 war eines der dunkelsten Kapitel
in der Geschichte dieses Landes und es kann nicht sein,
dass Hanau zu den Akten gelegt wird wie NSU und andere.
Im Bericht über politisch motivierte Kriminalität in Deutschland
tauchen die Opfer von Hanau auf Seite 6 auf,
als vollendete Delikte im Phänomenbereich rechts.
Ein Bericht, den der Innenminister heute vorstellte
und insgesamt ein düsteres Bild zeichnet.
Die politisch motivierten Straftaten haben im vergangenen Jahr
einen Höchststand erreicht.
Der Extremismus in all seinen Formen
bleibt eine Bedrohung für unseren Staat und unsere Gesellschaft.
Es gibt klare Verrohungstendenzen in unserem Lande.
Die Zahl rechtsextremer Straftaten etwa lag bei 23.604,
eine Zunahme um über 5 %, neuer Höchststand.
Insgesamt am stärksten zugenommen hat mit über 19 %
der Bereich Hasskriminalität,
besonders im Netz, wo die Aufklärung oft noch schwer fällt.
Die nächsten zehn Jahre müssen wir sowas wie eine digitale Revolution
innerhalb der Polizei schaffen.
Das heißt nicht nur, dass wir die Datenbanksysteme
ganz anders strukturieren, sondern auch viel intensiver
mit digitalen Spuren und digitalen Ermittlungsmethoden
umgehen müssen.
Auch Anti-Corona-Proteste stellen die Sicherheitsbehörden
vor Herausforderungen, etwa neue Koalitionen aus Verschwörern,
Impfgegnern und Reichsbürgern.
Doch Extremismus-Experten sehen auch einen neuen Nährboden
für alte antisemitische Narrative.
Die Covid-19-Pandemie ist von Beginn an
eine Gelegenheitsstruktur zur Artikulation
schon zuvor vorhandener antisemitischer Haltungen.
Wir betrachten die seit März 2020 anhaltende Situation
als eine antisemitische Dynamik.
Insgesamt sei auch die Zahl antisemitischer Straftaten
2020 angestiegen und fast ausschließlich rechts motiviert.
Diese Entwicklung in Deutschland
ist nicht nur sehr besorgniserregend,
sie ist vor dem Hintergrund unserer Geschichte
auch zutiefst beschämend.
Gestiegen auch die Zahl linksextremer Straftaten
wie bei Ausschreitungen am ersten Mai.
10.971 Fälle, ein Anstieg um rund 11 %.
Auch vom Linksextremismus und -Islamismus gehe laut Seehofer
eine Gefahr für die freiheitliche Demokratie aus.
Und doch stehe deren gefährlichster Gegner derzeit extrem rechts.
Sie müssen doch anschauen: Wo sind Tötungsdelikte,
wo kommen Menschen ums Leben.
Da muss man schon nicht nur die nackte Zahl betrachten,
sondern: Was war die Wirkung dieses Tuns?
Und da spreche ich von einer Blutspur in Deutschland.
Eine Blutspur, die auch durch Hanau geht,
wo die Zahl Neun aus der Statistik heute,
für neun ausgelöschte Leben steht.
Noch einmal Nachrichten.
Nicht nur die von der Pandemie hart getroffene Luftfahrt-Branche
hofft auf einen Neustart ab Sommer.
Auf der Hauptversammlung der Lufthansa gab es heute allerdings
einige schwierige und strittige Themen,
wie zum Beispiel die geplante Kapitalerhöhung.
Valerie Haller, wie bewerten Finanzexperten
das Krisenmanagement der Lufthansa?
Manche werfen der Lufthansa halbherziges Krisenmanagement vor.
Sie verschlanke sich nicht schnell genug
und leiste sich zu hohe Gehälter, sind Kritikpunkte.
Tafelsilber verkaufen, sagen andere,
um an dringend benötigtes Geld zu kommen.
Doch die Lufthansa hat erst mal einen anderen Plan:
eine gewaltige Kapitalerhöhung.
Auf der virtuellen Hauptversammlung holte sie dafür grünes Licht.
Die Lufthansa wolle zu alter finanzieller Stabilität zurückkehren,
sagt Konzernchef Spohr - bis zu 5,5 Mrd. Euro, wenn nötig.
Mit einem Großteil
will sie ihre Schulden beim Staat zurückbezahlen,
um wieder unabhängig zu werden.
Fondsgesellschaften waren gegen den Plan Sturm gelaufen.
Kapitalerhöhungen sind nicht besonders beliebt bei Aktionären,
weil sie den Kurs verwässern.
Der Weg zurück ist schwer.
Seit Ausbruch der Pandemie hat sich der Luftverkehr kaum erholt.
Ein Großteil der Flotte steht noch am Boden.
Harte Corona-Bilanz: 6,7 Mrd. Euro Verlust vergangenes Jahr.
30.000 Mitarbeiter haben das Unternehmen schon verlassen.
10.000 weitere Stellenstreichungen sind geplant.
Die Hoffnung der Lufthansa ruht nun auf dem Sommer und darauf,
dass dann ein Buchungsschub kommt.
Wie vor der Krise wird es dieses Jahr wohl nicht mehr.
Damit rechnet auch die Lufthansa nicht.
Viele Jugendliche haben Probleme,
bei der Informationssuche im Internet zwischen Meinung und Fakten
zu unterscheiden.
Das geht aus einer Sonderauswertung der jüngsten Pisa-Studie
durch die OECD hervor.
Demnach erhalten deutsche Schüler im internationalen Vergleich
zu wenig Informationen, wie mit Quellen im Netz
oder Suchmaschinen umzugehen sei.
Jugendliche in China, Japan oder auch den USA
seien sicherer im Internet unterwegs.
Entscheidend sei eine höhere Lesekompetenz in der digitalen Welt.
Im Machtkampf an der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes
wächst der Druck auch auf Vizepräsident Rainer Koch.
In einem dem ZDF vorliegenden Schreiben
fordert DFL-Geschäftsführer Christian Seifert
Koch zu einer Stellungnahme auf,
wegen angeblicher Weitergabe falscher Informationen.
Außerdem fordert Seifert in dem Brief,
der auch an die 36 Profi-Vereine
und den gesamten DFB-Vorstand gerichtet ist,
seit Langem überfällige strukturelle und personelle Reformen.
Das aktuelle Sturmtief hat mit teils heftigen Böen
gefährliche Schäden verursacht.
V.a. in Nordrhein-Westfalen
waren Polizei und Helfer vielfach im Einsatz.
Auch in Sachsen richteten Stürme auf Straßen und Schienen Schäden an.
Bei Chemnitz fuhr eine Regionalbahn in einen umgestürzten Baum,
verletzt wurde niemand.
Fast in ganz Deutschland gibt es Blech - und Sachschäden.
Auch morgen soll es noch stürmisch bleiben.
Still ruht er – der Flughafen Berlin-Tegel.
Ein allerletztes Mal darf man ihn heute so bezeichnen.
Ab morgen ist er auch rechtlich kein Flughafen mehr.
Ein halbes Jahr musste Tegel noch im sog. "Schlummerbetrieb" bleiben,
falls es drüben am neuen Hauptstadtflughafen BER
schief gegangen wäre, was sich jeder jederzeit vorstellen konnte.
Aber nun ist es soweit:
Ab 0 Uhr wird hier nun die Erweckungsphase beginnen:
Tegel, diese Ikone der Luftverkehrsarchitektur
und für viele noch immer “Flughafen der Herzen“,
bricht auf zu neuen Ufern.
Carsten Behrendt ist dabei.
Das weltberühmte Sechseck ist menschenleer,
die Flugzeuge längst am neuen BER.
Nach einem halben Jahr Übergangsbereitschaft
ist jetzt auch im Tower von Tegel Schluss.
Die Lotsen gehen als Letzte von Bord.
Jetzt ist noch mal Zeit für Wehmut.
Das Zurückdenken an: Was wir hier alles erlebt?
Ob Besuche von Queen, amerikanischen Präsidenten,
Fußballweltmeister auf dem Rückweg von Brasilien
oder aber auch ein Besuch der Concorde in Tegel -
das waren ganz tolle Erlebnisse.
Bis zu 24 Mio. Passagiere pro Jahr haben sie hier bewältigt.
Die Spuren: sichtbar.
Jetzt steht eine Verwandlung an.
Berlins Tor zur Welt soll sich für Neues öffnen.
Das wird alles Hochschule hier drüben
und hier vorne kommt dann der neue autonome Bus an.
Vielleicht kriegen wir eine Kletterwand am Tower hin,
das war mal in einem Wettbewerbsentwurf drin.
Das fand ich ganz toll, dass man am Tower hochklettern kann.
Rechts davon sieht man das Hauptgebäude, Terminal B,
und das wird in dem Teil, den wir jetzt sehen, ein Kongresszentrum.
Aus dem Flughafen soll ein Labor für Zukunftsideen werden,
mit Wissenschaft, Start-ups und nachhaltiger Industrie.
Eingefasst von großen Parkanlagen
und am östlichen Rand von einem Quartier mit 5.000 Wohnungen.
Die neuen Häuser sollen überwiegend aus Holz gebaut werden.
Klimafreundlich und kostengünstig dank neuer Produktionsverfahren,
die gerade entwickelt werden.
Wir hoffen, dass wir nach einer kurzen Phase
bereits wirtschaftlicher produzieren können
als der klassische Stahlbeton.
Und dass am Ende dadurch natürlich auch
wieder mehr sozialer Wohnungsbau entsteht, der bezahlbar ist,
aber mit nachwachsenden Rohstoffen.
Fertigstellung des ersten Bauabschnitts: in fünf Jahren.
Danach soll die "Urban Tech Republic"
rund 300 Mio. Euro Steuereinnahmen pro Jahr generieren.
Nach den Milliardenverlusten mit dem neuen Flughafen BER
soll das alte Airport-Gebäude künftig für Aufschwung stehen.
Es kommt aus der Vergangenheit.
Man hat aber damals schon an die Zukunft geglaubt.
Und dieser Zukunftsglaube,
dass die Zukunft auch was Positives bringt,
das wollen wir weitertragen und das treibt uns auch an.
Im Herbst soll die Verwandlung beginnen.
Und es bleibt viel zu tun,
damit aus dem einstigen Flughafen keine Luftnummer wird.
Wir werden es beobachten.
Nazan Gökdemir meldet sich
mit unserem heute journal up:date um 0.45 Uhr.
Tschüss, bis morgen.
Das Zentrum von Sturmtief "Eugen" hat inzwischen Dänemark erreicht,
es zieht aber bis morgen Abend nur wenig weiter nach Osten.
Deswegen bleibt es auch bei uns sehr wechselhaft.
Es gibt Gewitter und in den Mittel- gebirgen kann auch Schnee dabei sein.
Heute Abend und in der Nacht gibt es starke bis stürmische Böen.
Auch morgen Früh
gibt es an den Küsten von Nord- und Ostsee noch Sturmböen.
Es gibt nicht nur viel Wind, sondern auch viel Regen.
In der Nacht schüttet es an den Alpen,
sonst sind etliche Schauer unterwegs.
Weil der Wind die Luft gut durchmischt, bleibt es relativ mild.
In der Eifel, im Hunsrück und im Westerwald droht Bodenfrost.
V.a. am Alpenrand und den Küsten von Nord- und Ostsee
scheint morgen kaum die Sonne.
Da schüttet es kräftig.
Sonst sind viele Schauer unterwegs, es gibt auch Gewitter
und dazu bleibt es sehr stürmisch.
Am Donnerstag und Freitag geht es sehr wechselhaft weiter.
Aber zum Wochenende wird es trockener und sonniger.
Wir schauen uns den Trend für Heidelberg an:
Am Sonntag könnten die Temperaturen dort über 30 Grad steigen.
Bis zum Feiertag in der nächsten Woche
pendeln sich die Werte knapp über 20 Grad ein.