Die Geschichte der deutschen Dialekte
Moin. Servus. Guada Morga.
Grüß Gott. Ei Gude.
Und guten Tag alle miteinander.
Sechsmal das Gleiche gesagt, aber immer anders.
Ihr merkt, in diesem Video geht es um Unterschiede,
um Unterschiede in unserer Sprache.
Wir beschäftigen uns mit einigen deutschen Dialekten
und fragen uns: Warum gibt's so viele Dialekte?
Außerdem werd ich mich eurer Challenge stellen.
Also eure Dialekt-Sätze, die wir im Community-Tab gesammelt haben,
hier bei YouTube und auch bei Instagram, performen.
Mal gucken, ob das klappt.
Ich hoffe, es wird nicht allzu peinlich.
Also, es wird ein gutes Video.
Anschnallen und los geht's!
Fangen wir einfach mal an: Was ist ein Dialekt?
Tja, schon wird's kompliziert.
Das Wort "Dialegesthai" ist Altgriechisch
und bedeutet "sich unterhalten".
Im Deutschen sagt man "Mundart".
Die Art und Weise,
wie eine Gruppe von Menschen eine bestimmte Sprache spricht.
Dialekte sind Varianten des Deutschen.
Genauso wie Hochdeutsch eine Variante des Deutschen ist.
Aber wenn wir uns miteinander unterhalten,
dann sprechen wir meistens nicht so,
wie Thomas Mann das aufgeschrieben hätte.
Wir reden andererseits auch nicht so stark Dialekt,
dass wir von anderem kaum verstanden werden können.
Also zumindest nicht alle.
Was wir normalerweise reden,
nennt man "Umgangssprache" oder "Alltagssprache".
Aber auch die ist eben nicht überall gleich.
Warum gibt es denn so viele Mundarten in Deutschland
oder in dem Gebiet Europas, in dem Deutsch gesprochen wird?
Das hat natürlich historische Gründe.
Habt ihr euch sicher gedacht,
wenn dieses Video auf dem Geschichtskanal erscheint.
Gut. Also, am Anfang steht das Indogermanische.
Eine Sprachfamilie, zu der neben Deutsch
auch das Indische, das Iranische oder Polnisch gehören.
In den Jahrhunderten vor dem Jahr null, vor der Zeitenwende
mehr als 2.000 Jahre her, bildet sich das Urgermanische heraus.
Sozusagen eine Art Urururururdeutsch.
Maßgeblich dafür, dass sich das Germanische dann
von anderen Sprachen der Familie unterscheidet,
ist die sogenannte erste Lautverschiebung.
Es geht um Verschlusslaute wie B, D, K oder P.
Beispielsweise Lateinisch "pes" mit einem P.
Germanisch "Fuß" oder "foot" mit einem F.
P verschiebt sich zu F. Mit solchen Veränderung
in der Aussprache oder der Betonung der Silben
differenzieren sich Sprachen aus.
Aus dem Germanischen entwickeln sich verschiedene Sprachen.
Auch das Deutsche.
Zwischen 600 und 1000 nach Christus gibt es die zweite Lautverschiebung.
Da trennt sich das Hochdeutsche vom Niederdeutschen.
Und das ist geografisch zu verstehen.
Die Deutschen im Süden leben höher über dem Meeresspiegel
und sprechen Hochdeutsch.
Im Norden sprechen die Menschen Niederdeutsch.
Die Details erspar ich euch.
Das hört man auch heute noch. Im Norden Deutschlands
isst man einen "Appel", im Süden einen "Apfel".
Im Norden hört man "dat" und "Water",
im Süden "das" und "Wasser".
Im hochdeutschen Sprachbereich unterscheidet man dann wiederum
mittel- und oberdeutsche Dialekte.
Ihr merkt schon, die Sprachgebiete zerteilen sich immer weiter.
Das ist schon ein Hinweis darauf, wie die Dialekte zustande kommen.
Das Gebiet, in dem Deutsch gesprochen wird,
ist politisch auch sehr stark zergliedert.
Der berühmte Flickenteppich
im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.
Zeitlich befinden wir uns also zwischen dem Ende des Mittelalters
und dem Beginn der Neuzeit.
Also so zwischen 1350 und 1550.
Ja, alle sprechen Deutsch.
Aber eben in regionalen Ausprägungen, die so unterschiedlich sein können,
dass sich die Menschen oft nicht verstehen, wenn sie Mundart sprechen.
Dabei reden natürlich die allermeisten Menschen so,
wie es daheim, meistens auf dem Bauernhof oder dem Dorf,
gesprochen wird.
Die Gebildeten sprechen Latein.
Das ist einheitlich.
Oder eine der verschiedenen Kanzleisprachen.
Das sind Verwaltungssprachen, die in den verschiedenen Herrschaftsgebieten
entwickelt werden, um eine Verwaltung zu ermöglichen.
Mit dem modernen Buchdruck und Luthers Bibelübersetzung,
also ab 1520 herum, setzt dann die Herausbildung
einer germanischen Variante des Deutschen ein.
An deren Ende das Hochdeutsche steht.
Das Hochdeutsche ist also erst mal eine reine Schriftsprache.
Reden, das machen die Menschen noch lange in ihren Dialekten.
Den alten Goethe etwa hätten wohl viele von uns kaum verstanden.
Denn Johann Wolfgang von Goethe stammt aus Frankfurt am Main.
Und hat offensichtlich das Hessische mit der Muttermilch aufgesogen.
Denn es ist sonst kaum zu erklären,
wie er "versuchend" auf "Tugend" reimen konnte.
Spricht man das ein bisschen Hessisch aus,
"versuchend", "Tuchend" ...
da wird einem alles klar.
Kein super Reim, aber man versteht's zumindest.
Das geht auch anders.
Noch im Revolutionsjahr 1849 setzt der bayerischen König
im aufständischen Schwaben
Soldaten aus Niederbayern und der Oberpfalz ein,
weil sich Schwaben und Niederbayern wegen ihres Dialekts
schlecht verständigen können
und damit kaum Gefahr besteht, dass sie sich verbünden.
Mit der Gründung des deutschen Nationalstaates 1871
werden die Dialekte dann
zugunsten des Hochdeutschen zurückgedrängt.
Das hat mit der Vereinheitlichung der Verwaltung zu tun.
In einem geeinten Reich
sollten auch alle überall auf gleiche Weise
mit der Verwaltung umgehen können.
Dialekt gilt aber damals als Sprache der ungebildeten Unterschichten.
Wer was zu sagen haben will, wer modern sein will,
der spricht Hochdeutsch.
Ich weiß nicht, ob ihr das auch so seht,
aber man hört das auch immer wieder, wenn jemand Dialekt spricht,
dass dann andere abfällig darüber urteilen.
Zur Zeit der Diktatur der Nazis
wird eine regelrechte Sprachpolitik betrieben.
Dazu haben wir ein eigenes Video gemacht.
So wird das schöne Automobil, ein ganz wunderbares Wort,
es bedeutet "Selbstbeweger",
also ohne dass ich mich anstrengen muss, bewegt es sich.
In den 20er-Jahren auch Begriff für diesen noblen Gegenstand,
der sogar Weg in die Schlagertexte fand:
"Wir fahren mit dem Automobil von Hamburg nach Kiel."
Was machen die Nazis daraus?
Weil ihnen das zu Französisch klang: Sie machen das "Kraftfahrzeug".
Das klingt nach Aggressivität, nicht nach Picknickkorb und Allee
und ist dazu physikalisch völlig unsinnig.
Was macht der Begriff "Kraft" da?
Um etwas zu beschleunigen, brauch man immer eine Kraft.
Das zeichnet das Automobil nicht aus.
In der DDR wird diese Sprachlenkung aus politischen Motiven
auch betrieben.
Das Seniorenheim heißt "Feierabendheim".
Die Sprachlenkung betrifft in beiden Fällen
vor allem das Vokabular.
Insofern betrifft es auch die Hochsprache,
die in den Medien und der Verwaltung benutzt wird.
Gegen Dialekte sind selbst Diktaturen allerdings ohnmächtig.
In den 1970er- und 1980er-Jahren verschwinden die Dialekte
endgültig flächendeckend aus dem offiziellen Alltag der Menschen.
In den Schulen wird das, was als fehlerhafte Unterrichtssprache
gesehen wird, angestrichen und sorgt für schlechte Noten.
Aber auch im Alltagsleben sprechen die Menschen
oft nicht mehr einen klassischen Dialekt.
Sondern ein im Klang gefärbtes Hochdeutsch.
Eine Frau aus Franken erkennt man genauso
wie einen Mann aus Köln an der Aussprache.
Mit Dialekt hat das eigentlich nichts zu tun.
Ist ja auch logisch, auch Dialekte entwickeln sich.
Je weniger Leute einen Dialekt sprechen,
umso weniger genau wird er an die nächste Generation weitergegeben.
Ganze Wörter verschwinden so für immer,
weil sich niemand mehr an sie erinnert und sie benutzt.
Was wir heutzutage unter Dialekten verstehen,
das sind regionale Unterschiede,
die sich in die Standardsprache eingeschlichen haben.
Da geht's manchmal um die Aussprache, dass man statt "t" und "k" sagt
"d" und "g, die weichen statt den harten Konsonanten benutzt.
Mehr noch betreffen diese regionalen Unterschiede den Wortschatz.
Wer das mal nachvollziehen will,
sollte sich den Atlas zur deutschen Alltagssprache anschauen.
Wir verlinken ihn unten in der Beschreibung,
ihr könnt euch durchklicken.
Man kann sagen,
Deutschland ist ein sprachlich ziemlich unterschiedliches Land.
Heute teilt man größere Dialektgebiete ein
und unterscheidet verschiedene Regionalsprachen.
An der Nordseeküste spricht man Friesisch.
Überhaupt snaggt man im Norden der Republik Platt.
Bis runter nach Kassel reicht der Bereich des Westfälischen
mit Unterarten wie in Münster oder Osnabrück.
Bis zur französischen Grenze
erstreckt sich der Bereich des Moselfränkischen.
Um Köln herum wird natürlich Kölsch gesprochen.
Im westlichen Mitteldeutschland dominieren rheinische Dialekte.
Vor allem das Hessische und das Pfälzische.
Im Südwesten dann Schwäbisch und Alemannisch,
das ist mein Heimatdialekt, das Badische.
Das Bairische dominiert den Südosten.
Einen großen Dialektraum bildet das Fränkische.
Der erstreckt sich vom Norden Baden-Württembergs
über Bayern bis nach Thüringen und Sachsen.
Das Sächsische geht ab Wittenberg ins Märkische über.
An der Ostsee ist das Mecklenburgische zu Hause.
Zu einem Dialekt an dieser Stelle noch mehr.
Das Dialektsprechen etwas für einfältigere Gemüter
und für die Unterschichten ist,
diese Haltung hat sich vor allem beim Sächsischen
für einige bis heute gehalten.
Das liegt vielleicht daran, dass im Kino oder im Fernsehen
die Figuren eines sogenannten Dorf- deppen sächsischen Dialekt sprechen.
Vor der Wiedervereinigung
machte man das übrigens meistens mit bayerischen Dorfdeppen.
Streng genommen ist Sächsisch kein Dialekt, sondern ein Regiolekt,
eine abweichende Spielart unserer Standardsprache.
Sachsen war einmal eine wichtige Region
im deutschen Reich des Mittelalters und der frühen Neuzeit.
Die Bibelübersetzung Martin Luthers
orientierte sich stark an der Sprache dieser Region.
Wenn man es plakativ sagen will,
ist das Sächsische eigentlich das wahre Hochdeutsch.
Nachdem Sachsens Herrscher ab Mitte des 18. Jahrhunderts
an Bedeutung verlieren,
bekommt auch der Dialekt zunehmend eine Loserrolle zugesprochen.
Und das Walter Ulbricht gesächselt hat,
hat auch nicht zur Beliebtheit beigetragen.
Vor allem der Satz: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten",
ist bei vielen noch im Gedächtnis.
Dann kam sie, die Mauer
und da wurde von vielen Menschen im Westen eine Verbindung gezogen.
Irgendwie unzuverlässig und lächerlich.
Warum gilt Sächsisch häufig als Synonym für Ostdeutsch?
Weil Sachsen die bevölkerungsreichste Gegend der ehemaligen DDR ist,
kommen natürlich auch viele Polizisten und Militärs von dort
und schon weiß alle Welt, wie ein Betonkommunist spricht.
Mal ganz abfällig formuliert.
Sächsisch, beziehungsweise die sächsische Klangfärbung
wird in Westdeutschland Synonym für Ostdeutsch.
Da seht ihr schon,
ein Blick in die Sprachgeschichte lohnt sich bei unseren Dialekten.
Jetzt kommt das, was ich am Anfang versprochen hatte.
Bei Instagram, den Account haben wir euch verlinkt,
und auch bei YouTube haben wir euch gebeten,
uns mal Dialektsätze zu schicken als kleine Challenge für mich,
die ich jetzt aussprechen soll.
Das Team von Instagram und das Team des MrWissen2go-Geschichte
hat die für mich gesammelt, der liegt da in einem Umschlag.
Ich muss ihn mal kurz holen, so.
Also, hier ist er, der Umschlag.
Und da stehen jetzt Dialektsätze von euch.
Meine große Herausforderung ist, diese Sätze richtig auszusprechen.
Ich kann mich nur blamieren eigentlich.
Los geht's mit dem ersten Satz auf Hessisch.
Hessisch ist einer meiner absoluten Lieblingsdialekte.
Ich hoff, es war richtig.
Dorscht, ich bin übrigens großer "Badesalz"-Fan.
Deshalb mag ich Hessisch auch so gerne.
Guck ich mal auf den nächsten Zettel hier, ge?
Oje, Oberbairisch.
Tut mir leid, liebe Oberbayern.
Oje, jetzt wird's ganz schwierig.
Jetzt kommt was auf Platt.
Warum mach ich meine Stimme da auch automatisch so hoch?
Tut mir auch leid für alle, die von dort kommen.
Moselfränkisch, okay.
Ich glaub, das war komplett falsch.
Da bleib ich einfach auf Badisch:
Freut mich, dass ihr euch das Video angeguckt habt,
neben mir findet ihr noch ein paar gscheite Videos.
Na ja, also neben mir findet ihr noch ein paar gute Videos verlinkt.
Hier auf diesem Kanal
geht es einmal um die Geschichte des Deutschen Kaiserreichs,
das hat ja in dem Video noch eine Rolle gespielt.
Direkt darunter noch was von den Kollegen von "Funk",
wenn ihr da auch mal reinguckt.
Bitte seid gnädig mit mir in der Bewertung dieser Dialektimitationen,
mehr war es auch nicht.
Ihr könnt in die Kommentare schreiben, wenn es euch gefallen hat
und eure Lieblingsdialekte und Lieblingssätze in Dialekten.
Vielen Dank euch!
Dank schen, dass ihr da zugeschaut habt
und an schönen Tag noch, macht's gut, gell.