Stalins Diktatur | Diktatoren | musstewissen Geschichte
In diesem Video erkläre ich in 5 Schritten,
wie Josef Wissarionowitsch Dschughaschwili,
besser bekannt als Josef Stalin,
seine Diktatur in der Sowjetunion aufgebaut und abgesichert hat.
Dranbleiben.
1. Schritt: Revolution und Bürgerkrieg.
Josef Wissarionowitsch Dschughaschwili
hat eine schwere Kindheit
und fällt früher als kleinkrimineller Jugendlicher auf.
Aber er ist intelligent und geht ins Priesterseminar
in der heutigen Hauptstadt von Georgien, Tiflis.
Priesterseminar, das hört sich harmlos an,
aber das war keine Bildungseinrichtung,
sondern eine Schule in psychischer und physischer Gewaltanwendung,
im Ausspionieren, Verschwören, Verheimlichen und Unterdrücken.
Dschughaschwili
wandelt sich im Priesterseminar zum atheistischen Marxisten,
also zu einem Anhänger der Lehren von Karl Marx.
Marx und sein Kollege Friedrich Engels sind die wichtigsten Denker
des Sozialismus und des Kommunismus.
Schon in jungen Jahren wird Dschughaschwili
Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands
und gehört dort zur Gruppe von Wladimir Iljitsch Lenin,
der sogenannten Bolschewiki.
Schnell wird Dschughaschwili zur wichtigen Figur,
denn er organisiert Raubüberfälle und Bankeinbrüche
und hilft so die Revolutionsarbeit zu finanzieren.
1912 holt Lenin das skrupellose Organisationstalent
ins Zentralkomitee.
Dschughaschwili gibt sich fortan den Kampfnamen Stalin,
das bedeutet der Stählerne.
Nach der Revolution übernimmt er verschiedene Aufgaben.
Das wichtigste Amt ist das des Generalsekretärs
der Kommunistischen Partei.
Ab jetzt kann Stalin seine Macht ausbauen,
Verbindungen mit wichtigen Funktionären knüpfen
und gegen Rivalen Stimmung machen.
Schon während der Revolution und dem Bürgerkrieg
ist in der entstehenden Sowjetunion Gewalt an der Tagesordnung.
Gegner werden von den Bolschewiki erschossen
oder durch Terror eingeschüchtert.
Mithilfe seiner Geheimpolizei,
also einer Mischung aus Geheimdienst und Polizei,
die vor allem gegen Regimekritiker vorgeht,
lässt Lenin seine Gegner aus dem Weg räumen.
Er will, dass die Geheimpolizei alle,
die sie als Feinde ausmacht, erschießt, ohne Gerichtsverfahren.
Er lässt auch Straflager einrichten,
in denen Andersdenkende eingesperrt, gefoltert und ermordet werden.
Stalin lernt sozusagen von Lenin, dass nur der sich durchsetzt,
der seine Gegner nicht nur besiegt, sondern sie auslöscht,
ohne moralische Bedenken.
Bevor Lenin am 21. Januar 1924 stirbt,
warnt sogar er seine Partei noch davor, Stalin zu viel Macht zu geben.
2. Schritt: Kampf um die Parteispitze.
Stalin hat sich
schon mit anderen Mitgliedern im engsten Führungszirkel verbündet.
Lenins Warnung verhallt also ungehört.
Als Generalsekretär ist Stalin bei vielen Mitgliedern sehr beliebt.
Seine Gegner schaffen es nicht,
ihre Interessensgegensätze zu überwinden und Stalin loszuwerden.
Nach und nach schaltet der alle seine Konkurrenten aus,
auch seinen härtesten Widersacher Leo Trotzki.
Sie verlieren ihre Ämter, ihre Parteimitgliedschaft
und nicht selten später ihr Leben.
3 Jahre nach Lenins Tod hat Stalin im Jahr 1927 die absolute Macht.
3. Schritt: die Säuberung.
Als Alleinherrscher greift Stalin durch,
in der Partei, in der Armee und in der Verwaltung.
Da löscht er alle Gegner aus.
Dabei müssen diese Leute
nicht mal wirklich was gegen Stalin unternehmen oder sagen.
Es reicht, wenn Stalin denkt, das sie gegen ihn sein könnten.
In nicht einmal 2 Jahren
wählt der persönlich 39.000 Leute zu Erschießung aus.
Von denen, die früher die Kommunistische Partei anführten,
bleibt nur 1/3 am Leben.
Die alte Führung
wird in Schauprozessen abgeurteilt und hingerichtet.
Sie werden sogar aus Bildern herausretuschiert
und aus Akten gestrichen.
Die Menschen sollen sich an Stalins Gegner
nicht einmal mehr erinnern können.
10.000 Offiziere der Roten Armee werden ebenfalls erschossen.
Dann nimmt sich der Diktator Stalin seine "Untertanen" vor.
Als Erstes müssen die selbstständigen Bauern dran glauben.
Sie sollen ihre Bauernhöfe
in sozialistische Großbetriebe eingliedern.
Etliche von ihnen werden in Straf- und Arbeitslager,
sogenannte Gulags gesteckt.
Nicht nur, dass da viele Bauern sterben,
weil die Nahrungsproduktion sinkt,
verhungern auch hunderttausende Menschen überall im Land.
Auch nationale und religiöse Minderheiten werden verfolgt.
Insgesamt werden 1,5 Mio.Menschen
als Volksfeinde, Verräter oder Spione verhaftet,
die Hälfte davon wird ermordet.
Die Idee hinter den Säuberungen ist die Verbreitung von Angst.
Jeder muss ständig Angst haben, weggesperrt und ermordet zu werden.
In den Jahren 1936-38 spricht man vom Großen Terror.
Aus Angst vor diesem Terror traut sich kaum jemand,
sich Stalin in den Weg zu stellen.
Schon ein falsches Wort
kann zur Festnahme oder zur Erschießung führen.
So bekommt Stalin die unbegrenzte Macht.
4. Schritt: Führerkult und Stalinismus.
Im Großen Vaterländischen Krieg,
so heißt der 2. Weltkrieg in der Sowjetunion,
übernimmt Stalin die Führung der Armee.
Der deutsche Überfall
auf die Sowjetunion fordert unzählige Todesopfer.
Stalin, der sich mehrmals über seine Berater und Militärs hinwegsetzt,
schafft es anfangs nicht, den Vormarsch zu stoppen.
Besonders zu Kriegsbeginn
werden Millionen einfacher, junger russischer Soldaten verheizt.
Stalin will die deutsche Armee
mit der schieren Masse an Soldaten überwältigen
und lässt etliche schlecht ausgebildete
und schlecht ausgerüstete junge Soldaten
ins deutsche Maschinengewehrfeuer laufen.
Die Wehrmacht dringt immer weiter in die Sowjetunion vor.
Mit der deutschen Niederlage
vor Stalingrad und der Offensive der Roten Armee,
also den Truppen der Sowjetunion, wendet sich das Blatt.
Jetzt ist Stalin auf dem Vormarsch.
Als Berlin 1945 fällt, ist er der Sieger über Hitler.
Aber nicht nur das: Er ist der Anführer der Supermacht,
die den USA im beginnenden Kalten Krieg Paroli bietet.
Damit steigert sich die Verehrung des Diktators, der Stalinkult,
ins Gigantische.
Stalin trägt viele Ehrentitel und Kosenamen:
geliebter Führer, Vater aller Völker, weiser Stalin, genialer Feldherr.
Innenpolitisch hat Stalin
seine Säuberungen auch während des Krieges fortgesetzt.
Überall wittert er Feinde.
Um ihn herum sind nur noch Bedienstete
und die Mitglieder des Politbüros,
so nennt man das höchste Gremium einer kommunistischen Partei.
Die oberste Führungsspitze der Sowjetunion also.
Und auch diese Leute leben in ständiger Furcht davor,
ermordet zu werden.
Um die Politbüro-Mitglieder zum Gehorsam zu zwingen,
werden zum Beispiel deren Angehörige eingesperrt.
Über jeden gibt es vorbereitete Anklagen,
die Stalin nur aus der Schublade ziehen muss und sie einsetzen kann.
Er hat also die absolute Kontrolle,
kann jeden jederzeit zu sich zitieren.
Wer bei den regelmäßigen Saufgelagen einschläft
oder im Rausch etwas Falsches sagt, steht mit einem Bein im Grab.
Besonders grausam ist,
dass diejenigen, die an der Macht teilhaben wollen,
sich selbst schuldig machen müssen.
Sie müssen Stalins
vermeintliche Gegner und Abweichler auf dem Silbertablett servieren.
Nur dann werden sie nicht selbst zum Opfer.
Das Terrorsystem verselbstständigt sich.
Die, die im ganzen, riesigen Sowjetreich vor Ort die Macht haben,
wollen sich beweisen,
indem sie in vorauseilendem Gehorsam Feinde enttarnen
und Furcht und Schrecken verbreiten.
5. Schritt: Tod und Verklärung.
Dass Stalin für normale Menschen praktisch unberührbar geworden ist,
bringt ihn letztendlich um.
Als er Anfang März 1953 einen Schlaganfall erleidet,
traut sich niemand zu ihm ins Zimmer.
Erst Stunden später findet man ihn auf dem Boden liegend,
bei Bewusstsein, aber nicht ansprechbar.
Die Wachsoldaten haben Angst.
Auch die Mitglieder des Politbüros, die Stunden später auftauchen, sagen,
ohne Stalin in Augenschein genommen zu haben,
dass er wahrscheinlich betrunken ist.
Wenn das stimmt, ist es gefährlich, dass sie ihn gestört haben.
Denn deswegen wurden schon Bedienstete erschossen.
So vergehen noch mal Stunden, bis Ärzte Stalin untersuchen.
Die haben fürchterliche Angst
und trauen sich nicht einmal den Puls zu fühlen.
Stalin stirbt Tage später.
Nach seinem Tod wird sein Leichnam einbalsamiert
und in das Mausoleum unter dem Roten Platz gebracht,
wo schon Lenins Mumie liegt.
8 Jahre später wird er an der Kremlmauer beerdigt.
Die neue Führung unter Nikita Chruschtschow
beginnt mit der Entstalinisierung.
Freilich bleiben Unterdrückung und Arbeitslager
und politische Prozesse weiterhin ein Instrument für die Machthaber,
aber die Ausmaße des stalinistischen Terrors
werden nicht mehr erreicht.
Der "Rote Zar", so nannte man den Diktator später,
ist für den Tod von wahrscheinlich 20 Mio.Menschen verantwortlich.
Zwar weiß man recht genau, wer auf seiner Todesliste endete,
aber die vielen Hunger- und Kriegstoten,
die hat das Regime nicht genau dokumentiert.
Sehr, sehr spannendes, bewegendes und bedrückendes Thema.
Wenn ihr noch Fragen zu Stalin habt, Anmerkungen oder Themenwünsche,
schreibt sie in die Kommentare.
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hat auch eine Community-Funktion.
Wir nutzen sie auch sehr intensiv für Abstimmungen und vieles mehr.
Schaut immer mal wieder rein. Das ist auch eine spannende Sache.
Danke fürs Zuschauen, bis zum nächsten Mal.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2018)