Was kann ich wissen? Was soll ich tun? · Kants Fragen
Wenn es um existenzielle Fragen der eigenen Lebensführung geht, dann führt kein Weg
an den Grundfragen der Philosophie vorbei. Die hat niemand Geringeres als Immanuel Kant in seltener
Direktheit und Einfachheit formuliert. In diesem Beitrag behandeln wir Kants vier Fragen.
Wo stehen sie geschrieben? Was sollen sie bedeuten? Wie können wir sie beantworten? Und...
...was war nochmal die vierte Frage? Intro!
Die berühmten vier Fragen von Immanuel Kant lauten bekanntlich wie folgt:
Was kann ich wissen? Was soll ich tun?
Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?
Die ersten drei von Kants vier Fragen finden sich etwa in seiner Kritik der reinen Vernunft.
Dort schreibt er:
Alles Interesse meiner Vernunft (das spekulative sowohl, als das praktische) vereinigt sich
in folgenden drei Fragen: 1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen?
Doch bereits 2 Jahrzehnte vor seiner »Kritik der reinen Vernunft«, die ja in den 1780er Jahren erschienen ist,
da hielt Kant, ab 1765, regelmäßig Vorlesungen über Logik.
Und schon darin schreibt er, im Abschnitt über den Begriff von der Philosophie überhaupt:
Das Feld der Philosophie […] lässt sich auf folgende Fragen bringen: 1) Was kann ich wissen?
2) Was soll ich thun? 3) Was darf ich hoffen? 4) Was ist der Mensch?
Eine dritte Stelle, die als Quelle zu nennen wäre, ist dann noch ein Brief aus dem Jahr 1793.
Auch darin zählt Kant nochmal seine vier Fragen auf.
Das heißt: Über 3 Jahrzehnte hinweg hält er an seiner Aufstellung der Grundfragen der Philosophie fest.
Die genauen Quellenangaben zum Nachschlagen und Nachlesen gibt's wie immer im Skript zum Beitrag.
Das ist unten verlinkt.
Was kann ich wissen?
Die erste Frage beantworte, so Kant, die Metaphysik. In seiner »Kritik der reinen Vernunft« fügt
er hinzu, diese erste Frage sei »bloß spekulativ« und »alle mögliche Beantwortungen derselben bereits erschöpft,
und dass letztendlich schon diejenige [Antwort] gefunden sei, mit der sich der menschliche Verstand […] zufrieden geben müsse.
Denn in Bezug auf das Wissen sei »so viel sicher und ausgemacht,
daß uns dieses […] niemals zu Teil werden könne.« Mh.
Heutzutage ordnen wir die Frage »Was kann ich wissen?« weniger der Metaphysik zu, als vielmehr der Erkenntnistheorie
immer noch im Bereich der theoretischen Philosophie. Tiefergehende Fragen wären:
Was sind überhaupt Wahrheit und Wirklichkeit? Mit welchen Methoden können wir Wissen erlangen?
Wo genau liegen die Grenzen des Erkenntnisvermögens? Und was kann Wissenschaft demnach leisten?
Was soll ich tun?
Die zweite Frage beantworte die Moral, so Kant, und sie sei »bloß praktisch«.
Heutzutage ordnen wir die Frage »Was soll ich tun?« der Moralwissenschaft zu,
also der Ethik, immer noch im Bereich der praktischen, handlungsorientierten Philosophie.
Gesucht sind hier keine konkreten Bedienungsanleitungen à la: Was soll ich tun, um dieses Regal aufzubauen?
Gesucht sind vielmehr prinzipielle Grundsätze, sowas wie die Goldene Regel oder der Kategorische Imperativ von Kant.
Da gibt's 'nen eigenen Beitrag zu, der ist hier oben verlinkt.
Tiefergehende Fragen wären: Was ist gut, was ist böse? Wie kann ich mein Handeln begründen?
Und gibt es überhaupt einen freien Willen oder ist das ein Irrglaube, und alles ist vorbestimmt?
Wer weiß? Ich nicht.
Nobody knows... but Jesus.
Ey, lass' mal lieber über Fußball reden.
Während sich die erste Frage eindeutig der Erkenntnistheorie und Kants »Kritik der reinen Vernunft« zuordnen lässt
und die zweite Frage der Moralphilosophie und Kants »Kritik der praktischen Vernunft«
erweist sich die Zuordnung der dritten Frage schon als schwieriger.
Was darf ich hoffen?
Kant selbst schreibt die dritte Frage der Religion zu.
Er fragt wohlgemerkt nicht: Was hoffe ich? Denn die Antwort darauf liegt nahe.
Alles Hoffen ziele »auf Glückseligkeit«, wie Kant in seiner »Kritik der reinen Vernunft« schreibt.
Die Frage »Was darf ich hoffen?« versteht sich als: »Was darf ich berechtigterweise hoffen?«
Wenn Glück das ist, worauf ich hoffe, woher nehme ich das Recht, auf mein Glück zu hoffen?
Kant zufolge rührt dieses Recht aufs Hoffen nicht bloß von der Befolgung legitimer Normen her.
Das heißt: Es geht nicht nur darum, sich an die geltenden Gesetze meines Staates zu halten.
Die Gesetzmäßigkeit wird auch »Legalität« genannt.
Ebenso sei ein Einhalten persönlicher Pflichten wichtig, also eine innere Haltung, die meinem Handeln
den sittlich richtigen Weg weist. Die moralische Haltung oder Sittlichkeit wird auch »Moralität« genannt.
Hoffen darf ich also überhaupt nur, wenn ich bereit bin,
mich an geltende Gesetze und moralische Gebote zu halten.
Kant spitzt das Problem auf folgendes Begriffspaar zu: Werde ich dann, wenn ich mich als glückswürdig erwiesen habe,
auch glückselig werden? Eine ausführlichere Fassung der dritten Frage lautet demnach:
Wenn ich immer so handele, wie ich soll, nämlich moralisch, darf ich dann hoffen, glücklich zu werden?
Diese Umformulierung stammt von dem Philosophie-Professor Christian Thies,
der die These aufstellt, dass Kant die dritte Frage – »Was darf ich hoffen?« –
v. a. in seiner »Kritik der Urteilskraft« behandelt.
Thies befasst sich auch mit Kants eigenen Versuchen einer Beantwortung dieser dritten Frage.
Zwar kommt er zu dem Schluss, dass keine der Antworten vollends überzeugen könne.
Gleichsam stellt Thies aber fest, dass es »in der Philosophie der letzten beiden Jahrhunderte«
kein vergleichbarer Versuch zu finden sei, [die] Grundfragen menschlichen Lebens auf demselben Niveau zu erörtern.
Was ist der Mensch?
Die letzte Frage, Was ist der Mensch?, bildet eine übergeordnete,
eine zusammenfassende Frage. Kant ordnet sie der Anthropologie zu, also der Lehre vom Menschen.
Er bemerkt jedoch, dass sich im Grunde »alles dieses«
(also die Metaphysik, die Moral und die Religion) der Anthropologie zurechnen ließe, da »sich die drei ersten Fragen auf die letzte beziehen«.
Heute bildet die Frage »Was ist der Mensch?« den Ausgangspunkt für die sogenannte philosophische Anthropologie,
die den Menschen in allgemeiner Hinsicht behandelt, als »Mensch an sich«
– und nicht als vornehmlich biologisches, kulturelles oder religiöses Wesen,
wie es andere Ausrichtungen der Anthropologie tun.
Tiefergehende Fragen wären hier: Was zeichnet den Menschen aus?
Was ist der Unterschied zwischen Mensch und Tier?
Zur philosophischen Anthropologie gibt's einen eigenen Beitrag, der ist wieder verlinkt.
Antworten auf Kants Fragen?
Ach, du suchst nach Antworten auf Kants vier Fragen
und vielleicht noch auf alle anderen Fragen, die sich daraus ableiten lassen? Ja...
Sorry. Die Zeit ist um.
Erstens konnte Kant diese Fragen ja selbst nicht hinreichend beantworten, wie angedeutet wurde.
Zweitens liegt gerade darin ja das Wesen aller Grundfragen der Philosophie: Dass es nicht darum geht,
sie final zu beantworten, sondern, sie immer wieder neu zu bestellen... zu bestellen!?
Zu stellen! Zu behandeln, zu durchdenken.
Und vorläufig zu beantworten.
Stets im Licht der gegenwärtigen Geschehnisse, sei es in einem Krieg,
oder in einer Krise, wie dieser verdammten Pandemie, oder...
wie immer, im nimmer ruhenden Wandel der Zeit.
Ein lesenswerter Beitrag dazu thematisiert Kants vier Fragen vor dem Hintergrund der Digitalisierung.
Die werden dann auch ausführlich und vorausschauend beantwortet von Florian Felix Whey.
Und zwar in dem Beitrag »DigiKant oder: Vier Fragen, frisch gestellt« (aus dem Jahr 2019)
Falls du noch ein paar Antworte auf Lager hast, auf Kants vier Fragen,
vielleicht im Lichte der Coronakrise, dann gerne in die Kommentare.
Vielen Dank auch für all die netten Kommentare unter dem vorherigen Beitrag.
der ja, wie festgestellt wurde, in einer neuen Umgebung entstanden ist.
Die richte ich mir hier gerade immer noch ein.
Direkt nach dem Dreh letzte Woche hat dann auch mein Lichtequipment versagt (ist kaputt gegangen). Deswegen...
hängt ein Teil meiner Softbox jetzt gerade an einem Lineal, das ich mit Tesafilm am Stativ angebracht habe.
Keine Dauerlösung. Aber für dieses Video hat's offensichtlich gehalten. Nice!
Was bleibt noch zu sagen? Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und bis zum nächsten Mal!