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www.deutschland.de, Die Weltmeister der Logistik

Die Weltmeister der Logistik

Die arbeitsteiligie Weltwirtschaft verstärkt die Warenströme. Und Deutschland ist die Zentrale. Eine Reportage über das Rennen gegen die Zeit.

Vielleicht hätte Andrej Sibirakov an diesem Dezembermorgen die Linkskurve etwas langsamer angehen sollen. Knapp 80 km/h auf Neuschnee, das war einfach zu viel für den Porsche Cayman. Als er bremst, weiss er schon: Es wird nicht reichen. Langsam schliddert der kleine Flitzen in Richtung des Lada, der am Strassenrand abgestellt ist. Dann der Aufprall. Bei Sport-Auto in der Datschnaja-Strasse, der einzigen Porche-Werkstatt in Nowosibirsk und auch im Umkreis von mehreren tausend Kilometern, ist die Diagnose schnell gestellt.

Ein neuer Frontspoiler muss her, heisst es, auch der rechte Kotflügel und der rechte Hauptscheinwerfer müssen erneuert werden. Der Werkstattmeister loggt sich ins Porsche-System ein. Spoiler und Kotflügel sind in Moskau auf Lager, aber den Scheinwerfen gibt es zurzeit in ganz Russland nicht. Der muss aus Deutschland nach Westsibirien gebracht werden, genauer gesagt aus dem zentralen Ersatzteilager in Ludwigsburg bei Stuttgart.

Andrej Sibirjakov will keine zwei oder drei Wochen warten. Denn so lange kann der Landtransport eines Scheinwerfers dauern. Also steht eine Expressfracht per doppelter Luftbrücke an, von Deutschland nach Moskau schickt Sport-Auto die Order per E-mail nach Deutschland. Es ist Mittwoch, 11 Uhr Ortszeit Nowosibirsk, als der Auftrag in Ludwigsburg eintrifft. Dort ist sechs Uhr früh.

Zwei Stunden später zieht ein Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Spedition Schenker in Filderstadt bei Stuttgart einen Transporauftrag von Porsche aus dem Fasx: ein rechter Frontscheinwerfer für einen Porsche Cayman, vom 50 Kilometer entfernten Ludwigsburg ins 5000 Kilometer entfernte Nowosibirsk. Abholbereit noch am gleichen Tag um 15.30 Uhr.

Ein Fall für Schenker. Seit knapp zwei Jahren organisiert und betreibt die Tochterlinie der Deutschen Bahn die gesamte Ersatzteilversorgung für Porsche in Russland. Wann immer ein Teil benötigt wird, Schenker liefert es. Die Bahn-Tochter zählt zu den Global Players im internationalen Transport-Geschäft.

In der Belieferung der Autoindustrie rangiert sie ganz oben. Schenken versorgt das Audi-werk im ungarischen Györ, wo der Roadster TT gefertigt wird, mit Teilen aus ganz Europa. Die Spedition transportiert per Schienen-Shuttle Autoteile vom Opel-Werk in Bochum zur Astra-Montage nach Antwerpen und vom spanischen Zaragoza nach Eisenach, in der Leipziger BMW-Fabrik liefert man für die Produktion der 3er-Reihe die Teile minutengenau bis ans Montageband.

Logistik ist ein sperriger Begriff für hochkomplexe Zusammenhänge, eine Welt vieler kleiner, aber ungemein wichtiger, miteinander vernetzter Prozessschritte. Logistik bedeutet, die Verfügbarkeit des richtigen Gutes in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, für den richtigen Kunden und zu den richtigen Kosten zu sichern. So lautet, umständich, aber zutreffend, die gängigste Definition. Einfacher könnte man sagen: Logistik ist das Schmieröl der Weltwirtschaft. Die arbeitsteilige Weltfabrik lässt die Warenströme rund um den Globus kontinuierlich anschwellen – und die Anforderungen an den Transport von Ort zu Ort wachsen. Deutschland ist Logistik-Weltmeister.

Die Grossen der Branche, Schenker, DHL oder Kühne + Nagel, das sind heute keine Fuhrparke mit ein paar Lastwagen mehr, sondern weltweit operierende Unternehmen, grosse Spinnen im hochdifferenzierten Transportnetz, ausgerüstet mit IT-Werkzeugen und satellitengesteuerter Kommunikation. 165 Milliarden Euro setzt die Branche jährlich um. 480000 Beschäftigte stehen in Deutschland auf den Lohnlisten der Logistikfirmen, Tendenz steigend.

Logistik umfasst die Briefzustellung wie die Containerverschiffung, die Belieferung von Fabriken mit Stahlrohren genauso wie die Versorgung von Tankstellen mit Benzin und Tiefkühlpizzen. Logistiker sorgen dafür, dass weisse Rosen aus Kenia noch schnittfrisch in den Blumenladen an der Ecke kommen und das beim Homeshopping-Kanal bestellte Kochtopf-Set nach Hause. Wenn eine Autofabrik eine Stunde stillsteht, weil die Container mit dringend benötigten Teilen im Hafen festhängen, kostet das Millionen Euro.

Zeit ist Geld, das gilt in keinem Wirtschaftzweig so wei in der Logistikbranche. Wobei es bei den Kosten nicht unbedingt auf die zurückgelegte Strecke ankommt. Wenn ein Container von Shanghai nach Potsdam reist, sagt ein Logistiker beansprucht die Schiffsreise um die halbe Welt nur ein Fünftel, der Transport über Land von Hamburg nach Potsdam vier fünftel der Frachtkosten.

Vor allem pünktlich muss die Ware am Bestimmungsort eintreffen. Deshalb wird beispielsweise Andrej Sibirjakovs Frontscheinwerfer nicht per Lastwagen nach Nowosibirsk gefahren, das deutlich billiger wäre, sonder aufs Flugzeug verladen. Donnerstagnachmittag, auf dem Flughafen Hahn im Hunsrück. Es ist 15 Uhr Ortszeit, anderhalb Tage nach dem Unfall. Der Scheinwerfer für Andrej Sibirjakovs Porsche wird gerade in den Bauch einer alten DC-10 verladen.

Er hat an diesem Tag schon einiges hinter sich: vom Porsche-Lager in Ludwigsburg zu Schenker nach Filderstadt, dort auf den Truck, rauf auf die Autobahn Richtung Flughafen. Als die DC-10 pünktlich um 20.20 Uhr abhebt gen Moskau, sind seit Andrej Sibirjakovs Unfall gut 41 Stunden vergangen.

Beim Seetransport von Gütern aus China oder Indien nach Deutschland zählt man nicht in Stunden oder Tagen, sondern in Wochen. Und die Unwägbarkeiten sind von ganz anderem Kaliber als ein Nachmittagsstau auf der Autobahn. Probleme beim Zoll, streikende Hafenarbeiter, Umwetter auf hoher See sind die Hürden, die manchmal zu Umwegen zwingen. Dann wird spontan entschieden, den einen oder anderen Hafen zusätzlich anzulaufen und dort ein paar Container aufzunehmen.

Aber das kostet Zeit. Auf der China-Route kann auf diese Weise schnell eine Woche Verzögerung zustande kommen. Für die Transportplaner der grossen Logistik-Unternehmen ist das eine immense Herausforderung. Logistik ist ja längst nicht mehr nur der sichere Transport über Tausende von Kilometern, sonder auch die Kunst der zeitgenauen Anlieferung von Waren in die Fabrik.

Auf die Spitze treibt es die Autoindustrie, wo die Teile, egal, welchen Weg sie hinter sich haben, genau im Takt der Montage ans Band geliefert werden müssen.

Im Hamburg fliessen die welweiten Warenströme zusammen – und anschliessend wieder auseinander. Das Elbufer mit seinen Hochlagern aus buntem Stahlblech ist zum Stapelplatz galoppierender Globalisierung geworden, wie kürzlich in einer Hommage an den mittlerweile achgrössten Hafen der Welt zu lesen war. Und die Weltwährung der Logistik,, hier auf Schritt und Tritt präsent, das ist eine Kiste aus Metall, 20 Fuss lang, 8 Fuss breit und 8 Fuss 6 Zoll hoch: der Container.

In Hamburg gibt es, übers Jahr gerechnet, fast fünfmal mehr Container als Einwohner. Würde man alle Container aneinanderreihen, ergäbe sich ein Container-Band, das fast drei Mal um die Erde reichen würde. Für die meisten Container ist Hamburg nur eine Durchreisestation. Der Hafen verbindet die Werkstätten der Welt: China, Indien und Korea it Skandinavien, dem Baltikum, Russland und Südoseuropa.

Und mit Hannover. Dort betreibt Schenker für Volkswagen ein Produktionsversorgungszentrum, eines der modernsten Logistikzentren Europas. Was in 130 Lkw-Fuhren täglich hier ankommt, muss sekundengenau in 700 VW-Transportern verbaut werden – und zwar ohne dass es in der Fabrik zu Produktionsunterbrechungen kommt, erklärt Jürgen Buch, der die Geschäfte bei Schenker in Hannover führt.

Eine unsichtbare Hand scheint Ordnung ist das chaotische Gewusel der Stapler und Elektrokarren zu bringen. Nichts wird dem Zufall und wenig dem Menschen überlassen. Über zentrale Rechner sind das Versorgungszentrum und die benachbarte Fabrik miteinander vernetzt; intelligente und hochflexible IT-Lösungen sichern den Materialfluss im Takt der Montage. Sie steuern den Dialog zwischen Lieferanten, Schenker und Volkswagen.

Was die Zulieferfirmen aus ganz Europa heranbis zur Sechskantschraube Modulteile und ungezählte Einzelteile bis zur Sechskantschraube, muss vo Laster ins Lager und vom Lager per Elektrowagen über eine 360 Meter lange Brücke in die Fabrik, exakt im Takt der Montage, immer das richtige Teil zur richtigen Zeit am richtiger Platz. Und sei es so etwas scheinbar Banales wie die Handschuhfach liegen muss wenn das Fahrzeug für den britischen Markt gebaut wird – und nicht in einer anderen Sprache.

Schon kleinste Fehler können sich rächen. Die VW-Mitarbeiter in der Fabrik müssen sich darauf verlassen können, dass wir die Teile in der richtigen Reihenfolge einsortiert haben, erklärt Jürgen Buch, die Arbeiter am Band greifen automatisch in das nächste Fach. Wenn sie für ein Auto graue Türkerkleidungen brauchen und wir liefern schwarze kann das Fahrzeug nicht termingerecht ausgeliefert werden. Im schlimmsten Fall muss das Band angehalten werden.

Samstagmittag in Nowosibirsk. Der Werkstattmeister von Sport Auto will gerade zum Mittagessen aufbrechen, als ein Kurier-Kombi auf den Hof fährt. Der Fahrer holt ein Paket aus dem Laderaum. Es ist der rechte Frontscheinwerfer für Andrej Sibirjakovs Cayman. Nach sechs Umschlagstationen, 400 Kilometern auf der Strasse und 5000 Kilometern in der Luft hat er seinen Bestimmungsort erreicht. Seit dem Unfall sind drei Tage und vier Stunden vergangen. Der Werkstattmeister überlegt kurz, dann ruft er Andrej Sibirjakov an. Er kann seinen Wagen in zwei Stunden abholen.

Die Grössten Deutschen Logistik Unternehmen

1-DHL – Das Unternehmen ist Weltmarktführer für den internationalen Expressversand, Überlandtransporte und Luftrachtbeförderung. Ausserdem ist DHL die Nummer eins im Bereich Seefracht und Vertragslogistik. Das Unternehmen wurde 1969 von den US-Amerikanern Adrian Dalsey, Larry Hillblom und Robert Lynn – die Anfangsbuchstaben der Nachnamen ergeben den Firmennamen – gegründet. Sie beförderten zunächst persönlich Unterlagen mit dem Flugzeug von San Francisco nach Honolulu. Seit 2002 gehört DHL zur Deutschen Post World Net, beschäftigt heute 285000 Mitarbeiter und liefert pro Jahr 1,5 Milliarden Sendungen in über 220 Länder.

2-Schenker – Das Tochterunternehmen der DB Logistics, dem Ressort Transport und Logistik der Deutschen Bahn AG, ist einer der weltweit führenden integrierten Logistik-Dienstleister. Als Spezialist für Landverkehre in Europa, auf Strasse und Schiene verbindet Schenker mit einen dichten Netz vor Linien verkehren die wesentlichen Wirtschaftsregionen in über dreissig europäischen Ländern. Schenker ist ausserdem auf weltweite Lösungen in der Luft- und Seefracht sowie alle damit verbundenen logistischen Dienstleistungen spezialisiert. Das Unternehmen wurde vor über 135 Jahren von Gottfried Schenker in Wien gegründet und ist heute mit fast 55 000 Mitarbeitern die Nummer zwei der grössten Logistik-Unternehmen in Deutschland.

3-Kühne + Nagel – Die Firma, die 1890 von August Kühne und Friedrich Nagel in Bremen gegründet wurde, begann bereits in den 1950er-Jahren mit der Internationalisierung und ist heute mit 45000 Mitarbeitern der drittgrösste deutsche Logistiker.

# Die Weltmeister der Logistik *The World Champions of Logistics* **Paragraph 1** Die arbeitsteilige Weltwirtschaft verstärkt die Warenströme. Und Deutschland ist die Zentrale. Eine Reportage über das Rennen gegen die Zeit. *The division of labor in the global economy enhances the flow of goods. And Germany is the hub. A report on the race against time.* **Paragraph 2** Vielleicht hätte Andrej Sibirakov an diesem Dezembermorgen die Linkskurve etwas langsamer angehen sollen. Knapp 80 km/h auf Neuschnee, das war einfach zu viel für den Porsche Cayman. Als er bremst, weiß er schon: Es wird nicht reichen. Langsam schliddert der kleine Flitzer in Richtung des Lada, der am Straßenrand abgestellt ist. Dann der Aufprall. Bei Sport-Auto in der Datschnaja-Straße, der einzigen Porsche-Werkstatt in Nowosibirsk und im Umkreis von mehreren tausend Kilometern, ist die Diagnose schnell gestellt. *Perhaps Andrej Sibirakov should have taken the left turn a bit slower on this December morning. Almost 80 km/h on fresh snow was simply too much for the Porsche Cayman. As he brakes, he knows it won't be enough. The little sports car slowly skids towards the Lada parked by the roadside. Then the impact. At Sport-Auto in Datschnaja Street, the only Porsche workshop in Novosibirsk and several thousand kilometers around, the diagnosis is quickly made.* **Paragraph 3** Ein neuer Frontspoiler muss her, heißt es; auch der rechte Kotflügel und der rechte Hauptscheinwerfer müssen erneuert werden. Der Werkstattmeister loggt sich ins Porsche-System ein. Spoiler und Kotflügel sind in Moskau auf Lager, aber den Scheinwerfer gibt es zurzeit in ganz Russland nicht. Der muss aus Deutschland nach Westsibirien gebracht werden, genauer gesagt aus dem zentralen Ersatzteillager in Ludwigsburg bei Stuttgart. *A new front spoiler is needed; also, the right fender and the right headlight must be replaced. The workshop manager logs into the Porsche system. The spoiler and fender are in stock in Moscow, but the headlight is currently unavailable in all of Russia. It needs to be brought from Germany to Western Siberia, specifically from the central spare parts warehouse in Ludwigsburg near Stuttgart.* **Paragraph 4** Andrej Sibirjakov will keine zwei oder drei Wochen warten. Denn so lange kann der Landtransport eines Scheinwerfers dauern. Also steht eine Expressfracht per doppelter Luftbrücke an; von Deutschland nach Moskau schickt Sport-Auto die Order per E-Mail nach Deutschland. Es ist Mittwoch, 11 Uhr Ortszeit Nowosibirsk, als der Auftrag in Ludwigsburg eintrifft. Dort ist es sechs Uhr früh. *Andrej Sibirjakov does not want to wait two or three weeks. Because that's how long land transport of a headlight can take. So, an express freight via a double airbridge is set up; Sport-Auto sends the order to Germany by email from Germany to Moscow. It's Wednesday, 11 a.m. local time in Novosibirsk when the order arrives in Ludwigsburg. There, it's six in the morning.* **Paragraph 5** Zwei Stunden später zieht ein Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Spedition Schenker in Filderstadt bei Stuttgart einen Transportauftrag von Porsche aus dem Fax: ein rechter Frontscheinwerfer für einen Porsche Cayman, vom 50 Kilometer entfernten Ludwigsburg ins 5000 Kilometer entfernte Nowosibirsk. Abholbereit noch am gleichen Tag um 15.30 Uhr. *Two hours later, an employee of the forwarding company Schenker in Filderstadt near Stuttgart pulls a transport order from Porsche from the fax: a right front headlight for a Porsche Cayman, from Ludwigsburg, 50 kilometers away, to Novosibirsk, 5,000 kilometers away. Ready for pickup on the same day at 3:30 p.m.* **Paragraph 6** Ein Fall für Schenker. Seit knapp zwei Jahren organisiert und betreibt die Tochterlinie der Deutschen Bahn die gesamte Ersatzteilversorgung für Porsche in Russland. Wann immer ein Teil benötigt wird, Schenker liefert es. Die Bahn-Tochter zählt zu den Global Players im internationalen Transportgeschäft. *A case for Schenker. For almost two years, the subsidiary of Deutsche Bahn has been organizing and managing the entire spare parts supply for Porsche in Russia. Whenever a part is needed, Schenker delivers it. The railway subsidiary is among the global players in international transport.* **Paragraph 7** In der Belieferung der Autoindustrie rangiert sie ganz oben. Schenker versorgt das Audi-Werk im ungarischen Györ, wo der Roadster TT gefertigt wird, mit Teilen aus ganz Europa. Die Spedition transportiert per Schienen-Shuttle Autoteile vom Opel-Werk in Bochum zur Astra-Montage nach Antwerpen und vom spanischen Zaragoza nach Eisenach; in der Leipziger BMW-Fabrik liefert man für die Produktion der 3er-Reihe die Teile minutengenau bis ans Montageband. *In supplying the automotive industry, it ranks at the top. Schenker supplies the Audi plant in Györ, Hungary, where the TT roadster is manufactured, with parts from all over Europe. The forwarding company transports auto parts by rail shuttle from the Opel plant in Bochum to Astra assembly in Antwerp and from Zaragoza in Spain to Eisenach; in the Leipzig BMW factory, they deliver parts for the production of the 3 Series precisely to the assembly line.* **Paragraph 8** Logistik ist ein sperriger Begriff für hochkomplexe Zusammenhänge, eine Welt vieler kleiner, aber ungemein wichtiger, miteinander vernetzter Prozessschritte. Logistik bedeutet, die Verfügbarkeit des richtigen Gutes in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, für den richtigen Kunden und zu den richtigen Kosten zu sichern. So lautet, umständlich, aber zutreffend, die gängigste Definition. Einfacher könnte man sagen: Logistik ist das Schmieröl der Weltwirtschaft. Die arbeitsteilige Weltfabrik lässt die Warenströme rund um den Globus kontinuierlich anschwellen – und die Anforderungen an den Transport von Ort zu Ort wachsen. Deutschland ist Logistik-Weltmeister. *Logistics is a cumbersome term for highly complex interrelationships, a world of many small but immensely important, interconnected process steps. Logistics means ensuring the availability of the right goods in the right quantity, in the right condition, at the right place, at the right time, for the right customer, and at the right costs. This is the most common definition, albeit cumbersome but accurate. In simpler terms: logistics is the lubricant of the global economy. The division of labor in the world factory continuously increases the flow of goods around the globe—and the demands for transport from one place to another are growing. Germany is the world champion in logistics.* **Paragraph 9** Die Großen der Branche, Schenker, DHL oder Kühne + Nagel, das sind heute keine Fuhrparks mit ein paar Lastwagen mehr, sondern weltweit operierende Unternehmen, große Spinnen im hochdifferenzierten Transportnetz, ausgerüstet mit IT-Werkzeugen und satellitengesteuerter Kommunikation. 165 Milliarden Euro setzt die Branche jährlich um. 480.000 Beschäftigte stehen in Deutschland auf den Lohnlisten der Logistikfirmen, Tendenz steigend. *The big players in the industry, Schenker, DHL, or Kühne + Nagel, are no longer just fleets with a few trucks; they are globally operating companies, large spiders in the highly differentiated transport network, equipped with IT tools and satellite-controlled communication. The industry generates 165 billion euros annually. 480,000 employees are on the payroll of logistics companies in Germany, with a rising trend.* **Paragraph 10** Logistik umfasst die Briefzustellung wie die Containerverschiffung, die Belieferung von Fabriken mit Stahlrohren genauso wie die Versorgung von Tankstellen mit Benzin und Tiefkühlpizzen. Logistiker sorgen dafür, dass weiße Rosen aus Kenia noch schnittfrisch in den Blumenladen an der Ecke kommen und das beim Homeshopping-Kanal bestellte Kochtopf-Set nach Hause. Wenn eine Autofabrik eine Stunde stillsteht, weil die Container mit dringend benötigten Teilen im Hafen festhängen, kostet das Millionen Euro. *Logistics includes everything from mail delivery to container shipping, supplying factories with steel pipes to fueling gas stations with gasoline and frozen pizzas. Logistics ensure that white roses from Kenya arrive fresh at the corner florist and that a cookware set ordered from a home shopping channel arrives at home. If a car factory is halted for an hour because containers with urgently needed parts are stuck in the harbor, it costs millions of euros.* **Paragraph 11** Zeit ist Geld, das gilt in keinem Wirtschaftszweig so wie in der Logistikbranche. Wobei es bei den Kosten nicht unbedingt auf die zurückgelegte Strecke ankommt. Wenn ein Container von Shanghai nach Potsdam reist, sagt ein Logistiker, beansprucht die Schiffsreise um die halbe Welt nur ein Fünftel der Frachtkosten, der Transport über Land von Hamburg nach Potsdam vier Fünftel der Frachtkosten. *Time is money, and this holds true in no industry as much as in logistics. When it comes to costs, it doesn't necessarily depend on the distance traveled. When a container travels from Shanghai to Potsdam, a logistician says the sea journey around the world only accounts for one-fifth of the freight costs; land transport from Hamburg to Potsdam takes up four-fifths of the freight costs.* **Paragraph 12** Vor allem pünktlich muss die Ware am Bestimmungsort eintreffen. Deshalb wird beispielsweise Andrej Sibirjakovs Frontscheinwerfer nicht per Lastwagen nach Nowosibirsk gefahren, das deutlich billiger wäre, sondern aufs Flugzeug verladen. Donnerstagnachmittag, auf dem Flughafen Hahn im Hunsrück. Es ist 15 Uhr Ortszeit, anderthalb Tage nach dem Unfall. Der Scheinwerfer für Andrej Sibirjakovs Porsche wird gerade in den Bauch einer alten DC-10 verladen. *Above all, the goods must arrive punctually at their destination. That's why Andrej Sibirjakov's front headlight isn't being transported by truck to Novosibirsk, which would be significantly cheaper, but is being loaded onto an airplane. Thursday afternoon, at Hahn Airport in the Hunsrück. It's 3 p.m. local time, a day and a half after the accident. The headlight for Andrej Sibirjakov's Porsche is being loaded into the belly of an old DC-10.* **Paragraph 13** Er hat an diesem Tag schon einiges hinter sich: vom Porsche-Lager in Ludwigsburg zu Schenker nach Filderstadt, dort auf den Truck, rauf auf die Autobahn Richtung Flughafen. Als die DC-10 pünktlich um 20:20 Uhr abhebt gen Moskau, sind seit Andrej Sibirjakovs Unfall gut 41 Stunden vergangen. *He has already been through quite a bit that day: from the Porsche warehouse in Ludwigsburg to Schenker in Filderstadt, onto the truck, and then onto the highway towards the airport. When the DC-10 takes off for Moscow on time at 8:20 p.m., over 41 hours have passed since Andrej Sibirjakov's accident.* **Paragraph 14** Beim Seetransport von Gütern aus China oder Indien nach Deutschland zählt man nicht in Stunden oder Tagen, sondern in Wochen. Und die Unwägbarkeiten sind von ganz anderem Kaliber als ein Nachmittagsstau auf der Autobahn. Probleme beim Zoll, streikende Hafenarbeiter, Unwetter auf hoher See sind die Hürden, die manchmal zu Umwegen zwingen. Dann wird spontan entschieden, den einen oder anderen Hafen zusätzlich anzulaufen und dort ein paar Container aufzunehmen. *In sea transport of goods from China or India to Germany, one counts not in hours or days, but in weeks. And the uncertainties are of a completely different caliber than an afternoon traffic jam on the highway. Customs issues, striking dock workers, and storms at sea are hurdles that sometimes force detours. Then it is decided spontaneously to call at one or another port to pick up a few containers.* **Paragraph 15** Aber das kostet Zeit. Auf der China-Route kann auf diese Weise schnell eine Woche Verzögerung zustande kommen. Für die Transportplaner der großen Logistikunternehmen ist das eine immense Herausforderung. Logistik ist ja längst nicht mehr nur der sichere Transport über Tausende von Kilometern, sondern auch die Kunst der zeitgenauen Anlieferung von Waren in die Fabrik. *But that costs time. On the China route, such detours can quickly lead to a week's delay. For the transport planners of large logistics companies, this is an immense challenge. Logistics is no longer just about safely transporting goods over thousands of kilometers; it's also the art of timely delivery of goods to factories.* **Paragraph 16** Auf die Spitze treibt es die Autoindustrie, wo die Teile, egal, welchen Weg sie hinter sich haben, genau im Takt der Montage ans Band geliefert werden müssen. *The automotive industry takes this to the extreme, where parts, regardless of the path they have taken, must be delivered to the assembly line in perfect timing.* **Paragraph 17** In Hamburg fließen die weltweiten Warenströme zusammen – und anschließend wieder auseinander. Das Elbufer mit seinen Hochlagern aus buntem Stahlblech ist zum Stapelplatz galoppierender Globalisierung geworden, wie kürzlich in einer Hommage an den mittlerweile achtgrößten Hafen der Welt zu lesen war. Und die Weltwährung der Logistik, hier auf Schritt und Tritt präsent, das ist eine Kiste aus Metall, 20 Fuß lang, 8 Fuß breit und 8 Fuß 6 Zoll hoch: der Container. *In Hamburg, global flows of goods converge—and then diverge again. The Elbe shore, with its high warehouses made of colorful steel, has become a stack yard of galloping globalization, as recently noted in a tribute to the now eighth-largest port in the world. And the global currency of logistics, present at every turn, is a metal box, 20 feet long, 8 feet wide, and 8 feet 6 inches high: the container.* **Paragraph 18** In Hamburg gibt es, übers Jahr gerechnet, fast fünfmal mehr Container als Einwohner. Würde man alle Container aneinanderreihen, ergäbe sich ein Container-Band, das fast dreimal um die Erde reichen würde. Für die meisten Container ist Hamburg nur eine Durchreisestation. Der Hafen verbindet die Werkstätten der Welt: China, Indien und Korea mit Skandinavien, dem Baltikum, Russland und Südosteuropa. *In Hamburg, there are, over the course of the year, almost five times more containers than inhabitants. If all the containers were lined up, it would create a conveyor belt that could circle the Earth nearly three times. For most containers, Hamburg is just a transit station. The port connects the workshops of the world: China, India, and Korea with Scandinavia, the Baltic states, Russia, and Southeast Europe.* **Paragraph 19** Und mit Hannover. Dort betreibt Schenker für Volkswagen ein Produktionsversorgungszentrum, eines der modernsten Logistikzentren Europas. Was in 130 Lkw-Fuhren täglich hier ankommt, muss sekundengenau in 700 VW-Transportern verbaut werden – und zwar ohne dass es in der Fabrik zu Produktionsunterbrechungen kommt, erklärt Jürgen Buch, der die Geschäfte bei Schenker in Hannover führt. *And in Hanover. There, Schenker operates a production supply center for Volkswagen, one of the most modern logistics centers in Europe. What arrives here daily in 130 truckloads must be incorporated into 700 VW vans with second precision—without causing production interruptions in the factory, explains Jürgen Buch, who manages the business at Schenker in Hanover.* **Paragraph 20** Eine unsichtbare Hand scheint Ordnung in das chaotische Gewusel der Stapler und Elektrokarren zu bringen. Nichts wird dem Zufall und wenig dem Menschen überlassen. Über zentrale Rechner sind das Versorgungszentrum und die benachbarte Fabrik miteinander vernetzt; intelligente und hochflexible IT-Lösungen sichern den Materialfluss im Takt der Montage. Sie steuern den Dialog zwischen Lieferanten, Schenker und Volkswagen. *An invisible hand seems to bring order to the chaotic hustle and bustle of forklifts and electric carts. Nothing is left to chance, and little to humans. Central computers connect the supply center and the neighboring factory; intelligent and highly flexible IT solutions ensure the flow of materials in sync with assembly. They manage the dialogue between suppliers, Schenker, and Volkswagen.* **Paragraph 21** Was die Zulieferfirmen aus ganz Europa heranliefern – Modulteile und ungezählte Einzelteile bis zur Sechskantschraube – muss vom Laster ins Lager und vom Lager per Elektrowagen über eine 360 Meter lange Brücke in die Fabrik, exakt im Takt der Montage, immer das richtige Teil zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Und sei es so etwas scheinbar Banales wie das Handschuhfach, das liegen muss, wenn das Fahrzeug für den britischen Markt gebaut wird – und nicht in einer anderen Sprache. *What the suppliers from all over Europe deliver—module parts and countless individual parts down to the hex screw—must be moved from the truck to the warehouse and from the warehouse via electric cart over a 360-meter-long bridge into the factory, precisely in sync with assembly, always the right part at the right time in the right place. Even something seemingly trivial, like the glove compartment, must be in place when the vehicle is built for the British market—and not in another language.* **Paragraph 22** Schon kleinste Fehler können sich rächen. Die VW-Mitarbeiter in der Fabrik müssen sich darauf verlassen können, dass wir die Teile in der richtigen Reihenfolge einsortiert haben, erklärt Jürgen Buch. Die Arbeiter am Band greifen automatisch in das nächste Fach. Wenn sie für ein Auto graue Türverkleidungen brauchen und wir liefern schwarze, kann das Fahrzeug nicht termingerecht ausgeliefert werden. Im schlimmsten Fall muss das Band angehalten werden. *Even the smallest mistakes can have repercussions. The VW employees in the factory must be able to rely on us sorting the parts in the correct order, explains Jürgen Buch. The workers on the assembly line automatically reach into the next compartment. If they need gray door panels for a car and we deliver black ones, the vehicle cannot be delivered on time. In the worst case, the assembly line must be halted.* **Paragraph 23** Samstagmittag in Nowosibirsk. Der Werkstattmeister von Sport Auto will gerade zum Mittagessen aufbrechen, als ein Kurier-Kombi auf den Hof fährt. Der Fahrer holt ein Paket aus dem Laderaum. Es ist der rechte Frontscheinwerfer für Andrej Sibirjakovs Cayman . Nach sechs Umschlagstationen, 400 Kilometern auf der Straße und 5000 Kilometern in der Luft hat er seinen Bestimmungsort erreicht. Seit dem Unfall sind drei Tage und vier Stunden vergangen. Der Werkstattmeister überlegt kurz, dann ruft er Andrej Sibirjakov an. Er kann seinen Wagen in zwei Stunden abholen. *Saturday afternoon in Novosibirsk. The workshop manager of Sport Auto is just about to leave for lunch when a courier van drives onto the yard. The driver takes a package out of the cargo area. It is the right headlight for Andrej Sibirjakov's Cayman. After six transfer stations, 400 kilometers on the road, and 5,000 kilometers in the air, it has reached its destination. Three days and four hours have passed since the accident. The workshop manager thinks for a moment, then calls Andrej Sibirjakov. He can pick up his car in two hours.* **Paragraph 24** Die Größten Deutschen Logistik Unternehmen *The largest German logistics companies* **Paragraph 25** 1-DHL – Das Unternehmen ist Weltmarktführer für den internationalen Expressversand, Überlandtransporte und Luftfrachtbeförderung. Außerdem ist DHL die Nummer eins im Bereich Seefracht und Vertragslogistik. Das Unternehmen wurde 1969 von den US-Amerikanern Adrian Dalsey, Larry Hillblom und Robert Lynn – die Anfangsbuchstaben der Nachnamen ergeben den Firmennamen – gegründet. Sie beförderten zunächst persönlich Unterlagen mit dem Flugzeug von San Francisco nach Honolulu. Seit 2002 gehört DHL zur Deutschen Post World Net, beschäftigt heute 285.000 Mitarbeiter und liefert pro Jahr 1,5 Milliarden Sendungen in über 220 Länder. *1-DHL – The company is the global market leader for international express shipping, overland transport, and air freight. Additionally, DHL is number one in sea freight and contract logistics. The company was founded in 1969 by the Americans Adrian Dalsey, Larry Hillblom, and Robert Lynn—the initials of their last names form the company name. Initially, they personally transported documents by airplane from San Francisco to Honolulu. Since 2002, DHL has been part of Deutsche Post World Net, employing 285,000 people today and delivering 1.5 billion shipments per year to over 220 countries.* **Paragraph 26** 2-Schenker – Das Tochterunternehmen der DB Logistics, dem Ressort Transport und Logistik der Deutschen Bahn AG, ist einer der weltweit führenden integrierten Logistik-Dienstleister. Als Spezialist für Landverkehre in Europa, auf Straße und Schiene verbindet Schenker mit einem dichten Netz von Linienverkehren die wesentlichen Wirtschaftsregionen in über dreißig europäischen Ländern. Schenker ist außerdem auf weltweite Lösungen in der Luft- und Seefracht sowie alle damit verbundenen logistischen Dienstleistungen spezialisiert. Das Unternehmen wurde vor über 135 Jahren von Gottfried Schenker in Wien gegründet und ist heute mit fast 55.000 Mitarbeitern die Nummer zwei der größten Logistik-Unternehmen in Deutschland. *2-Schenker – The subsidiary of DB Logistics, the transport and logistics department of Deutsche Bahn AG, is one of the world's leading integrated logistics service providers. As a specialist in land transport in Europe, by road and rail, Schenker connects essential economic regions in over thirty European countries with a dense network of scheduled services. Schenker is also specialized in global solutions for air and sea freight, as well as all related logistics services. The company was founded over 135 years ago by Gottfried Schenker in Vienna and today has nearly 55,000 employees, making it the second-largest logistics company in Germany.* **Paragraph 27** 3-Kühne + Nagel – Die Firma, die 1890 von August Kühne und Friedrich Nagel in Bremen gegründet wurde, begann bereits in den 1950er Jahren mit der Internationalisierung und ist heute mit 45.000 Mitarbeitern der drittgrößte deutsche Logistiker. *3-Kühne + Nagel – The company, founded in 1890 by August Kühne and Friedrich Nagel in Bremen, began internationalizing as early as the 1950s and is now the third-largest German logistics company, with 45,000 employees.*

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Die Weltmeister der Logistik The world champions of logistics Los campeones mundiales de logística Чемпионы мира по логистике Чемпіони світу з логістики

Die arbeitsteiligie Weltwirtschaft verstärkt die Warenströme. The global economy based on the division of labor increases the flow of goods. Und Deutschland ist die Zentrale. And Germany is the headquarters. Eine Reportage über das Rennen gegen die Zeit. A report about the race against time.

Vielleicht hätte Andrej Sibirakov an diesem Dezembermorgen die Linkskurve etwas langsamer angehen sollen. Knapp 80 km/h auf Neuschnee, das war einfach zu viel für den Porsche Cayman. Als er bremst, weiss er schon: Es wird nicht reichen. ||brakes||||||| Langsam schliddert der kleine Flitzen in Richtung des Lada, der am Strassenrand abgestellt ist. Dann der Aufprall. Bei Sport-Auto in der Datschnaja-Strasse, der einzigen Porche-Werkstatt in Nowosibirsk und auch im Umkreis von mehreren tausend Kilometern, ist die Diagnose schnell gestellt.

Ein neuer Frontspoiler muss her, heisst es, auch der rechte Kotflügel und der rechte Hauptscheinwerfer müssen erneuert werden. Der Werkstattmeister loggt sich ins Porsche-System ein. Spoiler und Kotflügel sind in Moskau auf Lager, aber den Scheinwerfen gibt es zurzeit in ganz Russland nicht. Der muss aus Deutschland nach Westsibirien gebracht werden, genauer gesagt aus dem zentralen Ersatzteilager in Ludwigsburg bei Stuttgart.

Andrej Sibirjakov will keine zwei oder drei Wochen warten. Denn so lange kann der Landtransport eines Scheinwerfers dauern. Also steht eine Expressfracht per doppelter Luftbrücke an, von Deutschland nach Moskau schickt Sport-Auto die Order per E-mail nach Deutschland. Es ist Mittwoch, 11 Uhr Ortszeit Nowosibirsk, als der Auftrag in Ludwigsburg eintrifft. Dort ist sechs Uhr früh.

Zwei Stunden später zieht ein Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Spedition Schenker in Filderstadt bei Stuttgart einen Transporauftrag von Porsche aus dem Fasx: ein rechter Frontscheinwerfer für einen Porsche Cayman, vom 50 Kilometer entfernten Ludwigsburg ins 5000 Kilometer entfernte Nowosibirsk. Abholbereit noch am gleichen Tag um 15.30 Uhr.

Ein Fall für Schenker. Seit knapp zwei Jahren organisiert und betreibt die Tochterlinie der Deutschen Bahn die gesamte Ersatzteilversorgung für Porsche in Russland. Wann immer ein Teil benötigt wird, Schenker liefert es. Die Bahn-Tochter zählt zu den Global Players im internationalen Transport-Geschäft.

In der Belieferung der Autoindustrie rangiert sie ganz oben. Schenken versorgt das Audi-werk im ungarischen Györ, wo der Roadster TT gefertigt wird, mit Teilen aus ganz Europa. Die Spedition transportiert per Schienen-Shuttle Autoteile vom Opel-Werk in Bochum zur Astra-Montage nach Antwerpen und vom spanischen Zaragoza nach Eisenach, in der Leipziger BMW-Fabrik liefert man für die Produktion der 3er-Reihe die Teile minutengenau bis ans Montageband.

Logistik ist ein sperriger Begriff für hochkomplexe Zusammenhänge, eine Welt vieler kleiner, aber ungemein wichtiger, miteinander vernetzter Prozessschritte. Logistik bedeutet, die Verfügbarkeit des richtigen Gutes in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, für den richtigen Kunden und zu den richtigen Kosten zu sichern. So lautet, umständich, aber zutreffend, die gängigste Definition. Einfacher könnte man sagen: Logistik ist das Schmieröl der Weltwirtschaft. Die arbeitsteilige Weltfabrik lässt die Warenströme rund um den Globus kontinuierlich anschwellen – und die Anforderungen an den Transport von Ort zu Ort wachsen. Deutschland ist Logistik-Weltmeister.

Die Grossen der Branche, Schenker, DHL oder Kühne + Nagel, das sind heute keine Fuhrparke mit ein paar Lastwagen mehr, sondern weltweit operierende Unternehmen, grosse Spinnen im hochdifferenzierten Transportnetz, ausgerüstet mit IT-Werkzeugen und satellitengesteuerter Kommunikation. 165 Milliarden Euro setzt die Branche jährlich um. 480000 Beschäftigte stehen in Deutschland auf den Lohnlisten der Logistikfirmen, Tendenz steigend.

Logistik umfasst die Briefzustellung wie die Containerverschiffung, die Belieferung von Fabriken mit Stahlrohren genauso wie die Versorgung von Tankstellen mit Benzin und Tiefkühlpizzen. Logistiker sorgen dafür, dass weisse Rosen aus Kenia noch schnittfrisch in den Blumenladen an der Ecke kommen und das beim Homeshopping-Kanal bestellte Kochtopf-Set nach Hause. Wenn eine Autofabrik eine Stunde stillsteht, weil die Container mit dringend benötigten Teilen im Hafen festhängen, kostet das Millionen Euro.

Zeit ist Geld, das gilt in keinem Wirtschaftzweig so wei in der Logistikbranche. Wobei es bei den Kosten nicht unbedingt auf die zurückgelegte Strecke ankommt. Wenn ein Container von Shanghai nach Potsdam reist, sagt ein Logistiker beansprucht die Schiffsreise um die halbe Welt nur ein Fünftel, der Transport über Land von Hamburg nach Potsdam vier fünftel der Frachtkosten.

Vor allem pünktlich muss die Ware am Bestimmungsort eintreffen. Deshalb wird beispielsweise Andrej Sibirjakovs Frontscheinwerfer nicht per Lastwagen nach Nowosibirsk gefahren, das deutlich billiger wäre, sonder aufs Flugzeug verladen. Donnerstagnachmittag, auf dem Flughafen Hahn im Hunsrück. Es ist 15 Uhr Ortszeit, anderhalb Tage nach dem Unfall. Der Scheinwerfer für Andrej Sibirjakovs Porsche wird gerade in den Bauch einer alten DC-10 verladen.

Er hat an diesem Tag schon einiges hinter sich: vom Porsche-Lager in Ludwigsburg zu Schenker nach Filderstadt, dort auf den Truck, rauf auf die Autobahn Richtung Flughafen. Als die DC-10 pünktlich um 20.20 Uhr abhebt gen Moskau, sind seit Andrej Sibirjakovs Unfall gut 41 Stunden vergangen.

Beim Seetransport von Gütern aus China oder Indien nach Deutschland zählt man nicht in Stunden oder Tagen, sondern in Wochen. Und die Unwägbarkeiten sind von ganz anderem Kaliber als ein Nachmittagsstau auf der Autobahn. Probleme beim Zoll, streikende Hafenarbeiter, Umwetter auf hoher See sind die Hürden, die manchmal zu Umwegen zwingen. Dann wird spontan entschieden, den einen oder anderen Hafen zusätzlich anzulaufen und dort ein paar Container aufzunehmen.

Aber das kostet Zeit. Auf der China-Route kann auf diese Weise schnell eine Woche Verzögerung zustande kommen. Für die Transportplaner der grossen Logistik-Unternehmen ist das eine immense Herausforderung. Logistik ist ja längst nicht mehr nur der sichere Transport über Tausende von Kilometern, sonder auch die Kunst der zeitgenauen Anlieferung von Waren in die Fabrik.

Auf die Spitze treibt es die Autoindustrie, wo die Teile, egal, welchen Weg sie hinter sich haben, genau im Takt der Montage ans Band geliefert werden müssen.

Im Hamburg fliessen die welweiten Warenströme zusammen – und anschliessend wieder auseinander. Das Elbufer mit seinen Hochlagern aus buntem Stahlblech ist zum Stapelplatz galoppierender Globalisierung geworden, wie kürzlich in einer Hommage an den mittlerweile achgrössten Hafen der Welt zu lesen war. Und die Weltwährung der Logistik,, hier auf Schritt und Tritt präsent, das ist eine Kiste aus Metall, 20 Fuss lang, 8 Fuss breit und 8 Fuss 6 Zoll hoch: der Container.

In Hamburg gibt es, übers Jahr gerechnet, fast fünfmal mehr Container als Einwohner. Würde man alle Container aneinanderreihen, ergäbe sich ein Container-Band, das fast drei Mal um die Erde reichen würde. Für die meisten Container ist Hamburg nur eine Durchreisestation. Der Hafen verbindet die Werkstätten der Welt: China, Indien und Korea it Skandinavien, dem Baltikum, Russland und Südoseuropa.

Und mit Hannover. Dort betreibt Schenker für Volkswagen ein Produktionsversorgungszentrum, eines der modernsten Logistikzentren Europas. Was in 130 Lkw-Fuhren täglich hier ankommt, muss sekundengenau in 700 VW-Transportern verbaut werden – und zwar ohne dass es in der Fabrik zu Produktionsunterbrechungen kommt, erklärt Jürgen Buch, der die Geschäfte bei Schenker in Hannover führt.

Eine unsichtbare Hand scheint Ordnung ist das chaotische Gewusel der Stapler und Elektrokarren zu bringen. Nichts wird dem Zufall und wenig dem Menschen überlassen. Über zentrale Rechner sind das Versorgungszentrum und die benachbarte Fabrik miteinander vernetzt; intelligente und hochflexible IT-Lösungen sichern den Materialfluss im Takt der Montage. Sie steuern den Dialog zwischen Lieferanten, Schenker und Volkswagen.

Was die Zulieferfirmen aus ganz Europa heranbis zur Sechskantschraube Modulteile und ungezählte Einzelteile bis zur Sechskantschraube, muss vo Laster ins Lager und vom Lager per Elektrowagen über eine 360 Meter lange Brücke in die Fabrik, exakt im Takt der Montage, immer das richtige Teil zur richtigen Zeit am richtiger Platz. Und sei es so etwas scheinbar Banales wie die Handschuhfach liegen muss wenn das Fahrzeug für den britischen Markt gebaut wird – und nicht in einer anderen Sprache.

Schon kleinste Fehler können sich rächen. Die VW-Mitarbeiter in der Fabrik müssen sich darauf verlassen können, dass wir die Teile in der richtigen Reihenfolge einsortiert haben, erklärt Jürgen Buch, die Arbeiter am Band greifen automatisch in das nächste Fach. Wenn sie für ein Auto graue Türkerkleidungen brauchen und wir liefern schwarze kann das Fahrzeug nicht termingerecht ausgeliefert werden. Im schlimmsten Fall muss das Band angehalten werden.

Samstagmittag in Nowosibirsk. Der Werkstattmeister von Sport Auto will gerade zum Mittagessen aufbrechen, als ein Kurier-Kombi auf den Hof fährt. Der Fahrer holt ein Paket aus dem Laderaum. Es ist der rechte Frontscheinwerfer für Andrej Sibirjakovs Cayman. Nach sechs Umschlagstationen, 400 Kilometern auf der Strasse und 5000 Kilometern in der Luft hat er seinen Bestimmungsort erreicht. Seit dem Unfall sind drei Tage und vier Stunden vergangen. Der Werkstattmeister überlegt kurz, dann ruft er Andrej Sibirjakov an. Er kann seinen Wagen in zwei Stunden abholen.

Die Grössten Deutschen Logistik Unternehmen

1-DHL – Das Unternehmen ist Weltmarktführer für den internationalen Expressversand, Überlandtransporte und Luftrachtbeförderung. Ausserdem ist DHL die Nummer eins im Bereich Seefracht und Vertragslogistik. Das Unternehmen wurde 1969 von den US-Amerikanern Adrian Dalsey, Larry Hillblom und Robert Lynn – die Anfangsbuchstaben der Nachnamen ergeben den Firmennamen – gegründet. Sie beförderten zunächst persönlich Unterlagen mit dem Flugzeug von San Francisco nach Honolulu. Seit 2002 gehört DHL zur Deutschen Post World Net, beschäftigt heute 285000 Mitarbeiter und liefert pro Jahr 1,5 Milliarden Sendungen in über 220 Länder.

2-Schenker – Das Tochterunternehmen der DB Logistics, dem Ressort Transport und Logistik der Deutschen Bahn AG, ist einer der weltweit führenden integrierten Logistik-Dienstleister. Als Spezialist für Landverkehre in Europa, auf Strasse und Schiene verbindet Schenker mit einen dichten Netz vor Linien verkehren die wesentlichen Wirtschaftsregionen in über dreissig europäischen Ländern. Schenker ist ausserdem auf weltweite Lösungen in der Luft- und Seefracht sowie alle damit verbundenen logistischen Dienstleistungen spezialisiert. Das Unternehmen wurde vor über 135 Jahren von Gottfried Schenker in Wien gegründet und ist heute mit fast 55 000 Mitarbeitern die Nummer zwei der grössten Logistik-Unternehmen in Deutschland.

3-Kühne + Nagel – Die Firma, die 1890 von August Kühne und Friedrich Nagel in Bremen gegründet wurde, begann bereits in den 1950er-Jahren mit der Internationalisierung und ist heute mit 45000 Mitarbeitern der drittgrösste deutsche Logistiker.

\# Die Weltmeister der Logistik \*The World Champions of Logistics\* \*\*Paragraph 1\*\* Die arbeitsteilige Weltwirtschaft verstärkt die Warenströme. Und Deutschland ist die Zentrale. Eine Reportage über das Rennen gegen die Zeit. \*The division of labor in the global economy enhances the flow of goods. And Germany is the hub. A report on the race against time.\* \*\*Paragraph 2\*\* Vielleicht hätte Andrej Sibirakov an diesem Dezembermorgen die Linkskurve etwas langsamer angehen sollen. Knapp 80 km/h auf Neuschnee, das war einfach zu viel für den Porsche Cayman. Als er bremst, weiß er schon: Es wird nicht reichen. Langsam schliddert der kleine Flitzer in Richtung des Lada, der am Straßenrand abgestellt ist. Dann der Aufprall. Bei Sport-Auto in der Datschnaja-Straße, der einzigen Porsche-Werkstatt in Nowosibirsk und im Umkreis von mehreren tausend Kilometern, ist die Diagnose schnell gestellt. \*Perhaps Andrej Sibirakov should have taken the left turn a bit slower on this December morning. Almost 80 km/h on fresh snow was simply too much for the Porsche Cayman. As he brakes, he knows it won't be enough. The little sports car slowly skids towards the Lada parked by the roadside. Then the impact. At Sport-Auto in Datschnaja Street, the only Porsche workshop in Novosibirsk and several thousand kilometers around, the diagnosis is quickly made.\* \*\*Paragraph 3\*\* Ein neuer Frontspoiler muss her, heißt es; auch der rechte Kotflügel und der rechte Hauptscheinwerfer müssen erneuert werden. Der Werkstattmeister loggt sich ins Porsche-System ein. Spoiler und Kotflügel sind in Moskau auf Lager, aber den Scheinwerfer gibt es zurzeit in ganz Russland nicht. Der muss aus Deutschland nach Westsibirien gebracht werden, genauer gesagt aus dem zentralen Ersatzteillager in Ludwigsburg bei Stuttgart. \*A new front spoiler is needed; also, the right fender and the right headlight must be replaced. The workshop manager logs into the Porsche system. The spoiler and fender are in stock in Moscow, but the headlight is currently unavailable in all of Russia. It needs to be brought from Germany to Western Siberia, specifically from the central spare parts warehouse in Ludwigsburg near Stuttgart.\* \*\*Paragraph 4\*\* Andrej Sibirjakov will keine zwei oder drei Wochen warten. Denn so lange kann der Landtransport eines Scheinwerfers dauern. Also steht eine Expressfracht per doppelter Luftbrücke an; von Deutschland nach Moskau schickt Sport-Auto die Order per E-Mail nach Deutschland. Es ist Mittwoch, 11 Uhr Ortszeit Nowosibirsk, als der Auftrag in Ludwigsburg eintrifft. Dort ist es sechs Uhr früh. \*Andrej Sibirjakov does not want to wait two or three weeks. Because that's how long land transport of a headlight can take. So, an express freight via a double airbridge is set up; Sport-Auto sends the order to Germany by email from Germany to Moscow. It's Wednesday, 11 a.m. local time in Novosibirsk when the order arrives in Ludwigsburg. There, it's six in the morning.\* \*\*Paragraph 5\*\* Zwei Stunden später zieht ein Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Spedition Schenker in Filderstadt bei Stuttgart einen Transportauftrag von Porsche aus dem Fax: ein rechter Frontscheinwerfer für einen Porsche Cayman, vom 50 Kilometer entfernten Ludwigsburg ins 5000 Kilometer entfernte Nowosibirsk. Abholbereit noch am gleichen Tag um 15.30 Uhr. \*Two hours later, an employee of the forwarding company Schenker in Filderstadt near Stuttgart pulls a transport order from Porsche from the fax: a right front headlight for a Porsche Cayman, from Ludwigsburg, 50 kilometers away, to Novosibirsk, 5,000 kilometers away. Ready for pickup on the same day at 3:30 p.m.\* \*\*Paragraph 6\*\* Ein Fall für Schenker. Seit knapp zwei Jahren organisiert und betreibt die Tochterlinie der Deutschen Bahn die gesamte Ersatzteilversorgung für Porsche in Russland. Wann immer ein Teil benötigt wird, Schenker liefert es. Die Bahn-Tochter zählt zu den Global Players im internationalen Transportgeschäft. \*A case for Schenker. For almost two years, the subsidiary of Deutsche Bahn has been organizing and managing the entire spare parts supply for Porsche in Russia. Whenever a part is needed, Schenker delivers it. The railway subsidiary is among the global players in international transport.\* \*\*Paragraph 7\*\* In der Belieferung der Autoindustrie rangiert sie ganz oben. Schenker versorgt das Audi-Werk im ungarischen Györ, wo der Roadster TT gefertigt wird, mit Teilen aus ganz Europa. Die Spedition transportiert per Schienen-Shuttle Autoteile vom Opel-Werk in Bochum zur Astra-Montage nach Antwerpen und vom spanischen Zaragoza nach Eisenach; in der Leipziger BMW-Fabrik liefert man für die Produktion der 3er-Reihe die Teile minutengenau bis ans Montageband. \*In supplying the automotive industry, it ranks at the top. Schenker supplies the Audi plant in Györ, Hungary, where the TT roadster is manufactured, with parts from all over Europe. The forwarding company transports auto parts by rail shuttle from the Opel plant in Bochum to Astra assembly in Antwerp and from Zaragoza in Spain to Eisenach; in the Leipzig BMW factory, they deliver parts for the production of the 3 Series precisely to the assembly line.\* \*\*Paragraph 8\*\* Logistik ist ein sperriger Begriff für hochkomplexe Zusammenhänge, eine Welt vieler kleiner, aber ungemein wichtiger, miteinander vernetzter Prozessschritte. Logistik bedeutet, die Verfügbarkeit des richtigen Gutes in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, für den richtigen Kunden und zu den richtigen Kosten zu sichern. So lautet, umständlich, aber zutreffend, die gängigste Definition. Einfacher könnte man sagen: Logistik ist das Schmieröl der Weltwirtschaft. Die arbeitsteilige Weltfabrik lässt die Warenströme rund um den Globus kontinuierlich anschwellen – und die Anforderungen an den Transport von Ort zu Ort wachsen. Deutschland ist Logistik-Weltmeister. \*Logistics is a cumbersome term for highly complex interrelationships, a world of many small but immensely important, interconnected process steps. Logistics means ensuring the availability of the right goods in the right quantity, in the right condition, at the right place, at the right time, for the right customer, and at the right costs. This is the most common definition, albeit cumbersome but accurate. In simpler terms: logistics is the lubricant of the global economy. The division of labor in the world factory continuously increases the flow of goods around the globe—and the demands for transport from one place to another are growing. Germany is the world champion in logistics.\* \*\*Paragraph 9\*\* Die Großen der Branche, Schenker, DHL oder Kühne + Nagel, das sind heute keine Fuhrparks mit ein paar Lastwagen mehr, sondern weltweit operierende Unternehmen, große Spinnen im hochdifferenzierten Transportnetz, ausgerüstet mit IT-Werkzeugen und satellitengesteuerter Kommunikation. 165 Milliarden Euro setzt die Branche jährlich um. 480.000 Beschäftigte stehen in Deutschland auf den Lohnlisten der Logistikfirmen, Tendenz steigend. \*The big players in the industry, Schenker, DHL, or Kühne + Nagel, are no longer just fleets with a few trucks; they are globally operating companies, large spiders in the highly differentiated transport network, equipped with IT tools and satellite-controlled communication. The industry generates 165 billion euros annually. 480,000 employees are on the payroll of logistics companies in Germany, with a rising trend.\* \*\*Paragraph 10\*\* Logistik umfasst die Briefzustellung wie die Containerverschiffung, die Belieferung von Fabriken mit Stahlrohren genauso wie die Versorgung von Tankstellen mit Benzin und Tiefkühlpizzen. Logistiker sorgen dafür, dass weiße Rosen aus Kenia noch schnittfrisch in den Blumenladen an der Ecke kommen und das beim Homeshopping-Kanal bestellte Kochtopf-Set nach Hause. Wenn eine Autofabrik eine Stunde stillsteht, weil die Container mit dringend benötigten Teilen im Hafen festhängen, kostet das Millionen Euro. \*Logistics includes everything from mail delivery to container shipping, supplying factories with steel pipes to fueling gas stations with gasoline and frozen pizzas. Logistics ensure that white roses from Kenya arrive fresh at the corner florist and that a cookware set ordered from a home shopping channel arrives at home. If a car factory is halted for an hour because containers with urgently needed parts are stuck in the harbor, it costs millions of euros.\* \*\*Paragraph 11\*\* Zeit ist Geld, das gilt in keinem Wirtschaftszweig so wie in der Logistikbranche. Wobei es bei den Kosten nicht unbedingt auf die zurückgelegte Strecke ankommt. Wenn ein Container von Shanghai nach Potsdam reist, sagt ein Logistiker, beansprucht die Schiffsreise um die halbe Welt nur ein Fünftel der Frachtkosten, der Transport über Land von Hamburg nach Potsdam vier Fünftel der Frachtkosten. \*Time is money, and this holds true in no industry as much as in logistics. When it comes to costs, it doesn't necessarily depend on the distance traveled. When a container travels from Shanghai to Potsdam, a logistician says the sea journey around the world only accounts for one-fifth of the freight costs; land transport from Hamburg to Potsdam takes up four-fifths of the freight costs.\* \*\*Paragraph 12\*\* Vor allem pünktlich muss die Ware am Bestimmungsort eintreffen. Deshalb wird beispielsweise Andrej Sibirjakovs Frontscheinwerfer nicht per Lastwagen nach Nowosibirsk gefahren, das deutlich billiger wäre, sondern aufs Flugzeug verladen. Donnerstagnachmittag, auf dem Flughafen Hahn im Hunsrück. Es ist 15 Uhr Ortszeit, anderthalb Tage nach dem Unfall. Der Scheinwerfer für Andrej Sibirjakovs Porsche wird gerade in den Bauch einer alten DC-10 verladen. \*Above all, the goods must arrive punctually at their destination. That's why Andrej Sibirjakov's front headlight isn't being transported by truck to Novosibirsk, which would be significantly cheaper, but is being loaded onto an airplane. Thursday afternoon, at Hahn Airport in the Hunsrück. It's 3 p.m. local time, a day and a half after the accident. The headlight for Andrej Sibirjakov's Porsche is being loaded into the belly of an old DC-10.\* \*\*Paragraph 13\*\* Er hat an diesem Tag schon einiges hinter sich: vom Porsche-Lager in Ludwigsburg zu Schenker nach Filderstadt, dort auf den Truck, rauf auf die Autobahn Richtung Flughafen. Als die DC-10 pünktlich um 20:20 Uhr abhebt gen Moskau, sind seit Andrej Sibirjakovs Unfall gut 41 Stunden vergangen. \*He has already been through quite a bit that day: from the Porsche warehouse in Ludwigsburg to Schenker in Filderstadt, onto the truck, and then onto the highway towards the airport. When the DC-10 takes off for Moscow on time at 8:20 p.m., over 41 hours have passed since Andrej Sibirjakov's accident.\* \*\*Paragraph 14\*\* Beim Seetransport von Gütern aus China oder Indien nach Deutschland zählt man nicht in Stunden oder Tagen, sondern in Wochen. Und die Unwägbarkeiten sind von ganz anderem Kaliber als ein Nachmittagsstau auf der Autobahn. Probleme beim Zoll, streikende Hafenarbeiter, Unwetter auf hoher See sind die Hürden, die manchmal zu Umwegen zwingen. Dann wird spontan entschieden, den einen oder anderen Hafen zusätzlich anzulaufen und dort ein paar Container aufzunehmen. \*In sea transport of goods from China or India to Germany, one counts not in hours or days, but in weeks. And the uncertainties are of a completely different caliber than an afternoon traffic jam on the highway. Customs issues, striking dock workers, and storms at sea are hurdles that sometimes force detours. Then it is decided spontaneously to call at one or another port to pick up a few containers.\* \*\*Paragraph 15\*\* Aber das kostet Zeit. Auf der China-Route kann auf diese Weise schnell eine Woche Verzögerung zustande kommen. Für die Transportplaner der großen Logistikunternehmen ist das eine immense Herausforderung. Logistik ist ja längst nicht mehr nur der sichere Transport über Tausende von Kilometern, sondern auch die Kunst der zeitgenauen Anlieferung von Waren in die Fabrik. \*But that costs time. On the China route, such detours can quickly lead to a week's delay. For the transport planners of large logistics companies, this is an immense challenge. Logistics is no longer just about safely transporting goods over thousands of kilometers; it's also the art of timely delivery of goods to factories.\* \*\*Paragraph 16\*\* Auf die Spitze treibt es die Autoindustrie, wo die Teile, egal, welchen Weg sie hinter sich haben, genau im Takt der Montage ans Band geliefert werden müssen. \*The automotive industry takes this to the extreme, where parts, regardless of the path they have taken, must be delivered to the assembly line in perfect timing.\* \*\*Paragraph 17\*\* In Hamburg fließen die weltweiten Warenströme zusammen – und anschließend wieder auseinander. Das Elbufer mit seinen Hochlagern aus buntem Stahlblech ist zum Stapelplatz galoppierender Globalisierung geworden, wie kürzlich in einer Hommage an den mittlerweile achtgrößten Hafen der Welt zu lesen war. Und die Weltwährung der Logistik, hier auf Schritt und Tritt präsent, das ist eine Kiste aus Metall, 20 Fuß lang, 8 Fuß breit und 8 Fuß 6 Zoll hoch: der Container. \*In Hamburg, global flows of goods converge—and then diverge again. The Elbe shore, with its high warehouses made of colorful steel, has become a stack yard of galloping globalization, as recently noted in a tribute to the now eighth-largest port in the world. And the global currency of logistics, present at every turn, is a metal box, 20 feet long, 8 feet wide, and 8 feet 6 inches high: the container.\* \*\*Paragraph 18\*\* In Hamburg gibt es, übers Jahr gerechnet, fast fünfmal mehr Container als Einwohner. Würde man alle Container aneinanderreihen, ergäbe sich ein Container-Band, das fast dreimal um die Erde reichen würde. Für die meisten Container ist Hamburg nur eine Durchreisestation. Der Hafen verbindet die Werkstätten der Welt: China, Indien und Korea mit Skandinavien, dem Baltikum, Russland und Südosteuropa. \*In Hamburg, there are, over the course of the year, almost five times more containers than inhabitants. If all the containers were lined up, it would create a conveyor belt that could circle the Earth nearly three times. For most containers, Hamburg is just a transit station. The port connects the workshops of the world: China, India, and Korea with Scandinavia, the Baltic states, Russia, and Southeast Europe.\* \*\*Paragraph 19\*\* Und mit Hannover. Dort betreibt Schenker für Volkswagen ein Produktionsversorgungszentrum, eines der modernsten Logistikzentren Europas. Was in 130 Lkw-Fuhren täglich hier ankommt, muss sekundengenau in 700 VW-Transportern verbaut werden – und zwar ohne dass es in der Fabrik zu Produktionsunterbrechungen kommt, erklärt Jürgen Buch, der die Geschäfte bei Schenker in Hannover führt. \*And in Hanover. There, Schenker operates a production supply center for Volkswagen, one of the most modern logistics centers in Europe. What arrives here daily in 130 truckloads must be incorporated into 700 VW vans with second precision—without causing production interruptions in the factory, explains Jürgen Buch, who manages the business at Schenker in Hanover.\* \*\*Paragraph 20\*\* Eine unsichtbare Hand scheint Ordnung in das chaotische Gewusel der Stapler und Elektrokarren zu bringen. Nichts wird dem Zufall und wenig dem Menschen überlassen. Über zentrale Rechner sind das Versorgungszentrum und die benachbarte Fabrik miteinander vernetzt; intelligente und hochflexible IT-Lösungen sichern den Materialfluss im Takt der Montage. Sie steuern den Dialog zwischen Lieferanten, Schenker und Volkswagen. \*An invisible hand seems to bring order to the chaotic hustle and bustle of forklifts and electric carts. Nothing is left to chance, and little to humans. Central computers connect the supply center and the neighboring factory; intelligent and highly flexible IT solutions ensure the flow of materials in sync with assembly. They manage the dialogue between suppliers, Schenker, and Volkswagen.\* \*\*Paragraph 21\*\* Was die Zulieferfirmen aus ganz Europa heranliefern – Modulteile und ungezählte Einzelteile bis zur Sechskantschraube – muss vom Laster ins Lager und vom Lager per Elektrowagen über eine 360 Meter lange Brücke in die Fabrik, exakt im Takt der Montage, immer das richtige Teil zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Und sei es so etwas scheinbar Banales wie das Handschuhfach, das liegen muss, wenn das Fahrzeug für den britischen Markt gebaut wird – und nicht in einer anderen Sprache. \*What the suppliers from all over Europe deliver—module parts and countless individual parts down to the hex screw—must be moved from the truck to the warehouse and from the warehouse via electric cart over a 360-meter-long bridge into the factory, precisely in sync with assembly, always the right part at the right time in the right place. Even something seemingly trivial, like the glove compartment, must be in place when the vehicle is built for the British market—and not in another language.\* \*\*Paragraph 22\*\* Schon kleinste Fehler können sich rächen. Die VW-Mitarbeiter in der Fabrik müssen sich darauf verlassen können, dass wir die Teile in der richtigen Reihenfolge einsortiert haben, erklärt Jürgen Buch. Die Arbeiter am Band greifen automatisch in das nächste Fach. Wenn sie für ein Auto graue Türverkleidungen brauchen und wir liefern schwarze, kann das Fahrzeug nicht termingerecht ausgeliefert werden. Im schlimmsten Fall muss das Band angehalten werden. \*Even the smallest mistakes can have repercussions. The VW employees in the factory must be able to rely on us sorting the parts in the correct order, explains Jürgen Buch. The workers on the assembly line automatically reach into the next compartment. If they need gray door panels for a car and we deliver black ones, the vehicle cannot be delivered on time. In the worst case, the assembly line must be halted.\* \*\*Paragraph 23\*\* Samstagmittag in Nowosibirsk. Der Werkstattmeister von Sport Auto will gerade zum Mittagessen aufbrechen, als ein Kurier-Kombi auf den Hof fährt. Der Fahrer holt ein Paket aus dem Laderaum. Es ist der rechte Frontscheinwerfer für Andrej Sibirjakovs Cayman . Nach sechs Umschlagstationen, 400 Kilometern auf der Straße und 5000 Kilometern in der Luft hat er seinen Bestimmungsort erreicht. Seit dem Unfall sind drei Tage und vier Stunden vergangen. Der Werkstattmeister überlegt kurz, dann ruft er Andrej Sibirjakov an. Er kann seinen Wagen in zwei Stunden abholen. \*Saturday afternoon in Novosibirsk. The workshop manager of Sport Auto is just about to leave for lunch when a courier van drives onto the yard. The driver takes a package out of the cargo area. It is the right headlight for Andrej Sibirjakov's Cayman. After six transfer stations, 400 kilometers on the road, and 5,000 kilometers in the air, it has reached its destination. Three days and four hours have passed since the accident. The workshop manager thinks for a moment, then calls Andrej Sibirjakov. He can pick up his car in two hours.\* \*\*Paragraph 24\*\* Die Größten Deutschen Logistik Unternehmen \*The largest German logistics companies\* \*\*Paragraph 25\*\* 1-DHL – Das Unternehmen ist Weltmarktführer für den internationalen Expressversand, Überlandtransporte und Luftfrachtbeförderung. Außerdem ist DHL die Nummer eins im Bereich Seefracht und Vertragslogistik. Das Unternehmen wurde 1969 von den US-Amerikanern Adrian Dalsey, Larry Hillblom und Robert Lynn – die Anfangsbuchstaben der Nachnamen ergeben den Firmennamen – gegründet. Sie beförderten zunächst persönlich Unterlagen mit dem Flugzeug von San Francisco nach Honolulu. Seit 2002 gehört DHL zur Deutschen Post World Net, beschäftigt heute 285.000 Mitarbeiter und liefert pro Jahr 1,5 Milliarden Sendungen in über 220 Länder. \*1-DHL – The company is the global market leader for international express shipping, overland transport, and air freight. Additionally, DHL is number one in sea freight and contract logistics. The company was founded in 1969 by the Americans Adrian Dalsey, Larry Hillblom, and Robert Lynn—the initials of their last names form the company name. Initially, they personally transported documents by airplane from San Francisco to Honolulu. Since 2002, DHL has been part of Deutsche Post World Net, employing 285,000 people today and delivering 1.5 billion shipments per year to over 220 countries.\* \*\*Paragraph 26\*\* 2-Schenker – Das Tochterunternehmen der DB Logistics, dem Ressort Transport und Logistik der Deutschen Bahn AG, ist einer der weltweit führenden integrierten Logistik-Dienstleister. Als Spezialist für Landverkehre in Europa, auf Straße und Schiene verbindet Schenker mit einem dichten Netz von Linienverkehren die wesentlichen Wirtschaftsregionen in über dreißig europäischen Ländern. Schenker ist außerdem auf weltweite Lösungen in der Luft- und Seefracht sowie alle damit verbundenen logistischen Dienstleistungen spezialisiert. Das Unternehmen wurde vor über 135 Jahren von Gottfried Schenker in Wien gegründet und ist heute mit fast 55.000 Mitarbeitern die Nummer zwei der größten Logistik-Unternehmen in Deutschland. \*2-Schenker – The subsidiary of DB Logistics, the transport and logistics department of Deutsche Bahn AG, is one of the world's leading integrated logistics service providers. As a specialist in land transport in Europe, by road and rail, Schenker connects essential economic regions in over thirty European countries with a dense network of scheduled services. Schenker is also specialized in global solutions for air and sea freight, as well as all related logistics services. The company was founded over 135 years ago by Gottfried Schenker in Vienna and today has nearly 55,000 employees, making it the second-largest logistics company in Germany.\* \*\*Paragraph 27\*\* 3-Kühne + Nagel – Die Firma, die 1890 von August Kühne und Friedrich Nagel in Bremen gegründet wurde, begann bereits in den 1950er Jahren mit der Internationalisierung und ist heute mit 45.000 Mitarbeitern der drittgrößte deutsche Logistiker. \*3-Kühne + Nagel – The company, founded in 1890 by August Kühne and Friedrich Nagel in Bremen, began internationalizing as early as the 1950s and is now the third-largest German logistics company, with 45,000 employees.\*