tagesschau 25.02.2022, 15:00 Uhr - Hauptstadt Kiew
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der tagesschau.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (25.02.2022)
Heute im Studio: Susanne Holst
Guten Tag, willkommen zur tagesschau.
Tag zwei im Krieg, den Russland gegen die Ukraine begonnen hat.
Nach heftigen Raketenangriffen
sind Russlands Truppen bereits in den Großraum Kiew vorgestoßen.
Auch von ersten Schusswechseln in Randbezirken der Hauptstadt
berichten Nachrichtenagenturen.
Die Regierung in Kiew rief die Bevölkerung auf:
Sich von Kämpfen fernzuhalten,
aber russische Militärfahrzeuge zu blockieren.
Aus dem Kreml verlautete, man sei zu Gesprächen mit Kiew bereit.
Heulende Sirenen in Kiew, immer wieder.
Die Straßen der Millionenstadt: wie leergefegt.
Die russische Armee ist laut ukrainischem Verteidigungsministerium
bis in die Hauptstadt vorgedrungen.
Das ukrainische Militär versucht,
strategisch wichtige Punkte zu sichern.
Handyvideos zeigen die Luftabwehr über der Hauptstadt Kiew im Einsatz.
Auch in der Nacht
setzt das russische Militär den Großangriff fort.
Viele Menschen bringen sich in U-Bahn-Stationen in Sicherheit.
Ich habe sehr große Angst um mein Kind.
Bei einem Angriff auf die Hauptstadt wird auch dieses Wohnhaus getroffen.
Der ukrainische Präsident Selenskyj
ruft Russland auf Russisch zu Friedensverhandlungen auf.
Ich wende mich erneut an den russischen Präsidenten.
Auf dem gesamten Gebiet der Ukraine laufen Kämpfe.
Setzen wir uns an den Verhandlungstisch,
um das Sterben zu beenden.
Der Kreml teilt mit, dass man bereit sei,
Friedensverhandlungen zu führen.
Und eine russische Delegation nach Minsk zu schicken.
Zugleich weist Russland
die Verantwortung für diesen Krieg zurück.
Russlands Außenminister Lawrow
leugnet Angriffe auf zivile Einrichtungen.
Niemand hat vor, das ukrainische Volk anzugreifen.
Niemand hat vor,
die ukrainischen Streitkräfte zu erniedrigen.
Es geht darum zu verhindern, dass Neonazis und diejenigen,
die den Genozid durchführen, in diesem Land herrschen.
Zynische Worte, aus Sicht dieser Menschen.
Seit Beginn der russischen Militäroffensive
versuchen viele, ihre Heimat zu verlassen.
Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR geht davon aus,
dass sich in der Ukraine 100.000 Menschen auf den Weg gemacht haben.
Die EU reagiert mit Sanktionen auf den russischen Angriff -
offenbar auch gegen Präsident Putin und Außenminister Lawrow.
Laut Medien wollen die Finanzminister in Paris
die Namen beider Politiker auf die Sanktionsliste setzen.
Dies könnte zur Folge haben,
dass Vermögenswerte in der EU einfroren werden.
In der Nacht hatten die EU-Staats- und Regierungschefs
weitere Sanktionen gegen Moskau auf den Weg gebracht.
Das Gas strömt, aber die Märkte sind nach dem russischen Angriff nervös.
Der Großhandelspreis für Erdgas ist massiv gestiegen.
Was das für Europa bedeutet,
darüber beraten heute die EU-Finanzminister in Paris.
Sie kommen zusammen,
um die beschlossenen Sanktionen in die Tat umzusetzen.
Wir wollen Russland finanziell isolieren.
Wir wollen alle Verbindungen zwischen Russland
und dem internationalen Finanzsystem kappen.
Wir wollen die Finanzierung der russischen Wirtschaft trockenlegen.
Gestern hatten sich die Staatschefs der EU
bei einem Sondergipfel auf Sanktionen gegenüber Russland geeinigt.
Das neue Sanktionspaket sieht vor:
Nicht enthalten dagegen:
Das Ende des Handels mit russischem Gas und Öl
und der Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem SWIFT.
Dies gilt als schärfste Finanzsanktion,
die aber auch europäische Banken treffen würde.
Deutschland wird kritisiert für seine ablehnende Haltung.
Wir haben bereits eine Blockade russischer Banken.
Damit ist der Geschäftsverkehr mit Russland nahezu beendet.
Im Einzelfall sind Transaktionen noch möglich,
etwa, um Gaslieferungen zu bezahlen.
Die EU will nun auch Präsident Putin und Außenminister Lawrow
auf ihre Sanktionsliste setzen.
Das heißt: Sie dürfen nicht mehr in die EU einreisen.
Vermögenswerte werden eingefroren.
Ob neue Sanktionen ausreichen als Antwort
auf Russlands Einmarsch in der Ukraine?
Darüber wird in Berlin diskutiert.
V.a., weil offenbar auch auf Betreiben von Kanzler Scholz
der Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem SWIFT
erneut aufgeschoben wurde.
Matthias Deiß in Berlin:
Die Bundesregierung will den Ausschluss Russlands
aus dem SWIFT-Zahlungssystem noch nicht durchführen.
Mit welcher Begründung?
Man hat sich noch mal öffentlich geäußert.
Die Kritik aus dem In- und Ausland ist groß.
Das wurde gestern kurzfristig aufs Tableau gehoben.
Kurzfristig habe man das eben nicht gemacht.
Von der Bundesregierung heißt es,
man wolle Maßnahmen in der Hinterhand haben,
falls die Lage weiter eskaliere.
Der Finanzminister sagte, man habe Sorgen,
dass Russland in so einem Fall Energielieferungen einstellt.
Deutschland und andere Staaten sind abhängig von Gas aus Russland.
Es scheint auch 'ne Rolle gespielt zu haben.
Über weitere Schritte zur Stärkung der NATO-Ostflanke
reden die Staats- und Regierungschefs bei einem virtuellen Sondergipfel.
Michael Grytz in Brüssel:
Die NATO will Verstärkung im Osten.
Geht man denn davon aus,
dass die russischen Militäraktionen auch NATO-Staaten betreffen könnten?
Davon geht man bei der NATO offiziell nicht aus.
Das würde Art. 5 des NATO-Vertrages auslösen.
Das wäre der Verteidigungsfall.
Was das für Folgen hätte, mag sich niemand ausmalen.
Gleichwohl haben gerade die baltischen Staaten,
in Erinnerung an den sowjetischen Einfluss früher,
besonders große Sorgen.
Dass es etwas geben könnte, das sie bedroht.
Was wird dann auf dem Gipfel passieren?
Es geht darum, dass der Defense Plan umgesetzt wird.
Dass die lange Ostflanke der NATO gesichert wird.
Es geht auch darum,
die NATO-Russland-Grundakte auf den Tisch zu holen.
Nach dem Kalten Krieg wurde eine Vertrauensbasis aufgebaut.
Demnach greift man andere souveräne Staaten nicht an.
Das wurde durch Russland jetzt verletzt.
Jetzt will man aktiver an der Ostflanke werden.
Wir melden uns wieder um 16 Uhr,
mit einer Sondersendung zur Lage in der Ukraine.
Bei tagesschau24 und auf tagesschau.de
halten wir Sie durchgehend auf dem Laufenden.
Das Erste bringt um 20.15 Uhr einen Brennpunkt zum Thema.
Auf Wiedersehen.
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