Ausblick 2021 Wie geht es weiter mit der ?
Das harte erste Jahr der Corona-Pandemie ist fast geschafft. Viele hoffen nun, dass bald die Normalität zurückkehrt. Die Chancen stehen nicht schlecht. Aber 2021 birgt auch Gefahren.
Julia Köppe, DER SPIEGEL »Wie stark die Infektionszahlen sinken werden, wird ganz entscheidend davon abhängen, inwieweit die Menschen ihre Kontakte über Weihnachten beschränken werden. Und das fällt natürlich schwer bei einem Fest, das man üblicherweise im Kreis der Familie verbringt.«
Weihnachten im Kreis der Familie. Wegen der Corona-Pandemie ist das nur bedingt möglich. In fast allen Bundesländern dürfen sich über die Feiertage nur ein Hausstand und vier weitere Personen aus engstem Familienkreis treffen. Kinder bis 14 Jahre sind davon ausgenommen.
Mehr als 1,5 Millionen Menschen haben sich in Deutschland seit Beginn der Pandemie mit dem Coronavirus infiziert, mehr als 24.000 sind gestorben. Der harte Lockdown, der seit dem 16. Dezember und erst einmal bis zum 10. Januar bundesweit gilt, soll das Infektionsgeschehen nun eindämmen.
Julia Köppe, DER SPIEGEL »Ich glaube, es ist sinnvoll, den Shutdown so lange durchzuhalten bis die Infektionszahlen auf ein niedriges Niveau gesunken sind, denn sonst sind wir wahrscheinlich wieder in einem deutlichen Wachstum. Und im schlimmsten Fall würden sich dann immer ein leichter Shutdown und ein harter Shutdown abwechseln. Und auf lange Sicht hätte das sowohl für das Gesundheitssystem als auch für die Wirtschaft schwerwiegende Folgen.«
Vor allem Regionen, die aktuell um die 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen verzeichnen, könnten durch den Shutdown die Infektionszahlen bis Anfang Januar ausreichend senken. Einige Regionen liegen allerdings deutlich über 500 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Bis dort die Fallzahlen auf ein wieder kontrollierbares Maß sinken, dürfte es deutlich länger dauern.
Julia Köppe, DER SPIEGEL »Man muss sich natürlich auch grundsätzlich fragen, wie sinnvoll ist dieser Richtwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Denn ursprünglich sollten ab diesen Wert ja striktere Maßnahmen gelten, jetzt ist es der Wert für Lockerungen. Das ist widersprüchlich.«
Wissenschaftlerinnen haben jüngst dafür plädiert, eine Inzidenz von zehn Neuinfektionen anzustreben – und zwar in ganz Europa. Wenn das erreicht ist, seien deutlich mehr Lockerungen möglich und es bleibe ausreichend Spielraum, bei steigenden Zahlen zu reagieren. Die Hoffnung, dass bald ein Stück Normalität zurückkehrt, ist groß.
Julia Köppe, DER SPIEGEL »Mit dem Jahreswechsel wird die Coronakrise jetzt natürlich nicht enden, aber ich bin zuversichtlich, dass wir ab Mitte des Jahres mit spürbaren Erleichterungen rechnen können. Denn aktuell spricht ja vieles dafür, dass wir noch in dieses Jahr mit Impfungen starten können. Der große Vorteil ist, dass wir Hochrisikopatienten und medizinisches Personal vor schweren Erkrankungen schützen können. Was uns fehlt, ist ein Medikament, das schwere Erkrankungen verhindert.«
Nach derzeitigem Stand sollen die ersten Menschen in Deutschland noch Ende Dezember geimpft werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kündigte zudem an, dass 2021 im ersten Quartal rund zwölf Millionen Impfdosen zur Verfügung stehen werden. Das reicht also für sechs Millionen Menschen, da jeder zwei Injektionen braucht. Um alle Bürgerinnen und Bürger zu impfen, bräuchte die Bundesrepublik allerdings mehr als 160 Millionen Dosen.
Julia Köppe, DER SPIEGEL »Ich glaube, wir müssen betonen, dass es der Anfang zur Rückkehr sein wird. Und auch diese 60 Prozent, die ja oft als Wert zum Erreichen einer Herdenimmunität angeführt wurden, sind im Moment mit Vorsicht zu genießen. Das liegt vor allem daran, dass wir am Anfang Hochrisikopatienten und ältere Menschen impfen werden. Aber bis die Infektionszahlen deutlich zurückgehen, müssen vor allem jüngere Menschen geimpft werden, denn sie sind die, die viele Kontakte haben und damit auch potenziell mehr Menschen anstecken. Und es kommt ein weiterer Faktor hinzu: Im Moment wissen wir gar nicht, ob der Impfstoff tatsächlich Infektionen verhindert und die Geimpften auch nicht mehr ansteckend sind.«
Bis man das weiß, wird es vermutlich noch etliche Monate dauern. Auch wenn ein Großteil der Hochrisikogruppen im kommenden Sommer erfolgreich geimpft sein sollte, wäre es gefährlich, sämtliche Schutzmaßnahmen sofort aufzuheben.
Julia Köppe, DER SPIEGEL »Christian Drosten geht beispielsweise davon aus, dass, wenn es im Sommer zu weitreichenden Lockerungen kommen sollte, weil es einen Impfstoff gibt und hohe Risikopatienten geschützt sind, sich zunehmend jüngere Menschen infizieren könnten, die dann noch nicht geimpft sind. Die haben natürlich grundsätzlich ein geringeres Risiko, schwer zu erkranken. Doch auch bei ihnen kommen schwere Verläufe vor. Es ist deshalb durchaus vorstellbar, dass wir dann auch auf den Intensivstationen zunehmend jüngere Patienten sehen werden. Mein großer Wunsch für das kommende Jahr wäre deshalb ein zuverlässiges Medikament, das einen schweren Verlauf von Covid-19 verhindern kann.«
Mit dem Jahreswechsel ändert sich also erstmal nicht allzu viel – zumindest nicht für die meisten Menschen. Bis wirklich alle, die wollen, geimpft sind, könnte es bis 2022 dauern.