KSK: Hitlergruß kein Kündigungsgrund? | Panorama | NDR
Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem
und eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen.
Da müssen wir konsequent drangehen.
Harte Worte.
Drei Jahre ist das her.
Da waren in der Bundeswehr Fälle aufgetaucht
von Schikane und Herabwürdigung.
Und ein Soldat,
dessen rechtsextreme Gesinnung keiner bemerkt haben wollte.
Vorgesetzte hätten Alarmzeichen nicht ernst genommen,
sagte von der Leyen.
Aber gleich eine Haltungsschwäche der ganzen Bundeswehr?
Viele Soldaten fühlten sich zu Unrecht verurteilt.
Die Kritik war zu pauschal.
Aber nur Einzelfälle?
Von der Leyen ging,
der ungute Korpsgeist in Teilen der Truppe blieb.
Und tauchte wieder auf:
Bei der Eliteeinheit KSK, dem Kommando Spezialkräfte.
Von "toxischer Führungskultur" spricht die Nachfolgerin im Amt,
Annegret Kramp-Karrenbauer.
Die zweite Kompanie des KSK wird aufgelöst.
Die Kompanie, über die Panorama schon vor drei Jahren berichtete,
die trotz Gerichtsurteil eine Mauer des Schweigens errichten konnte.
Jahrelang.
Ein Truppenübungsplatz nahe Sindelfingen.
Die Zweite Kompanie der Eliteeinheit KSK
feiert den Abschied ihres Kompaniechefs.
Es ist April 2017.
Panorama und das Y-Kollektiv enthüllten vor drei Jahren,
was hier geschah:
Der Alkohol fließt, der Kompaniechef durchläuft einen Parcours,
wirft Schweineköpfe durch die Gegend.
Was erst skurril wirkt, entwickelt sich später zur Straftat.
Es beginnt mit einem Lied aus der rechtsradikalen Szene.
Der Kompaniechef zeigt dazu mehrmals den Hitlergruß.
Live dabei: eine Zivilistin.
Sie schildert uns später detailliert die Geschehnisse.
Zum Refrain wurde der Hitlergruß gezeigt.
Das lief euphorisch ab.
Den Text haben sie mitgegrölt.
Der Ältere hat die anderen vorbereitet:
Gleich käme der Refrain,
es sei so weit, die rechte Hand zu heben.
Und das haben die vier auch gemacht.
Nachdem Panorama die Bundeswehr nach der Party fragt,
werden die Soldaten verhört.
Offenbar wollte aber niemand einen Hitlergruß gesehen haben.
Kurz darauf streut die Bundeswehr in den Medien,
es sei kein Hitlergruß gewesen.
Der Kompaniechef darf Soldat bleiben.
Offenbar haben seine Elitesoldaten
ihn in internen Verhören alle gedeckt.
Dumm nur, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnimmt,
denn der Hitlergruß ist strafbar.
Und ihre Ermittlungen ergeben:
Der Kompaniechef hat tatsächlich den Hitlergruß gezeigt.
Das Amtsgericht Böblingen erlässt im Winter 2018
Strafbefehl gegen den Kompaniechef, den der Soldat auch akzeptiert.
Damit gilt er als rechtskräftig verurteilt
wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Es wurde eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen festgesetzt,
insgesamt 4000 Euro.
Verfahren abgeschlossen.
Also könnte die Bundeswehr auch ihr internes Verfahren
schnell beenden und den Kompaniechef feuern.
Doch wir bekommen eine überraschende Auskunft
zum rechtskräftig festgestellten Hitlergruß.
Was sagen Sie zur Verurteilung eines KSK-Kompaniechefs
wegen eines Hitlergrußes?
Laufende Verfahren, sehen wir, wie es weitergeht.
Läuft bundeswehrintern eine neue Ermittlung?
Ein ordentliches Gericht hat den Hitlergruß doch festgestellt.
Die Bundeswehr teilt uns mit:
Das rechtskräftige Urteil werde lediglich ...
Es ist Anfang 2019, rund zwei Jahre nach der Abschiedsfeier.
Warum braucht die Bundeswehr so lange oder schafft es gar nicht,
Rechtsextremisten aus ihren Reihen zu entfernen?
Man sollte darüber diskutieren, ob man das Wehrrecht ändern muss.
Rechtsextreme haben in der Truppe nichts verloren.
Man muss sie schnell rausschmeißen können.
Ein paar Monate später fragen wir erneut.
Die Bundeswehr hat jetzt immerhin intern gegen den Kompaniechef
eine Anschuldigung vor dem Truppendienstgericht erhoben.
Das soll klären, ob er Soldat bleiben darf.
Die Soldaten der Zweiten Kompanie decken nicht nur ihren Kompaniechef.
Einige gelten bundeswehrintern selbst als braune Verdachtsfälle.
Dem Bundeswehrgeheimdienst MAD sind rund 20 aufgefallen -
die meisten waren auf der Abschiedsfeier.
Die neue Dimension des Rechtsextremismus
begründet sich in der Bundeswehr auch daraus:
Gerade im KSK können wir nicht von Einzelfällen ausgehen.
Eine Untergrundarmee haben wir nicht entdeckt.
Aber Beziehungsgeflechte, Netzwerke und Strukturen
mit unterschiedlicher Qualität finden wir sehr wohl.
Eine besondere Qualität hatte sicher ein KSK-Soldat aus Sachsen:
Bei ihm findet die Polizei im Mai Sprengstoff, eine AK-47, Munition
und Nazi-Aufkleber.
Auch er war übrigens auf der Feier der Zweiten Kompanie.
Vor wenigen Wochen ein kritischer Brief:
Ein Elite-Soldat schreibt dem Ministerium
von seinen Erfahrungen beim KSK.
Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer kündigt gestern an,
die Zweite Kompanie aufzulösen - immerhin.
Aber der damalige Kompaniechef ist weiter bei der Bundeswehr,
drei Jahre nach dem Hitlergruß.
Wir fragen nach.
Der ehemalige KSK-Kompaniechef, der verurteilt wurde für den Hitlergruß,
ist weiter bei der Truppe.
Warum?
Dieser Soldat, ein Oberstleutnant, ist derjenige,
der bei der Feier verabschiedet wurde.
Wegen des Zeigens des Hitlergrußes auf der Feier
ist rechtmäßiger Strafbefehl erlassen worden.
Im Anschluss haben wir im April 2019
vor dem Truppendienstgericht ihn angeschuldigt.
Unser Ziel ist die Entfernung aus dem Dienstverhältnis.
Das ist ein laufendes Verfahren, die Justiz muss entscheiden.
Aber so jemand kann Soldat sein oder nicht?
Ich habe dazu eine persönliche Auffassung.
Aber das rechtstaatliche Verfahren gilt auch in der Bundeswehr.
Das zuständige Gericht muss entscheiden.
Aber das zuständige Bundeswehrgericht hat noch nicht einmal getagt.
Ein Jahr nach Anklage
und drei Jahre nach dem Hitlergruß des Kompaniechefs.