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Funkkreis. Podcast der Bundeswehr, Podcast #19: So erlebt ein Pfleger am Bundeswehrkrankenhaus die Coronakrise

Podcast #19: So erlebt ein Pfleger am Bundeswehrkrankenhaus die Coronakrise

A: Einen schönen guten Tag und herzlich willkommen zum Funkkreis, dem Podcast der Bundeswehr.

Ich bin Barbara Gantenbein und der Mann, mit dem ich gleich spreche, gehört definitiv

zu den Helden des Alltags.

Er heißt Michael Berndt, ist Stabsfeldwebel

und leitet die Pflegestation im Bundeswehrkrankenhaus Ulm.

Derzeit hat er jeden Tag mit Patienten zu tun, die sich mit dem Coronavirus Covid-19

infiziert haben.

Guten Tag Herr Berndt.

Wie ist bei Ihnen die Lage?

B: Guten Tag.

Viele Dank für Ihren Anruf.

Ich freue mich wirklich sehr.

Im Moment ist es noch ruhig.

Wir haben im Moment 7 Patienten auf der Normalstation liegen - mit Covid Patienten

- und haben 7 intubiert beatmete Patienten auf die Intensivstation.

A: Und wie viele Betten haben Sie insgesamt auf Ihrer Station und wie viele Beatmungsgeräte?

Also damit man es sich ein bisschen in Relation vorstellen kann.

B: Also von den Beatmungsgeräten her können wir bis zu 44 beatmete Patienten aufnehmen

A: Toll.

B: … und auf den normalen Pflegestationen, die als Isolierstation gelten, haben wir aktuell

24 Bettenstation offen.

Und dann hätten wir auch noch Kapazität von jeweils noch mal 60,

die man gleich aufmachen könnte.

Und theoretisch, wenn man das Haus noch ein bisschen umstrukturiert, könnten wir auch

noch mal 30 Patienten zusätzlich aufnehmen.

A: Also Sie haben richtig aufgerüstet und unheimlich Kapazität geschaffen.

Das verstehe ich richtig, oder?

B: Ja.

A: Erwarten Sie denn, dass jetzt noch eine große Welle kommt?

Man ist sich ja so vollkommen unsicher und auch die Experten sagen mal so mal so.

B: erwarten müssen wir es immer.

Wir hoffen im Moment auch, dass es so ruhig bleibt, wie es im Moment so ruhig ist.

Aber man weiß es nicht.

Das wäre alles, wie wenn man irgendwelche Hypothesen anstellen würde, so in die Glaskugel gucken.

Und die Glaskugel fehlt uns leider, um da einen Blick dafür zu bekommen.

A: Ja, klar.

Sie betreuen ja aktuell auch Patienten aus europäischen Nachbarländern, richtig?

B: Richtig, ja.

A: Wo kommen die denn her?

B: Aus dem Elsass.

A: Ah, okay.

Sie hatten mir im Vorgespräch erzählt, Sie hatten auch schon ein großes Erfolgserlebnis

mit einem der Franzosen.

B: Ja, richtig.

A: Könnten Sie mir das nochmal schildern?

B: Ja, klar.

Der erste Patient, der zu uns kam (ein männlicher Patient), kam mit dem Rettungshubschrauber

intubiert beatmet zu uns ins Krankenhaus, ist dann von den Intensivmedizinern in Empfang

genommen worden, ist dann auf unsere innere Intensiv gegangen und nach … ich müsste

jetzt lügen … aber ich glaube, nach 3 Tagen konnten wir ihn extubieren.

Vier Tage waren es, Entschuldigung, nach vier Tagen konnten wir ihn extubieren.

Er ist dann zu mir auf die Normal-Pflegestation gekommen und heute am 08.04. ist er wieder

nach Hause Richtung Elsass gereist.

A: Toll.

Wie geht's Ihnen dann?

Wie groß ist da Ihre Freude, wenn jemand dann nach so einer schweren Krankheit raus kann,

nach Hause?

B: Also ich muss ganz ehrlich sagen, für mich bzw. von mir aus,

wir waren alle sehr sehr glücklich.

Von meinem Team her, von den Mit-Krankenschwestern und -pflegern, die waren sehr stolz darauf,

jemandem so zu helfen, der aus diesem von der Pandemie extrem gebeutelten Gebiet kam

und dann jetzt wieder auf zwei Beinen quasi nach Hause gehen kann, der auch Familienvater ist.

Das ist für uns sehr sehr schön gewesen.

A: Toll.

Wir alle haben uns, bevor wir angefangen haben den Nachbarn in Italien und in Frankreich

zu helfen, so ein bisschen die Frage gestellt: Ist das jetzt wirklich notwendig schwer kranke

Patienten, Infizierte, zu holen?

Natürlich sind wir Nachbarn und wir müssen alle zusammenhalten.

Jetzt, wo das läuft und wo man die Erfolge sieht, da kann man ja wirklich stolz darauf

sein und sich wirklich freuen.

Und wir sind Nachbarn, wir müssen zusammenhalten.

Wie ging es Ihnen denn damit?

B: Wenn ich ganz ehrlich bin, ich hatte auch ganz kurz Zweifel.

Aber wenn man doch noch mal in sich geht und den Berufsethos quasi als Krankenpfleger nochmals

Revue passieren lässt und sagt: „Okay, wenn wir ein Intensivbett in so einem schwer

belasteten Gebieten freischaufeln können, da wir noch Kapazität haben, dann ist es

so, dass wir das alles richtig gemacht haben, glaube ich - von der Politik bis zur Reinigungsfachkraft,

die uns natürlich auch hilft, dann alles wieder vorzubereiten für den nächsten Patienten,

der dann kommen kann.“

A: Ja, klar, ich denke auch.

Und der Erfolg gibt Ihnen auch recht und bei den Zahlen, die sind eben gesagt haben, da

sieht man ja auch, dass enorm viel Kapazität da ist und sich auch keiner im Umkreis von

Ulm Sorgen machen muss, wenn es ihm oder einem seiner Verwandten erwischt, dass dann kein

Bett für ihn frei wäre oder für sie.

Also das ist ja das Schöne, dass man sagen kann, wir können helfen und können dennoch

sicher sein, dass wir genug Kapazität für die eigenen Landsleute haben.

B: Stimmt.

In jeder Minute, die vergangen ist, war nie das Problem da, jetzt kommen wir an einer

Leistungsgrenze an, ob das jetzt materiell, personell ist oder infrastrukturell.

Da hatten wir nie das Problem.

Und ich denke auch, dass quasi die Führung des Hauses und die Politik da auch ein Auge

drauf hält und sagt: „Okay, wir können jetzt so-und-so-viele Patienten nach Deutschland

holen, können die mit ruhigem Gewissen therapieren/ kurieren und dass keine Gefahr quasi für

die deutsche Bevölkerung besteht.“

A: Ja, absolut.

Und ich meine, „Leben retten“ ist ja das, was Sie wollen, was Sie tun und das ist ja

wirklich ganz ganz großartig.

Wie ist denn das?

Wie schnell weiß man denn im Krankenhaus, wenn jetzt ein Patient oder eine Patientin

kommt, ob diese auf die Intensivstation müssen oder eben gar beatmet werden müssen?

Wie schnell stellt sich sowas heraus?

B: Das ist sehr unterschiedlich.

Die meisten Patienten, die zu uns kommen, die kommen auf zwei Beinen über die Notaufnahme

mit grippeähnlichen Symptomen und werden dann untersucht von dem jeweiligen Arzt und

dann gibt's einen Abstrich.

Dann kommt das Ergebnis.

Dann hat man das, ja.

Und bis dieses Abstrich-Ergebnis kommt, werden die Patienten quasi als Verdachtsfall insoliert.

Und wenn´s dem Patienten schlechter gehen würde, dann würde der Mediziner eben entscheiden

und sagen: „Okay, jetzt ist es Zeit den Patienten zu verlegen, damit ihm eben eine

intensivmedizinische Betreuung zur Verfügung steht.“

Dann kommt der Patient auf die Intensivstation.

Das darf man sich auch nicht so vorstellen, dass die Patienten sofort gleich intubiert

werden, sondern die werden erst einmal beobachtet und wenn dann die Vitalparameter immer schlechter

werden, dann entscheidet sich der Mediziner und dann darauf, dass der Patient intubiert

beatmet wird und so weiter therapiert wird.

A: Sind die da normalerweise noch bei Bewusstsein?

B: Bei der Verlegung ja.

Die Patienten werden darüber aufgeklärt, dass man sie zur Vorsicht jetzt erst einmal auf

die Intensivstation verlegt.

Und dann wird mit denen natürlich auch gesprochen, auch mit den Angehörigen.

Und dann wird die Entscheidung getroffen: „Okay, jetzt wäre es vielleicht geschickter,

Sie in dieses künstliche Koma zu legen und eben maschinell zu beatmen und dann eine intensive

Therapie eben zukommen zu lassen.“

A: Ja, wie gehen die Patienten denn damit um?

Also haben die große Angst oder sind die einfach froh, dass sie gut versorgt werden?

Wie reagieren die?

B: Angst ist auf jeden Fall da.

Das sieht man den Patienten auch an.

Das Problem ist, dass wir ja in der heutigen Zeit noch nie so eine Situation hatten mit

einem neuartigen Virus oder mit einer neuartigen Krankheit, so wie es die Bevölkerung halt

eben sagt.

Und dann hat natürlich jeder Angst und sagt: „Wache ich denn wieder auf oder was passiert mit mir?

Bekomme ich da etwas mit?

Habe ich Schmerzen?“

Und das wird natürlich dann im Gespräch geklärt.

Das fängt bei der Pflegekraft an und hört beim behandelnden Intensivmediziner auf, der

den Patienten soweit aufklärt und vielleicht auch die Angst nimmt.

Aber ganz die Angst nehmen, kann man nicht.

Nein, das wäre übertrieben.

A: Ja, ich verstehe, klar.

Wie ist denn das mit den Angehörigen?

Generell gilt jetzt ein Besuchsverbot in den Krankenhäusern.

Wenn es jetzt richtig richtig schlimm wird, dürfen die dann rein, dürfen die sich verabschieden?

B: Ja, auf jeden Fall.

A: Wie nahe geht Ihnen das, wenn so eine Situation auftritt?

B: Schon nahe, ja.

Also ich muss ganz ehrlich sagen, für so etwas gibt´s keine Routine.

Und ob man den Job seit 20 Jahren macht oder seit fünf Jahren, das ist für jeden immer

schwierig, ja.

Auch mit den Angehörigen zu sprechen, die richtigen Worte zu finden, ob das jetzt Trost

spenden ist oder einfach ein Verständnis für die Situation herzustellen.

Das ist eine schwierige Situation, ja.

Und ist es auch jedes Mal anders.

Also es gibt auch keinen Standard, wo man sagt: „Okay, ich kann nach Schema F das

durchziehen.“

Das es geht nicht, nein.

Das Gute ist an unserem Beruf, auch als Soldat, dass man schon vorher auch trainiert hat in

Auslandseinsätzen, dass man in verschiedenen Krisensituationen war und da kann man vielleicht

leichter damit umgehen.

Ob das der Arzt ist oder die Pflegekraft oder der Rettungsassistent.

A: Ja, klar.

Aber schlimm ist es natürlich immer.

B: Immer, ja.

A: Das ist ganz klar.

Also gehen wir mal wieder zum Guten zurück.

Zu denen, die genesen, die raus können.

Wie lange bleiben Patienten denn normalerweise jetzt mit dieser Infektion im Krankenhaus?

B: Das kann man nicht pauschal sagen.

Also wir haben Leute, die nach 5 Tagen schon jetzt nach Hause gegangen sind.

Wenn der dritte Abstrich dann negativ ist, dann geht der Patient nach Hause, wird dann

daheim noch mal in Quarantäne verlegt oder versetzt.

Dann überwacht ihn der Hausarzt noch mal und wenn er dann symptomfrei ist, dann kann

derjenige sich wieder ganz normal in seinem häuslichen Umfeld bewegen und die eigenen

sozialen Kontakte, also innerhalb der Familie, wieder normal wahrnehmen.

Das ist kein Problem.

Es gibt auch Patienten, die sind jetzt schon länger da.

Dann gucken wir mal nach Ostern vielleicht, wenn´s denen weiterhin besser geht, dass

wir die nach Hause verlegen kann.

Man kann das nicht pauschalisieren.

A: Verstehe.

Das ist also von Fall zu Fall ganz unterschiedlich.

B: Richtig.

In der früheren Zeit hätte man gesagt: „Okay, die Diagnose Blinddarmentzündung, Appendektomie:

Nach drei Tagen geht der Patient nach Hause.“

Das kann man hier nicht machen.

Das ist keine Fallpauschale.

Also das gibt's nicht.

A: Das ist halt alles neu und alles anders, als wir es je erlebt haben,

klar.

Wie ist denn das mit der Verständigung mit den französischen Patienten?

Sprechen einige von denen Deutsch oder haben Sie französisch sprechende Kameradinnen/

Kameraden, die da quasi dolmetschen können?

B: Also das Gute ist, dass alle französischen Patienten Deutsch sprechen.

A: Super.

B: Aber wir hätten auch vom Personal her jemanden da, welcher der

französischen Sprache mächtig ist.

A: Wunderbar.

Und wie dankbar sind die Patienten, die dann gesund nach Hause dürfen bzw. entlassen werden?

B: Das kann man in Worten nicht ausdrücken.

Das können Sie sich nicht vorstellen.

Also wirklich, das kann man in Worten nicht ausdrücken.

Das sieht man an dem Gesicht von dem Herrn, der dann heute nach Hause durfte.

Da habe ich jetzt noch Gänsehaut, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

Das kann man in Worten nicht ausdrücken.

A: Das berührt mich jetzt ganz doll.

Das finde ich ganz wunderbar.

Das ist auch eine riesige Motivation, weiterzumachen und durchzuhalten.

Wie lange dauern denn ihre Schichten im Moment?

B: Wir haben jetzt keine relativ hohen Überstundenzahlen.

Also auch vom Personal her sind wir so gut aufgestellt, dass es quasi passt, dass man

seine 8 Stunden Dienst machen kann und plus-minus mal eine halbe Stunde machen kann, ja.

Die Schichtablösungen die funktionieren einwandfrei.

Problematischer ist es jetzt bei den Organisatoren, die haben ein bisschen mehr Überstunden,

weil man natürlich auch Dienstpläne umschreiben musste, weil man Stationen zusammengelegt

hat, um Freiraum für Covid-19-Abteilungen zu schaffen und so weiter.

Was mich betrifft, ich habe schon die ein oder andere Überstunden gemacht.

Das hält sich aber alles noch in Grenzen.

A: Also das klingt nach einer sehr guten Organisation.

Wie sieht es denn aus bei Schutzkleidung, also speziell die Masken- Problematik?

Haben Sie genug?

B: Momentan sind wir alle noch im grünen Bereich, ja.

Das schaut gut aus.

Ich denke auch, dass sich unsere Bundeswehrapotheke und die Logistik, die sind sich da einig.

Die arbeiten und machen einen guten Job.

Die werden uns schon versorgen.

Ich gehe mal gut davon aus, dass das funktioniert.

A: Das freut mich.

Sie sind ja selbst Familienvater mit 3 Kindern und Ihre Frau ist ebenfalls Krankenschwester.

Haben Sie denn persönlich Angst vor Ansteckung?

B: Angst?

Nein.

Ich habe den nötigen Respekt, genauso wie meine Frau auch.

Die sieht das genauso wie ich.

Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir Schutzausrüstung haben.

Man hält die Händehygiene ein, die persönlichen Körperhygiene hält man ein.

Also wie gesagt, ich bin jetzt seit der ersten Stunde hier, mit den Patienten vertraut, meine

Frau auch.

Die ist im Bayerischen in einer Klinik auf einer Covid-19-Station und die ist auch seit

der ersten Stunde mit den Patienten in Kontakt.

Uns beiden geht's gut.

Unsere Kinder sind wohlauf.

Das passt alles.

A: Wunderbar, und trotz der Arbeitsbelastung schaffen Sie es noch,

so einkaufen zu gehen, dass Sie kein Opfer von anderen Hamsterkäufern werden?

Also Sie schaffen es auch noch, ich sage mal, Klopapier und Nudeln zu kaufen?

B: Ja, wir sind bestens versorgt.

Das Gute ist auch, dass unser großer Sohn schon 16 ist.

Den kann man dann auch, wenn man jetzt abends nach Hause kommt und hat jetzt keine Lust

mehr quasi einen Einkauf zu machen, dann kann man den auch losschicken wie: „Okay, jetzt

sind die Nudeln oder das Klopapier ausgegangen.“

Dann kann der auch mal ein Päckchen holen.

Und ich muss sagen, es gibt auch von der Nachbarschaft her,

die dann einem eine WhatsApp schreiben

und sagen: „Ja, ich weiß, ihr seid sehr im Stress in der Arbeit.

Wenn wir euch etwas mitbringen sollen, dann sagt er einfach Bescheid.

Wir legen euch das vor die Haustür.

Mit der Bezahlung, das kriegen wir später hin oder ihr überweist uns das oder wie auch immer."

A: Wunderbar.

B: Das ist auch ein gutes Netzwerk.

A: Also das funktioniert offenbar ganz prima, sowohl jobmäßig als

auch im Umfeld.

Das freut mich sehr.

Das ist wirklich ein Vorbild.

Ich finde es ganz toll, dass sie sich jetzt die Zeit genommen haben, obwohl da so viel

los ist und uns das erzählt haben am Telefon.

B: Gerne.

A: Herr Berndt, herzlichen Dank.

Bleiben Sie gesund.

Passen Sie auf sich auf und machen Sie so weiter.

Vielen Dank.

B: Das mache ich, vielen Dank.

Sie auch, bleiben Sie gesund und machen Sie weiter Ihren tollen Job.

A: Danke Ihnen.

Tschüss.

B: Danke.

Tschüss.

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wenn Sie mögen, hören Sie den nächsten Podcast am

kommenden Donnerstag wie gewohnt auf YouTube, Deezer oder einem der anderen Podcast-Portale.

Bleiben Sie bis dahin gesund und schreiben Sie uns gerne eine Mail an podcast@bundeswehr.org,

wenn Sie Fragen oder Anregungen haben.

Ich melde mich ab aus dem Funkkreis.

Tschüss.


Podcast #19: So erlebt ein Pfleger am Bundeswehrkrankenhaus die Coronakrise Podcast #19: How a nurse at the Armed Forces hospital experiences the corona crisis ポッドキャスト#19:連邦軍病院の介護士はコロナウィルスの危機をどう体験しているか

A: Einen schönen guten Tag und herzlich willkommen zum Funkkreis, dem Podcast der Bundeswehr.

Ich bin Barbara Gantenbein und der Mann, mit dem ich gleich spreche, gehört definitiv

zu den Helden des Alltags.

Er heißt Michael Berndt, ist Stabsfeldwebel

und leitet die Pflegestation im Bundeswehrkrankenhaus Ulm.

Derzeit hat er jeden Tag mit Patienten zu tun, die sich mit dem Coronavirus Covid-19

infiziert haben.

Guten Tag Herr Berndt.

Wie ist bei Ihnen die Lage?

B: Guten Tag.

Viele Dank für Ihren Anruf.

Ich freue mich wirklich sehr.

Im Moment ist es noch ruhig.

Wir haben im Moment 7 Patienten auf der Normalstation liegen - mit Covid Patienten

- und haben 7 intubiert beatmete Patienten auf die Intensivstation.

A: Und wie viele Betten haben Sie insgesamt auf Ihrer Station und wie viele Beatmungsgeräte?

Also damit man es sich ein bisschen in Relation vorstellen kann.

B: Also von den Beatmungsgeräten her können wir bis zu 44 beatmete Patienten aufnehmen

A: Toll.

B: … und auf den normalen Pflegestationen, die als Isolierstation gelten, haben wir aktuell

24 Bettenstation offen.

Und dann hätten wir auch noch Kapazität von jeweils noch mal 60,

die man gleich aufmachen könnte.

Und theoretisch, wenn man das Haus noch ein bisschen umstrukturiert, könnten wir auch

noch mal 30 Patienten zusätzlich aufnehmen.

A: Also Sie haben richtig aufgerüstet und unheimlich Kapazität geschaffen.

Das verstehe ich richtig, oder?

B: Ja.

A: Erwarten Sie denn, dass jetzt noch eine große Welle kommt?

Man ist sich ja so vollkommen unsicher und auch die Experten sagen mal so mal so.

B: erwarten müssen wir es immer.

Wir hoffen im Moment auch, dass es so ruhig bleibt, wie es im Moment so ruhig ist.

Aber man weiß es nicht.

Das wäre alles, wie wenn man irgendwelche Hypothesen anstellen würde, so in die Glaskugel gucken.

Und die Glaskugel fehlt uns leider, um da einen Blick dafür zu bekommen.

A: Ja, klar.

Sie betreuen ja aktuell auch Patienten aus europäischen Nachbarländern, richtig?

B: Richtig, ja.

A: Wo kommen die denn her?

B: Aus dem Elsass.

A: Ah, okay.

Sie hatten mir im Vorgespräch erzählt, Sie hatten auch schon ein großes Erfolgserlebnis

mit einem der Franzosen.

B: Ja, richtig.

A: Könnten Sie mir das nochmal schildern?

B: Ja, klar.

Der erste Patient, der zu uns kam (ein männlicher Patient), kam mit dem Rettungshubschrauber

intubiert beatmet zu uns ins Krankenhaus, ist dann von den Intensivmedizinern in Empfang

genommen worden, ist dann auf unsere innere Intensiv gegangen und nach … ich müsste

jetzt lügen … aber ich glaube, nach 3 Tagen konnten wir ihn extubieren.

Vier Tage waren es, Entschuldigung, nach vier Tagen konnten wir ihn extubieren.

Er ist dann zu mir auf die Normal-Pflegestation gekommen und heute am 08.04. ist er wieder

nach Hause Richtung Elsass gereist.

A: Toll.

Wie geht's Ihnen dann?

Wie groß ist da Ihre Freude, wenn jemand dann nach so einer schweren Krankheit raus kann,

nach Hause?

B: Also ich muss ganz ehrlich sagen, für mich bzw. von mir aus,

wir waren alle sehr sehr glücklich.

Von meinem Team her, von den Mit-Krankenschwestern und -pflegern, die waren sehr stolz darauf,

jemandem so zu helfen, der aus diesem von der Pandemie extrem gebeutelten Gebiet kam

und dann jetzt wieder auf zwei Beinen quasi nach Hause gehen kann, der auch Familienvater ist.

Das ist für uns sehr sehr schön gewesen.

A: Toll.

Wir alle haben uns, bevor wir angefangen haben den Nachbarn in Italien und in Frankreich

zu helfen, so ein bisschen die Frage gestellt: Ist das jetzt wirklich notwendig schwer kranke

Patienten, Infizierte, zu holen?

Natürlich sind wir Nachbarn und wir müssen alle zusammenhalten.

Jetzt, wo das läuft und wo man die Erfolge sieht, da kann man ja wirklich stolz darauf

sein und sich wirklich freuen.

Und wir sind Nachbarn, wir müssen zusammenhalten.

Wie ging es Ihnen denn damit?

B: Wenn ich ganz ehrlich bin, ich hatte auch ganz kurz Zweifel.

Aber wenn man doch noch mal in sich geht und den Berufsethos quasi als Krankenpfleger nochmals

Revue passieren lässt und sagt: „Okay, wenn wir ein Intensivbett in so einem schwer

belasteten Gebieten freischaufeln können, da wir noch Kapazität haben, dann ist es

so, dass wir das alles richtig gemacht haben, glaube ich - von der Politik bis zur Reinigungsfachkraft,

die uns natürlich auch hilft, dann alles wieder vorzubereiten für den nächsten Patienten,

der dann kommen kann.“

A: Ja, klar, ich denke auch.

Und der Erfolg gibt Ihnen auch recht und bei den Zahlen, die sind eben gesagt haben, da

sieht man ja auch, dass enorm viel Kapazität da ist und sich auch keiner im Umkreis von

Ulm Sorgen machen muss, wenn es ihm oder einem seiner Verwandten erwischt, dass dann kein

Bett für ihn frei wäre oder für sie.

Also das ist ja das Schöne, dass man sagen kann, wir können helfen und können dennoch

sicher sein, dass wir genug Kapazität für die eigenen Landsleute haben.

B: Stimmt.

In jeder Minute, die vergangen ist, war nie das Problem da, jetzt kommen wir an einer

Leistungsgrenze an, ob das jetzt materiell, personell ist oder infrastrukturell.

Da hatten wir nie das Problem.

Und ich denke auch, dass quasi die Führung des Hauses und die Politik da auch ein Auge

drauf hält und sagt: „Okay, wir können jetzt so-und-so-viele Patienten nach Deutschland

holen, können die mit ruhigem Gewissen therapieren/ kurieren und dass keine Gefahr quasi für

die deutsche Bevölkerung besteht.“

A: Ja, absolut.

Und ich meine, „Leben retten“ ist ja das, was Sie wollen, was Sie tun und das ist ja

wirklich ganz ganz großartig.

Wie ist denn das?

Wie schnell weiß man denn im Krankenhaus, wenn jetzt ein Patient oder eine Patientin

kommt, ob diese auf die Intensivstation müssen oder eben gar beatmet werden müssen?

Wie schnell stellt sich sowas heraus?

B: Das ist sehr unterschiedlich.

Die meisten Patienten, die zu uns kommen, die kommen auf zwei Beinen über die Notaufnahme

mit grippeähnlichen Symptomen und werden dann untersucht von dem jeweiligen Arzt und

dann gibt's einen Abstrich.

Dann kommt das Ergebnis.

Dann hat man das, ja.

Und bis dieses Abstrich-Ergebnis kommt, werden die Patienten quasi als Verdachtsfall insoliert.

Und wenn´s dem Patienten schlechter gehen würde, dann würde der Mediziner eben entscheiden

und sagen: „Okay, jetzt ist es Zeit den Patienten zu verlegen, damit ihm eben eine

intensivmedizinische Betreuung zur Verfügung steht.“

Dann kommt der Patient auf die Intensivstation.

Das darf man sich auch nicht so vorstellen, dass die Patienten sofort gleich intubiert

werden, sondern die werden erst einmal beobachtet und wenn dann die Vitalparameter immer schlechter

werden, dann entscheidet sich der Mediziner und dann darauf, dass der Patient intubiert

beatmet wird und so weiter therapiert wird.

A: Sind die da normalerweise noch bei Bewusstsein?

B: Bei der Verlegung ja.

Die Patienten werden darüber aufgeklärt, dass man sie zur Vorsicht jetzt erst einmal auf

die Intensivstation verlegt.

Und dann wird mit denen natürlich auch gesprochen, auch mit den Angehörigen.

Und dann wird die Entscheidung getroffen: „Okay, jetzt wäre es vielleicht geschickter,

Sie in dieses künstliche Koma zu legen und eben maschinell zu beatmen und dann eine intensive

Therapie eben zukommen zu lassen.“

A: Ja, wie gehen die Patienten denn damit um?

Also haben die große Angst oder sind die einfach froh, dass sie gut versorgt werden?

Wie reagieren die?

B: Angst ist auf jeden Fall da.

Das sieht man den Patienten auch an.

Das Problem ist, dass wir ja in der heutigen Zeit noch nie so eine Situation hatten mit

einem neuartigen Virus oder mit einer neuartigen Krankheit, so wie es die Bevölkerung halt

eben sagt.

Und dann hat natürlich jeder Angst und sagt: „Wache ich denn wieder auf oder was passiert mit mir?

Bekomme ich da etwas mit?

Habe ich Schmerzen?“

Und das wird natürlich dann im Gespräch geklärt.

Das fängt bei der Pflegekraft an und hört beim behandelnden Intensivmediziner auf, der

den Patienten soweit aufklärt und vielleicht auch die Angst nimmt.

Aber ganz die Angst nehmen, kann man nicht.

Nein, das wäre übertrieben.

A: Ja, ich verstehe, klar.

Wie ist denn das mit den Angehörigen?

Generell gilt jetzt ein Besuchsverbot in den Krankenhäusern.

Wenn es jetzt richtig richtig schlimm wird, dürfen die dann rein, dürfen die sich verabschieden?

B: Ja, auf jeden Fall.

A: Wie nahe geht Ihnen das, wenn so eine Situation auftritt?

B: Schon nahe, ja.

Also ich muss ganz ehrlich sagen, für so etwas gibt´s keine Routine.

Und ob man den Job seit 20 Jahren macht oder seit fünf Jahren, das ist für jeden immer

schwierig, ja.

Auch mit den Angehörigen zu sprechen, die richtigen Worte zu finden, ob das jetzt Trost

spenden ist oder einfach ein Verständnis für die Situation herzustellen.

Das ist eine schwierige Situation, ja.

Und ist es auch jedes Mal anders.

Also es gibt auch keinen Standard, wo man sagt: „Okay, ich kann nach Schema F das

durchziehen.“

Das es geht nicht, nein.

Das Gute ist an unserem Beruf, auch als Soldat, dass man schon vorher auch trainiert hat in

Auslandseinsätzen, dass man in verschiedenen Krisensituationen war und da kann man vielleicht

leichter damit umgehen.

Ob das der Arzt ist oder die Pflegekraft oder der Rettungsassistent.

A: Ja, klar.

Aber schlimm ist es natürlich immer.

B: Immer, ja.

A: Das ist ganz klar.

Also gehen wir mal wieder zum Guten zurück.

Zu denen, die genesen, die raus können.

Wie lange bleiben Patienten denn normalerweise jetzt mit dieser Infektion im Krankenhaus?

B: Das kann man nicht pauschal sagen.

Also wir haben Leute, die nach 5 Tagen schon jetzt nach Hause gegangen sind.

Wenn der dritte Abstrich dann negativ ist, dann geht der Patient nach Hause, wird dann

daheim noch mal in Quarantäne verlegt oder versetzt.

Dann überwacht ihn der Hausarzt noch mal und wenn er dann symptomfrei ist, dann kann

derjenige sich wieder ganz normal in seinem häuslichen Umfeld bewegen und die eigenen

sozialen Kontakte, also innerhalb der Familie, wieder normal wahrnehmen.

Das ist kein Problem.

Es gibt auch Patienten, die sind jetzt schon länger da.

Dann gucken wir mal nach Ostern vielleicht, wenn´s denen weiterhin besser geht, dass

wir die nach Hause verlegen kann.

Man kann das nicht pauschalisieren.

A: Verstehe.

Das ist also von Fall zu Fall ganz unterschiedlich.

B: Richtig.

In der früheren Zeit hätte man gesagt: „Okay, die Diagnose Blinddarmentzündung, Appendektomie:

Nach drei Tagen geht der Patient nach Hause.“

Das kann man hier nicht machen.

Das ist keine Fallpauschale.

Also das gibt's nicht.

A: Das ist halt alles neu und alles anders, als wir es je erlebt haben,

klar.

Wie ist denn das mit der Verständigung mit den französischen Patienten?

Sprechen einige von denen Deutsch oder haben Sie französisch sprechende Kameradinnen/

Kameraden, die da quasi dolmetschen können?

B: Also das Gute ist, dass alle französischen Patienten Deutsch sprechen.

A: Super.

B: Aber wir hätten auch vom Personal her jemanden da, welcher der

französischen Sprache mächtig ist.

A: Wunderbar.

Und wie dankbar sind die Patienten, die dann gesund nach Hause dürfen bzw. entlassen werden?

B: Das kann man in Worten nicht ausdrücken.

Das können Sie sich nicht vorstellen.

Also wirklich, das kann man in Worten nicht ausdrücken.

Das sieht man an dem Gesicht von dem Herrn, der dann heute nach Hause durfte.

Da habe ich jetzt noch Gänsehaut, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

Das kann man in Worten nicht ausdrücken.

A: Das berührt mich jetzt ganz doll.

Das finde ich ganz wunderbar.

Das ist auch eine riesige Motivation, weiterzumachen und durchzuhalten.

Wie lange dauern denn ihre Schichten im Moment?

B: Wir haben jetzt keine relativ hohen Überstundenzahlen.

Also auch vom Personal her sind wir so gut aufgestellt, dass es quasi passt, dass man

seine 8 Stunden Dienst machen kann und plus-minus mal eine halbe Stunde machen kann, ja.

Die Schichtablösungen die funktionieren einwandfrei.

Problematischer ist es jetzt bei den Organisatoren, die haben ein bisschen mehr Überstunden,

weil man natürlich auch Dienstpläne umschreiben musste, weil man Stationen zusammengelegt

hat, um Freiraum für Covid-19-Abteilungen zu schaffen und so weiter.

Was mich betrifft, ich habe schon die ein oder andere Überstunden gemacht.

Das hält sich aber alles noch in Grenzen.

A: Also das klingt nach einer sehr guten Organisation.

Wie sieht es denn aus bei Schutzkleidung, also speziell die Masken- Problematik?

Haben Sie genug?

B: Momentan sind wir alle noch im grünen Bereich, ja.

Das schaut gut aus.

Ich denke auch, dass sich unsere Bundeswehrapotheke und die Logistik, die sind sich da einig.

Die arbeiten und machen einen guten Job.

Die werden uns schon versorgen.

Ich gehe mal gut davon aus, dass das funktioniert.

A: Das freut mich.

Sie sind ja selbst Familienvater mit 3 Kindern und Ihre Frau ist ebenfalls Krankenschwester.

Haben Sie denn persönlich Angst vor Ansteckung?

B: Angst?

Nein.

Ich habe den nötigen Respekt, genauso wie meine Frau auch.

Die sieht das genauso wie ich.

Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir Schutzausrüstung haben.

Man hält die Händehygiene ein, die persönlichen Körperhygiene hält man ein.

Also wie gesagt, ich bin jetzt seit der ersten Stunde hier, mit den Patienten vertraut, meine

Frau auch.

Die ist im Bayerischen in einer Klinik auf einer Covid-19-Station und die ist auch seit

der ersten Stunde mit den Patienten in Kontakt.

Uns beiden geht's gut.

Unsere Kinder sind wohlauf.

Das passt alles.

A: Wunderbar, und trotz der Arbeitsbelastung schaffen Sie es noch,

so einkaufen zu gehen, dass Sie kein Opfer von anderen Hamsterkäufern werden?

Also Sie schaffen es auch noch, ich sage mal, Klopapier und Nudeln zu kaufen?

B: Ja, wir sind bestens versorgt.

Das Gute ist auch, dass unser großer Sohn schon 16 ist.

Den kann man dann auch, wenn man jetzt abends nach Hause kommt und hat jetzt keine Lust

mehr quasi einen Einkauf zu machen, dann kann man den auch losschicken wie: „Okay, jetzt

sind die Nudeln oder das Klopapier ausgegangen.“

Dann kann der auch mal ein Päckchen holen.

Und ich muss sagen, es gibt auch von der Nachbarschaft her,

die dann einem eine WhatsApp schreiben

und sagen: „Ja, ich weiß, ihr seid sehr im Stress in der Arbeit.

Wenn wir euch etwas mitbringen sollen, dann sagt er einfach Bescheid.

Wir legen euch das vor die Haustür.

Mit der Bezahlung, das kriegen wir später hin oder ihr überweist uns das oder wie auch immer."

A: Wunderbar.

B: Das ist auch ein gutes Netzwerk.

A: Also das funktioniert offenbar ganz prima, sowohl jobmäßig als

auch im Umfeld.

Das freut mich sehr.

Das ist wirklich ein Vorbild.

Ich finde es ganz toll, dass sie sich jetzt die Zeit genommen haben, obwohl da so viel

los ist und uns das erzählt haben am Telefon.

B: Gerne.

A: Herr Berndt, herzlichen Dank.

Bleiben Sie gesund.

Passen Sie auf sich auf und machen Sie so weiter.

Vielen Dank.

B: Das mache ich, vielen Dank.

Sie auch, bleiben Sie gesund und machen Sie weiter Ihren tollen Job.

A: Danke Ihnen.

Tschüss.

B: Danke.

Tschüss.

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