heute journal vom 02.09.2021 - Streik wird fortgesetzt - Gericht lehnt Bahn-Antrag ab; Zäsur Afghanistan - Schnelle Eing
Diese Untertitel sind live produziert.
Und jetzt das heute journal, mit Heinz Wolf und Marietta Slomka.
Guten Abend.
Zum dritten Mal in einem Monat und gleich fünf Tage am Stück:
Die Lokführergewerkschaft GDL zeigt Härte.
Ob sie dabei überzieht, wird nun auch vor Gericht geklärt.
Die Bahn hat einen Eilantrag vorm Frankfurter Arbeitsgericht gestellt.
Nach Ansicht der Bahn-Manager ist der Streik rechtlich unzulässig,
weil es der Gewerkschaft nicht nur um konkrete Arbeitsbedingungen
und den Tarifvertrag gehe,
sondern auch um darüber hinausgehende rechtliche und politische Themen.
Dafür sind Streiks nicht vorgesehen.
Also stand man sich heute wieder im Gerichtssaal gegenüber.
Das gab's schon mal, 2014, gleiche Konstellation.
Damals gelang es der Bahn nicht,
den Streik per Gerichtsbeschluss zu stoppen.
Und auch dieses Mal war der Versuch erfolglos,
zumindest in erster Instanz.
Das Urteil kam vor einer Dreiviertelstunde.
Es wird also weitergestreikt.
Hansjürgen Piel berichtet.
Leere Bahnsteige, ausgefallene Verbindungen auch bei der S-Bahn,
wie hier in Berlin.
Drangvolle Enge dagegen, wenn doch ein Zug fuhr.
Zum dritten Mal in vier Wochen bestreikt die GDL die Deutsche Bahn.
Und das, obwohl der Staatskonzern kurz vor Streikbeginn
noch ein verbessertes Angebot vorgelegt hatte.
Am Morgen die Reaktion des Gewerkschaftsvorsitzenden:
Der Streik geht weiter.
Wenn man auf die materiellen Dinge schaut, dann sieht man,
dass in 2021 weder eine Gehaltserhöhung
noch eine Corona-Prämie kommt.
Ich rede von dem schriftlichen Angebot von gestern Abend.
Zweitens, die Betriebsrente wird gekürzt.
Allein diese beiden Elemente sind nicht geeignet, um zu verhandeln.
Darüber hinaus liegen Bahn und GDL aber nicht mehr weit auseinander.
3,2 % Gehaltserhöhung fordert die Gewerkschaft
eine längere Laufzeit und 600 Euro Corona-Prämie.
3,2 % will die Bahn auch bezahlen.
Mit 36 Monaten Laufzeit.
Es gibt mit diesem Schritt keinen Grund mehr,
nicht an den Verhandlungstisch zu kommen.
Wir rufen die GDL auf, die Blockadehaltung aufzugeben.
Die Gehälter sollen angehoben werden.
Auch die Betriebsrente soll weitergeführt werden, so die GDL.
Sie will sich gegenüber der EVG profilieren.
Bei der Bahn gilt ein neues Tarifeinheitsgesetz.
Das könnte die harte Haltung der Gewerkschaft befördert haben.
Mehrheitsgesellschaft wird man nicht, indem man brav ist,
sondern, indem man Aufmerksamkeit erzeugt und Konflikte eingeht.
Und deutlich macht, dass man die bessere und authentischere
Gewerkschaft ist, die mehr rausholt für ihre Mitglieder.
So kämpft die Lokführer-Gewerkschaft um die Bedeutung beim Konzern.
Bisher war sie nur für das fahrende Bahn-Personal zuständig.
Das will sie ändern.
Eine Kampfansage an die Konkurrenzgewerkschaft.
Die GDL versucht jetzt, ihre Zukunft zu sichern.
Indem sie sich aus ihrem eigenen Organisationsbereich herausbewegt.
In den Bereich der Fahrdienstleiter, der Aufsicht usw.
Pendler müssen sich darauf einstellen,
dass der Arbeitskampf bis Dienstagfrüh andauert.
Das Afghanistan-Debakel hat den Europäern einmal mehr
vor Augen geführt, was sie nicht sind: eine militärische Großmacht.
Ohne die Amerikaner konnten sie nichts ausrichten,
noch nicht mal einen Flughafen sichern.
Würden sich alle europäischen Armeen zusammenschließen,
wäre das schon eine erhebliche Kraft.
Aber wie sollte das gehen?
Es gibt keine gemeinsame europäische Außenpolitik
und damit auch keine gemeinsame Verteidigungspolitik.
Könnte man aber nicht wenigstens eine gemeinsame Eingreiftruppe haben,
zum Beispiel für solche Fälle
wie jetzt die Evakuierungsaktion in Kabul?
Darum ging es heute auch beim Treffen der EU-Verteidigungsminister
in Slowenien.
Die Idee einer solchen Euro-Truppe ist uralt,
die Konzepte liegen schon ewig in Schubladen.
Das Hauptargument dagegen war bisher immer,
dass es ja schon die NATO gibt.
Doch die Zeiten haben sich geändert.
Anne Gellinek berichtet.
Es sind diese Bilder, die den europäischen Verteidigungsministern
im fernen Slowenien richtig wehtun.
Die Taliban, in amerikanischer Beute-Uniform,
kontrollieren jeden Menschen, jedes Fahrzeug,
das sich dem Flughafen von Kabul nähert.
Siegesbewusst zielen sie auf Kameras.
Die Botschaft: Wir haben das Sagen, der Westen verloren.
Europa fühlt sich doppelt geschlagen,
vertrieben von den Taliban und militärisch machtlos ohne die USA.
Wir haben in Afghanistan gesehen,
dass wir mit Blick auf unsere eige- nen Fähigkeiten nicht so weit sind,
wie wir uns das selbst vorgestellt haben.
Wir waren von den Amerikanern abhängig, und es geht heute darum,
die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Beim Treffen der EU-Verteidigungs- minister wird die neue alte Idee
einer schnellen EU-Eingreiftruppe diskutiert.
Mindestens 5.000 Männer und Frauen aus nationalen Armeen,
die gemeinsam trainieren und schnell eingesetzt werden könnten.
Theoretisch - wenn alle mitmachten.
Ich halte nichts davon,
jetzt aus der Hüfte heraus Schlussfolgerungen zu ziehen.
Wir müssen über eine europäische Sicherheitspolitik
und Verteidigungspolitik diskutieren, Kräfte bündeln.
In diese Richtung müssen wir jetzt vertiefen und zwar schnell.
Zumal es gemeinsame Kampftruppen längst gibt:
Schon 2007 wurden europäische "battle groups" ins Leben gerufen,
eingesetzt wurden sie jedoch nie.
Die Entscheidungsprozesse zu langwierig,
außerdem stritten die Europäer jedes Mal über Sinn und Unsinn
einer möglichen Mission.
Der lettische Verteidigungsminister kritisiert deshalb,
manchen Europäern fehle schlicht der Wille, Militär auch einzusetzen.
Länder wie Deutschland z.B., müssen ihre Bürger überzeugen,
dass sich die Welt verändert hat.
Allein mit guten Worten
kann man Leute wie die Taliban nicht überzeugen.
Wenn wir mehr tun sollen, dann können wir das
und dann braucht es dazu auch den politischen Willen.
Ich glaube, am Verteidigungsminis- terium und dieser Regierungspartei
liegt das nicht.
Ein bisschen Wahlkampf auch in Slowenien.
Die Verteidigungsministerin lässt offen,
was sie von einer Eingreiftruppe hält und versucht zu vermitteln.
Eine Koalition der Willigen solle vorangehen und gemeinsam üben.
Eine Arbeitsgruppe feststellen, woran es den Europäern fehlt.
Dass die EU in naher Zukunft eine Militäroperation
wie die Sicherung des Flughafens von Kabul durchführen kann,
daran glauben wohl auch die Opti- misten unter den EU-Ministern nicht.
Anne Gellinek in Kranj in Slowenien:
Wie ist Ihre Einschätzung?
Kommt da jetzt was in Gang, mit dieser Eingreiftruppe?
Man kann schon sagen, dass die Diskussion über eine größere
militärische Eigenständigkeit der EU an Fahrt aufgenommen hat.
Mehr Länder können sich eine solche Truppe vorstellen.
Fast die Hälfte könnten sich dazu bekennen.
Aber die Problemen sind noch die gleichen,
es gibt die Befürworter, allen voran Frankreich.
Und es gibt die Kritiker, das sind die Osteuropäer,
die NATO-Anhänger.
Sie haben Angst, dass die NATO geschwächt werden könnte.
Die einzelnen Mitgliedstaaten definieren die Gefährdung
ihrer Sicherheit sehr unterschiedlich.
Die beiden haben gesagt, ihnen sei Afghanistan egal.
Ein dritter Punkt ist die Entscheidungsfindung.
Man braucht Einstimmigkeit.
Was für Konzepte für Gespräche mit den Taliban gibt es?
Die EU-Außenminister, die sich heute Abend hier treffen,
sitzen noch beim Abendessen und versuchen,
eine gemeinsame Haltung der EU zu definieren,
wie man mit den Taliban umgehen könnte.
Man ist sich einig, dass man Gespräche führen muss.
Um dafür zu sorgen, dass Ortskräfte gerettet werden können.
Man hat aber auch Bedingungen aufgestellt,
wie die Einhaltung von Frauenrechten und Menschenrechten.
Die Grenzen müssen offenbleiben.
In dieser Frage hofft die EU, dass die Taliban einsehen,
dass die Entwicklungshilfe von EU gebraucht wird.
Sie hofft darauf, dass die Taliban diesen Hebel der EU anerkennen.
Und die Bedingungen erfüllen.
Der Fokus liegt darauf, die Ortskräfte herauszuholen.
Mal sehen, wie sehr die Taliban Geld und Anerkennung der Europäer
brauchen werden.
Sie teilten heute mit, dass China ihr wichtigster Partner sei.
China sei bereit, in Afghanistan zu investieren.
Für die Chinesen ist Afghanistan ein wichtiger Teil
ihres globalen Seidenstraßen-Projekts.
Mit Menschenrechtsfragen
hält man sich in Peking bekanntlich eh nicht auf.
Das passt also.
Aber auch in der Vergangenheit mangelte es den Taliban offenkundig
nicht an Geldquellen für Waffenkäufe, Bestechung und was man sonst noch
so braucht, um wieder die Macht zu übernehmen.
Um eine ganze Volkswirtschaft am Laufen zu halten,
dürfte das allerdings nicht genügen.
Über die Finanzen der Taliban berichtet Kamran Safiarian.
Die Taliban, die neuen Herrscher Afghanistans,
einem der ärmsten Länder der Welt.
Dennoch, ihre Kriegskasse kann sich sehen lassen,
über eine Milliarde Dollar schwer.
Das sagt Hans-Jakob Schindler.
Er war beim UN-Sicherheitsrat zuständig
für die Überwachung der Finanzströme der Taliban.
Die letzten 20 Jahre haben die Taliban nie Finanzprobleme gehabt.
Sie hatten drei Einnahmetöpfe.
Das erste war der Anbau
und der internationale Vertrieb von Drogen in Afghanistan.
Der zweite Topf war die Ausbeutung der afghanischen Wirtschaft,
auch durch Steuern.
Und das dritte waren Spenden von ausländischen Sympathisanten
direkt an die Taliban.
Der Drogenhandel – die wichtigste Geldquelle der Islamisten.
In Afghanistan werden laut Vereinten Nationen
85 % des weltweiten Opiumaufkommens angebaut.
Besonders in diesen Gebieten.
Sie haben in den letzten 20 Jahren von der Aussaat über die Ernte
bis zu den Laboren und den internationalen Handel
den gesamten Kreislauf des Drogenhandels in Afghanistan
kontrolliert und damit mehrere hundert Millionen US-Dollar
im Jahr verdient.
Am höchsten Punkt letzten Jahr
waren es nach UN-Schätzungen ungefähr 400 Mio. US-Dollar.
Eine ähnlich hohe Summe bringen den Gotteskriegern Erpressungsgelder
und Steuern ein, auf Vermögen, Wegstrecken oder Exporten.
Und sie haben Zugriff auf Rohstoffe am Hindukusch.
Afghanistan liegt auf einem Schatz,
Bodenschätze, für die sich viele Länder interessieren.
Gold, Edelsteine, Kupfer, Lithium.
Es liegen Rohstoffe mit einem ungefähren Wert
von über einer Billion unter der Erde Afghanistans.
Diese Ressourcen sind natürlich für viele Länder von großem Interesse,
allen voran China.
Auch die Taliban setzen künftig vor allem auf Gelder aus China,
wie ihr Sprecher heute sagte.
Wir haben sehr gute Beziehungen zu China.
Es ist unser wichtigster Partner und eine außergewöhnliche Chance.
Denn China ist bereit,
zu investieren und unser Land neu aufzubauen.
Mit Zuwendungen aus den Golfstaaten
haben die Taliban insgesamt über eine Milliarde Dollar auf dem Konto.
Genug für eine Islamistengruppe,
zu wenig, um einen Staat zu unterhalten.
Sie brauchen den Zugriff auf das Geld Afghanistans
und die internationalen Hilfsgelder, über 4 Mrd. Dollar pro Jahr.
Westliche Hilfsgelder
machen fast 70 % des Staatshaushaltes Afghanistans aus.
Die Taliban sind auf diese Gelder angewiesen,
um regieren zu können.
Der Westen kann diese Hilfsgelder, wenn er sie klug einsetzt,
an Bedingungen knüpfen, um die Taliban zu beeinflussen.
Hinsichtlich der Menschen- und der Frauenrechte.
Ob die Taliban auf diesen Deal eingehen,
es bleibt eines der großen Unbekannten Afghanistans.
Jetzt gibt's erstmal andere Meldungen,
zunächst aus Deutschland, Heinz.
Zunächst zur Corona-Situation in Deutschland.
Die Infektionszahlen steigen weiter an.
Das Robert Koch-Institut meldet 13.715 Neuinfektionen
binnen 24 Stunden.
Das sind 1.089 mehr als vor einer Woche.
Die 7-Tage-Inzidenz steigt auf 76,9.
374 Corona-Infizierte kamen innerhalb eines Tages neu ins Krankenhaus,
die 7-Tage-Inzidenz hier: 1,74.
Diese "Hospitalisierungszahlen" zeigen allerdings nur einen Trend,
weil die Meldungen z.T. verzögert sind.
Die Ausläufer von Hurrikan "Ida"
haben im Nordosten der USA für extreme Unwetter gesorgt.
Für New York City und New Jersey
musste nach tagelangem Dauerregen der Notstand ausgerufen werden.
Mindestens 14 Menschen kamen ums Leben.
Es sind die stärksten Regenfälle seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Auch U-Bahn-Stationen wurden von den Wassermassen überflutet.
Große Teile des öffentlichen Verkehrs kamen zum Erliegen.
Polen hat in der Grenzregion zu Belarus den Ausnahmezustand verhängt.
Auf Antrag der Regierung
unterzeichnete Präsident Duda einen entsprechenden Erlass.
In einem 3 km breiten Streifen entlang der Grenze
gilt nun unter anderem ein Versammlungsverbot.
Die polnische Regierung beschuldigt
den belarussischen Machthaber Lukaschenko, in organisierter Form
Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen.
In Frankfurt am Main hat der Bau einer Jüdischen Akademie begonnen.
Heute war feierlicher erster Spatenstich.
Dazu kamen unter anderen der Präsident des Zentralrates der Juden
in Deutschland, Josef Schuster,
und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier.
In der Akademie soll es in Seminaren und Vorträgen
um jüdische Perspektiven zu Politik, Philosophie und Kultur gehen.
2024 soll die Akademie ihren Betrieb aufnehmen.
Gut drei Wochen vor der Bundestagswahl hat die Bundeszentrale
für politische Bildung wieder den Wahl-O-Mat freigeschaltet.
Mit dem Online-Angebot kann die eigene Haltung anhand von 38 Thesen
mit der Position der einzelnen Parteien verglichen werden.
Wählerinnen und Wähler herausfinden,
welche Parteien und Positionen der eigenen Haltung am nächsten sind.
Früher sprach man davon, dass in den letzten Wahlkampfwochen
jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird.
Dieses Sprachbild ist im Zeitalter industrieller Landwirtschaft
etwas aus der Zeit gefallen, im Kern aber immer noch richtig.
Heute hat es die Grünen erwischt.
Der grüne Finanzminister von Baden-Württemberg
hat ein digitales Hinweisportal gestartet,
mit dem Steuerbetrug angezeigt werden kann.
Das konnte man bei Finanzbehörden bisher zwar auch schon,
schriftlich oder per Telefon.
Das neue Internet-Tool macht anonyme Anzeigen aber besonders leicht.
Ein gefundenes Fressen für die politische Konkurrenz,
die über Blockwartmentalität und Stasi-Methoden schimpft.
Eigentlich sollte das Hinweisgebersystem
ein digitales Vorzeigeprojekt von Baden-Württembergs
grünem Finanzminister sein, seit Mai im Amt,
aufgefallen durch hartnäckige Fragen im Wirecard-Untersuchungsausschuss,
gibt Bayaz gerne den Jäger auf Steuersünder.
Seit Montag können Bürger ganz unkompliziert online ihren Verdacht
auf Steuerbetrug bekunden und, das ist neu,
anonym mit dem Finanzamt kommunizieren.
Es geht nicht um solche Fälle,
wo der eine Nachbar den anderen Nachbarn anschwärzt,
weil er die Putzfrau möglicherweise nicht angemeldet hat.
Dafür haben wir gar nicht die Kapazitäten,
das alles im Detail zu verfolgen.
Es geht um relevante Fälle von Steuerbetrug.
Das Ministerium hatte noch überlegt,
ob das Portal überhaupt eine Pressemeldung wert ist.
Man hatte nicht gerechnet mit der Skandalisierungsspirale
im zähen Phrasen-Wahlkampf.
Die "Bild"-Zeitung beginnt mit dem Begriff "Steuer-Stasi".
Die CSU beschuldigt die Grünen, Misstrauen unter Nachbarn zu säen.
Auch die FDP spricht von Denunziantentum.
Wenn man damit rechnen muss,
dass der Nachbar evtl. falsche Schlüsse zieht,
einen unberechtigt anzeigt, dann wird man vorsichtiger.
Dann ist man nicht mehr so frei in seinem Alltagsverhalten.
Das ist für unsere Gesellschaft schlecht.
In einem TV-Interview springt die Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock
Baden-Württembergs Finanzminister zur Seite.
Wir müssen Orte schaffen, wo auch gemeldet werden kann,
wenn man weiß, dass es zu heftigem Steuerbetrug kommt.
Und das wird jetzt in Baden-Württemberg gemacht.
Eigentlich wäre das Aufgabe eines Bundesfinanzministers gewesen.
Der Bundesfinanzminister, SPD-Spitzenkandidat Scholz,
der sich nächste Woche diesem TV-Format stellt,
wendet sich sofort gegen Baerbocks Pläne.
Wir haben erstklassige Finanzämter in Deutschland,
die ihre Arbeit leisten, da brauchen wir keine neuen Techniken,
die dazu führen, dass der eine über den andern redet.
Und Armin Laschet?
Der schweigt zu unserer Frage,
was die CDU vom Steuerbetrugsportal hält.
Was womöglich daran liegt,
dass Nordrhein-Westfalens Finanzverwaltung bereits
mit anonymen Online-Hinweisen arbeitet.
Das eigentliche Problem sei doch, finden Steuerberater,
dass die Finanzbehörden unterbesetzt sind.
Uns ist bekannt, dass die Finanzverwaltung, die Daten,
die sie jetzt schon bekommt über Kontrollmitteilungen,
nicht nachkommt, diese Daten auszuwerten.
Deshalb halte ich es für fraglich, ob die Finanzverwaltung
mit noch zusätzlichen Meldungen überhaupt fertig wird.
Und dies bewältigen kann.
Verfolgt würden nur die großen Fische,
entgegnet Finanzminister Bayaz.
50 Mrd. Euro gehen Deutschland jährlich
durch Steuerbetrug verloren.
Für ihn Grund genug, an seiner Hinweisplattform festzuhalten.
Heinz macht weiter, zunächst mit einem Digitalthema weiter,
das kompliziert klingt, aber wirklich viele Menschen betrifft.
Der Europäische Gerichtshof hat sich in mehreren Urteilen
zu Internetangeboten mit "Nulltarif-Optionen" befasst.
Anlass waren Rechtstreitigkeiten in Deutschland.
Frank Bethmann, worum geht es da genau?
Die höchsten europäischen Richter haben Zusatzangebote der Telekom
und Vodafone untersagt.
Weil diese Angebote
gegen die Gleichbehandlung von Daten verstoßen haben.
Konkret ging es um Dienste, bei denen man zum Beispiel Filme
auf sein Smartphone oder Tablet streamen konnte, ohne das dafür
das monatliche Datenvolumen belastet wurde.
Später schränkten die Unternehmen ihre Angebote aber ein.
Die Videos konnte man beispielsweise
nur noch in schlechterer Qualität schauen.
Eine von mehreren Benachteiligungen gegenüber anderen Angeboten.
Grundsätzlich monierten die Richter, dass diese Nulltarif-Optionen
ein hohes Gut missachten - die Netzneutralität.
Sie besagt: Internetanbieter sind verpflichtet, unabhängig von Tarifen,
alle Daten gleich zu behandeln.
Keine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Netz, bei der beispielsweise Daten
gegen zusätzliche Gebühren schneller oder in besserer Qualität
gesendet werden würden als andere.
Stattdessen der Grundsatz: alle Daten gleichschnell.
Das ist fair, neutral, netzneutral.
Fair ist das Ganze im Übrigen nicht nur für die Nutzer,
für die Verbraucher.
Die Netzneutralität sichert auch den Wettbewerb.
Denn könnten sich Unternehmen die Vorfahrt auf der Datenautobahn
erkaufen, da sind sich Experten sicher,
würde das kleinere Unternehmen oder Start-ups
in hohem Maß benachteiligen.
Eine weitere Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs betrifft
das deutsche Energierecht und die Rolle der Regulierungsbehörden.
Demnach soll der Bundesnetzagentur, die unter anderem für die Regulierung
der Strom- und Gasnetze zuständig ist,
mehr Unabhängigkeit eingeräumt werden.
Die EU-Kommission war vor dem Gericht gegen Deutschland vorgegangen.
Sie ist der Auffassung,
dass die Agentur ohne politische Vorgaben handeln sollte.
Knapp zwei Jahre nach dem spektakulären Diebstahl
aus dem Grünen Gewölbe in Dresden
ist Anklage gegen sechs Tatverdächtige erhoben worden.
Den Männern wird unter anderem
schwerer Bandendiebstahl und Brandstiftung vorgeworfen.
Im November 2019 sollen die mutmaßlichen Diebe
in das Grüne Gewölbe eingebrochen sein und Schmuckstücke und Juwelen
im Wert von mindestens 113 Mio. Euro gestohlen haben.
Die legendäre Popgruppe ABBA
hat fast 40 Jahre nach der Trennung der Band ein neues Album angekündigt.
Das Studioalbum der Vier wird den Titel "Voyage" tragen,
wie die Band heute bekanntgab.
Zwei neue Lieder waren auch gleich zu hören.
* Musik *
ABBA erklärte, sie hätten im Frühling 1982 eine Pause eingelegt
und jetzt entschieden, es sei Zeit, sie zu beenden.
Jeder kennt ihn, den Sirtaki aus dem Film "Alexis Sorbas".
Das Tanzlied wurde fast so etwas wie die griechische Nationalhymne
und ein weltweiter Exportschlager für Feste aller Art.
Der Komponist war über diesen Erfolg übrigens eher genervt.
Denn Mikis Theodorakis hat so viel andere Musik geschaffen,
bis hin zu Opern und Oratorien.
Doch die vielen Werke standen immer ein bisschen
im Schatten des berühmten Tanzes des großen Griechen.
Das war er selbst auch:
ein großer Grieche, Musiker, Freiheitskämpfer, Nationalheld.
Nun ist Mikis Theodorakis im Alter von 96 Jahren gestorben.
Ein Nachruf von Andreas Postel.
* Musik *
Nur diese zwei Töne braucht Mikis,
wie ihn die Griechen liebevoll nennen, um Weltruhm zu erlangen.
Seine Komposition zu diesem merkwürdig improvisierten Sirtaki,
den Anthony Quinn als Alexis Sorbas tanzt.
Wie ein Stein hing ihm diese Melodie am Bein, hat er einmal gesagt,
der natürlich nie auf diese zwei Töne reduziert werden wollte.
Sein Leben selbst war eine Sinfonie.
Geboren am 29. Juli 1925 auf der Insel Chios im Ägäischen Meer,
fällt er früh
durch seine außergewöhnliche musikalische Begabung auf.
Leben und Werk gehören bei Theodorakis eng zusammen.
Seine Biografie geprägt vom Widerstand
gegen die faschistischen Besatzungs- truppen im Zweiten Weltkrieg,
dem anschließenden Bürgerkrieg und der griechischen Militärdiktatur.
Das Komponieren war für mich ein Ausweg,
so wie ein Gestrandeter im Glauben an seine Rettung eine Flaschenpost
ins Meer wirft, sagt er einmal über sich.
Mehrmals in Gefangenschaft, wurde Theodorakis schwer gefoltert.
Seine Musik während der Militärdiktatur verboten.
Nur dank internationaler Fürsprache
kann er 1970 ins Exil nach Paris gehen.
Sein Freund und Verleger Peter Hanser-Strecker erinnert sich.
Er war weltweit bekannt und sehr beliebt.
In der schwierigen Zeit, als er verhaftet war
und seine Musik sogar verboten war in Griechenland,
haben sich große Komponisten, u.a. Bernstein und Schostakowitsch,
für seine Freilassung eingesetzt.
Und das bezeichnet ihn wirklich, dass er weltweit eine große Stimme
und ein großes Ansehen hatte.
Seine Lieder werden auf der Straße genauso gesungen wie im Konzertsaal.
Dabei dirigiert er wie ein Adler,
heißt es über seine imposante Erscheinung.
Theodorakis war als damals bekennender Linker
auch in der DDR populär,
mehrere seiner Werke werden im Osten Deutschlands uraufgeführt.
Mit zunehmendem Alter weicht die linke Ideologie.
Es gebe nur den Kampf um Freiheit und Demokratie, nichts weiter.
Jetzt, am Ende meines Lebens, kann ich sagen,
dass ich genau das gemacht habe, was ich machen wollte.
Ich will mich nicht rechtfertigen, nicht sagen, ich ging so weit,
wie die Umstände es mir erlaubten, nein, ich ging so weit,
wie ich eben konnte - weiter konnte ich nicht.
In seiner Heimat heißt es, Mikis habe die griechische Seele
in die Sprache der Musik übersetzen können.
Mit einer dreitägigen Staatstrauer nimmt das Land nun Abschied
von der Stimme Griechenlands.
Das war's von uns.
Bevor wir gleich den Stab an die Kollegen vom Sport weiterreichen,
noch der Hinweis auf Maybrit Illner:
Bei ihr diskutieren heute unter anderem FDP-Chef Christian Lindner
und die SPD-Vorsitzende Saskia Esken über Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Um 0.40 Uhr meldet sich dann Christopher Wehrmann
mit unserem heute journal up:date.
Und hier im Studio geht's jetzt weiter mit den Paralympics.
Das ist ein sehr großes und mächtiges Hoch, das sich weiter ausdehnen wird
in Richtung Südosteuropa.
Die Tiefs haben da keine Chance.
Die Tiefs brachten heute z.B. über den Pyrenäen kräftige Gewitter.
Dieses Tief hier sorgt dafür, dass es im Südwesten Deutschlands
morgen richtig warm wird.
Die kältere Luft wird nach Südosten abgedrängt
und das Tief über dem Atlantik bleibt da vorerst liegen.
Heute Nacht ist es klar, ab und zu bildet sich Nebel.
Das wird ein sehr sonniger Freitag
und höchstens in Norddeutschland gibt es eine Hochnebeldecke,
die sich aber rascher auflösen sollte als heute.
In den nächsten Tagen geht es sehr sonnig weiter.
Das schöne Spätsommerwetter hält wohl bis weit in die nächste Woche an.
Das sehen wir am Temperaturen- und Wettertrend für Berlin.
Da werden vielleicht nochmal 25 Grad erreicht, bis Mitte des Monats
bleibt es im Osten wahrscheinlich spätsommerlich.