heute journal vom 03.03.2021 - Gas geben und bremsen - Merkels Corona-Strategie
Diese Untertitel sind live produziert.
Guten Abend.
Noch ist kein weißer Rauch aufgestiegen über dem Kanzleramt,
wo die Bundeskanzlerin in Videokonferenz
mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten
über den weiteren Corona-Kurs berät, seit nunmehr acht Stunden.
Die Öffentlichkeit wartet auf die Beschlüsse,
auch auf eine Hoffnung, herauszukommen aus dem Shutdown,
aber bisher ist nur soviel klar:
Dieser Shutdown wird verlängert werden bis zum 28. März.
Was darüber hinaus an Lockerungsübungen im Gespräch ist,
das schildert uns zunächst Britta Spiekermann.
Bayerns Ministerpräsident Söder und
Berlins Regierender Bürgermeister Müller auf dem Weg ins Kanzleramt,
weitere Ministerpräsident*innen zugeschaltet per Video.
Im Kanzleramt das bekannte Testbild, wartende Presse, seit Stunden.
Es dauert.
Doch diesmal haben die Wände am Anfang der Konferenz Ohren.
Merkel leitet die Runde ein mit den Worten:
“Heute soll es nun um Öffnungsschritte gehen.“
Diese Richtung ist neu.
Beschlussentwürfe sind seit gestern öffentlich.
So viel steht fest: Der bislang harte Kurs soll weicher werden.
Das wird heute ein bedeutender Schritt sein,
weil wir nicht nur auf den totalen Lockdown setzen,
sondern weil wir neue Mittel hinzunehmen.
Das ist das Testen und das Impfen.
Testen und Impfen, in Stufen öffnen, das ist der Plan.
Tests für Schüler, Tests für Lehrer*innen,
für Personal in Kitas, auch in Unternehmen
und für alle Bürger*innen mindestens einmal pro Woche - kostenlos.
Ob es überhaupt genug Tests gibt: unklar.
Impfen hat Priorität, der momentane Impfstau ist bekannt.
Dazu gibt es Fragen schon vor der Bund-Länder-Runde.
Wir brauchen Arztpraxen, die uns in Zukunft unterstützen.
Ich kann nicht verstehen, warum es nicht schon diese Verständigung
mit den niedergelassenen Ärzten gibt,
wann und wie sie starten können.
Ab Ende März sollen Haus- und Fachärzte starten und impfen.
Öffnungen sollen in Stufen erfolgen.
Schon ab Montag machen Buchhandlungen, Gartencenter,
Blumenläden auf – bundesweit.
Bei einer stabilen Inzidenz unter 35 der Einzelhandel.
Auch soll es wieder mehr Kontakte geben ab Montag:
zwei Haushalte, maximal fünf Personen.
Steigt die Inzidenz über 100, ziehen Bund und Länder die Notbremse,
also zurück in den Shutdown.
100 die magische Zahl, denn für Regionen,
die dauerhaft darunter liegen, soll es Erleichterungen geben.
Es gibt ein Inzidenz-Hopping: 50, 35, 100.
Es ist fragwürdig, ob dieser Wert
überhaupt der entscheidende sein kann.
Wir bleiben weit hinter dem zurück, was möglich wäre.
Die Grundrechtseingriffe, die unseren Alltag heute noch bestimmen,
die sind für den Gesundheitsschutz nicht mehr alternativlos.
Es könnte noch Wochen dauern, bis die Außengastronomie öffnet.
Überhaupt keine Perspektive
gibt es für Reisen, Veranstaltungen, für Gastronomie und Hotels.
Beratungen vertagt auf den 22. März.
Wir erwarten Gleichbehandlung und Wertschätzung für eine Branche
mit 220.000 Unternehmen und 2,4 Mio. Beschäftigten.
Wir brauchen konkrete Öffnungsperspektiven
und das vermissen wir in dem Papier.
Noch gibt es kein endgültiges Papier, keinen Beschluss,
nur dieses leere Dauerbild aus dem Bundeskanzleramt.
Weiter warten auf die Pressekonferenz.
Ein Stufenplan, ein vergrößerter Korridor,
die Aussicht auf etwas mehr Freiheit, mit Notbremse.
Dieser Tag heute markiert eine neue Phase im Kampf gegen das Virus,
der vor einem Jahr begann.
Die erste Ministerpräsidenten- konferenz zu Covid-19
findet am 12. März 2020 noch als richtiges Treffen statt,
alle eng an eng.
Schon zehn Tage danach wird der erste Shutdown verhängt,
in einer Telefonkonferenz.
Im April folgen vier weitere Konferenzen.
Erst über eine Verlängerung, dann über die Öffnung des Shutdowns.
Im Sommer sind die Corona-Zahlen gut,
die Ministerpräsidenten- konferenzen seltener.
Mitte Oktober will die Kanzlerin härtere Maßnahmen,
kann sich aber nicht durchsetzen.
Zwei Wochen später ringt man sich zu einem Shutdown-Light durch,
an dem auf drei Konferenzen weiter herumgebastelt wird.
Mitte Dezember kommt der zweite richtige Shutdown,
Schulen zu, Einzelhandel geschlossen, kaum Besuch an Weihnachten.
Auf den drei folgenden Sitzungen wird weiter verschärft
und immer wieder verlängert.
Bis heute erstmals so etwas wie eine Öffnungsperspektive
beschlossen werden soll.
Fragen wir Shakuntala Banerjee in Berlin.
Die Gespräche dauern jetzt inzwischen zehn Stunden,
woran liegt's?
Unter anderem liegt es daran, dass die Verhandlungen noch nie so
komplex waren wie heute. Sie waren auch selten so hitzig wie heute.
Die ganze Runde hat sich heute erst 20 Minuten Pause gegönnt.
Die sitzen jetzt gerade wieder zusammen und diskutieren weiter über
die Perspektiven. Das ganze soll einen echten Strategiewechsel
bringen.
Weg von der Eindämmung des Virus hin zu mehr Öffnungsmöglichkeiten.
Diese Strategie muss auch sitzen.
Keiner in dieser Runde möchte Öffnungen bald wieder rückgängig
machen müssen.
Das Testen soll jetzt die Freiheiten abfedern und helfen,
das Risiko klein zu halten.
Aber nun gibt es Berichte,
da könnte sich das Problem des Impfstoffs wiederholen.
Dass nämlich zu wenig Tests besorgt wurden.
Kann dieses Testen tatsächlich nächste Woche
flächendeckend garantiert werden?
Das ist auf jeden Fall ein kritisches Thema.
Das war der größte Streitpunkt am heutigen Tag.
Die Länder und auch die Kanzlerin sagen,
man bräuchte eigentlich mehr Tests, als der Gesundheitsminister bisher
vorgesehen hat.
Der entgegnet, die Länder hätten aber auch nicht alle Strukturen
dafür aufgebaut.
Und die, die soweit seien, könnten auch am 8. März beginnen.
Das klingt aus unserer Sicht nicht so, als ob eine flächendeckende
Versorgung sichergestellt sei.
Die Frage ist, wie kann die Strategie funktionieren, wenn eine
der wichtigsten Säulen, noch nicht 100-prozentig steht.
Wir lernen jetzt, bis zu einer Inzidenz von 100
gibt es zumindest die Möglichkeit für Öffnungen.
Woher kommt jetzt eigentlich die 100?
Zuletzt hatten wir von 35 gehört, die 50 spielt gar keine Rolle mehr.
Geht es noch um Inzidenzwerte?
Das wird jetzt gerade hart verhandelt.
In dem Entwurf haben wir von der 50 nichts mehr gesehen.
Die Rede war von der 35, dass dann große Öffnungen möglich seien.
Jetzt setzen sich einige Länder dafür ein, dass man doch die 50 auch
noch mal in den Blick nimmt,
um auch unter 50 schon größere Öffnungsschritte zu ermöglichen.
Man möchte möglichst bald eine Perspektive für möglichst viele
Menschen bieten.
Das ist noch heiß umstritten und da warten wir darauf, wer sich am Ende
durchsetzt.
Wir haben es gehört:
Tests sollen den entscheidenden Sicherheitspuffer bieten,
um zumindest kleine Öffnungen abzufedern,
auch bei höherer Inzidenz.
Wir schauen gleich nach Bremen, wie man sich dort darauf vorbereitet.
Zur Frage von Schnelltests und Selbsttests
und was der neue Beschluss da genau vorsieht.
Dominik Lessmeister mit einem Überblick.
Regelmäßige Corona-Schnelltests:
Sie sollen jetzt auf breiter Front eine wichtige Rolle spielen,
Öffnungen ermöglichen.
Diese Schnelltests werden durch geschultes Personal gemacht,
etwa in Testzentren, Arztpraxen oder Apotheken.
Jeder soll sich laut Entwurf
ab April einmal pro Woche kostenlos testen lassen können -
mit Bescheinigung.
Das gilt auch für Schulen und Kitas.
Mit Unternehmen will die Politik noch sprechen.
Dafür wird z.B. ein tiefer Nasenabstrich genommen,
was nicht ganz einfach ist und für viele etwas unangenehm.
Ein Ergebnis gibt es in einer Viertelstunde.
Ist es positiv,
muss es mit einem PCR-Test im Labor überprüft werden.
Bezahlt werden sollen alle Schnelltests vom Staat.
Kosten: bis zu 810 Mio. Euro pro Monat.
Daneben sollen die Menschen zuhause fleißig Corona-Selbsttests nutzen.
Sie funktionieren über einen Abstrich im vorderen Nasenbereich.
Sie sind einfacher zu handhaben und ab nächster Woche
wohl im Handel zu kaufen.
Das Ziel der veränderten Teststrategie:
Sie soll Öffnungsschritte begleiten,
Außengastronomie, Theater oder Kino wieder möglich machen.
Erforderlich dann vermutlich
ein tagesaktueller Schnell- oder Selbsttest.
Doch vieles ist noch unklar,
wie das Mehr-Testen in der Praxis genau funktionieren soll.
Und dann schauen wir nach Bremen, das als nördliches Bundesland
auch deshalb ein interessantes Beispiel ist,
weil hier auf engstem Raum ganz unterschiedliche Inzidenzen
gemessen werden:
Bremen-Stadt ist nah an der 50, während das benachbarte Bremerhaven
wegen Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen mit der 200 kämpft.
Wie bereitet sich das Land in dieser Situation auf Lockerungen vor?
Kai Niklasch und Sabine Komm berichten.
Die Politik nimmt die Industrie in die Pflicht:
Was in Bremerhaven in der Fischverarbeitung
nach zahlreichen Infektionen bereits praktiziert wird:
Mitarbeiter werden Woche pro Woche auf Corona getestet.
Schnelle Abstriche, um das Infektionsgeschehen
wieder zu drücken.
Ich hatte Grippe und leider auch Corona gehabt.
Mir geht es gut, ich hatte keinen Symptome außer etwas Schnupfen.
Sonst war alles gut bei mir.
Jetzt haben wir es alle gehabt, weil wir ja nicht wussten,
ob man sich gegenseitig ansteckt oder nicht.
Dann haben sie die Tests eingeführt und die Kollegen alle rausgepickt.
Bremens Bürgermeister Bovenschulte und die anderen Regierungschefs
setzen insgesamt auf Schnelltests,
um das gesellschaftliche Miteinander wiederzubeleben.
Insgesamt kann durch eine Verstärkung von Testen
die Grundlage geschaffen werden, Infektionen zurückzudrängen.
Denn diejenigen, die infiziert sind, werden schneller erkannt,
wodurch man Infektionsketten unterbrechen kann.
Insofern ist ein stärkeres Testen ein Instrument,
mit dem man Öffnungen und Lockerungen begründen kann,
auch wenn die Infektionen
noch oberhalb eines Werts von 50 oder 35 sind.
Fischstäbchen und andere Tiefkühlkost
sind momentan richtige Verkaufshits.
Sie sind als Speise im Homeoffice offenbar sehr beliebt.
Doch durch die Fischindustrie und Ansteckungen in Altenheimen,
etwa dem Amarita-Senioren-Wohnpark,
schossen die Infektionszahlen in Bremerhaven nach oben.
Auf einmal 185 Neuerkrankungen.
Wir hatten einen größeren Ausbruch in der Pflegeeinrichtung.
Im Vorfeld auch einige Fälle in der Nahrungsmittelindustrie.
Das trieb die Inzidenzen nach oben.
Es fällt immer schwerer, die Bevölkerung mitzunehmen,
für die Kontaktbeschränkungen, die Maßnahmen eine Akzeptanz zu finden.
Wir müssen etwas vorsichtig sein, dass wir die Leute nicht überfordern
Auch deshalb heute Beschlüsse, um den Einzelhandel wiederzubeleben.
In Bremen: das Schnoor-Viertel
wie alle Einkaufsstraßen gespenstisch leer.
Ab Montag, dem 8. März, gilt aber: Einkaufen wieder möglich.
Allerdings nur mit persönlichem Termin und begrenzter Zeit.
Beratung und Warenausgabe dann vor Ort.
Doch der Einzelhandel bleibt skeptisch:
Für mich ist es ein Höchstmaß an Aktionismus.
Vielleicht der Versuch, dem Einzelhandel
eine kleine Kerze am Ende des Tunnels anzustecken.
Aber es bringt keine durchgängige Verbesserung und hilft auch nicht
in dieser wirtschaftlich extrem schwierigen Lage.
Im Bremer Viertel: jedes dritte Geschäft vom Bankrott bedroht.
Die Lockerungen können diesen Trend kaum noch stoppen,
so die Befürchtung des Einzelhandels.
Testen ist die eine Säule, Impfen die andere.
Es muss schneller gehen.
Im Vergleich der Bundesländer ist Brandenburg bei der Impfquote
das Schlusslicht, und will aufholen.
Im Rahmen eines Pilotprojekts wird nun,
ganz im Sinne der heutigen Beschlüsse, geprobt, wie Hausärzte
in die Impfstrategie einbezogen werden können.
Nicola Albrecht berichtet aus Bad Belzig.
Familie Münder bitte in Sprechzimmer 1.
Auf diese Nachricht haben Elfriede und Hubert Münder lange gehofft:
Ihre Hausärztin wird sie gegen Corona impfen.
Heute sind die 89-Jährigen zum Beratungsgespräch da,
den Pieks gibt es dann kommende Woche.
Das gibt eine besondere Sicherheit in unserem hohen Alter.
Wenn es uns erwischt, ich glaube, das geht nicht gut aus.
Höchste Zeit, dass sie als Hausärztin endlich impfen darf,
findet Eva-Maria Schulze-Köhn aus dem brandenburgischen Bad Belzig.
Und das nicht nur,
weil es hier im ganzen Landkreis kein Impfzentrum gibt.
Wir wissen genau, wen wir versorgen.
Wir kennen alle Leute, die dringend bedürftig sind.
Wir kennen die familiären Hintergründe.
Wir wissen, wer ist nicht mobil -
und da gibt es tatsächlich hier auf dem Land sehr viele.
Geimpft wird strikt nach Priorisierungsliste.
Ihre Patienten werden je nach Alter
den Impfstoff von AstraZeneca oder von Biontech/Pfizer bekommen.
Diskussionen musste sie darüber bislang mit keinem Patienten führen.
Ich, die das Vertrauen der Patienten habe,
sage, "Mensch, das ist ein wirklich guter Impfstoff",
habe eine viel bessere Durchdringung bei den Menschen,
als wenn sie irgendwo hinfahren, wo sie Unbekannte sind.
Sicherheit, Vertrauen und kurze Wege,
mit diesem Bonus soll hier ab Montag
täglich vier Stunden lang im 5-Minuten-Takt geimpft werden.
Es geht darum, Tempo aufzuholen.
Denn das Flächenland Brandenburg mit seinem hohen Altersdurchschnitt
ist derzeit Schlusslicht bei der bundeweiten Impfquote.
Für alle Medien möglichst werbewirksam präsentiert:
der erste Piekser in einer anderen Hausarztpraxis in Südbrandenburg.
Doch noch ist das Vorhaben “Impfen beim Hausarzt“
ein Pilotprojekt mit einer Handvoll Praxen.
Die Kassenärztliche Vereinigung
setzt nun auf schnelles Handeln im Bund.
Es wird endlich Zeit, dass die Impfverordnung,
die Herr Spahn gemacht hat, in die Phase 2 tritt.
Dass dementsprechend die Impfverordnung geändert wird
und das Impfen in Arztpraxen gangbar gemacht wird,
damit man das Impfen in die Fläche bringen
und hohe Zahlen durch Impfungsraten erreichen kann.
1.100 Hausärzte in Brandenburg wären bereit zu impfen,
trotz des enormen bürokratischen Aufwands und der Unsicherheit,
ob sie auch immer genug Impfstoff bekommen.
Die Münders freuen sich auf ihren Impftermin,
denn sie haben dieses Jahr noch viel vor:
Beide werden 90 und feiern Eiserne Hochzeit.
Da wollen wir eine ganz große Fete machen.
Bundesverteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer musste sich
im Verteidigungsausschuss des Bundestages
den Fragen der Abgeordneten stellen,
zu den Missständen bei der Eliteeinheit KSK.
Deren Kommandeur hatte seinen Soldaten erlaubt,
gehortete, womöglich auch gestohlene Munition anonym zurückzugeben,
ohne Strafen.
Die Opposition übte heftige Kritik an der Munitionsamnestie.
Die Ministerin prüft nun ein gerichtliches Disziplinarverfahren
gegen den Brigadegeneral.
Dann wird mir sozusagen ein Vorschlag gemacht,
ob gegen Herr Kreitmayr weiter
gerichtlich und entsprechend dienstlich ermittelt werden muss.
Im Streit über einen Sturmgewehr- großauftrag für die Bundeswehr
hat der unterlegene Waffenhersteller Haenel
juristische Schritte angekündigt.
Das Verteidigungsministerium hatte gestern entschieden, den Großauftrag
nun doch an den langjährigen Lieferanten Heckler & Koch zu geben. Haenel war mit dem Vorwurf der Patentrechtsverletzung
vom Vergabeverfahren ausgeschlossen worden.
Das sei rechtswidrig, so Haenel heute, und wies den Vorwurf,
Patentrechte verletzt zu haben, zurück.
Die ungarische Regierungspartei Fidesz von Ministerpräsident Orban
hat sich aus der konservativen Fraktion EVP
im Europaparlament zurückgezogen.
Damit verlieren Europas Christdemokraten zwölf Abgeordnete.
Die EVP hatte zuvor ihre Geschäftsordnung geändert,
die die Suspendierung des Fidesz erlaubt hätte.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein jahrelanger Streit
zwischen Ungarn und der EU über Rechtsstaatlichkeit
und europäische Grundwerte.
In Südschweden hat ein Mann
mehrere Menschen mutmaßlich mit einer Stichwaffe angegriffen.
Bei der Attacke in der Kleinstadt Vetlanda
wurden acht Personen verletzt, zwei von ihnen schwer.
Die Polizei schoss den mutmaßlichen Einzeltäter an und nahm ihn fest.
Ermittlungen wegen Terrorverdachts laufen,
noch gibt es keine weiteren Informationen zu Motiv und Angreifer.
Bei einem Raketenangriff auf eine Luftwaffenbasis im Irak
ist ein ziviler US-Militärmitarbeiter ums Leben gekommen.
Der Stützpunkt wird von US-Truppen und auch der Bundeswehr genutzt.
Alle deutschen Soldaten seien wohlauf,
erklärte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr.
Wer für den Angriff verantwortlich ist, war zunächst nicht klar.
Im Verdacht stehen Milizen, die mit Iran verbunden sind
und den Abzug der US-Truppen fordern.
Bundestagspräsident Schäuble hat den Militärputsch in Myanmar verurteilt.
Die demokratischen Strukturen müssten wiederhergestellt werden,
so Schäuble, der die sofortige Freilassung
der gewählten Parlamentarier fordert.
Bei den Protesten gegen den Militärputsch in Myanmar
sind heute 38 Demonstranten von Sicherheitskräften getötet worden.
Das ist die höchste Opferzahl an einem Tag,
seit dem Putsch am 1. Februar.
Politische Parteien sind in einer Demokratie grundlegend,
damit das System funktioniert.
Zurecht sind deshalb die Hürden sehr hoch,
Parteien geheimdienstlich zu überwachen.
Das soll und darf nur geschehen, wenn notwendig erscheint,
die Demokratie zu schützen - Selbstverteidigung sozusagen.
Der Verfassungsschutz sieht sich dazu im Fall der AfD nun veranlasst.
Er stufte die größte Oppositions- partei im Deutschen Bundestag
als rechtsextremistischen Verdachts- fall ein, ein weitreichender Schritt,
zumal in einem Wahljahr wie diesem.
Die AfD spricht von Vorsatz, die Wahlchancen der Partei
sollten geschmälert werden.
Unser Berliner Korrespondent David Gebhard beschäftigt sich
seit langem mit der AfD und erläutert Hintergründe und Konsequenzen.
Sie stehen im Verdacht, eine Gefahr für die Demokratie zu sein,
in deren Herzkammer sie längst sitzen.
Für das Bundesamt für den Verfassungsschutz
bietet die größte Oppositionspartei nun hinreichend
gewichtige Anhaltspunkte für den Verdacht,
eine extremistische Bestrebung zu sein, kurz: ein Verdachtsfall.
Die Agenda ist offensichtlich:
erst Prüffall, dann Verdachtsfall, dann Beobachtung.
Dann kommt irgendwann der Antrag auf Verbot der Partei.
Das ist das Problem,
und das endet Gott sei Dank vor dem Verfassungsgericht.
Die AfD sieht sich als Opfer und klagt
gegen den eigenen Inlandsgeheimdienst,
der sie zwei Jahre geprüft hat
und jetzt - mit Einschränkung - loslegt.
Der Verfassungsschutz darf die AfD ab sofort
auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen.
Das heißt z.B. Observationen oder V-Leute.
Aber vor dem Verwaltungsgericht Köln läuft gerade ein Verfahren.
Und für die Dauer dieses Verfahrens hat der Verfassungsschutz zugesagt,
keine Abgeordneten der AfD zu überwachen
und auch keine Personen, die bei Wahlen kandidieren.
Die AfD-Spitze kämpft juristisch gegen den Verfassungsschutz
und erbittert gegeneinander.
Seit Monaten sitzt das Misstrauen so tief wie bisweilen die Masken.
Meuthen hatte auf dem letzten Parteitag zur Mäßigung gemahnt,
auch, um so die Beobachtung noch abzuwenden
und dafür Wut und Widerspruch geerntet.
Die Entscheidung heute, Munition im parteiinternen Stellungskrieg.
Ich gehe davon aus, dass die Causa Meuthen bald, wie vorhergesagt,
Geschichte sein wird.
Ob jetzt mit dem heutigen Tag die Ära vorbei ist,
will ich nicht sagen.
Für mich zeichnet sich dieses Zerbröseln
schon seit längerer Zeit ab.
Wenn genau diese Herren sich etwas mehr Disziplin auferlegten,
hätten wir es einfacher in der Partei.
Das wollen sie offenkundig nicht.
Da haben wir unterschiedliche Positionen, das ist so.
Was der Verfassungsschutz genau registriert haben dürfte:
Im Osten hatten es zuletzt zahlreiche Kandidaten
der rechtsextremen Parteiströmungen
auf die aussichtsreichsten Listenplätze geschafft.
In Sachsen etwa vor wenigen Wochen einer, der laut Gerichtsentscheid
"lupenreiner Neonazi" genannt werden darf.
Und einer, der vom Verfassungsschutz ganz persönlich
als "Rechtsextremist" geführt wird,
ein Triumph des nur formal aufgelösten "Flügels".
Die Zeit der Mutlosigkeit ist vorbei.
Wir haben die Mehrheit.
Ebenfalls für den Verfassungsschutz hochrelevant:
die seit Jahren zelebrierte Nähe
zu rechtsextremen Vorfeldorganisationen,
etwa von Fraktionschefin Weidel.
Das ist sozusagen mein Ausgleich zum Bundestag.
Die Partei hat sich immer weiter radikalisiert,
sie hat Bündnisse geschlossen mit rechtsextremen Akteuren
außerhalb der Parlamente, der sog. "Neuen Rechten".
Aber auch mit Akteuren wie den Pandemiekritiker*innen
bis hin zu Neonazis.
Schafft es die AfD, Extremisten loszuwerden?
Will die Mehrheit das überhaupt?
Die Verfassungsschutzbeobachtung stellt die alte Richtungsfrage neu:
zu Beginn des Superwahljahres.
Erstmals seit über 40 Jahren überweist die Deutsche Bundesbank
keinen Gewinn an den Bund.
Hintergrund ist die Corona-Krise, wegen der die Notenbank ihre
Risikovorsorge aufstockt.
Bei der Vorstellung der Jahresbilanz, Frank Bethmann,
sah Bundesbankpräsident Weidmann wohl auch keine Möglichkeit
für einen optimistischen Ausblick.
Eher nicht - weil er sagt, man hat's ja zuletzt gesehen:
Die EZB weitet infolge der Pandemie
den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen massiv aus.
Abwickeln müssen dies dann weitestgehend
die nationalen Notenbanken wie die Bundesbank.
Die sich damit aber auch viel höhere Ausfallrisiken in die Bilanz holt.
Und mit dem Aufstocken der Wagnisrückstellungen
um 2,4 auf jetzt 18,8 Mrd. Euro ist es nicht getan.
Weidmann deutete bereits an, dass das im laufenden Jahr weitergeht:
"Zumal, so der Bundesbankpräsident,
mit einer grundlegenden Änderung der Risikolage nicht zu rechnen ist."
Da schwingt also eine gehörige Portion Zurückhaltung mit.
Zugleich mahnt Weidmann:
Die Wirtschaft dürfe sich nicht daran gewöhnen,
dass Staaten und Zentralbanken
fortlaufend das System am Laufen halten.
Nach der Pandemie müssten die geldpolitischen Notfallmaßnahmen
beendet werden.
Ein Appell zwar und doch wohl nur ein frommer Wunsch.
Solange die Krisen nicht abreißen, werden die Notenbanken
wohl weiter dagegen halten.
Mit entsprechenden Auswirkungen:
Nullzinsen, Negativzinsen und jetzt auch kein Gewinn mehr.
Gleich zum Sport, zunächst die Gewinnzahlen vom Lotto am Mittwoch:
Fußballzweitligist Holstein Kiel steht im Halbfinale des DFB-Pokals.
Die Norddeutschen gewannen am frühen Abend
das Viertelfinale bei Regionalligist Rot-Weiss Essen mit 3:0.
Für Skispringerinnen war es ein historischer Tag:
Zum ersten Mal durften sie bei einer nordischen Ski-WM
von einer Großschanze ihre Weltmeisterin ermitteln.
Feiern konnte die Norwegerin Maren Lundby,
während ihr norwegischer Skisprungkollege Granerud
coronapositiv in Quarantäne ging,
ebenso wie schon das gesamte Skisprungteam Italiens.
Hermann Valkyser über Skispringerinnen auf der Großschanze:
So sieht eine Frau aus, der gerade eine Leistung
für die Geschichtsbücher geglückt ist:
Maren Lundby – die Norwegerin darf als Erste überhaupt
WM-Gold von einer großen Schanze feiern.
Früh verfliegen im Oberstdorfer Abendhimmel
die deutschen Hoffnungen,
wie Mixed-Weltmeisterin Katharina Althaus.
Mäßige Landung auf Platz 12.
Beste Deutsche: Juliane Seyfarth.
Sie kann sich schnell anfreunden mit Rang 10.
Fast gelingt der Japanerin Takanashi nach weiter Luftfahrt auf 134 Meter
im zweiten Durchgang noch der große Coup,
aber die Führende vor dem letzten Sprung ist nervenstark.
Lundby, die lange Jahre so sehr
für diese Großschanzen-Premiere gekämpft hatte,
landet nach 130,5 Metern: Das reicht zu Gold.
Heute werde ich sicher feiern und dann hoffentlich auch begreifen,
was mir gelungen ist.
Gelungen ist Lundby nicht weniger als der historische WM-Sieg
vor Takanashi und der Slowenin Krizna.
Am Ende dieser Sendung wollen wir noch einmal schauen, ob sich in
Berlin etwas tut.
Es gab wohl eine kleine Runde, die sich zwischendrin zusammengesetzt
hat.
Angela Merkel, Markus Söder, Michael Müller und Olaf Scholz.
Es gibt eine Festlegung bei einem Zwischenstand.
Da gibt es zwei Stufen für die Öffnungen.
Es geht um die Inzidenzen von 50 und 100, da kann also leicht gelockert
werden.
Dann geht es weiter mit möglichen Lockerungen unter 50.
Damit wäre der Wert von 35 vom Tisch.
Dann könnte im Einzelhandel wieder eingekauft werden, allerdings mit
Einschränkungen.
Auch Galerien könnten wieder öffnen.
Kontaktloser Sport draußen wäre auch wieder möglich.
Das ist der Zwischenstand zusammengefasst.
Damit konnte sich die Kanzlerin mit der 35 offenbar nicht durchsetzen.
Dann ist die 50 wieder die neue 35.
Wir warten auf die Beschlüsse hier im ZDF.
Sie sehen dann jetzt im Anschluss das "auslandsjournal"
mit Antje Pieper.
Wir schalten dann später zur Pressekonferenz.
Soviel vom "heute journal" für den Moment.
Um 0:45 Uhr meldet sich Wulf Schmiese.
Auf diesem Satellitenfilm sehen Sie viele Wolken.
Wenn diese besonders weiß sind, sind sie besonders hoch.
Dieses Wolkenfeld über dem westlichen Mittelmeer
wurde durch Saharastaub ausgelöst.
An jedem kleinen Staubkorn bildet sich ein Wassertropfen,
dadurch dann eine große Wolke.
Die hat heute bereits Westdeutschland erreicht
und beschäftigt uns bis Freitag.
Dann allerdings verzieht sie sich aus Deutschland
und erreicht das Schwarze Meer.
Dass sie sich verzieht, liegt daran, dass ein Tief bei Helsinki
und ein Hoch über Island kalte Luft nach Süden schaufelt
und ein kleines Tief vom Ärmelkanal Richtung Tschechien zieht.
Dieses Tief bringt Regen.
Sollte es morgen etwas schmutzig werden, ist das der Saharastaub.
Heute Nacht regnet es ganz im Westen.
Schon morgen Vormittag ziehen die Regenwolken
langsam weiter nach Osten.
Nachmittags erreichen sie das Erzgebirge,
den Oberpfälzer und Bayerischen Wald.
Es können einige Gewitter in den Mittelgebirgen dabei sein.
Am Freitag wird es noch kälter.
In den Mittelgebirgen sinkt die Schneefallgrenze auf 400 m.
Das Wochenende wird wieder sonniger, aber nicht viel milder.