heute journal vom 17.05.2021 - Unter Verdacht - Ermittlungen gegen Kanzler Kurz
Diese Untertitel sind live produziert.
Guten Abend,
dass gegen einen amtierenden Bundeskanzler
wegen des Verdachts der Falschaussage ermittelt wird,
ist an sich schon beachtlich.
Und es ist eine ganze Menge, was die Wiener Wirtschafts-
und Korruptionsstaatsanwaltschaft zusammengetragen hat.
Jenseits einer strafrechtlichen Bewertung liefern die privaten Chats,
die Sebastian Kurz laut Aktenlage mit seinen Getreuen austauschte,
bemerkenswerte Einblicke.
Als es um die Vergabe eines der lukrativsten Posten
in Österreich geht,
tippte der Kanzler ein munteres "Kriegst eh alles was du willst"
in die Tasten, mit Herzchen und Smileys garniert.
Der so Bedachte freute sich:
das sei "grenzgenial" und werde "echt cool".
Ebenfalls mit Herzchen-Smileys garniert.
Wie gesagt: da ging es um einen der Top-Jobs in Österreich.
Das wirft unangenehme Fragen auf,
heute auch in einer Sondersitzung des Parlaments.
Britta Hilpert berichtet aus Wien.
Man kann Sebastian Kurz oft am Kragen ansehen,
was er von einem Termin hält:
Schlips trägt er, wenn es groß und wichtig ist.
Dieser Nationalrat, so zeigt er, ist es wohl nicht.
Es geht absolut und ausschließlich nur darum, andere zu diffamieren,
zu beschädigen und irgendwie zu vernichten.
Die Opposition will ihn vernichten, so erklärt er sich die Anzeige,
die Ermittlung gegen ihn.
Die Opposition spricht von Täter-Opfer-Umkehr.
Wenn von der politischen Kultur gesprochen wird,
wenn die Brandstifter sich hinstellen und sagen:
Es ist so arg, es gibt so viele Brände.
Es sind nicht die Mitglieder der Opposition,
die als Beschuldigte geführt werden,
sondern es sind Vertreter Ihrer Partei.
Wir wollen, dass diese Republik eine ist,
für die wir uns nicht schämen müssen.
Ich will, dass die Konsequenzen, wenn es zur Anklage kommt,
auch gezogen werden: Treten Sie dann einfach zurück, Herr Kurz.
Was heute hier entrüstet,
begann vor zwei Jahren mit dem Ibiza-Deal.
Es zeigt, wie der spätere rechts- populistische Vizekanzler Strache
Macht missbrauchen wollte.
Kurz schwarz-blaue Regierungskoalition zerbrach.
An den nächsten Partner, die Grünen, stellte der Kanzler hohe Ansprüche.
Darüber hinaus ist die Frage:
Wer hat das moralische Potenzial, eine Regierung zu führen.
Und: Mit wem kann man stabil regieren?
Doch Ibiza holt auch Kurz ein.
Ermittlungen zu dem Video um Machtmissbrauch und Postenschacher
erfassen seine Vertrauten: seinen Kabinettschef,
seinen Finanzminister und den neuen Chef der Staatsholding ÖBAG.
Der wichtigste Wirtschaftsposten der Republik ging an Thomas Schmidt,
mutmaßlich, weil er zur türkisen Familie gehört.
So lesen es Ermittler in Chat-Protokollen.
Und Kurz war mutmaßlich beteiligt.
"Kriegst eh alles, was du willst," schreibt der Kanzler an Schmidt.
Der antwortet: "Ich liebe meinen Kanzler".
Im Untersuchungsausschuss bestreitet Kurz,
Einfluss für Schmidt genommen zu haben.
Verdacht auf Falschaussage -
die Anklage sei wahrscheinlich, meint sogar Kurz selbst.
Der Schaden ist jetzt aber eh schon da.
Dieser Nimbus von damals ist weg.
Der Jungstar brach einst
mit Österreichs Tradition großer Koalitionen.
Neu auch die Partnerschaft mit den Grünen.
Wenn die ihn wahrscheinlich nicht mehr stützen,
bei Anklage oder Urteil ist das mehr als eine Etappenniederlage.
Kurz kann kein Interesse haben, als eine Art Schwarze Witwe
in die Geschichte der Republik einzugehen.
Als einer, der in vier Jahren drei Koalitionspartner verbraucht.
Es kann seine schwerste Krise werden.
Britta Hilpert, kann es eng werden für Kurz?
Jetzt noch nicht, es gibt noch zwei weitere Eskalationsstufen.
Eine Anklage scheint nicht ausgeschlossen
und dann steht ja noch ein Urteil aus.
Da werden ja noch einige Monate ins Land ziehen.
Das werden spannende Monate.
Es laufen mehrere Ermittlungen gegen mehrere Vertreter seiner Regierung.
Er muss seine Koalitionspartner enger an sich binden.
Dafür muss er ihnen etwas anbieten.
Es herrscht eine aufgeheizte und gespaltene Atmosphäre.
Da geht es darum, wie das gemildert werden kann.
Derweil gehen die Kämpfe in Nahost weiter.
Zwar mehren sich die internationalen Forderungen nach einer Waffenruhe.
Auch Bundeskanzlerin Merkel sagte heute
dem israelischen Premierminister,
sie hoffe auf ein "möglichst zeitnahes Ende".
Doch diese Zeit ist offenbar noch nicht gekommen,
jedenfalls nicht für Israel,
das einen Krieg an mehr als einer Front führt:
Zum einen will Israels Führung der Hamas klarmachen,
dass sie sich mit ihrem Raketenan- griff militärisch verkalkuliert hat.
Zugleich wird mit jedem Einschlag in Gaza
auch der im benachbarten Libanon sitzenden Hisbollah
eine Warnung gesendet.
Sie ist für Israel der noch gefährlichere Feind.
Und so wird in Gaza auch ein Exempel statuiert.
Mit dem Ausmaß haben die Führer der Hamas möglicherweise nicht gerechnet.
Sie verliert täglich Mann und Material.
Die größten Verluste aber trägt ihr Volk, berichtet Michael Bewerunge.
Es gleicht der Aufgabe des Sisyphos,
was den städtischen Mitarbeiter von Gaza-City jeden Tag bevorsteht:
die zerschossenen Stromleitungen wieder verbinden und noch wichtiger,
die zerstörten Wasserleitungen flicken.
Denn Wasser wird knapp in Gaza.
Yehya Al Saraj behält im Kriegsgeschehen die Ruhe,
obwohl er weiß, dass all die geflickten Leitungen
am nächsten Tag an anderer Stelle zerbombt sind.
Die Einwohner leiden unter der Wasserknappheit.
Jeden Tag melden sich fast 200 Anrufer,
die uns darum bitten, ihre Wasserversorgung wiederherzustellen.
Wir haben es zu unserer Toppriorität gemacht,
v.a. die großen Wohnblocks mit Wasser zu versorgen.
Die Flüchtlinge aus dem besonders attackierten Norden
müssen um Wasser mit Kanistern anstehen.
Sie haben in einer Schule der UN Zuflucht gefunden.
Wir hoffen, dass wir bald in unsere Häuser zurückkehren können,
denn hier haben wir kaum Wasser und nichts zu essen.
Doch noch sieht es nicht nach einem Waffenstillstand aus:
Bomben fallen, Raketen steigen auf.
Die schlugen heute besonders heftig in Aschdod ein.
Auch dort leidet die Zivilbevölkerung.
Mein Junge hat die ganze Zeit geweint.
"Ich will nicht sterben, ich will nicht sterben", rief er.
Ich habe ihm gesagt, dass wir nicht sterben werden,
dass wir sicher sind.
Die USA haben ihre stille Diplomatie beendet
und fordern nun offen das sofortige Ende der Gewalt.
Palästinenser und Israelis haben, wie alle Menschen, das Recht,
in Ruhe und Sicherheit zu leben.
Das ist kein israelisches oder palästinensisches Vorrecht.
Das ist ein Menschenrecht,
das durch die gegenwärtige Gewalt mit Füßen getreten wird.
Der Hamas käme ein Waffenstillstand entgegen.
Längst hat sie ihr Kriegsziel erreicht
und mit ihren Raketen
die Verwundbarkeit der israelischen Städte bloßgelegt.
Und viele Palästinenser und arabische Israelis
haben sich mit ihrem Kurs der Gewalt solidarisiert.
Doch wann ist Israels Kriegsziel erreicht,
möglichst viel der militärischen Infrastruktur der Hamas
zu zerstören?
Längst geht es darum, die Deutungshoheit zu erringen,
wer aus diesem Konflikt als Sieger hervorgeht.
Das Sicherheitskabinett beschließt daher am Abend weiterzumachen.
Der Beschluss lautet,
terroristische Ziele weiter anzugreifen.
Die Armee macht das sehr gut.
Wir werden das Notwendige tun,
um Ruhe und Sicherheit für alle Israelis wiederherzustellen.
Wann das sein wird, hat Netanjahu nicht gesagt.
Kaum fliegen im Nahen Osten wieder Raketen,
wird hierzulande prompt der Antisemitismus wieder laut.
Nicht, dass er nicht eh immer da wäre.
Aber jeder Krieg zwischen Israel und den Palästinensern
liefert den einschlägigen Gruppen einen willkommenen Anlass
zur Enthemmung.
Auf der Straße zeigte sich in den letzten Tagen
v.a. der eingewanderte Judenhass
aus arabischen und anderen muslimischen Communitys.
Aber der einheimische, sozusagen originaldeutsche Antisemitismus,
ist auch mit am Start.
Teils verbrämt als Israelkritik, auch das sind altbekannte Muster.
Daneben die Variante von rechts, in Form von Scheinsolidarität
mit Israel.
Gern aus Mündern, die bei anderer Gelegenheit
schamlos antisemitische Codes auf der Zunge tragen.
All diese Facetten sind nicht neu.
Und dennoch niederschmetternd.
Daniel Pontzen und Sarah Wagner berichten.
Ben Salomo ist jüdischer Rapper in Berlin.
Antisemitismus kennt er in all seinen hässlichen Schattierungen.
Zigfach ist er in Schulen gegangen, um dagegen zu kämpfen, aufzuklären,
insbesondere auch mit muslimischen Jugendlichen ins Gespräch zu kommen.
Ich habe die Erfahrung gemacht,
wenn man mit muslimischen Jugendlichen spricht,
sind sie sehr interessiert an Wissen.
Sie haben oft nur Halbwissen.
So erreicht der aufflammende Konflikt
Deutschland auf vielfältige Weise, zur Besorgnis der Bundesregierung.
Solch eine Einstellung ist in Deutschland inakzeptabel.
Das muss jeder wissen und es muss jedem
mit den Mitteln des Rechtsstaates klargemacht werden.
Dass es soweit kommen konnte,
habe die Bundesregierung selbst mitverursacht,
sagt Politikwissenschaftler Abdel-Samad.
Aus Sorge vor einem Erstarken der Rechten
habe man eingewanderten Antisemitismus
nicht ausreichend thematisiert.
Es kommen viele Migranten aus Syrien, Irak, Libanon,
die Antisemitismus quasi mit der Muttermilch vermittelt bekommen.
Antisemitismus gehört zur Bildungspolitik
in der arabischen Welt.
Ich habe das in der Schule in Ägypten vermittelt bekommen:
Judenhass, Verschwörungstheorien.
Dass der Großteil der Muslime Antisemitismus ablehne,
sei dabei ebenso zu betonen
wie die anderen Formen des Antisemitismus hierzulande,
v.a. von rechts.
Beides aber dürfe nicht dazu führen,
islamistischen Antisemitismus zu relativieren,
fordert auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter.
Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und darauf warten,
dass die Rechten irgendwelche Texte absondern,
die mit einfachen Botschaften versehen sind.
Sondern wir müssen in der Breite der Gesellschaft
auch darüber diskutieren, dass wir in der Zuwanderungsgesellschaft
ebenfalls einen weitverbreiteten Antisemitismus haben.
Eine Erfassung aller antisemitischer Vorfälle
und langfristige Forschungsförderung.
Auch haben wir gesetzliche Maßnahmen eingeführt:
das Gesetz gegen Hass und Hetze im Internet,
die verhetzende Beleidigung
ist dieser Tage vom Bundeskabinett verabschiedet worden,
dass das kommen soll.
Es ist viel zu tun, aber es ist immer noch nicht genug.
Entschiedenes Handeln sei nun gefragt,
damit es nicht ausgeht wie in Frankreich,
wo es auch mit Protesten begann.
Dann hat der Staat die Kontrolle über den Islamismus
und über die Migrations- situation verloren.
Leider verlassen die Juden nun Frankreich und gehen nach Israel.
Ben Salomo weiß, was das in "Brennpunktvierteln" bedeutet.
Der Kampf gegen Vorurteile, für Verständigung,
er wird durch die aktuellen Ereignisse nicht leichter.
Zu dem Thema gibt's nachher im "heute journal up:date"
ein Gespräch mit dem Psychologen und Extremismusexperten Ahmad Mansour.
Die Pläne für einen neuen europäischen Kampfjet
kommen nach monatelangen Verhandlungen voran:
Es ist das größte europäische Rüstungsprojekt, auf das sich
die Verteidigungsministerinnen von Deutschland, Frankreich
und Spanien verständigt haben.
Nun kann sich der Bundestag mit der Finanzierung
des neuen Luftkampfsystems befassen.
Etwa 1,2 Mrd. Euro müssen im Verteidigungshaushalt
für die Entwicklung des Eurofighter- Nachfolgers kalkuliert werden.
Die deutsche Hilfsorganisation "Sea-Eye" hat bei mehreren Einsätzen
im Mittelmeer über 400 Menschen aus Seenot gerettet.
Unter den Geflüchteten seien viele Kinder
sowie ein acht Monate altes Baby und eine schwangere Frau.
Wie die zivilen Seenotretter berichten,
brechen die Migranten meist von Libyen und Tunesien
in Richtung Italien auf.
Laut UNO starben in diesem Jahr bislang mehr als 600 Menschen
beim Versuch, das Mittelmeer nach Europa zu überqueren.
Großbritannien lockert die Corona- Beschränkungen von heute an weiter,
trotz Sorge vor einer Ausbreitung der sehr ansteckenden
indischen Virusvariante.
In weiten Teilen des Landes durften Touristenattraktionen, Museen, Kinos
und Sportstätten öffnen,
Pubs und Restaurants wieder Gäste im Innenbereich bedienen.
Freunde und Familie dürfen sich nun ganz offiziell wieder näher kommen.
Auch Auslandsreisen sind möglich.
Der nächste Öffnungsschritt ist für den 21. Juni geplant.
Dann sollen alle Beschränkungen in Großbritannien aufgehoben werden.
In Deutschland geht die Zahl der Neuinfektionen weiter zurück.
Das Robert Koch-Institut weist aber erneut darauf hin,
dass sich an dem langen Wochenende über Feier- und Brückentag
weniger Menschen testen ließen
und somit die Gesundheitsämter weniger meldeten.
Innerhalb von 24 Stunden registrierte das RKI 5.412 neue Fälle,
über 1.500 weniger als vor einer Woche.
64 Todesfälle kamen hinzu.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz liegt wie gestern bei 83,1.
Wenn dann demnächst vielerorts gelockert wird,
komme es umso mehr auf den Impffortschritt an,
sagen Epidemiologen.
Letztlich hängt das v.a. davon ab, wieviel Impfstoff da ist.
Der wird nicht dadurch mehr, dass die Priorisierung aufgehoben wird.
Aber vielleicht kann so das Tempo erhöht werden,
weil die Vergabe nicht mehr an individuellen Berechtigungen hängt,
die umfänglich dokumentiert werden müssen.
Spätestens ab 7. Juni soll die Impfpriorisierung
bundesweit aufgehoben werden,
dann dürfen alle ab 16 Jahren.
Einige Bundesländer handhaben das für die Arztpraxen jetzt schon so.
Fällt die Priorisierung weg, können die Ärzte
ohne den bisherigen zusätzlichen bürokratischen Aufwand
ihre Spritzen setzen.
Auch die Betriebsärzte dürfen dann mit ran.
Womit sich die Frage nach den Impfzentren stellt:
Braucht man die dann überhaupt noch?
Mit dem Thema hat sich Elisabeth Schmidt befasst.
Sie sollten den Impfturbo zum Laufen bringen,
doch oft gibt es diese Schlagzeilen: Impfstoffmangel.
Einige Zentren müssen tageweise schließen:
teure leere Hallen.
Nach einer ZDF-Umfrage bei den zuständigen Ministerien der Länder
kostet der Betrieb der Impfzentren in Deutschland jeden Monat
gut 220 Mio. Euro, mindestens.
Eine Spritze im Impfzentrum kostet laut Ärztevertretern
bis zu 13 Mal so viel wie beim Hausarzt.
In den Praxen wird eine Impfung mit 20 Euro abgerechnet.
In Impfzentren kostet diese bis zu 256 Euro.
Unter Gesundheitspolitikern mehren sich Stimmen,
die eine Schließung der Impfzentren fordern:
Impfzentren sollten ein Auslaufmodell sein
und nur noch für Zweitimpfungen zur Verfügung stehen.
Also für diejenigen Patienten,
die ihre Erstimfpung schon bekommen haben,
die ihren zweiten Termin im Impfzentrum haben.
Hauptposten der Impfzentren: das Personal.
U.a. Honorare für Ärzte, Hilfskräfte und Verwaltungsangestellte.
Anders als bei den Hausärzten, die Patientendaten digital verarbeiten,
müssen Impfzentren Impfberechtigung, Anamnesebogen oder Impfbescheinigung
sowohl digital als auch analog archivieren.
Wir haben bis zu 50 Aktenordner pro Tag nur hier in Hannover.
Die Kollegen vor Ort haben schon Überseecontainer angemietet,
um das alles verstauen zu können.
Die hausärztlichen, aber auch betriebsärztliche Strukturen
müssen jetzt stärker greifen.
Dort ist man von der Bürokratie abgewichen.
Dr. Schneider-Rathert, Hausarzt in Braunschweig,
spricht für die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin
und sagt: Hausärzte hätten von Beginn an mitimpfen können.
Denn die Europäische Arzneimittel-Agentur
habe früh erläutert, dass die meisten Impfstoffe
durchaus einige Tage im Kühlschrank einer Praxis
aufbewahrt werden könnten.
Doch statt die Hausärzte zu fragen,
habe der Bund die Impfzentren aufgebaut.
Manch einer hat sich gedacht: Da fällt nicht so auf,
dass die Kampagne nicht so schnell in Gang kommt,
weil, wenn sie uns 50.000 Hausärzt*innen
den Impfstoff ausgeliefert hätten
und wir wären um 8.23 Uhr und dann wäre der Impfstoff alle gewesen,
das hätte jeder gemerkt.
Wenn Sie aber eine lange Schlange
vor einem der wenigen Impfzentren sehen, denken Sie auch:
Das geht ja gut voran.
Diesen Vorwurf will die Union so nicht stehen lassen.
Zu Beginn der Impfkampagne
habe nur wenig Impfstoff zur Verfügung gestanden.
Dieser Impfstoff, der verfügbar war,
der musste sinnvoll, gerecht verwendet werden.
Dafür haben wir in großer Einmütigkeit
eine Priorisierung beschlossen, die dann auch sehr konsequent
von den Impfzentren umgesetzt worden ist.
Mit Aufhebung der Impfpriorisierung ab dem 7. Juni
ist dieses Argument hinfällig.
Wann die Impfzentren heruntergefahren werden,
entscheiden die Bundesländer.
Die meisten Verträge mit den Impfzentren
laufen mindestens bis Ende September.
So lange wird weiter teuer parallel geimpft:
in Zentren und Hausarztpraxen.
Es gebe Menschen und Gruppen, die durch die Corona-Krise
entzweit wurden,
sagte der Bundespräsident gestern zum Abschluss des Kirchentags.
Nach der Pandemie müssten Brücken gebaut werden.
In der Tat gab und gibt es viele Verwerfungen,
v.a., wenn Schicksale gegeneinander aufgerechnet werden.
Auf der einen Seite das Leid durch das Virus, mit Krankheit und Tod.
Auf der anderen Seite das Leiden,
das durch die Eindämmungsmaßnahmen entsteht.
Man kann sich im Leid aber auch verbünden.
Das zeigt unser Hamburger Kollege Ralf Zimmermann von Siefart.
Das ist eigentlich die Bühne der Sopranistin Kristina Stanek,
doch derzeit sieht es so aus.
Die Sängerin an der Hamburgischen Staatsoper ohne Publikum.
Dafür mit einem Patienten, dem 54-jährigen Ivan Kirr,
der schwer an Covid erkrankt war
und dem sie mit ihren Atemtechniken sehr helfen konnte.
Im Grunde geht es um das richtige Atmen
und das Wiedererlangen des ursprünglichen Lungenvolumens.
Ich war zu Beginn unsicher, ob die Übungen überhaupt etwas bringen,
da ich keine Atemtherapeutin bin.
Aber das war für mich tatsächlich
das größte Geschenk der ganzen Sache,
dass von 40 % auf 60 % Lungen- kapazität zurückgekommen ist.
Ivan Kirr hat immer viel Sport gemacht in seinem Leben.
Aber Covid hat ihn total aus der Bahn geworfen.
Doch allein die bislang sechswöchige Begleitung
mit Atemübungen macht ihm Mut,
seine ursprüngliche körperliche Fitness bald wieder zu erlangen:
Es fühlte sich an wie ein Eisenring, der um die Lunge ist,
sodass sich alles immer wieder zudrückt.
Den habe ich erst mal gestoppt und dann noch durchbrochen.
Es ist eine andere Lebensqualität,
wieder spazieren zu gehen und durchatmen zu können.
Und diese drei haben das ganze Projekt initiiert.
Ein Opernintendant und zwei Universitätsmediziner.
Dabei geht es um eine einfach klingende medizinische Not,
die das Virus verursacht.
Die Stärkung der Atemmuskulatur, das Wiederausdehnen des Brustkorbs,
das tiefe Einatmen, aber v.a. die Kräftigung:
Das ist das, was die Sänger*innen mit den Patienten trainieren.
Auch Franziska Pusch hatte die Krankheit schwer getroffen.
Zwölf Wochen lang war die 33-Jährige nicht nur außer Gefecht,
sondern auch kaum leistungsfähig.
Nicht mal ihre Treppe kam die sehr sportliche Ärztin mehr richtig hoch.
Ich hatte schwere Luftnot-Attacken mitten in der Nacht.
Es war wie abgeschnürt, ich habe keine Luft mehr bekommen.
Es hat alles nur geschmerzt.
Ich konnte die Atemmuskulatur,
die eigentlich dafür zuständig wäre, gar nicht einsetzen.
Immer nur durch die Nase einatmen.
Jana Kurucova ist auch Opernsängerin in Hamburg.
Die gebürtige Tschechin hat sich in der Pandemie
als Atemcoach extrem nützlich gemacht.
Eine gute Atmung durch die Nase, so ihr Credo,
ist nicht nur für Covid-Kranke, aber besonders für die ein Muss.
Und ihre Patientin Franziska Pusch ist ihr bestes Beispiel.
Ich habe selbst nicht geglaubt, dass es so schnell geht.
Dass man solche Erfolge so schnell feiern kann.
So hat die Staatsoper in Hamburg
einigen ihrer Sänger*innen einen ganz neuen Sinn gegeben.
In einer Zeit, in der das Virus der Kunst und der Kultur
das Leben mehr als schwer macht.
Und jetzt noch mal Gundula, zunächst mit dem Blick auf die Finanzwelt.
An den Finanzmärkten war zu diesem Wochenauftakt
das Auf und Ab von Digitalwährungen, insbesondere des Bitcoin, Thema.
Den Anlass gab erneut Tesla-Chef Elon Musk,
der nun seit Monaten in Sachen Bitcoin von sich reden macht.
Frank Bethmann, was steckt dahinter?
Der gebürtige Südafrikaner
ist mittlerweile für den Bitcoin tatsächlich das,
was führende Notenbanker für Dollar, Euro oder Yen sind.
Seit einigen Monaten bereits
steuert er die wichtigste Kryptowährung der Welt,
nicht, weil er ein Mandat hat, sondern weil er es kann,
durch Tweets und eigene Investments.
Musk liebt Ideen, die das Potential haben, die Welt zu verändern.
Und so bestimmt der Bitcoin-Fan und Tesla-Chef zu Wochenbeginn
wieder die Schlagzeilen.
In Grünheide bei Berlin
überprüfte er den Baufortschritt seiner neuen Autofabrik.
Gleichzeitig wies er via Twitter zurück,
seine Firma hätte Bitcoins verkauft.
Zuvor hatte es wilde Kurssprünge bei der Cyberwährung gegeben.
Und immer hatte Musk seine Hände im Spiel.
Im Februar gab Tesla bekannt,
1,5 Mrd. Dollar in Bitcoin investiert zu haben.
Außerdem begann das Unternehmen damit,
Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren.
Vergangene Woche dann der überraschende Rückzieher davon.
Der Bitcoin habe eine zu schlechte Umweltbilanz,
verbrauche viel zu viel Strom, produziert auch aus Kohle.
Wie viel Strom genau, ist erschreckend.
Weltweit verschlingt die Kryptowährung
inzwischen fast 139 Terawattstunden pro Jahr.
Das entspricht beinahe einem Viertel
des gesamten jährlichen deutschen Strombedarfs,
private Haushalte und Industrie zusammengenommen.
Und von alldem will ausgerechnet der visionäre Musk bis letzte Woche
nichts gewusst haben?
Das kaufen ihm seine Kritiker nicht ab.
Damit künftig mehr Menschen vom Flugzeug auf die Bahn umsteigen,
soll der grenzüberschreitende Zugverkehr in Europa
verbessert werden.
Darauf verständigten sich, auch mit dem Ziel des Klimaschutzes,
die EU-Verkehrsminister und Vertreter der Bahnindustrie
beim "Schienengipfel".
Neue Nachtzugangebote sowie schnellere Verbindungen
zwischen Europas Großstädten sollen das Bahnfahren attraktiver machen.
Das Ziel sei ein europäischer Taktverkehr der Züge,
so Bundesverkehrsminister Scheuer.
Fußball-Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen
fällt für die Europameisterschaft in diesem Sommer aus.
Der 29 Jahre alte Schlussmann hat sich mit seinem Verein FC Barcelona
auf eine notwendige Knieoperation verständigt.
Ter Stegen war für das Turnier vom 11. Juni bis 11. Juli
von Bundestrainer Löw
als Ersatzmann hinter Stammtorwart Manuel Neuer vorgesehen.
Fritz Keller ist als DFB-Präsident zurückgetreten,
wie bereits letzte Woche angekündigt.
Der 64-Jährige zog damit die Konsequenz
aus seiner verbalen Entgleisung,
als er im April Vizepräsident Rainer Koch
mit Nazi-Richter Roland Freisler verglichen hatte.
In seiner Rücktrittserklärung prangerte Keller
interne Machtkämpfe beim DFB an.
Es ist ein Abgang mit scharfer Kritik
am weltweit größten Sportfachverband.
Auf der DFB-Internetseite ist Fritz Kellers Stellungnahme
zu lesen.
Seine Amtszeit sei geprägt gewesen
von einem anhaltenden Machtkampf der zerstrittenen Verbandsführung.
Übergangsweise wird der kriselnde Verband
nun von den beiden Vizepräsidenten Peter Peters, links,
und Rainer Koch geführt.
Der 13. DFB-Präsident Fritz Keller waren nicht mal zwei Jahre im Amt.
Wer Nachfolger oder Nachfolgerin wird, ist noch völlig offen.
Das war's von uns, gleich nach dem Wetter geht's im Montagskino weiter.
Nazan Gökdemir meldet sich mit unserem "heute journal up:date"
um kurz nach 0.30 Uhr.
Und ein "heute journal" gibt's morgen wieder, auf Wiedersehen.
Sommerliche Höchsttemperaturen von 35 Grad
gibt es morgen hier an der Algarve.
Auch nördlich von Moskau liegen die Höchsttemperaturen bei 30 Grad.
In Mitteleuropa dagegen gibt es morgen nur Werte um die 15 Grad.
Das liegt an vielen Tiefs, die von Großbritannien kommen,
über Ungarn ziehen und schließlich nach Skandinavien weiterziehen.
Eine Wetterberuhigung ist erst mal nicht in Sicht.
Heute Nacht gibt es noch etliche Schauer.
Auch morgen wird es wieder wechselhaft.
Evtl. scheint zwischen Nordseeküste und Erzgebirge
auch mal länger die Sonne.
Aber spätestens nachmittags gibt es auch dort Schauer und Gewitter
bei Westwind.
Wechselhaft geht es in den nächsten Tagen weiter.
Am mildesten wird es noch am Freitag.
Nun verlassen wir Mitteleuropa und fliegen ganz woanders hin.
Im Indik heißen die tropischen Wirbelstürme "Zyklone".
Der Zyklon Tauktae hat hier die Westküste Indiens erreicht
und ist da in den vergangenen 48 Stunden weiter nach Norden gezogen.
Er wird in diesen Stunden an Land anlanden
mit Windgeschwindigkeiten von über 150 km pro Stunde.