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2021 Tagesschau, tagesthemen 09.09.2021, 22:15 Uhr - Zweifel an moderatem Kurs der Taliban, Mehrere Bundesländer planen schärfere Corona

tagesthemen 09.09.2021, 22:15 Uhr - Zweifel an moderatem Kurs der Taliban, Mehrere Bundesländer planen schärfere Corona

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (09.09.2021)

Heute im Studio: Caren Miosga

Guten Abend.

Noch hoffen viele , dass es nicht so schlimm kommen wird.

Afghanistan nicht wieder in finstere Zeiten verfällt.

Doch die Bilder, die uns erreichen, lassen genau das erahnen.

Dieses Foto zeigt afghanische Journalisten.

Sie wollten über eine Demonstration berichten,

doch die Taliban hinderten sie, prügelten sie bewusstlos.

Dass diese Männer ihre Verletzungen zeigen,

ihre Namen nennen und ihre Zeitung dieses Bild veröffentlicht:

Das zeugt nicht nur von Mut.

Es soll auch sagen:

Seht her, wie sie wirklich sind:

Die Taliban, die glauben machen wollen,

sie würden Menschenrechte achten, Meinungsfreiheit zulassen.

Den westlichen Journalisten begegnen sie weitgehend freundlich,

wie Markus Spieker auf seiner Reise in die Provinz selbst erfahren hat.

Wenn die Menschen in Kabul sich erholen wollen,

fahren sie zum Qargha-See kurz vor der Stadt.

Die Taliban sind auch da, sie lassen sich fotografieren.

Ein Checkpoint kontrolliert uns. Das darf ich nicht filmen.

Dann bin ich da, wo ich vor einigen Jahren

fröhliches Getümmel beobachtet habe.

Diesmal herrscht trotz des Wetters Leere:

Bei den Attraktionen, in den Restaurants, am Strand.

Dafür wimmelt es von Taliban: die neue Sicherheitspolizei.

Gut gelaunt - auch, als ich mich als deutscher Journalist vorstelle.

Sie wollen ein Bild mit mir.

Ich bitte um ein Interview. Kein Problem.

Aus ihrer Sicht alles super.

Als wir in Kabul einmarschiert sind, war die Lage chaotisch.

Aber mittlerweile haben wir alles im Griff.

Die Leute freuen sich, dass es jetzt sicher ist.

Mit diesen Leuten würde ich gerne reden.

Aber die wollen sich nicht interviewen lassen.

Die Taliban sind immer in Sichtweite.

Endlich erklären sich ein Strandhüttenbesitzer

und ein Besucher bereit, während die Taliban zuhören.

Es ist besser als vorher.

Früher haben die Behörden von uns Geld erpresst.

Die Taliban tun das nicht. Sie passen gratis auf.

Das Islamische Emirat hat versprochen,

dass alles besser wird.

Auch ihr Ausländer braucht keine zu Angst haben.

Ich glaube an eine gute Zukunft.

Wir fahren weiter, vorbei an Schulmädchen,

hinauf in die Berge.

Paghman gilt als Gartenhauptstadt des Landes,

vor 100 Jahren hat der König diesen Triumphbogen aufgestellt.

Jetzt herrschen die Taliban.

Diesmal lassen sie mich nicht filmen, führen mich in die Kommandozentrale,

Fernsehkameras nicht erlaubt.

Der Ortschef verhört mich, lädt mich dann ein,

mitzuhelfen beim Aufbau des Landes - ich will lieber weiter.

Nach vielen Versuchen - endlich ein Ladenbesitzer, der redet.

Sogar mit kritischen Untertönen.

Das Geschäft geht schlecht, es gibt keine Touristen.

Alle warten, wie sich die Dinge entwickeln.

Wir hoffen, dass die Regierung ganz Afghanistan repräsentiert.

Und nicht nur die Taliban.

Zurück in die Stadt. Letzter Stopp: die Avicenna-Universität.

Sie ist durch Fotos ins Gespräch gekommen:

Männliche und weibliche Studenten getrennt,

um den Taliban entgegenzukommen, damit es weitergehen kann.

Doch heute - kaum Betrieb.

Die meisten Studenten bleiben wohl aus Angst zu Hause.

Der Uni-Präsident bittet um Verständnis, dass er nichts sagt.

Der neue Hochschulminister hat sich vielsagend geäußert.

Die meisten Kabinettsmitglieder hätten keine höhere Schulbildung.

Bildung sei überschätzt - auf die Frömmigkeit komme es an.

Dass die Taliban kein Pardon kennen,

hat man in den letzten Tagen gesehen.

Brutal gingen sie gegen Journalisten und protestierende Frauen vor.

Mittlerweile sind alle nicht erlaubten Demonstrationen verboten.

Am Nachmittag bin ich zurück in der Innenstadt.

Die wirkt geschäftig wie immer.

Aber die Taliban sind allgegenwärtig.

Immer aggressiver bemächtigen sie sich des Landes und seiner Menschen.

Markus Spieker ist uns zugeschaltet aus Kabul.

Berichte von misshandelten Journalisten und Demonstranten

häufen sich.

Ist das der Anfang einer Schreckensherrschaft,

wie wir sie aus den 90ern kennen?

Mir zeigte gestern ein afghanischer Kameramann den Rücken.

Er war von Gewehrkolben der Taliban zusammengeschlagen worden.

Er sah ähnlich geschunden aus.

Es war eine schreckliche Illusion zu glauben,

dass sich die Taliban in 20 Jahren Terrorkampf gemäßigt hätten.

Nein, sie fühlen sich bestärkt in ihrer Mission,

einen Gottesstaat nach ihren Vorstellungen einzurichten.

Heute gab es keine Demo, keine Taliban-Übergriffe.

Vielleicht ist deren Präsenz auf den Straßen so groß,

dass es dazu nicht kommt.

Aber heute gab es eine Nachricht:

Ab morgen werden Internet und soziale Netzwerke überwacht.

Die Taliban drehen weiter an der Repressionsschraube.

Immerhin ein Versprechen scheinen die Taliban zu halten:

Heute startete das erste zivile Flugzeug in Kabul,

mit mehr als 100 Passagieren, darunter Deutsche.

Werden weitere Maschinen folgen?

Heute waren wohl 15 Deutsche an Bord, bzw. deren Angehörige.

Mit einem wollte ich ein Interview machen.

Der meldete sich dann vom Rollfeld und sagte:

"Ich sitze im Flieger auf dem Weg nach Deutschland.

Das ist der glücklichste Moment bei mir."

Es wird wohl weitere Flieger geben.

Deutsche Staatsangehörige in dreistelliger Höhe

könnten in den nächsten Wochen ausfliegen.

Die Taliban haben damit kein Problem.

Anders ist es mit afghanischen Ortskräften

und mit bedrohten Afghanen, die nach Deutschland wollen.

Die Frage ist, ob sich die Taliban da erweichen lassen.

Das wird Teil der Verhandlungen in den nächsten Wochen sein,

Danke, Markus Spieker aus Kabul.

Nach Deutschland, wo die Neuinfektionen weiter ansteigen

und sich deshalb die Regeln für Nichtgeimpfte verschärfen.

In zahlreichen Bundesländern gibt es Pläne,

dass sie künftig in Quarantäne keine Lohnfortzahlung mehr bekommen.

Fußballvereine wie der Zweitligist Karlsruher SC denken darüber nach,

nur Geimpfte und Genesene in die Stadien zu lassen.

Baden-Württemberg will ab kommender Woche eine 2G-Regel einführen.

Die entscheidet, wer wo am öffentlichen Leben teilnehmen kann.

Alexandra Gondorf und Thomas Denzel.

Vor wenigen Wochen gab es hier keinen Corona-Patienten.

Inzwischen arbeitet das Pflegeteam wieder am Anschlag.

Klinikum Stuttgart, Intensivstation.

Der Patient ist erst 38 Jahre alt.

Er ist ungeimpft, wie im Moment fast alle Covid-Patienten

auf Intensivstationen in Baden-Württemberg.

Man hat damit gerechnet, trotzdem frustriert es einen.

Ich glaube, dass wir alle langsam durch sind

und dass alle gehofft haben, dass uns das erspart bleibt.

Die Zahl der Intensivpatienten, warnt das Landesgesundheitsamt,

habe sich in Baden-Württemberg in wenigen Tagen fast verdoppelt.

Es plant Verschärfungen, vor allem für Menschen ohne Impfung.

In Restaurants und andere öffentliche Einrichtungen

sollen Ungeimpfte nur noch mit PCR-Test dürfen:

Wenn die Belegung der Intensivstationen

einen kritischen Wert erreicht.

Wenn sich die Lage verschlimmert,

soll in ganz Baden-Württemberg sogar die 2G-Regel gelten.

Ungeimpfte dürften Lokale dann gar nicht mehr besuchen.

Die Nicht-Geimpften bescheren uns die steigende Infektionsinzidenz.

Ich kann nur dort was machen.

Oder ich lasse es laufen,

dann sterben Nicht-Geimpften vor der Intensivstation.

Greifen sollen die Einschränkungen,

wenn es eng wird auf den Intensivstationen.

Einigen geht das nicht schnell genug.

Das sagt der Vorsitzende des Weltärztebundes.

Wo es unmöglich ist, etwa im öffentlichen Nahverkehr,

will er Ungeimpfte nur noch mit negativem PCR-Test zulassen.

Kontrollen in Bahn und Bus halten Fachleute für unmöglich.

Stellen Sie sich eine U-Bahn vor, die alle zwei, drei Minuten anhält.

Oder eine Straßenbahn, ein Bus.

Da würde nichts mehr funktionieren im deutschen ÖPNV.

Damit die Intensivstation im Klinikum Stuttgart funktioniert,

hofft das Team auf Erleichterung.

Auf einen Rückgang der Infektionen.

Die Pandemie kostet uns viel -

und benachteiligt vor allem die, die ohnehin wenig Geld haben.

Wer früher sein Sparschwein füllte, konnte es immer dicker werden sehen,

solange man es brav bei der Sparkasse abgab.

Heute sind Sparer doppelt bestraft.

Weil es keine Zinsen mehr gibt und man draufzahlen muss,

wenn die Bank das Geld für einen hortet.

Und weil die Preise klettern und mit ihr die Inflation.

Die Inflationsrate steigt, auch in Deutschland.

Was will die europäische Hüterin des Euro, die EZB, dagegen tun?

Oder besser, was NICHT, erklärt Klaus Reiner Jackisch.

Ruhige Abendstimmung im EZB-Tower am Mainufer.

Doch die hohe Inflation setzt die Währungshüter unter Druck.

Durch die Corona-Krise brach die Wirtschaft ein,

doch erholte sich schnell wieder.

Die Folge: Lieferengpässe, knappes Angebot, hohe Nachfrage.

Die Preise für Speicher-Chips, Elektroartikel, Rohstoffe zogen an:

Wie für Rohöl, einem der größten Preistreiber.

Verbraucher merken das an der Tankstelle,

auch bei Urlaubsreisen und Nahrungsmitteln.

Derzeit liegt die Inflationsrate im Euroraum bei 3 %,

in Deutschland bei knapp 4 %.

Die Preise dürften weiter steigen.

Viele Unternehmen lassen vor Ort produzieren statt in Fernost.

Das ist teurer.

Volkswirte sehen in der Klima-Debatte einen Preistreiber.

Der Kampf gegen den Klimawandel wird nicht kostenfrei sein.

Wir haben dieses Jahr in Deutschland gesehen,

dass CO2-Preise nach oben gehen.

Das wird in den kommenden Jahren auch der Fall sein.

Hohe Preise führen zu höheren Löhnen, dadurch steigt die Inflation.

Fazit dieser Entwicklungen:

Ich gehe davon aus, dass wir höhere Inflationsraten sehen,

zumindest über 2 %.

Zeitweise könnte sie darüber liegen.

Die sieht noch keinen Handlungsbedarf.

Der Anstieg der Inflation ist vorübergehend.

Der Preisanstieg entwickelt sich nur langsam.

So lange die EZB davon ausgeht, dass der Inflations-Sprung

vorübergehend ist, hat sie keine Veranlassung gegenzusteuern.

Die Notenbänker haben Sorge, ihre Geldpolitik zu schnell zu ändern.

Das könnte viele europäische Staaten in Nöte bringen,

wenn sie frisches Geld brauchen.

Und zu Turbulenzen auf den Finanzmärkten führen.

Wer Geld auf dem Sparbuch hat.

Und all diejenigen, die sich den Traum vom Eigenheim

nicht erfüllen konnten.

Am stärksten trifft die EZB-Geldpolitik diejenigen,

die ohnehin nicht viel haben.

Bleibt noch die Frage an Anja Kohl, unsere Frau für Finanzen.

Es trifft vor allem Geringverdiener und Sparer,

Menschen, die fürs Alter vorsorgen müssen.

Wie kann es gelingen, dass die nicht weiter Geld verlieren?

Eine hochpolitische Frage.

Wer nichts hat, der kann seine Euro nicht in Aktien anlegen.

Das wäre zynisch, die Politik muss handeln.

Sie muss ein Vorsorgesystem etablieren,

in das alle einzahlen können.

Es muss am Kapitalmarkt investieren.

Norwegen hat 2020 breit am Aktienmarkt investiert

und elf Prozent Rendite erzielt.

Und alle Bürger Norwegens konnten daran teilhaben.

Für den, der noch mehr hat, 30, 50, 70 Euro im Monat,

kann nur gelten: nicht zinslos sparen.

Er sollte monatlich anlegen, früh anfangen.

Und er sollte nicht auf den Zins vertrauen.

Gibt's die Hoffnung, dass die Zinsen irgendwann wieder steigen?

Vielleicht ein bisschen.

Aber der Zins kommt nicht substantiell wieder.

Vielleicht nur symbolisch.

Vermögen oder Wohlstand wird man damit nicht aufbauen können.

Wir hatten eine Finanzkrise, dann die Pandemie.

Das wurde aufgefangen.

Jetzt haben wir horrende Schulden im Euroraum.

Es wird keinen Zins geben, Sachwerte bleiben gefragt.

Aktien, Immobilien, Gold.

Die Regierungen haben schnell für Aufschwung gesorgt.

Das ist jetzt wieder der Fall.

Damit Deutschland den Wohlstand behält, muss sich mehr bewegen.

Danke, Anja Kohl.

Was kostet uns das billige Geld?

Dazu Sabrina Fritz vom SWR.

Inflation ist ungerecht.

Sie trifft die am härtesten,

bei denen der Monat mehr Tage hat als Geld.

Wer eine neue Fabrik bauen, ein Haus oder Auto kaufen will,

freut sich, wenn er seinen Kredit fast für umme kriegt.

Das war mal die Idee hinter dem billigen Geld:

Die Wirtschaft nach der Finanz- und dann der Coronakrise

wieder in Schwung zu bringen.

Aber Geld ist nicht mehr das größte Problem.

Wir würden gerne mehr Autos, Konsolen oder Fahrräder kaufen.

Aber es gibt sie nicht.

Die Halbleiter-Chips fehlen,

oder Container, sie von China nach Köln zu schaffen.

Das ist Nährboden für Inflation: Viel Geld trifft auf wenig Angebot.

Nach dem Motto:

Mir egal, ob das Lastenfahrrad 200 Euro mehr oder weniger kostet.

Hauptsache, ich krieg es vor Weihnachten.

Das ungesunde Zusammenspiel aus viel Geld und wenig Angebot

erleben wir seit Jahren auf dem Immobilienmarkt.

Dort können sich Familien keine Wohnung oder kein Haus mehr leisten.

Darum muss Schluss sein mit dem billigen Geld.

Die Trippelschritte von EZB-Präsidentin Lagarde

sind zu klein.

Billiges Geld sei eine Droge, heißt es auf dem Finanzmarkt.

Wissen Sie, wer danach süchtig ist? Der Finanzminister.

Der muss für seine Schulden viel weniger Zinsen zahlen.

2008 gingen 14 % der Bundesausgaben für Zinsen drauf.

2020: nur 2 %.

Klar sollen die Zinsen nicht in die Höhe schießen.

Aber etwas mehr sollte uns das Geld wert sein.

Schon der Schwabe weiß: Was nix kosch', ist auch nix wert.

Die Meinung von Sabrina Fritz.

Wenn das Geld durch Inflation weniger wert ist,

dann ist es umso wichtiger, dass man nicht zusätzlich belastet wird.

In der Steuerpolitik

bleibt die Bierdeckeleinfachheit eine Vision.

Wie eine unkomplizierte Struktur bei den Steuersätzen.

Die Konzepte der Parteien und deren Regelwerk sind nicht von Pappe.

Wir haben sie uns angeschaut.

In der Serie "Wer will was?" zeigt Nicole Kohnert,

was die Politiker tun möchten, sollte man mitregieren.

Tilda ist fünf Monate alt, Mutter Franziska alleinerziehend.

Die 34-Jährige ist in Elternzeit,

arbeitet als Personalerin bei einer Tochter der Deutschen Bahn.

Ihr Jahres-Einkommen vor der Geburt: 40.000 Euro.

Franziskas hat Sorge, wie sie das nach der Elternzeit stemmen kann:

Für die Zukunft befürchte ich, dass ich den Tränen nahe bin,

wenn ich die Gehaltsabrechnung aufmache und mir denke:

Unterm Strich bleibt da nicht viel, es ist eine hohe Belastung.

Alle Parteien wollen sie entlasten.

Das Zentrum für Europäische Wirtschafforschung

hat das durchgerechnet.

Am meisten entlasten möchte die Linkspartei mit 2940 Euro,

dahinter die AfD mit 1920 Euro.

Die AfD sieht in ihrem Konzept das Familiensplitting vor:

Alle im Haushalt, ob sie Geld verdienen oder nicht,

werden gleich berücksichtigt – auch ein fünf Monate altes Baby:

Das, was diese Frau verdient, wird durch zwei dividiert.

Auf jeden dieser Teil-Beträge

wird das Einkommenssteuerrecht angewendet.

Das führt zu einer geringeren Summe, als wenn nur einer

dem Einkommenssteuerrecht unterworfen wird.

Auch die Union will entlasten: mit 920 Euro, die Grünen mit 970.

Eine Alleinerziehende mit einem Kind mit einem niedrigen Einkommen

profitiert davon, dass wir den Grundfreibetrag heraufsetzen wollen.

Vor allem wollen wir eine Kindergrundsicherung einführen.

Die wird für eine Alleinerziehende eine deutliche Verbesserung bringen.

Einigkeit bei allen Parteien,

wenn es um mehr Netto vom Brutto für kleine und mittlere Einkommen geht.

Anders bei hohen Einkommen.

Würde Franziska im Vorstand der Bahn sitzen,

würde sie mindestens 400.000 Euro verdienen.

Dann möchte die Linkspartei sie zur Kasse bitten:

99.100 Euro hätte sie weniger.

Das liegt an höheren Sozialabgaben und dem Spitzensteuersatz:

Wir wollen, dass der Spitzensteuersatz später einsetzt.

Der setzt jetzt zu früh ein, wir wollen ihn auch anheben.

Der war zu Zeiten von Helmut Kohl bei 53 %.

Da wollen wir wieder hin.

Grüne und SPD wollen Spitzenverdiener weniger zur Kasse bitten.

Bei der SPD wäre das Minus 10.460 Euro.

Wenn man viel Geld verdient, als Alleinstehender 250.000 Euro

und verheiratet 500.000 Euro:

Dann muss man drei Prozentpunkte mehr Steuern bezahlen.

Mehr Netto für Spitzenverdiener mit 400.000 Euro

käme bei den anderen Parteien raus.

Nach Berechnungen des ZEW bei der AfD: 42.300 Euro.

Bei der FDP: Ein Plus von 15.100, bei der Union 11.540.

Das liegt an der geplanten Abschaffung des Soli für alle.

Wir werden den Soli auch für die höheren Einkommen,

für die letzten 10 %, abschaffen müssen.

Das wird in einem Steuerkonzept gerechnet werden.

Durch die Abschaffung des Soli profitieren alle,

auch Besserverdiener - das ist richtig so.

Der ist nicht verfassungsgerecht und muss abgeschafft werden.

Ökonom Marcel Fratzscher zweifelt an der Finanzierbarkeit

der Steuerkonzepte von Union und FDP:

Da ist die Ironie:

Die Parteien, die am stärksten auf die Schuldenbremse bestehen,

deren Steuerpläne sind inkonsistent mit der Schuldenbremse.

Die, die sie modifizieren wollen, wie die Grünen,

sind konsistent mit der Schuldenbremse.

Mehr Schulden wären keine gute Nachricht für Baby Tilda:

Ihre Generation müsste es zurückbezahlen.

Darum geht es im Wahlkampf auch:

Es nervt, wenn in den Städten auf den Straßen nichts mehr geht.

Der Mix aus Autohupen, Fahrradgeklingel und Kraftausdrücken

die Fahrt zur Arbeit bestimmt.

Was ist die Alternative?

Streitet man sich über verkehrsberuhigte Zonen

und ausgedehnte Fahrradwege nicht genauso heftig?

Seit Wochen reisen wir durch Deutschland,

um Ihnen die Stimmung vor der Wahl näher zu bringen.

Und sind diesmal mittendrin in Hamburg,

wo ein Verkehrsknotenpunkt v.a. ein Ort der Verknotung ist.

Hier müssen alle vorbei. Hamburg-Dammtor. Mitten in der City.

Bus, Auto, Fahrrad:

Gerangel um jeden freien Meter.

Der Radverkehr ist 2021 um 30% gestiegen. Das braucht Platz.

Er möchte den öffentlichen Raum neu sortieren:

Verkehrssenator Anjes Tjarks. Ein Grüner.

Autospuren will er zu Fahrrad-Trassen machen.

Wir haben 2021 63 km Radwege gebaut - Rekord.

Und 194 km Straße saniert.

Auf 700 Baustellen wird für Hamburgs Mobilitätswende gearbeitet.

16 U-Bahn-Stationen entstehen,

Hunderttausende Pendler könnten aufs Auto verzichten.

Gleichzeitig wollen mehr Menschen häufiger unterwegs sein.

Wenn man will, dass eine Stadt mobil bleibt,

muss der Einzelne weniger Fläche einnehmen.

Das ist zwingend, um Mobilität zu gewährleisten.

Im Stadtteil Eimsbüttel wollen Anwohner Mobilität eher verhindern.

18.000 Menschen pro qkm leben hier, fast so viel wie in Seoul.

Hier will eine Initiative öffentliche Räume zurückerobern.

Bei ihrem Projekt "Superbüttel" sollen die Straßen umgewidmet werden.

Parkplätze weg, kaum Durchgangsverkehr.

Wir möchten den öffentlichen Raum den Menschen zurückgeben:

Dass man sich hier gern aufhält.

Es kann nicht angehen, dass Kfz-Verkehr

zehnmal so viel Fläche in Anspruch nimmt wie die Menschen.

Wir wollen nicht "Autos raus".

Wir wollen, dass sie ihre Dominanz verlieren.

Laut einer Umfrage fordern hier über 70% mehr öffentlichen Raum.

Autos sollen unterirdisch parken.

Was besprecht ihr?

Autofreie Zonen gefallen nicht jedem.

Gewerbeinteressen contra Familienträume.

Anwohner gegen Anwohner.

Ich soll keinen Parkplatz mehr haben? Nee, darum geht's nicht.

So macht ihr das doch publik, wie toll grün hier alles wird.

An einem Teilstück der Alster ist die Mobilitätswende vollzogen:

Unterwegs mit dem Senator, der sein Schmuckstück präsentiert:

10.000 Radler täglich - keine Autos mehr.

Hier ist 'n Wechsel von Auto zu Rad.

Früher waren hier nur Autos, heute sind sie eher zu Gast.

Das Auto nur noch Gast?

12 Velorouten sind geplant,

sternförmig führen sie in die Innenstadt.

Dazu sechs Fahrrad-Schnellstraßen aus dem Unland.

Ob so viele Pendler aufs Fahrrad umsteigen?

Im Stadtteil Ottensen ist die Politik einmal gescheitert:

Zentrale Straßen wurden für den Autoverkehr gesperrt.

Spielen und Tanzen statt Autos. Schnell gab es Aufruhr.

Ein Gericht stoppte das Pilotprojekt. Verhärtete Fronten.

Einige fühlen sich bis heute übergangen.

Die Anwohner sind nicht gefragt worden.

Handwerk, Handel, Geschäfte, Gastronomie, Wohnen:

Wenn man das erhalten will, muss man alle mitnehmen.

Da kann man nicht mit Ad-hoc-Maßnahmen kommen.

Bis man sich auf eine neue Regelung einigt,

lenkt ein Stuhl das Miteinander.

Der Senator braucht einen langen Atem:

Fahrradstadt werden, Autostadt bleiben.

Diese Programme muss man 10, besser 20 Jahre durchhalten.

Dann reden wir von einer anderen Stadt.

Allerdings steigt die Zahl der Autos in Hamburg.

Jedes Jahr.

Wegen Verdachts der Strafvereitelung

gab es heute eine Durchsuchung in zwei Bundesministerien.

Constantin Schreiber:

Ermittler haben das Finanz- und das Justizministerium durchsucht.

Hintergrund sind Ermittlungen gegen eine Spezialeinheit des Zolls,

die Hinweisen auf Geldwäsche nachgehen soll.

Der Verdacht:

Man habe auffällige Transaktionen

nicht an Polizei und Justiz weitergemeldet.

Finanzminister Scholz zeigte sich irritiert.

Die Staatsanwaltschaft

hätte ihre Fragen auch schriftlich stellen können.

Sieben Jahre nach Schließung der Botschaft in Libyen

hat Außenminister Maas sie heute wieder eröffnet.

Berlin wolle die Präsenz in Libyen ausbauen,

aber auch die Fortschritte des Landes würdigen.

Nach Jahren des Bürgerkriegs

gilt seit fast einem Jahr eine Waffenruhe.

Für Dezember sind Wahlen geplant.

Im Tarifkonflikt zwischen Bahn und Lokführergewerkschaft GDL

gibt es offenbar Bewegung.

Laut dpa will die Bahn bis zum Wochenende

ein "neues und verbessertes Angebot" vorlegen.

GDL-Chef Weselsky drohte, ab Montag neue Streiks vorzubereiten,

sollte die Bahn kein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen.

An den Berliner Krankenhäusern Charité und Vivantes

hat ein unbefristeter Streik der Beschäftigten begonnen.

Sie fordern einen Tarifvertrag mit deutlichen Entlastungen,

etwa durch eine Mindest-Personalausstattung.

Ver.di geht davon aus,

dass bis zu 1000 Beschäftigte dem Aufruf gefolgt sind.

Die Notfallversorgung sei sichergestellt.

Planbare Behandlungen mussten verschoben werden.

Das Amtsgericht München hat Ex-Nationalspieler Jerome Boateng

wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung verurteilt:

Zu einer Strafe von 1,8 Mio. Euro.

Er soll während eines Urlaubs vor drei Jahren

gegen seine damalige Partnerin gewalttätig geworden sein.

Boateng bestreitet die Vorwürfe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Sieben Wochen bis zum Abflug zur Internationalen Raumstation.

Heute hat der deutsche Astronaut Matthias Maurer

über die Herausforderungen der Mission gesprochen.

Maurer soll ein halbes Jahr auf der ISS verbringen,

mit Astronauten der NASA.

Viele Experimente sind geplant,

u.a. zum Muskelaufbau im All und zur Klimaforschung.

Saddam Hussein war ein Diktator und Mörder.

Als seine Statue im April 2003 vom Sockel gekippt wurde,

war das mehr als ein Symbol für seinen Sturz.

Ein Volk befreit von einem Tyrannen.

Für die USA war es der Sieg in einem Krieg, der mit einer Lüge begann.

Denn der Grund für diesen stellten sich als unwahr heraus.

Das Land hatte keine Massenvernichtungswaffen.

Die Infos über das angebliche Giftarsenal kamen aus Deutschland.

Die Agentenstory ist als Politsatire "Curveball" im Kino zu sehen.

Svea Eckert.

Vorhang auf für eine unglaubliche Geschichte,

die auf wahren Ereignissen basiert.

Die Macher des Films Curveball – Wir machen die Wahrheit

bei der Premiere in Berlin.

Im Jahr 2000.

Ein geheimnisvoller Informant

berichtet Arndt Wolf, dem Biowaffenexperten de BND:

Der Irak stelle hochgefährliches Anthrax her.

Dieses werde auf Lkw versteckt, die sich ständig bewegten.

Eine Lüge mit Folgen.

Der Mann, der damals dem BND vorstand, erinnert sich.

Plötzlich nach dem 11. September

wollten die US-Amerikaner diese Info veröffentlichen.

Bundesregierung und BND waren kritisch gegenüber dem Irakkrieg.

Wir hielten das für einen Fehler.

Wir sollten jetzt eine Begründung liefern für diesen Krieg.

Das brachte uns in eine schwierige Situation.

Wir haben uns entschieden in Rücksprache mit der Regierung:

Ja, wir geben das weiter.

Aber wir weisen darauf hin,

dass das eine nicht bestätigte Info ist.

Der Film überzeichnet.

Er zeigt einen BND, der davon getrieben ist,

bei den Großen mitspielen zu wollen.

Das ist ein Knaller.

Ein absoluter Knaller, das muss raus!

In Film und Realität bekommt die nicht bestätigte, ja falsche Info

ein Eigenleben mit drastischen Konsequenzen.

Colin Powell, US-Außenminister, präsentiert sie im UN-Sicherheitsrat.

Die Kritzeleien wurden präsentiert

als schlagkräftige Begründungen für den Irakkrieg.

Jahre später spürt ein Journalist des NDR dem Informanten nach.

Mit seinen Lügen habe sich der Mann Asyl erschleichen wollen.

Man hat sich von dem verschaukeln lassen.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Ein Riesenapparat mit Naturwissenschaftlern,

die ein Biowaffen-Programm naturwissenschaftlich beurteilen.

Mit Leuten, die die Sprache können, politische Hintergründe kennen:

Iraker, Irak, Saddam Hussein.

Man hat diese Leute im Riesenapparat.

Aber es ist trotzdem nicht gelungen, dem Mann auf die Schliche zu kommen.

Der Film Curveball erzählt mit viel schwarzem Humor,

wie eine kleine Lüge weltpolitische Konsequenzen hat.

Nun hat Karsten die Chance sich beliebt zu machen,

mit noch mehr herrlichstem Spätsommerwetter.

Wenn das so einfach wäre.

Aber die Regenschauer und Gewitter beenden das schöne Wetter.

Schon heute gab es Regen mit Unwetterpotenzial.

Das kräftigste Gewitter gab es um 17.30 Uhr.

Es gab vollgelaufene Keller.

Noch immer sind Gewitterzellen aktiv.

Da fallen 20 oder 25 Liter pro Quadratmeter pro Stunde.

Es ist sehr starker Regen.

Damit endet der sonnige Spätsommer.

Ich werfe einen Rückblick auf den Sommer 2021.

Viele würden sagen, der war in Deutschland zu kalt.

Aber er war knapp zu warm.

In Europa war es der wärmste je gemessene Sommer.

Das sind Sommertemperaturen der letzten 40 Jahre.

So sieht Klimawandel aus.

Die Welttemperaturen sehen wir in schwarz.

Die Temperatur nimmt in Europa dreimal so stark zu.

Wir schauen erneut auf die Gewitter, nachts in Niedersachsen.

Am Vormittag kommen weitere Schauer.

Im Osten beginnt der Tag ruhig und sonnig.

Am Nachmittag gibt es wieder im Westen und Nordwesten Starkregen.

Am Samstag gibt es weitere Schauer und Gewitter.

Ab Sonntag wird es wieder trockener und sonniger.

Uns folgt extra 3.

Das nachtmagazin meldet sich um 0.35 Uhr.

Wir sehen uns morgen wieder. Tschüss.

Copyright Untertitel: NDR 2021


tagesthemen 09.09.2021, 22:15 Uhr - Zweifel an moderatem Kurs der Taliban, Mehrere Bundesländer planen schärfere Corona tagesthemen 09.09.2021, 22:15 - Taliban'ın ılımlı gidişatı hakkında şüpheler, Birkaç federal eyalet daha sert Korona planlıyor

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (09.09.2021)

Heute im Studio: Caren Miosga

Guten Abend.

Noch hoffen viele , dass es nicht so schlimm kommen wird.

Afghanistan nicht wieder in finstere Zeiten verfällt.

Doch die Bilder, die uns erreichen, lassen genau das erahnen.

Dieses Foto zeigt afghanische Journalisten.

Sie wollten über eine Demonstration berichten,

doch die Taliban hinderten sie, prügelten sie bewusstlos.

Dass diese Männer ihre Verletzungen zeigen,

ihre Namen nennen und ihre Zeitung dieses Bild veröffentlicht:

Das zeugt nicht nur von Mut.

Es soll auch sagen:

Seht her, wie sie wirklich sind:

Die Taliban, die glauben machen wollen,

sie würden Menschenrechte achten, Meinungsfreiheit zulassen.

Den westlichen Journalisten begegnen sie weitgehend freundlich,

wie Markus Spieker auf seiner Reise in die Provinz selbst erfahren hat.

Wenn die Menschen in Kabul sich erholen wollen,

fahren sie zum Qargha-See kurz vor der Stadt.

Die Taliban sind auch da, sie lassen sich fotografieren.

Ein Checkpoint kontrolliert uns. Das darf ich nicht filmen.

Dann bin ich da, wo ich vor einigen Jahren

fröhliches Getümmel beobachtet habe.

Diesmal herrscht trotz des Wetters Leere:

Bei den Attraktionen, in den Restaurants, am Strand.

Dafür wimmelt es von Taliban: die neue Sicherheitspolizei.

Gut gelaunt - auch, als ich mich als deutscher Journalist vorstelle.

Sie wollen ein Bild mit mir.

Ich bitte um ein Interview. Kein Problem.

Aus ihrer Sicht alles super.

Als wir in Kabul einmarschiert sind, war die Lage chaotisch.

Aber mittlerweile haben wir alles im Griff.

Die Leute freuen sich, dass es jetzt sicher ist.

Mit diesen Leuten würde ich gerne reden.

Aber die wollen sich nicht interviewen lassen.

Die Taliban sind immer in Sichtweite.

Endlich erklären sich ein Strandhüttenbesitzer

und ein Besucher bereit, während die Taliban zuhören.

Es ist besser als vorher.

Früher haben die Behörden von uns Geld erpresst.

Die Taliban tun das nicht. Sie passen gratis auf.

Das Islamische Emirat hat versprochen,

dass alles besser wird.

Auch ihr Ausländer braucht keine zu Angst haben.

Ich glaube an eine gute Zukunft.

Wir fahren weiter, vorbei an Schulmädchen,

hinauf in die Berge.

Paghman gilt als Gartenhauptstadt des Landes,

vor 100 Jahren hat der König diesen Triumphbogen aufgestellt.

Jetzt herrschen die Taliban.

Diesmal lassen sie mich nicht filmen, führen mich in die Kommandozentrale,

Fernsehkameras nicht erlaubt.

Der Ortschef verhört mich, lädt mich dann ein,

mitzuhelfen beim Aufbau des Landes - ich will lieber weiter.

Nach vielen Versuchen - endlich ein Ladenbesitzer, der redet.

Sogar mit kritischen Untertönen.

Das Geschäft geht schlecht, es gibt keine Touristen.

Alle warten, wie sich die Dinge entwickeln.

Wir hoffen, dass die Regierung ganz Afghanistan repräsentiert.

Und nicht nur die Taliban.

Zurück in die Stadt. Letzter Stopp: die Avicenna-Universität.

Sie ist durch Fotos ins Gespräch gekommen:

Männliche und weibliche Studenten getrennt,

um den Taliban entgegenzukommen, damit es weitergehen kann.

Doch heute - kaum Betrieb.

Die meisten Studenten bleiben wohl aus Angst zu Hause.

Der Uni-Präsident bittet um Verständnis, dass er nichts sagt.

Der neue Hochschulminister hat sich vielsagend geäußert.

Die meisten Kabinettsmitglieder hätten keine höhere Schulbildung.

Bildung sei überschätzt - auf die Frömmigkeit komme es an.

Dass die Taliban kein Pardon kennen,

hat man in den letzten Tagen gesehen.

Brutal gingen sie gegen Journalisten und protestierende Frauen vor.

Mittlerweile sind alle nicht erlaubten Demonstrationen verboten.

Am Nachmittag bin ich zurück in der Innenstadt.

Die wirkt geschäftig wie immer.

Aber die Taliban sind allgegenwärtig.

Immer aggressiver bemächtigen sie sich des Landes und seiner Menschen.

Markus Spieker ist uns zugeschaltet aus Kabul.

Berichte von misshandelten Journalisten und Demonstranten

häufen sich.

Ist das der Anfang einer Schreckensherrschaft,

wie wir sie aus den 90ern kennen?

Mir zeigte gestern ein afghanischer Kameramann den Rücken.

Er war von Gewehrkolben der Taliban zusammengeschlagen worden.

Er sah ähnlich geschunden aus.

Es war eine schreckliche Illusion zu glauben,

dass sich die Taliban in 20 Jahren Terrorkampf gemäßigt hätten.

Nein, sie fühlen sich bestärkt in ihrer Mission,

einen Gottesstaat nach ihren Vorstellungen einzurichten.

Heute gab es keine Demo, keine Taliban-Übergriffe.

Vielleicht ist deren Präsenz auf den Straßen so groß,

dass es dazu nicht kommt.

Aber heute gab es eine Nachricht:

Ab morgen werden Internet und soziale Netzwerke überwacht.

Die Taliban drehen weiter an der Repressionsschraube.

Immerhin ein Versprechen scheinen die Taliban zu halten:

Heute startete das erste zivile Flugzeug in Kabul,

mit mehr als 100 Passagieren, darunter Deutsche.

Werden weitere Maschinen folgen?

Heute waren wohl 15 Deutsche an Bord, bzw. deren Angehörige.

Mit einem wollte ich ein Interview machen.

Der meldete sich dann vom Rollfeld und sagte:

"Ich sitze im Flieger auf dem Weg nach Deutschland.

Das ist der glücklichste Moment bei mir."

Es wird wohl weitere Flieger geben.

Deutsche Staatsangehörige in dreistelliger Höhe

könnten in den nächsten Wochen ausfliegen.

Die Taliban haben damit kein Problem.

Anders ist es mit afghanischen Ortskräften

und mit bedrohten Afghanen, die nach Deutschland wollen.

Die Frage ist, ob sich die Taliban da erweichen lassen.

Das wird Teil der Verhandlungen in den nächsten Wochen sein,

Danke, Markus Spieker aus Kabul.

Nach Deutschland, wo die Neuinfektionen weiter ansteigen

und sich deshalb die Regeln für Nichtgeimpfte verschärfen.

In zahlreichen Bundesländern gibt es Pläne,

dass sie künftig in Quarantäne keine Lohnfortzahlung mehr bekommen.

Fußballvereine wie der Zweitligist Karlsruher SC denken darüber nach,

nur Geimpfte und Genesene in die Stadien zu lassen.

Baden-Württemberg will ab kommender Woche eine 2G-Regel einführen.

Die entscheidet, wer wo am öffentlichen Leben teilnehmen kann.

Alexandra Gondorf und Thomas Denzel.

Vor wenigen Wochen gab es hier keinen Corona-Patienten.

Inzwischen arbeitet das Pflegeteam wieder am Anschlag.

Klinikum Stuttgart, Intensivstation.

Der Patient ist erst 38 Jahre alt.

Er ist ungeimpft, wie im Moment fast alle Covid-Patienten

auf Intensivstationen in Baden-Württemberg.

Man hat damit gerechnet, trotzdem frustriert es einen.

Ich glaube, dass wir alle langsam durch sind

und dass alle gehofft haben, dass uns das erspart bleibt.

Die Zahl der Intensivpatienten, warnt das Landesgesundheitsamt,

habe sich in Baden-Württemberg in wenigen Tagen fast verdoppelt.

Es plant Verschärfungen, vor allem für Menschen ohne Impfung.

In Restaurants und andere öffentliche Einrichtungen

sollen Ungeimpfte nur noch mit PCR-Test dürfen:

Wenn die Belegung der Intensivstationen

einen kritischen Wert erreicht.

Wenn sich die Lage verschlimmert,

soll in ganz Baden-Württemberg sogar die 2G-Regel gelten.

Ungeimpfte dürften Lokale dann gar nicht mehr besuchen.

Die Nicht-Geimpften bescheren uns die steigende Infektionsinzidenz.

Ich kann nur dort was machen.

Oder ich lasse es laufen,

dann sterben Nicht-Geimpften vor der Intensivstation.

Greifen sollen die Einschränkungen,

wenn es eng wird auf den Intensivstationen.

Einigen geht das nicht schnell genug.

Das sagt der Vorsitzende des Weltärztebundes.

Wo es unmöglich ist, etwa im öffentlichen Nahverkehr,

will er Ungeimpfte nur noch mit negativem PCR-Test zulassen.

Kontrollen in Bahn und Bus halten Fachleute für unmöglich.

Stellen Sie sich eine U-Bahn vor, die alle zwei, drei Minuten anhält.

Oder eine Straßenbahn, ein Bus.

Da würde nichts mehr funktionieren im deutschen ÖPNV.

Damit die Intensivstation im Klinikum Stuttgart funktioniert,

hofft das Team auf Erleichterung.

Auf einen Rückgang der Infektionen.

Die Pandemie kostet uns viel -

und benachteiligt vor allem die, die ohnehin wenig Geld haben.

Wer früher sein Sparschwein füllte, konnte es immer dicker werden sehen,

solange man es brav bei der Sparkasse abgab.

Heute sind Sparer doppelt bestraft.

Weil es keine Zinsen mehr gibt und man draufzahlen muss,

wenn die Bank das Geld für einen hortet.

Und weil die Preise klettern und mit ihr die Inflation.

Die Inflationsrate steigt, auch in Deutschland.

Was will die europäische Hüterin des Euro, die EZB, dagegen tun?

Oder besser, was NICHT, erklärt Klaus Reiner Jackisch.

Ruhige Abendstimmung im EZB-Tower am Mainufer.

Doch die hohe Inflation setzt die Währungshüter unter Druck.

Durch die Corona-Krise brach die Wirtschaft ein,

doch erholte sich schnell wieder.

Die Folge: Lieferengpässe, knappes Angebot, hohe Nachfrage.

Die Preise für Speicher-Chips, Elektroartikel, Rohstoffe zogen an:

Wie für Rohöl, einem der größten Preistreiber.

Verbraucher merken das an der Tankstelle,

auch bei Urlaubsreisen und Nahrungsmitteln.

Derzeit liegt die Inflationsrate im Euroraum bei 3 %,

in Deutschland bei knapp 4 %.

Die Preise dürften weiter steigen.

Viele Unternehmen lassen vor Ort produzieren statt in Fernost.

Das ist teurer.

Volkswirte sehen in der Klima-Debatte einen Preistreiber.

Der Kampf gegen den Klimawandel wird nicht kostenfrei sein.

Wir haben dieses Jahr in Deutschland gesehen,

dass CO2-Preise nach oben gehen.

Das wird in den kommenden Jahren auch der Fall sein.

Hohe Preise führen zu höheren Löhnen, dadurch steigt die Inflation.

Fazit dieser Entwicklungen:

Ich gehe davon aus, dass wir höhere Inflationsraten sehen,

zumindest über 2 %.

Zeitweise könnte sie darüber liegen.

Die sieht noch keinen Handlungsbedarf.

Der Anstieg der Inflation ist vorübergehend.

Der Preisanstieg entwickelt sich nur langsam.

So lange die EZB davon ausgeht, dass der Inflations-Sprung

vorübergehend ist, hat sie keine Veranlassung gegenzusteuern.

Die Notenbänker haben Sorge, ihre Geldpolitik zu schnell zu ändern.

Das könnte viele europäische Staaten in Nöte bringen,

wenn sie frisches Geld brauchen.

Und zu Turbulenzen auf den Finanzmärkten führen.

Wer Geld auf dem Sparbuch hat.

Und all diejenigen, die sich den Traum vom Eigenheim

nicht erfüllen konnten.

Am stärksten trifft die EZB-Geldpolitik diejenigen,

die ohnehin nicht viel haben.

Bleibt noch die Frage an Anja Kohl, unsere Frau für Finanzen.

Es trifft vor allem Geringverdiener und Sparer,

Menschen, die fürs Alter vorsorgen müssen.

Wie kann es gelingen, dass die nicht weiter Geld verlieren?

Eine hochpolitische Frage.

Wer nichts hat, der kann seine Euro nicht in Aktien anlegen.

Das wäre zynisch, die Politik muss handeln.

Sie muss ein Vorsorgesystem etablieren,

in das alle einzahlen können.

Es muss am Kapitalmarkt investieren.

Norwegen hat 2020 breit am Aktienmarkt investiert

und elf Prozent Rendite erzielt.

Und alle Bürger Norwegens konnten daran teilhaben.

Für den, der noch mehr hat, 30, 50, 70 Euro im Monat,

kann nur gelten: nicht zinslos sparen.

Er sollte monatlich anlegen, früh anfangen.

Und er sollte nicht auf den Zins vertrauen.

Gibt's die Hoffnung, dass die Zinsen irgendwann wieder steigen?

Vielleicht ein bisschen.

Aber der Zins kommt nicht substantiell wieder.

Vielleicht nur symbolisch.

Vermögen oder Wohlstand wird man damit nicht aufbauen können.

Wir hatten eine Finanzkrise, dann die Pandemie.

Das wurde aufgefangen.

Jetzt haben wir horrende Schulden im Euroraum.

Es wird keinen Zins geben, Sachwerte bleiben gefragt.

Aktien, Immobilien, Gold.

Die Regierungen haben schnell für Aufschwung gesorgt.

Das ist jetzt wieder der Fall.

Damit Deutschland den Wohlstand behält, muss sich mehr bewegen.

Danke, Anja Kohl.

Was kostet uns das billige Geld?

Dazu Sabrina Fritz vom SWR.

Inflation ist ungerecht.

Sie trifft die am härtesten,

bei denen der Monat mehr Tage hat als Geld.

Wer eine neue Fabrik bauen, ein Haus oder Auto kaufen will,

freut sich, wenn er seinen Kredit fast für umme kriegt.

Das war mal die Idee hinter dem billigen Geld:

Die Wirtschaft nach der Finanz- und dann der Coronakrise

wieder in Schwung zu bringen.

Aber Geld ist nicht mehr das größte Problem.

Wir würden gerne mehr Autos, Konsolen oder Fahrräder kaufen.

Aber es gibt sie nicht.

Die Halbleiter-Chips fehlen,

oder Container, sie von China nach Köln zu schaffen.

Das ist Nährboden für Inflation: Viel Geld trifft auf wenig Angebot.

Nach dem Motto:

Mir egal, ob das Lastenfahrrad 200 Euro mehr oder weniger kostet.

Hauptsache, ich krieg es vor Weihnachten.

Das ungesunde Zusammenspiel aus viel Geld und wenig Angebot

erleben wir seit Jahren auf dem Immobilienmarkt.

Dort können sich Familien keine Wohnung oder kein Haus mehr leisten.

Darum muss Schluss sein mit dem billigen Geld.

Die Trippelschritte von EZB-Präsidentin Lagarde

sind zu klein.

Billiges Geld sei eine Droge, heißt es auf dem Finanzmarkt.

Wissen Sie, wer danach süchtig ist? Der Finanzminister.

Der muss für seine Schulden viel weniger Zinsen zahlen.

2008 gingen 14 % der Bundesausgaben für Zinsen drauf.

2020: nur 2 %.

Klar sollen die Zinsen nicht in die Höhe schießen.

Aber etwas mehr sollte uns das Geld wert sein.

Schon der Schwabe weiß: Was nix kosch', ist auch nix wert.

Die Meinung von Sabrina Fritz.

Wenn das Geld durch Inflation weniger wert ist,

dann ist es umso wichtiger, dass man nicht zusätzlich belastet wird.

In der Steuerpolitik

bleibt die Bierdeckeleinfachheit eine Vision.

Wie eine unkomplizierte Struktur bei den Steuersätzen.

Die Konzepte der Parteien und deren Regelwerk sind nicht von Pappe.

Wir haben sie uns angeschaut.

In der Serie "Wer will was?" zeigt Nicole Kohnert,

was die Politiker tun möchten, sollte man mitregieren.

Tilda ist fünf Monate alt, Mutter Franziska alleinerziehend.

Die 34-Jährige ist in Elternzeit,

arbeitet als Personalerin bei einer Tochter der Deutschen Bahn.

Ihr Jahres-Einkommen vor der Geburt: 40.000 Euro.

Franziskas hat Sorge, wie sie das nach der Elternzeit stemmen kann:

Für die Zukunft befürchte ich, dass ich den Tränen nahe bin,

wenn ich die Gehaltsabrechnung aufmache und mir denke:

Unterm Strich bleibt da nicht viel, es ist eine hohe Belastung.

Alle Parteien wollen sie entlasten.

Das Zentrum für Europäische Wirtschafforschung

hat das durchgerechnet.

Am meisten entlasten möchte die Linkspartei mit 2940 Euro,

dahinter die AfD mit 1920 Euro.

Die AfD sieht in ihrem Konzept das Familiensplitting vor:

Alle im Haushalt, ob sie Geld verdienen oder nicht,

werden gleich berücksichtigt – auch ein fünf Monate altes Baby:

Das, was diese Frau verdient, wird durch zwei dividiert.

Auf jeden dieser Teil-Beträge

wird das Einkommenssteuerrecht angewendet.

Das führt zu einer geringeren Summe, als wenn nur einer

dem Einkommenssteuerrecht unterworfen wird.

Auch die Union will entlasten: mit 920 Euro, die Grünen mit 970.

Eine Alleinerziehende mit einem Kind mit einem niedrigen Einkommen

profitiert davon, dass wir den Grundfreibetrag heraufsetzen wollen.

Vor allem wollen wir eine Kindergrundsicherung einführen.

Die wird für eine Alleinerziehende eine deutliche Verbesserung bringen.

Einigkeit bei allen Parteien,

wenn es um mehr Netto vom Brutto für kleine und mittlere Einkommen geht.

Anders bei hohen Einkommen.

Würde Franziska im Vorstand der Bahn sitzen,

würde sie mindestens 400.000 Euro verdienen.

Dann möchte die Linkspartei sie zur Kasse bitten:

99.100 Euro hätte sie weniger.

Das liegt an höheren Sozialabgaben und dem Spitzensteuersatz:

Wir wollen, dass der Spitzensteuersatz später einsetzt.

Der setzt jetzt zu früh ein, wir wollen ihn auch anheben.

Der war zu Zeiten von Helmut Kohl bei 53 %.

Da wollen wir wieder hin.

Grüne und SPD wollen Spitzenverdiener weniger zur Kasse bitten.

Bei der SPD wäre das Minus 10.460 Euro.

Wenn man viel Geld verdient, als Alleinstehender 250.000 Euro

und verheiratet 500.000 Euro:

Dann muss man drei Prozentpunkte mehr Steuern bezahlen.

Mehr Netto für Spitzenverdiener mit 400.000 Euro

käme bei den anderen Parteien raus.

Nach Berechnungen des ZEW bei der AfD: 42.300 Euro.

Bei der FDP: Ein Plus von 15.100, bei der Union 11.540.

Das liegt an der geplanten Abschaffung des Soli für alle.

Wir werden den Soli auch für die höheren Einkommen,

für die letzten 10 %, abschaffen müssen.

Das wird in einem Steuerkonzept gerechnet werden.

Durch die Abschaffung des Soli profitieren alle,

auch Besserverdiener - das ist richtig so.

Der ist nicht verfassungsgerecht und muss abgeschafft werden.

Ökonom Marcel Fratzscher zweifelt an der Finanzierbarkeit

der Steuerkonzepte von Union und FDP:

Da ist die Ironie:

Die Parteien, die am stärksten auf die Schuldenbremse bestehen,

deren Steuerpläne sind inkonsistent mit der Schuldenbremse.

Die, die sie modifizieren wollen, wie die Grünen,

sind konsistent mit der Schuldenbremse.

Mehr Schulden wären keine gute Nachricht für Baby Tilda:

Ihre Generation müsste es zurückbezahlen.

Darum geht es im Wahlkampf auch:

Es nervt, wenn in den Städten auf den Straßen nichts mehr geht.

Der Mix aus Autohupen, Fahrradgeklingel und Kraftausdrücken

die Fahrt zur Arbeit bestimmt.

Was ist die Alternative?

Streitet man sich über verkehrsberuhigte Zonen

und ausgedehnte Fahrradwege nicht genauso heftig?

Seit Wochen reisen wir durch Deutschland,

um Ihnen die Stimmung vor der Wahl näher zu bringen.

Und sind diesmal mittendrin in Hamburg,

wo ein Verkehrsknotenpunkt v.a. ein Ort der Verknotung ist.

Hier müssen alle vorbei. Hamburg-Dammtor. Mitten in der City.

Bus, Auto, Fahrrad:

Gerangel um jeden freien Meter.

Der Radverkehr ist 2021 um 30% gestiegen. Das braucht Platz.

Er möchte den öffentlichen Raum neu sortieren:

Verkehrssenator Anjes Tjarks. Ein Grüner.

Autospuren will er zu Fahrrad-Trassen machen.

Wir haben 2021 63 km Radwege gebaut - Rekord.

Und 194 km Straße saniert.

Auf 700 Baustellen wird für Hamburgs Mobilitätswende gearbeitet.

16 U-Bahn-Stationen entstehen,

Hunderttausende Pendler könnten aufs Auto verzichten.

Gleichzeitig wollen mehr Menschen häufiger unterwegs sein.

Wenn man will, dass eine Stadt mobil bleibt,

muss der Einzelne weniger Fläche einnehmen.

Das ist zwingend, um Mobilität zu gewährleisten.

Im Stadtteil Eimsbüttel wollen Anwohner Mobilität eher verhindern.

18.000 Menschen pro qkm leben hier, fast so viel wie in Seoul.

Hier will eine Initiative öffentliche Räume zurückerobern.

Bei ihrem Projekt "Superbüttel" sollen die Straßen umgewidmet werden. In their "Superbüttel" project, the streets are to be rededicated.

Parkplätze weg, kaum Durchgangsverkehr.

Wir möchten den öffentlichen Raum den Menschen zurückgeben:

Dass man sich hier gern aufhält.

Es kann nicht angehen, dass Kfz-Verkehr

zehnmal so viel Fläche in Anspruch nimmt wie die Menschen.

Wir wollen nicht "Autos raus".

Wir wollen, dass sie ihre Dominanz verlieren.

Laut einer Umfrage fordern hier über 70% mehr öffentlichen Raum.

Autos sollen unterirdisch parken.

Was besprecht ihr?

Autofreie Zonen gefallen nicht jedem.

Gewerbeinteressen contra Familienträume.

Anwohner gegen Anwohner.

Ich soll keinen Parkplatz mehr haben? Nee, darum geht's nicht.

So macht ihr das doch publik, wie toll grün hier alles wird.

An einem Teilstück der Alster ist die Mobilitätswende vollzogen:

Unterwegs mit dem Senator, der sein Schmuckstück präsentiert:

10.000 Radler täglich - keine Autos mehr.

Hier ist 'n Wechsel von Auto zu Rad.

Früher waren hier nur Autos, heute sind sie eher zu Gast.

Das Auto nur noch Gast?

12 Velorouten sind geplant,

sternförmig führen sie in die Innenstadt.

Dazu sechs Fahrrad-Schnellstraßen aus dem Unland.

Ob so viele Pendler aufs Fahrrad umsteigen?

Im Stadtteil Ottensen ist die Politik einmal gescheitert:

Zentrale Straßen wurden für den Autoverkehr gesperrt.

Spielen und Tanzen statt Autos. Schnell gab es Aufruhr.

Ein Gericht stoppte das Pilotprojekt. Verhärtete Fronten.

Einige fühlen sich bis heute übergangen.

Die Anwohner sind nicht gefragt worden.

Handwerk, Handel, Geschäfte, Gastronomie, Wohnen:

Wenn man das erhalten will, muss man alle mitnehmen.

Da kann man nicht mit Ad-hoc-Maßnahmen kommen.

Bis man sich auf eine neue Regelung einigt,

lenkt ein Stuhl das Miteinander.

Der Senator braucht einen langen Atem:

Fahrradstadt werden, Autostadt bleiben.

Diese Programme muss man 10, besser 20 Jahre durchhalten.

Dann reden wir von einer anderen Stadt.

Allerdings steigt die Zahl der Autos in Hamburg.

Jedes Jahr.

Wegen Verdachts der Strafvereitelung

gab es heute eine Durchsuchung in zwei Bundesministerien.

Constantin Schreiber:

Ermittler haben das Finanz- und das Justizministerium durchsucht.

Hintergrund sind Ermittlungen gegen eine Spezialeinheit des Zolls,

die Hinweisen auf Geldwäsche nachgehen soll.

Der Verdacht:

Man habe auffällige Transaktionen

nicht an Polizei und Justiz weitergemeldet.

Finanzminister Scholz zeigte sich irritiert.

Die Staatsanwaltschaft

hätte ihre Fragen auch schriftlich stellen können.

Sieben Jahre nach Schließung der Botschaft in Libyen

hat Außenminister Maas sie heute wieder eröffnet.

Berlin wolle die Präsenz in Libyen ausbauen,

aber auch die Fortschritte des Landes würdigen.

Nach Jahren des Bürgerkriegs

gilt seit fast einem Jahr eine Waffenruhe.

Für Dezember sind Wahlen geplant.

Im Tarifkonflikt zwischen Bahn und Lokführergewerkschaft GDL

gibt es offenbar Bewegung.

Laut dpa will die Bahn bis zum Wochenende

ein "neues und verbessertes Angebot" vorlegen.

GDL-Chef Weselsky drohte, ab Montag neue Streiks vorzubereiten,

sollte die Bahn kein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen.

An den Berliner Krankenhäusern Charité und Vivantes

hat ein unbefristeter Streik der Beschäftigten begonnen.

Sie fordern einen Tarifvertrag mit deutlichen Entlastungen,

etwa durch eine Mindest-Personalausstattung.

Ver.di geht davon aus,

dass bis zu 1000 Beschäftigte dem Aufruf gefolgt sind.

Die Notfallversorgung sei sichergestellt.

Planbare Behandlungen mussten verschoben werden.

Das Amtsgericht München hat Ex-Nationalspieler Jerome Boateng

wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung verurteilt:

Zu einer Strafe von 1,8 Mio. Euro.

Er soll während eines Urlaubs vor drei Jahren

gegen seine damalige Partnerin gewalttätig geworden sein.

Boateng bestreitet die Vorwürfe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Sieben Wochen bis zum Abflug zur Internationalen Raumstation.

Heute hat der deutsche Astronaut Matthias Maurer

über die Herausforderungen der Mission gesprochen.

Maurer soll ein halbes Jahr auf der ISS verbringen,

mit Astronauten der NASA.

Viele Experimente sind geplant,

u.a. zum Muskelaufbau im All und zur Klimaforschung.

Saddam Hussein war ein Diktator und Mörder.

Als seine Statue im April 2003 vom Sockel gekippt wurde,

war das mehr als ein Symbol für seinen Sturz.

Ein Volk befreit von einem Tyrannen.

Für die USA war es der Sieg in einem Krieg, der mit einer Lüge begann.

Denn der Grund für diesen stellten sich als unwahr heraus.

Das Land hatte keine Massenvernichtungswaffen.

Die Infos über das angebliche Giftarsenal kamen aus Deutschland.

Die Agentenstory ist als Politsatire "Curveball" im Kino zu sehen.

Svea Eckert.

Vorhang auf für eine unglaubliche Geschichte,

die auf wahren Ereignissen basiert.

Die Macher des Films Curveball – Wir machen die Wahrheit

bei der Premiere in Berlin.

Im Jahr 2000.

Ein geheimnisvoller Informant

berichtet Arndt Wolf, dem Biowaffenexperten de BND:

Der Irak stelle hochgefährliches Anthrax her.

Dieses werde auf Lkw versteckt, die sich ständig bewegten.

Eine Lüge mit Folgen.

Der Mann, der damals dem BND vorstand, erinnert sich.

Plötzlich nach dem 11. September

wollten die US-Amerikaner diese Info veröffentlichen.

Bundesregierung und BND waren kritisch gegenüber dem Irakkrieg.

Wir hielten das für einen Fehler.

Wir sollten jetzt eine Begründung liefern für diesen Krieg.

Das brachte uns in eine schwierige Situation.

Wir haben uns entschieden in Rücksprache mit der Regierung:

Ja, wir geben das weiter.

Aber wir weisen darauf hin,

dass das eine nicht bestätigte Info ist.

Der Film überzeichnet.

Er zeigt einen BND, der davon getrieben ist,

bei den Großen mitspielen zu wollen.

Das ist ein Knaller.

Ein absoluter Knaller, das muss raus!

In Film und Realität bekommt die nicht bestätigte, ja falsche Info

ein Eigenleben mit drastischen Konsequenzen.

Colin Powell, US-Außenminister, präsentiert sie im UN-Sicherheitsrat.

Die Kritzeleien wurden präsentiert

als schlagkräftige Begründungen für den Irakkrieg.

Jahre später spürt ein Journalist des NDR dem Informanten nach.

Mit seinen Lügen habe sich der Mann Asyl erschleichen wollen.

Man hat sich von dem verschaukeln lassen.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Ein Riesenapparat mit Naturwissenschaftlern,

die ein Biowaffen-Programm naturwissenschaftlich beurteilen.

Mit Leuten, die die Sprache können, politische Hintergründe kennen:

Iraker, Irak, Saddam Hussein.

Man hat diese Leute im Riesenapparat.

Aber es ist trotzdem nicht gelungen, dem Mann auf die Schliche zu kommen.

Der Film Curveball erzählt mit viel schwarzem Humor,

wie eine kleine Lüge weltpolitische Konsequenzen hat.

Nun hat Karsten die Chance sich beliebt zu machen,

mit noch mehr herrlichstem Spätsommerwetter.

Wenn das so einfach wäre.

Aber die Regenschauer und Gewitter beenden das schöne Wetter.

Schon heute gab es Regen mit Unwetterpotenzial.

Das kräftigste Gewitter gab es um 17.30 Uhr.

Es gab vollgelaufene Keller.

Noch immer sind Gewitterzellen aktiv.

Da fallen 20 oder 25 Liter pro Quadratmeter pro Stunde.

Es ist sehr starker Regen.

Damit endet der sonnige Spätsommer.

Ich werfe einen Rückblick auf den Sommer 2021.

Viele würden sagen, der war in Deutschland zu kalt.

Aber er war knapp zu warm.

In Europa war es der wärmste je gemessene Sommer.

Das sind Sommertemperaturen der letzten 40 Jahre.

So sieht Klimawandel aus.

Die Welttemperaturen sehen wir in schwarz.

Die Temperatur nimmt in Europa dreimal so stark zu.

Wir schauen erneut auf die Gewitter, nachts in Niedersachsen.

Am Vormittag kommen weitere Schauer.

Im Osten beginnt der Tag ruhig und sonnig.

Am Nachmittag gibt es wieder im Westen und Nordwesten Starkregen.

Am Samstag gibt es weitere Schauer und Gewitter.

Ab Sonntag wird es wieder trockener und sonniger.

Uns folgt extra 3.

Das nachtmagazin meldet sich um 0.35 Uhr.

Wir sehen uns morgen wieder. Tschüss.

Copyright Untertitel: NDR 2021