Abzocke in WhatsApp-Gruppen: Die Masche von esoterischen Schneeballsystemen | Y-Kollektiv (1)
Aber es hat halt ein Ziel, es hat nur das eine Ziel, dass du so viel Vertrauen entwickelst die Kohle zu bezahlen.
In diesem Film geht es um spirituelle Schenkkreise. Das sind Gruppen,
in denen soll man Geld verschenken in der Hoffnung das zigfache rauszubekommen.
Ich weiß nicht wie das funktionieren soll.
Alles läuft über WhatsApp Gruppen. Du wirst so zugeballert mit Nachrichten.
Vordergründig geht es um Freundschaft und Zusammenhalt.
Und dann musste ich irgendeine Scheiße labern und irgendwelche Frauen dazu überreden, mitzumachen.
Bei der waren es zwischen 5 bis 10 Tausend Euro.
Jetzt, ich würd auch sagen, dass gerade Menschen, die vielleicht einsam sind
in einer besonders gefährdeten Situation sind.
Das ist von hinten bis vorne eine Scheiß Geschichte einfach.
Wir sind auf dem Weg nach Basel. Dort treffen wir eine Frau,
die aus einem Schenkkreis ausgestiegen ist.
Wir haben es ja jetzt endlich geschafft. Es war ja wahnsinnig schwer, Menschen zu finden, die mit
uns über dieses Thema reden wollen. Und über Reddit habe ich jetzt eine Frau kennengelernt.
Die war in einem Schenkkreis. Die hat sogar auch Leute akquiriert für diesen Schenkkreis.
Grüß dich! Hi!. Genau, Erik geht jetzt hinter dich, damit du nicht erkennbar bist.
Wir nennen sie Paula, sie ist 28 Jahre alt. Die Gruppen selbst nennen sich Mandala- oder
Fraktalreisen - Expert:innen sprechen aber von klassischen Schneeballsystemen. Meist sind
Frauen betroffen, selten Männer. Ihr Ziel: ein neues Finanzsystem als Alternative
zum Kapitalismus - sie nennen es “heilige Wirtschaft”. Es basiert auf Geld-Geschenken.
Also, Hauptsache dir wird es echt richtig gebrainwashed eingetrichtert, wie wichtig Schenken ist.
Die Einstiegspreise liegen zwischen 500 und 5000 Euro. Es gibt nicht den einen Strippenzieher,
die ganze Gruppe sorgt dafür, dass dieses System am Leben bleibt.
Wie bist so in so einem Schenkkreis gelandet?
Ich wurde von einer Kommilitonin angesprochen, wir hatten ein gutes Verhältnis, durchaus auch
ein Vertrauensverhältnis. Und dann fand ich das kurz interessant und
spannend habe dann aber dankend abgelehnt weil auch ein horrender Einstiegspreis.
Was musstest du denn zahlen?
Also das waren so knapp 1200 Euro. Das ist eine Menge Kohle und du warst
ja Studentin? Ja genau.
Sie überlegt eine Weile und steigt dann doch ein,
denn das, was Paula über den Schenkkreis hört, das gefällt ihr.
Da war ich eh noch auch so auf der Suche nach einem. Ja, ich weiß nicht,
nicht unbedingt ein Kollektiv, aber einfach eine Gemeinschaft eine Frauen-Gemeinschaft, die sich
gegenseitig bestärkt in allerlei Hinsicht. Und alle Frauen haben irgendwas gemacht, was mich
total interessiert, irgendwas mit Kräutern und irgendetwas mit Handarbeit, schöne Sachen einfach.
Die Mitglieder versprechen aber auch finanzielle
Freiheit. Schöne Aussichten gerade, wenn man studiert.
Das ist an sich irgendwie ja mal ein schöner Gedanke. Wenn du eben nicht mehr
9-to-5-Job - und damit wurde auch in dem Sinne geworben: Willst du dich
verwirklichen? Selbstverwirklichung. Das geht oftmals ja auch nur, wenn man
sich finanziell gesettelt hat. Wenn man sich darum einfach keine Sorgen mehr machen muss.
Paula hat geglaubt, dass sie hier was Gutes
gefunden hat. Eine Gemeinschaft. Doch die hat offenbar ihren Preis.
Ja, dann habe ich auch gedacht, ja, komme ich, ich nehme jetzt die Kohle und
überweist ihr das einfach und musste dann irgendwie zu Western Union gehen.
Das ist übrigens ein Anbieter für weltweite Überweisungen - darüber
schickt sie Geld an eine fremde Frau in Südamerika.
Und ich musste das halt auch in in zwei Schritten machen. Ich glaube, das wurde mir so geraten,
damit es nicht auffällig ist oder so. Weil größere Summen vielleicht der genau ja,
und ich weiß auch noch die Frau am Schalter hat so oft gefragt: Wollen Sie das wirklich? Kennen Sie
diese Person da? Und ich meinte so: Ja, das ist eine Freundin von mir und so… natürlich
eben nicht. Aber ja, ja, habe ich dann halt gesagt. Und dann bin ich eben nochmal hin,
um den zweiten Teil dann zu überweisen. Ja, dann war das Geld halt auch wirklich hier weg.
Ihr denkt jetzt vielleicht: ganz schön naiv und bescheuert. Aber
diese Schenkkreise arbeiten mit dubiosen Methoden, die ich in meiner Recherche noch
erleben werden. Dafür schleuse ich mich über Monate in die Gruppen ein.
Ich finde Mandala Gruppen auf Facebook, Telegram und vor allem auf WhatsApp.
Jetzt geh ich undercover. Zack neue Sim Karte.
Ich werde zu Marina, die Yoga liebt. In den Gruppen geht es ab.
Viele nette Bilder, Kalendersprüche und auch ein
bisschen Querdenker-Content. Das ist ne wilde Mischung.
Übrigens das passiert, wenn man mal, n paar Tage, n Wochenende oder so, nicht online ist.
Hier wird man zugeballert mit Nachrichten. Tag und Nacht.
Alle überschütten mich mit Komplimenten. Alle freuen sich über mich.
Aber dann geht es auch schnell um mein Geld. Im Grunde gebe ich hier wildfremden
Privatmenschen mehr als 500 Euro. Dafür wird mir versprochen,
dass ich mehr als 19.000 Euro rausbekomme. Das kann doch nicht funktionieren. Wir
werden das Geld natürlich nicht bezahlen. Ich will wissen, was da wirklich dahinter
steckt. Ich verabrede mich zum Videocall mit Sarah Pohl von ZEBRA - das ist eine
Beratungsstelle in Baden-Württemberg - hier geht es um Sekten, Verschwörungstheorien,
Esoterik. Und um Schenkkreise. Grundsätzlich Schenkkreise - diese Mandala Kreise
heißen die ja auch - was genau ist das denn? Schenkkreise sind eine Form von
Schneeball- oder Pyramidensystemen. Die bestehen aus mehrstufigen Systemen, das ist unterschiedlich,
nicht jeder Schenkkreis ist gleich aufgebaut und man schenkt einmal eben Geld und bekommt das Versprechen,
später am Ende die achtfache Menge wenn man 8 neue Leute rekrutiert hat zu bekommen.
Und funktioniert das?
Für die, die ganz am Anfang stehen schon, wer einen Schenkkreis initiiert, der ist
unter Umständen Profiteur davon. Aber diejenigen, die später dazu kommen, für die rechnet sich nicht
mehr. Das ist im Prinzip nicht ganz einfaches mathematisches Spiel. Wir können davon ausgehen,
dass zum Beispiel acht Teilnehmer gesucht werden. Am Anfang und dieser acht Teilnehmer müssen
ihrerseits ja wieder acht Teilnehmer rekrutieren. Das war bei 64 diese 64 Leute müssten wieder acht
Teilnehmer rekrutieren und so weiter. Und nach elf Runden hätten wir die Zahl der Weltbevölkerung
überschritten, sprich so ein System, muss sich in absehbarer Zeit eigentlich totlaufen.
Sarah Pohl sagt mir, dass sie gerade auch in der Corona Zeit mehr Anfragen
zu Schenkkreisen bekommen haben. Schenkkreise sind Krisenprofiteure.
Schenkkreise sind ja auch kein neues Phänomen. Die gibt's ja auch schon einige Jahre
Vor einigen Jahren gab es auch mal so eine ganze Welle von Schenkkreisen,
die in großen Hallen stattgefunden hatten im öffentlichen Raum. Mittlerweile ist es
stärker in den privaten Raum abgewandert, als es ist sehr viel subtiler geworden
Heutzutage ist der Ort, wo rekrutiert
wird, vielleicht auch stärker in sozialen Medien, Facebook, Instagram und so weiter.
Permanent werde ich gefragt wann mache ich endlich
mit wann bezahle ich das Geld? Was hält mich zurück? Warum zweifle ich?
Warum bin ich nicht mutig und das ist irgendwie das ist ganz schön komisch.
Ja, weil einem ja sozusagen suggeriert wird ich bin feige. Ich bin nicht mutig. Ich will
mich nicht weiterentwickeln, wenn ich das eben nicht tue. Und das ist schon so eine Art von Druck
aufbauen. Bei manchen Leuten entsteht dadurch auch wirklich so ein bisschen ein Schuldgefühl
oder ein schlechtes Gewissen oder so ein Gefühl von ich bin geizig. Ich traue mich nicht. Und
das kann schon eine Motivation sein, für manche zu sagen, den zeig ichs jetzt, ich mach das.
Übrigens solche Schenkkreise sind in Deutschland sittenwidrig und illegal.
Wer Schenkkreise ins Leben ruft oder aktiv unterstützt, kann sich strafbar machen.
Zurück zu Paula, die genau aus so einem System ausgestiegen ist.
Hat man dir, sage ich mal gesagt, hey, es gibt eine Möglichkeit, das du dieses
Geld nicht zurück bekommst? Nein, nee natürlich nicht.
Das hieß nur immer guck, wenn du das bezahlst,
dann kriegst du das Achtfache raus. Und dann dann eigentlich sogar das sechszehnfache.
Dass das nicht für alle funktionieren kann, wird ihr nicht erzählt.
Paula ist mittlerweile ganz tief drin. Um das System am Laufen zu halten,
soll sie nun auch neue Frauen anwerben. Dann relativ schnell wurde das mir ersichtlich,
dass das echt auch eine ganz schön dunkle Seite mit viel Druck verbunden und viel Unehrlichkeit
also genauso wenig, wie mir gesagt wurde, dass das, dass das ein Schneeballsystem ist.
Und viel eben mit
Druck ja, ja, hast du jetzt schon jemanden gefragt? Hast du schon jemanden eingeladen? Wann,
wann kommt jemand jetzt in den Chat? Wir brauchen Leute, wir brauchen Leute. Dann
war es überhaupt nicht mehr ein liebevoller, ein entspannter Austausch, sondern mega viel Druck.
Paula checkt das System. Nachdem sie 1200 Euro losgeworden ist,
will sie ihr Geld unbedingt wieder haben. Dafür wird sie dann selbst zur Betrügerin.
Und dann musste ich irgendeine Scheiße labern, um neue Frauen davon zu überreden, mitzumachen
weils doch so toll ist. Sie bringt eine andere Frau in
die Gruppe - obwohl Paula weiß, dass diese Frau ihr Geld vielleicht nie wieder sieht.
Und das ist eigentlich das Schlimmste, dass ich
wissentlich auch eine Frau wieder abgezogen hab. Es tut mir so leid, dass ich überhaupt irgendeine
Frau eingeladen habe, weil das das sind alles tolle Frauen gewesen. Und ich schäme mich,
dass ich die überhaupt gefragt habe, bei so etwas mitzumachen.
Sobald das Geld auf ihrem Konto ist, steigt Paula aus.
Aber es hat halt ein Ziel, es hat
nur das eine Ziel, dass du so viel Vertrauen entwickelst da die Kohle zu bezahlen.
Was Paula erzählt, kann ich durch meine Recherche bestätigen.
Ich bekomme ganz genaue Anleitungen zugeschickt, dass ich in dem Mandala neue Leute anwerben muss.
Mindestens 2 Menschen. Und dann bekomm ich hier sogar
Nachrichtenvorlagen, die ich verschicken kann. Es gibt sogar ein Einladungshandbuch.
Ich bekomme sogar Tipps, wie ich auf Kritik reagieren kann.
Für mich klingt das wie nach einer Anleitung zur Manipulation von Leuten.
Ich habe das Gefühl: Hier werden gutgläubige Menschen angeworben und ihr Vertrauen missbraucht.
Während meiner Recherche finde ich über Facebook eine Frau, die ihr Geld nie wieder gesehen hat.
Wir nennen sie Sophie. Das ist nicht ihr richtiger Name.
Sollen wir die Schuhe ausziehen? Könnt ihr hier im Vorraum stehen lassen.
Sophie ist erst kurz vor den Dreharbeiten ausgestiegen aus
dem Mandala. Und hat 1200 Euro verloren. Sophie ist Masseurin und Yoga-Lehrerin. Sie
hat sich selbstständig gemacht, kurz danach kam die Corona-Flaute. Wir drehen in ihrem Studio.
Wir sind übrigens alle geimpft und getestet. Was hatte dich damals bewegt, dass du
gesagt hast ja, das mache ich jetzt. Ich glaube eine Mischung aus das Geld,
auf jeden Fall ein großer Aspekt, aber auch diese Unterstützung von Frauen,
die sich irgendwie gegenseitig, ja also regelmäßig sehen und wo man Raum hat,
auch über Emotionen zu sprechen und füreinander da zu sein. Also ein
bisschen wie ein online Frauenkreis quasi so, der sich aber sehr regelmäßig sieht.
Du wusstest dann wirklich, wer die anderen Frauen
und Männer? Oder waren es eine Frauen? Waren nur Frauen genau also. Von Anfang an wusste
ich von allen, die dabei sind, also in diesem ersten Zoom wurde erzählt über die Strukturen,
wie es funktioniert. Also. Und man kann Fragen stellen und reinfühlen, und jeder stellt sich vor.
Das ist total interessant, weil zum Beispiel das deckt sich überhaupt nicht mit meiner Erfahrung,
die ich jetzt gemacht habe in den Gruppen, weil die sich gar nicht treffen. Also nicht virtuell
und auch nicht irgendwie im richtigen Leben. Und ich habe auch mal aktiv danach gefragt, ob wir
mal so einen Zoom machen können, uns kennenlernen können. Und dann meinten sie Nein,
das passiert wirklich nur in der WhatsApp-Gruppe dieser Austausch.
Wir haben, uns jede Woche gesehen und jede Woche im Zoom gehabt,
der auch ein bis zwei Stunden gegangen. Ja okay, also vielleicht ist er mal ein,
zweimal ausgefallen. Es ist wirklich ein zeitintensives Ding.
Sie kannte die Menschen persönlich - klar,
dass man da mehr Vertrauen hat und vielleicht eher bereit ist Geld zu geben.
Manche Leute erschienen ihr aber trotzdem etwas merkwürdig.
Es sind viele spirituelle Menschen in dem Mandala und ich würde mich auch selbst als
spirituell bezeichnen. Ich finde es aber auch manchmal anstrengend in so Kreisen zu