Sendung: tagesschau 09.04.2020 20:00 Uhr - Keine Rückkehr zur Normalität
Themen der Sendung: Merkel mahnt in Corona-Krise zu Geduld trotz vorsichtiger Hoffnung, Gericht kippt Osterausflugs-Verbot für Einheimische in Mecklenburg-Vorpommern, NRW setzt Zahlung von Soforthilfen nach Betrugsverdacht aus, Frankreich verlängert Ausgangssperre, Knapp 17 Millionen Arbeitslose in den USA, Ecuador stellt wegen Corona-Pandemie Hunderte Mediziner ein, EU verteidigt WHO nach Trump-Kritik, Kirchliche Vertreter würdigen NS-Widerstandskämpfer Bonhoeffer, Das Wetter
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Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau
Heute im Studio: Susanne Daubner
Guten Abend,
ich begrüße Sie zur tagesschau.
Kanzlerin Merkel hält
eine schnelle Rückkehr zur Normalität
nicht für möglich.
Trotz langsamer steigender
Ausbreitungszahlen des Coronavirus
dürfe man sich nicht
in Sicherheit wiegen.
Das Corona-Krisenkabinett beriet
heute über das weitere Vorgehen.
Nach Angaben
des Robert Koch-Instituts wurden
rund 108.000 Infektionen gemeldet,
etwa 5000 mehr als gestern.
2107 Menschen starben
infolge einer Ansteckung.
Knapp 50.000 sind wieder genesen.
Die Zahl der neuen Corona-Infektionen
steigt immer langsamer.
Aber die Kontaktbeschränkungen
zu lockern,
kommt für die Kanzlerin
nicht infrage.
Wir dürfen nicht leichtsinnig sein
und uns in Sicherheit wiegen.
Ich kenne das auch von mir:
Man hat ein bisschen Hoffnung,
dann gewinnt man Zutrauen.
Dann ist man entspannter
und schon ist man leichtsinnig.
Immer lauter wird die Forderung,
Beschränkungen zu lockern.
Zuerst vielleicht
für junge, gesunde Menschen,
während Senioren und Risikopatienten
weiter zu Hause bleiben.
Die zuständige Ministerin
ist dagegen.
Ich will Ihnen eins sagen aus
der Sicht des Seniorenministeriums:
Wir sollten keine
Zweiklassengesellschaft aufmachen
zwischen denen, die raus dürfen
und denen, die drinbleiben müssen.
Eine weitere Option
ist eine Schutzmasken-Pflicht,
sobald wieder
mehr Menschen auf den Straßen sind.
Deutschland braucht dann
mehrere Milliarden Masken.
Die Regierung will dabei
weniger Abhängigkeit vom Ausland
und mehr Masken-Produktion
in deutschen Firmen.
Sie stellt Fördermittel bereit.
Wir werden alles tun,
um schnell dafür zu sorgen,
dass die Produktion in Deutschland
steigt.
Solange es keinen Impfstoff gibt,
infizieren sich die Menschen weiter
und sind dann eine Zeit lang
immun gegen das Virus.
Das Robert Koch-Institut startet
zur Immunität deshalb drei Studien.
Wir möchten wissen,
wie viele Menschen immun sind.
Und wie der Anteil
der asymptomatischen Fälle ist:
Die infiziert wurden,
es aber nicht gemerkt haben.
Die WHO prüft, ob bekannte
Medikamente gegen Ebola oder Malaria
auch gegen Covid-19 wirken.
An einer Studie dazu beteiligen sich
auch deutsche Wissenschaftler.
Die Forschung kostet Zeit.
Bis wieder Normalität herrscht,
wird es noch lange dauern.
Diese Regeln
wie nicht die Hand geben,
Handhygiene, Abstand halten:
Solange wir keinen Impfstoff
und keine Medikamente haben,
werden die bestehen bleiben.
Die werden unser tägliches Leben
kennzeichnen.
Nach Ostern
berät die Kanzlerin mit den Ländern,
wie der Kampf gegen Corona
weitergeht.
Sie wird sich dabei
auf nichts einlassen,
was die Infektionszahlen
ansteigen lässt.
Wer in Mecklenburg-Vorpommern wohnt,
kann nun doch an den Osterfeiertagen
Tagesausflüge an die Küste
oder zur Seenplatte unternehmen.
Das Oberverwaltungsgericht Greifswald
kippte das Reiseverbot der
Landesregierung in zwei Eilverfahren.
Das Einreiseverbot für Bürger
aus anderen Bundesländern
ist davon nicht betroffen.
NRW stoppte vorübergehend
sein Corona-Nothilfeprogramm
für Solo-Selbstständige
und Kleinstbetriebe.
Auf gefälschten Webseiten
sollen Daten von Antragstellern
abgegriffen worden sein,
um öffentliche Gelder zu kassieren.
Tausende Anträge seien
missbräuchlich gestellt worden,
so das Wirtschaftsministerium.
Wann die Zahlungen an Bedürftige
wieder aufgenommen werden, ist offen.
Mit Suchmaschinen wurden Unternehmer
und Selbstständige aus NRW
auf falsche Formulare geleitet.
Laut LKA
fischten Betreiber von Fake-Seiten
mit gefälschten Antragsformularen
Daten ab.
So strichen sie Fördergelder ein.
Es geht um Gelder,
die notleidende Unternehmen
zum Überleben benötigen.
Wir gehen davon aus,
dass einige Tausend Betroffene
Daten auf falschen Seiten abgaben.
Es könnte um bis zu 4000 Fälle gehen.
Auf den Internetseiten des Landes NRW
können weiterhin
neue Anträge gestellt werden -
auch von den Opfern der Betrüger.
Mehrere Tausend Unternehmer und
Selbstständige müssen aber warten,
denn die Zahlungen wurden gestoppt.
Es wird mit Hochdruck gearbeitet
an der Aufklärung des Vorganges.
Und daran, dass die Menschen
schnell diese Auszahlung
bekommen können.
Wir wollen das aber
so korrekt wie möglich machen.
Unternehmerverbände drängen darauf,
dass es schnell geht.
Eine Lösung für sie:
Dass man nicht alles überprüft,
sondern Stichproben macht.
Um schnell Hilfe zu leisten.
Für Unternehmen sind Hilfen in Höhe
von bis zu 25.000 Euro möglich.
Auch in Berlin wird ermittelt wegen
des Betrugs bei Corona-Soforthilfen.
Frankreich verlängert
die Ausgangsbeschränkungen
über den 15. April hinaus.
Seit Mitte März dürfen die Menschen
nur mit Passierschein vor die Tür.
Laut Behörden stieg die Zahl
der Corona-Toten auf über 12.000.
Die Regierung will die Finanzspritzen
für das Gesundheitssystem
und die Wirtschaft erhöhen.
Kirchlicher Trost in Krisenzeiten:
Der Pariser Erzbischof
segnet die Stadt und die Gläubigen.
Zugleich verlängert Frankreich
die Ausgangsperre ein weiteres Mal.
Zuvor wurden die Auflagen
in einigen Städten verschärft.
In Paris ist Joggen
jetzt tagsüber verboten.
Alles drängt sich nun
ab 19 Uhr im Freien.
Vorher waren wir
über den Tag verteilt unterwegs.
Ob das wirklich sinnvoll ist?
Alarm auf dem
Flugzeugträger "Charles de Gaulle":
Rund 40 Besatzungsmitglieder
sind offenbar infiziert.
Sie sollen zunächst
an Bord behandelt werden.
Landesweit steigen die Zahlen
der Covid-19-Opfer an.
In den Kliniken herrscht Notstand.
Der Chef der französischen
Gesundheitsbehörde warnt:
Wir haben jetzt einen Höchststand
der Patienten in den Krankenhäusern,
vor allem von denen,
die beatmet werden müssen.
Das gab es in Frankreich noch nicht.
Die Wirtschaft
verzeichnet massive Einbrüche,
fast die Hälfte der Produktion ruht.
Frankreich steht
vor einer schweren Rezession.
Die Kritik an der Regierung wächst.
Zu spät habe sie reagiert.
Präsident Macron verschob
seine heutige Rede auf Ostermontag -
wie er Frankreich
durch die Corona-Krise steuern will.
Infolge der Corona-Pandemie
ist die Zahl der Arbeitslosen
in den USA drastisch gestiegen.
Allein in der vergangenen Woche
meldeten sich 6,6 Millionen Menschen.
Knapp 17 Millionen US-Amerikaner
sind ohne Job.
Die Notenbank
kündigte ein Notfallprogramm an
über mehr als zwei Billionen Dollar.
In Südamerika ist Ecuador besonders
von der Corona-Pandemie betroffen.
Das Land stellt laut Behörden
Hunderte neue Ärzte
und Pflegekräfte ein.
Offiziell 242 Menschen
sind sind bisher verstorben
an den Folgen einer Infektion.
Aus Sicht von Virologen
könnte sich das Land
zum nächsten Corona-Epizentrum
Südamerikas entwickeln.
Verzweiflung vor der Notaufnahme
in Guayaquil.
Gerade sind ihre Eltern verstorben
oder liegen im Sterben.
Sie können meinen Vater aufnehmen,
haben aber keinen Sauerstoff.
Ich soll ihn selbst besorgen.
Auch von Krankenschwestern
ein Notruf.
Das Personal erkranke -
mutmaßlich am Coronavirus.
Seit einer Woche erleben die Menschen
eine humanitäre Katastrophe.
Täglich Tote auf der Straße
oder in den Wohnungen.
Tagelanges Warten,
bis Behörden die Körper abholen.
Der Geruch ist furchtbar.
Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Ich habe Angst,
dass wir uns angesteckt haben.
Das Virus
hat die Wirtschaftsmetropole
unvorbereitet getroffen.
Corona-Tests gibt es kaum.
Die Behörden seien überfordert
und die Regierung
habe die Lage kleingeredet.
Die Regierung hat die Dimension
der Katastrophe nicht begriffen.
Und laut Epidemiologen
steht uns die nächste Welle
der Erkrankten bevor.
Vor den Friedhöfen
warten Angehörige tagelang darauf,
dass ihre Toten beerdigt werden.
Andere suchen hier nach ihren Eltern,
die abgeholt
und irgendwo begraben wurden.
Ich hoffe, meinen Vater zu finden.
150 Tote täglich -
und die Zahlen steigen.
Und die Krise könnte sich
in der gesamten Region ausbreiten.
Nach der Schelte des US-Präsidenten
entbrennt eine Diskussion
über die Rolle der WHO
in der Corona-Pandemie.
Kritiker werfen
der Weltgesundheitsorganisation vor,
die Gefahren
zunächst unterschätzt zu haben.
Rückendeckung erhält die Behörde
von der EU.
Die WHO leiste lebensrettende
Unterstützung für die ganze Welt,
so der Außenbeauftragte Borrell.
Er ist einer der Hauptkritiker
der Weltgesundheitsorganisation:
US-Präsident Trump.
Die Behörde in Genf
habe nicht entschieden gehandelt.
Ende Januar beschlossen die USA
einen Einreisestopp aus China -
entgegen der Empfehlung der WHO.
Noch im Februar
rief ihr Generaldirektor
zur Zurückhaltung auf.
Es gibt keinen Grund für Maßnahmen,
die unnötig den
internationalen Handel beschränken.
Diese Empfehlung gilt bis heute.
Von Anfang an setzte die WHO
auf ein ganzes Maßnahmenpaket:
Testen, Nachverfolgen von Infizierten
und deren Isolierung.
Der Vorwurf:
Die WHO habe zu spät
den Internationalen
Gesundheitsnotstand ausgerufen.
Gesundheitsexperten
können das nicht nachvollziehen.
Der WHO vorzuwerfen,
dass sie nicht drei Wochen früher
das gemacht hat.
Die europäischen Staaten
warten noch bis Anfang März.
Ein weiterer Monat verstrich,
bevor Europa das ernst nahm
als Gesundheitskrise.
Das ist wohlfeile Kritik.
Kritik auch daran,
dass die WHO zu chinafreundlich sei.
So hatte sich die WHO mit Kritik
zurückgehalten, als bekannt wurde,
dass Chinas Behörden versucht hatten,
den Ausbruch zu vertuschen.
Wir müssen verstehen,
dass die WHO eine
zwischenstaatliche Organisation ist.
Sie hat fast 200 Regierungen
als ihre Chefs und Geldgeber.
Sie kritisiert keine Regierung,
weder China noch die USA.
Die WHO kann nur
Empfehlungen abgeben,
durchsetzen kann sie diese nicht.
Es gibt wieder ein ARD extra
zur Corona-Pandemie.
Auf tagesschau.de
liefern wir einen Überblick
über die Oster-Regelungen
in den Bundesländern.
ARD extra um 20.15 Uhr in DGS
auf tagesschau24
Sein Name steht
für gelebtes Christsein,
Zivilcourage
und politischen Widerstand:
Dietrich Bonhoeffer.
Am 9. April 1945, einen Monat
vor Ende des Zweiten Weltkriegs,
wurden der Theologe und weitere
Widerstandskämpfer hingerichtet.
Die Opfer sind auch 75 Jahre danach
Belege der Vielfalt des Widerstand
gegen das NS-Regime von Adolf Hitler.
Zwei unterschiedliche Menschen:
Der Pfarrer Dietrich Bonhoeffer
und der Schreiner Georg Elser.
Sie verbindet ihr Widerstand
gegen den Nationalsozialismus.
Beide werden
am 9. April 1945 hingerichtet.
Bonhoeffer
im Konzentrationslager Flossenbürg
im Nordosten Bayerns,
wo 30.000 Menschen starben.
Seit der Machtergreifung
ist er ein Gegner Hitlers,
Mitbegründer der Bekennenden Kirche,
schließt sich dem Widerstand an.
Im April 1943 wird er festgenommen.
Zusammen mit hochrangingen Militärs
aus dem Widerstand
wird er zwei Jahre später erhängt.
Für den EKD-Ratsvorsitzenden
ist Bonhoeffer bis heute ein Vorbild.
Sein Glaube war für ihn nicht Grund,
sich nicht um die Welt zu kümmern,
sondern das Gegenteil.
Der Glaube war der Grund,
ganz in die Welt hineinzugehen,
an der Seite der Schwachen
zu stehen.
Damit Leid gelindert wird.
Georg Elser steht für
eine andere Facette des Widerstands:
Ein einfacher Arbeiter
und Einzeltäter,
der aus persönlicher Überzeugung
handelte.
Am 8. November 1939
wollte er Hitler töten
mit einem Attentat
im Münchner Bürgerbräukeller.
Doch das Attentat scheitert.
Georg Elser wird am 9. April 1945
im KZ Dachau erschossen.
Nun die Wettervorhersage für morgen,
Freitag, den 10. April:
Unter Hochdruckeinfluss
wird es verbreitet sonnig.
In den Nordosten
fließt kühlere Luft.
In der Nacht oft klar.
Morgen im Norden und Osten
einige Wolken,
vielerorts aber Sonnenschein.
Über dem Bergland
später größere Quellwolken,
es bleibt meist trocken.
Am Samstag meist sonniges Wetter.
Ostersonntag mehr Wolken
und einzelne Schauer oder Gewitter.
Ostermontag wechselhaft,
örtlich nass, im Norden windig.
Im nördlichen Bergland
sind Schneeschauer möglich.
Um 22.05 Uhr hat Ingo Zamperoni
diese Tagesthemen für Sie:
Ostern in Corona-Zeiten -
wie sich Familien und Kirchen
auf die Feiertage vorbereiten.
Und: Keine Gäste zum Saisonstart -
Existenzängste
in der Tourismusindustrie.
ARD extra in DGS auf tagesschau24
Nun das ARD extra
mit Christian Nitsche: