Sendung: tagesschau 14.04.2020 17:00 Uhr - Atomkraftwerk Tschernobyl
Themen der Sendung: Bund und Länder sprechen über mögliche Lockerungen der getroffenen Corona-Maßnahmen, In Österreich dürfen kleinere Geschäfte wieder öffnen, Zehntausende Strafgefangene kommen in der Türkei wegen der Corona-Pandemie frei, Diskussion über pünktliche Einführung der Grundrente, Zukunft unklar für deutschen Ferienflieger Condor, IWF erwartet dieses Jahr globale Rezession, Endlich mal Aufräumen: Recyclinghöfe überlastet, Hunderte Feuerwehrleute im Einsatz bei Bränden rund um das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine
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Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau.
Heute im Studio: Susanne Holst
Morgen wird ein wichtiger Tag
im Kampf gegen die Corona-Pandemie.
Bund und Länder wollen mögliche
Lockerungen der Maßnahmen besprechen.
Der Chef des Robert Koch-Instituts
Wieler nannte das Vorgehen wirksam,
die Ansteckungen
hätten sich verlangsamt.
Das Institut zählt fast 125.100
Corona-Fälle in Deutschland.
Maskenpflicht auch im Büro.
Jena hat die Regeln zum Tragen
eine Schutzmaske noch erweitert.
In Läden
und öffentlichen Verkehrsmitteln
ist Mundschutz
schon länger vorgeschrieben.
Gestern forderte
die Wissenschaftsakademie Leopoldina
die Maskenpflicht
für bestimmte Bereiche:
Als Bedingung
für eine mögliche Öffnung.
Das Robert Koch-Institut (RKI)
betont heute,
das Masken nur bedingt Schutz bieten.
Das ist zusätzlich.
Es darf nicht dazu führen,
dass man andere Dinge
vernachlässigt.
Man muss mit dieser
Mund-Nasenbedeckung gut umgehen.
Wenn man damit nicht sauber umgeht,
kann man sich infizieren.
Unterschiedlicher Meinung sind
das RKI und Leopoldina darüber,
wie der Schulunterricht
wieder losgehen könnte.
Leopoldina will
mit Grundschülern beginnen.
Das RKI mit älteren Schülern.
Das bevorzugt auch
der Ministerpräsident von Hessen.
Bouffier will es morgen als Vorschlag
in die Diskussion
mit der Kanzlerin einbringen.
Bei älteren Schülern
kann der Appell,
Abstand zu halten
und Hygienevorschriften einzuhalten,
besser gelingen.
Gesundheitsminister Spahn besuchte
heute die Uni-Klinik in Gießen.
Er informierte sich
über Intensivkapazitäten für Covid.
Wie fast überall
sieht es hier gut aus.
Die sichere Versorgung
schwer Erkrankter
bleibe der Maßstab
für eine mögliche Öffnung.
Wir müssen das
Schritt für Schritt gestalten.
Wir müssen Kontrolle über das Virus
und den Ausbruch behalten.
Wir müssen sicherstellen,
dass wir alle Patienten
behandeln können.
Morgen spricht die Kanzlerin
mit den Ministerpräsidenten.
Es sollen Maßnahmen
zur Normalisierung beraten werden.
Stell dir vor, es gibt wieder Bücher,
Schrauben und Blumenerde.
In Österreich ist das heute der Fall.
Erstmals seit Mitte März
durften kleinere Geschäfte,
Baumärkte und Gartencenter öffnen.
Draußen standen die Kunden Schlange,
obwohl sie drinnen Abstand halten
und Mundschutz tragen mussten.
Falls dieser erste Versuch
gut verläuft,
dürfen von Mai an
alle anderen Läden aufmachen.
Auch sie dürfen wieder öffnen:
Bau- und Gartenmärkte in Österreich.
Seit dem Morgen lange Schlangen -
die Zahl der Kunden ist limitiert.
Besonders gefragt:
Renovierungsmaterial und Tierfutter.
Ein anderes Bild
in der Wiener Innenstadt.
Geschäfte unter 400 Quadratmeter
dürfen hier öffnen.
Michael Paul hat seinen Modeladen
nach vier Wochen wieder aufgemacht.
Der Ansturm bleibt bisher aus.
Die Leute wissen nicht,
wie es weitergeht
und ihre wirtschaftlichen
Perspektiven aussehen.
Da überlegen sie sich dreimal,
ob sie ein T-Shirt, eine Hose
oder Sneaker kaufen.
Mundschutz, Mindestabstand,
Zutritt nur für gesunde Kunden:
Das ist Pflicht in Österreich.
Bei einer Pressekonferenz
mahnt Kanzler Kurz:
Die Krise sei nicht vorbei,
Ausgangsbeschränkungen gelten weiter.
Die Maßnahmen hätten dazu geführt,
dass sich weniger Menschen
infizieren.
Ich bin mir bewusst,
dass die Situation nicht so ist,
wie sie früher einmal war.
Unser Leben ist nicht so,
wie wir es kennen und schätzen.
Es ist eine neue Form
der Normalität.
Am 2. Mai sollen auch Einkaufszentren
wieder öffnen -
Cafes und Restaurants
erst in einem Monat.
Das aber nur,
wenn die Zahl der Neuinfektionen
weiter zurückgeht.
In der Türkei
kommen Zehntausende Strafgefangene
wegen der Corona-Pandemie frei.
Mehrere Häftlinge infizierten sich,
drei starben.
Das türkische Parlament beschloss,
etwa 90.000 Insassen
vorzeitig zu entlassen
oder unter Hausarrest zu stellen.
Ausgenommen sind Gewaltverbrecher,
Mörder und Gefangene,
die wegen Terrorverbrechen einsitzen.
Menschenrechtsorganisationen
kritisieren,
dass politische Gefangene von
der Amnestie ausgeschlossen sind.
Trotz Corona-Epidemie
ein Gruppenfoto der Fraktion der AKP.
Die Aufforderung, Abstand zu halten,
wird ignoriert.
Auch ignoriert wird die Kritik der
Opposition an einem Gesetzentwurf.
Er sieht Straferleichterungen
für etwa ein Drittel der Gefangenen
in der Türkei vor.
In Haft bleiben Oppositionelle
oder kritische Journalisten,
denen fadenscheinige Terrorvorwürfe
gemacht werden.
Keine Straferleichterung bekommt,
wer aufgrund seiner Meinung
im Gefängnis ist,
oder Oppositionelle.
Alle, die ihnen nicht
ins politische Programm passen.
Auch drei aus politischen Gründen
in der Türkei inhaftierte Deutsche
kommen nicht frei.
Die nationalistische Partei MHP
unterstützt das Gesetz.
Ein Teil der Haftstrafen
wird in Hausarrest umgewandelt.
Menschrechtsaktivisten laufen
seit Wochen gegen das Gesetz Sturm.
Fast alle Straftaten sind betroffen:
Diebstahl, Betrug, Körperverletzung,
Gewalt gegen Frauen.
90.000 werden
aus dem Gefängnis entlassen.
Obwohl die Zahl der Infizierten
in der Türkei bei über 60.000 liegt,
sind heute wieder viele Istanbuler
auf der Straße.
Staatspräsident Erdogan kündigte
fürs kommende Wochenende erneut
eine umfassende Ausgangssperre an.
Wegen Corona könnte die Einführung
der Grundrente für Geringverdiener
in Verzug geraten.
Davor warnt
die Deutsche Rentenversicherung.
Als Grund nennt sie
erschwerte Arbeitsbedingungen
für ihre IT-Fachleute
und Sachbearbeiter.
Das befeuert einen Streit
innerhalb der GroKo.
Aus der Union
kommen Zweifel am Zeitplan.
Finanzminister Scholz bekräftigte
gegenüber der "Funke"-Mediengruppe,
dass er an der Einführung
Anfang 2021 festhalte.
Sie stehen in der Corona-Krise
im Fokus:
Altenpfleger,
Kraftfahrer und Kassierer.
Ihr Lohn ist oft gering,
die Rente schmal.
Geringverdienern
soll die Grundrente helfen.
Etwa 1,3 Millionen Rentner
könnten davon ab 2021 profitieren.
Doch die Rentenversicherungsanstalt
hat Probleme bei der Umsetzung.
Sie muss die Ansprüche prüfen.
Für die Rentenversicherung ist die
Einführung der Grundrente aufwendig.
Wir müssen kurzfristig
3000 neue Mitarbeiter einstellen.
Das Ganze wird
durch die Corona-Krise erschwert.
Viele Mitarbeiter
sind im Homeoffice.
Auch die Wirtschaft klagt.
Die Corona-Krise bringe viele
Unternehmer in schweres Fahrwasser.
Steuerausfälle nicht ausgeschlossen.
Doch gerade das
ist eine wichtige Säule,
um die Grundrente vor allem anfangs
zu finanzieren.
Etwa 1,4 Milliarden Euro soll
die Grundrente im Startjahr kosten.
In der Union sind viele skeptisch.
Es gibt keinen Grund, Geld
mit der Gießkanne zu vergießen.
Nach der Corona-Krise wird das nicht
mehr in Hülle und Fülle da sein.
Der Arbeitsminister
will keine Verzögerung.
Seine Partei wirft der Union
Hinhaltetaktik vor.
Wir reden seit Monaten
über die Grundrente,
dass sie zum 1. Januar 2021
kommen muss.
Das ist auch richtig.
Dass man jetzt Corona vorschiebt,
ist unglaubwürdig.
Auch die Bundesländer fordern
Nachbesserungen bei der Grundrente.
Bundesrat und Bundestag
müssen dem Gesetz noch zustimmen.
Was wird
aus dem Ferienflieger Condor?
Im Herbst
war Condor in Turbulenzen geraten -
im Sog der Pleite
des Mutterkonzerns Thomas Cook.
Gestern platzte die Übernahme durch
eine polnische Fluggesellschaft.
Jetzt wird die Zeit knapp.
Denn in dieser Woche muss Condor
einen Überbrückungskredit
über 380 Mio. Euro zurückzahlen.
Es müssen also schnell Geld
und ein neuer Partner her.
Fragen wir unseren Luftfahrt-Experten
Michael Immel:
Kann das noch funktionieren?
Das kann noch funktionieren.
Condor braucht
eine neue Finanzspritze.
Es war
von 200 Millionen Euro die Rede.
Connor braucht einen Zugriff
auf ein Treuhandkonto.
Tickets, die das letzte halbe Jahr
verkauft wurden, sind abgesichert.
Wie könnte es mit Condor weitergehen,
wie könnte die Führung aussehen?
Es werden
unterschiedliche Modelle diskutiert.
Wahrscheinlich ist,
dass man ein Treuhandmodell wählt.
Das Management macht dann weiter.
Eine Treuhandgesellschaft
im Auftrag der Regierung
trifft dann auch Entscheidungen.
Ein neuer Investor
muss gefunden werden.
Langfristig müssen
5000 Arbeitsplätze gesichert werden.
Der Internationale Währungsfonds
erwartet eine globale Rezession,
die schwerste seit fast 100 Jahren.
Die Weltwirtschaft werde
um 3 % schrumpfen,
heißt es in einer Prognose.
Für 2021 rechnet der IWF
mit einer Erholung.
Voraussetzung:
Dass die Pandemie im zweiten Halbjahr
unter Kontrolle gebracht wird.
Zur Börse,
zu Stefan Wolff in Frankfurt:
Am Wochenende beschlossen
die erdölfördernden Länder der OPEC
eine drastische Drosselung
der Fördermengen.
Trotzdem fällt der Ölpreis weiter,
warum?
Durch die Corona-Krise
brach die Nachfrage nach Öl ein.
100 Millionen Fass am Tag
waren es vor der Krise.
Nun sind es nur noch 60 Millionen.
Der Ölpreis sinkt weiter.
OPEC setzte das Signal,
dass sie die Preise
nicht stabilisieren kann.
Der Aktienmarkt startet
mit einem Gewinn in die neue Woche.
Es gab eine lange waagrechte Linie.
Grund war ein technischer Defekt.
Endlich das erledigen,
was lange liegen geblieben ist.
Viele nutzen die Corona-Krise,
um den Dachboden oder Keller
zu entrümpeln.
Aber der Kram muss auch irgendwo hin,
also auf zum Recycling-Hof.
Weil andere die gleiche Idee hatten,
braucht es dort vor allem eines:
Geduld.
Kilometerweit
reihen sich die Fahrzeuge.
Einer der wenigen in NRW
geöffneten Wertstoffhöfe
hat Wartezeiten von zwei Stunden.
Viele haben ihre Familien dabei -
die Kinder müssen betreut werden.
Die Anfahrt und das Warten
sind eine Geduldsprobe.
Wie ist die Stimmung?
Ganz schlimm, viele sind aggressiv.
Die hupen, schreien - wahnsinnig.
Viele Abfallbetriebe haben durch
die Corona-Krise weniger Personal.
Wer seinen Sperrmüll
abholen lassen will,
muss lange auf einen Termin warten.
Auch das ist ein Grund
für den Ansturm auf Wertstoffhöfe.
Das Sperrgutvolumen ist gestiegen.
Im Hausmüll in Bochum haben wir
300 Tonnen mehr Müll gesammelt.
Es gibt auch
eine Art Sperrmüll-Tourismus.
Der Recyclingplatz
ist eine willkommene Abwechslung
zur verordneten Quarantäne zu Hause.
Manche Leute
kommen nur mit einem Toaster,
weil sie gerade Zeit haben
und der sollte immer schon weg.
Die kommen jetzt
mit der ganzen Familie.
Das ist natürlich schwierig
für unsere Mitarbeiter.
Damit es nicht zu Gedränge kommt,
wird nur jeder zweite Abladeplatz
besetzt.
Man baut Barrieren
zwischen Mitarbeiter und Kunden.
Auch hier heißt es:
Abstand halten in der Corona-Krise.
Seit einer Woche
brennt es in den Wäldern
rund um das ehemalige Atomkraftwerk
Tschernobyl in der Ukraine.
Hunderte Feuerwehrleute
sind im Einsatz.
Mit Hubschraubern und Flugzeugen
versuchen sie die Brände zu löschen
in dem radioaktiv
belasteten Sperrgebiet.
Umweltschützer befürchten,
die Strahlungswerte könnten steigen.
Laut Greenpeace Russland
sind die Feuer auf 1,5 km
an die Atomruine herangerückt.
Die Behörden
melden erste Löscherfolge.
Es gebe kein offenen Feuer mehr.
Die Wetteraussichten:
Morgen im Nordosten vormittags
dichtere Wolkenfelder.
Sonst vielfach sonnig.
Höchstwerte 10 bis 21 Grad.
Um 20 Uhr haben wir
eine neue tagesschau für Sie.
Einen schönen Abend.
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