Lasst uns das Sonnensystem verschieben! - Der Stellarantrieb
Das ganze Universum ist in ständiger Bewegung.
(Rauschen) In der Milchstraße
umkreisen Milliarden Sterne das Schwarze Loch
im Zentrum der Galaxis. (Dynamische Musik)
Manche Sterne bewahren dabei ihren Abstand,
wie unsere Sonne.
Die immer etwa 30.000 Lichtjahre
vom Zentrum der Galaxis entfernt bleibt
und es alle 230 Millionen Jahre einmal umrundet.
(Dynamische Musik)
Das Ganze ist aber kein inszeniertes Ballett,
sondern eher eine Eislaufbahn voller betrunkener Kleinkinder.
Unsere Galaxie ist also kein ungefährlicher Ort,
denn alles um uns herum ändert sich ständig.
Jede Sekunde verschieben sich Sterne um Hunderte Kilometer.
Nur dank der riesigen Distanzen zwischen den Himmelskörpern
sind wir einigermaßen sicher.
Aber wir könnten auch mal Pech haben.
(Lockere Musik)
Wir könnten auf einen Stern treffen, der zu einer Supernova wird.
Oder irgendwas Riesiges fliegt vorbei, dann regnet es Asteroiden.
Sollte so etwas passieren, wüssten wir das wahrscheinlich Tausende,
wenn nicht Millionen Jahre im Voraus.
Aber dagegen machen könnten wir trotzdem nicht wirklich was.
Außer unser ganzes Sonnensystem aus dem Weg zu schieben.
(Fröhliche Musik)
Um unser Sonnensystem zu bewegen,
brauchen wir einen Stellar Antrieb,
eine Megakonstruktion, mit der sich ein Stern
durch die Galaxie steuern lässt.
Eine fortgeschrittene Zivilisation,
die Millionen von Jahre in die Zukunft denkt,
und Technologie auf Dyson-Sphäre-Level hat,
könnte so was bauen. (Dynamische Musik)
Aber wir sollen wir bitte
die Hunderttausende Objekte im Sonnensystem gleichzeitig bewegen?
Gute Neuigkeiten, das braucht uns nicht zu kümmern.
Wir müssen nur die Sonne verschieben,
der ganze Rest klebt durch die Anziehungskraft an ihr
und kommt deshalb automatisch überallhin mit.
(Mystische Musik) Es gibt viele verschiedene Ideen,
wie so ein Stellar Antrieb aussehen und funktionieren könnte.
Wir haben uns zwei ausgesucht, die auf unserem heutigen Erkenntnisstand
von Physik basieren und die wir theoretisch bauen könnten.
Der einfachste Stellar Antrieb ist der sogenannte:
Ein riesiger Spiegel.
Er funktioniert im Prinzip wie eine Rakete,
wie bei einem Raketenantrieb haben die Photonen,
die die Sonne als Strahlen abgibt, Schubkraft.
Nicht sehr viel, aber doch ein bisschen.
Knipst ein Astronaut im Weltall zum Beispiel eine Taschenlampe an,
stößt ihn der Lichtstrahl ganz langsam
in die entgegengesetzte Richtung.
Ein Stellarantrieb funktioniert etwas besser als eine Taschenlampe,
weil die Sonne wirklich sehr viele Photonen produziert.
(Spannungsvolle Musik)
Im Prinzip reflektiert der Shkadov Thruster einfach die Sonnenstrahlen,
und kreiert dadurch Schubkraft
mit der wir die Sonne verschieben können.
Damit der Shkadov Thruster funktioniert,
muss er aber an Ort und Stelle bleiben
und darf nicht um die Sonne kreisen.
Die Schwerkraft der Sonne zieht ihn zwar an,
aber der Strahlungsdruck der Sonne stützt den Spiegel.
Es entsteht ein Gleichgewicht.
Der Spiegel muss dafür sehr leicht sein.
Aus Mikrometer dünner reflektierender Folie,
zum Beispiel aus Aluminiumlegierungen.
(Spannungsvolle Musik)
Die Form des Spiegels ist ziemlich wichtig.
Wir können die Sonne nicht einfach in eine kugelförmige Folie hüllen.
Das würde Licht zurück zur Sonne reflektieren,
wodurch die sich aufheizen würde.
Eine Parabelform schickt stattdessen einen Großteil der Photonen
um die Sonne herum und in ein und dieselbe Richtung
und maximiert dadurch den Schub.
Damit die Erde nicht wegen zu viel oder zu wenig Sonnenlicht verbrennt
oder einfriert, gibt es nur einen sichern Ort für den Shkadov Thruster:
über den Polen der Sonne.
(Dynamische Musik)
Das bedeutet, dass wir die Sonne nur vertikal zur Ebene des Sonnensystems
bewegen könnten.
Und wenn wir einmal gestartet sind,
gibt es keinen Rückwärtsgang,
was unsere Reiseoptionen etwas einschränkt.
Aber im Prinzip ist das alles.
Für eine Zivilisation, die eine Dyson-Sphäre bauen kann,
ist das ein ziemlich einfaches Unterfangen.
Nicht kompliziert, nur aufwendig zu bauen.
Mit Vollgas könnte das Sonnensystem
so wahrscheinlich in 230 Millionen Jahren
um etwa 100 Lichtjahre verschoben werden.
(Mystische Musik)
Über mehrere Milliarden Jahre
könnten wir damit die Laufbahn der Sonne
in der Galaxie fast vollständig bestimmen.
Aber das würde vielleicht nicht reichen,
um kurzfristig einer tödlichen Supernova zu entgehen.
Da muss es doch eine bessere Lösung geben.
Deshalb haben wir einen befreundeten Astrophysiker gebeten,
sich für dieses Video
einen schnelleren Stellar Antrieb auszudenken.
Das hat er auch und einen Artikel darüber geschrieben,
der in einer Fachzeitschrift erschienen ist.
Du findest ihn in den Quellen.
Wir nennen unseren neuen Stellar Antrieb:
(Dynamische Musik)
Er funktioniert quasi auch wie eine Rakete.
Man richte den Auspuff in die eine Richtung,
um sich in die andere wegzustoßen.
Es handelt sich um eine riesige Raumstation,
die von einer Dyson-Sphäre angetrieben wird,
und von der Sonne Masse für die Kernfusion einsammelt.
Mit fast einem Prozent Lichtgeschwindigkeit
schießt sie einen Teilchenstrahl aus dem Sonnensystem.
Ein zweiter Strahl schiebt die Sonne mit, wie ein Schleppschiff.
Der Caplan Thruster braucht jede Menge Brennstoff,
Millionen Tonnen pro Sekunde.
Um an diesen Brennstoff zu kommen, nutzt unser Thruster
ein riesiges elektromagnetisches Feld,
mit dem er Wasserstoff und Helium aus dem Sonnenwind
in den Motor bringt.
(Dynamische Musik) Aber nur Sonnenwind allein
bringt noch nicht genug Brennstoff.
Hier hilft die Dyson-Sphäre.
Dank ihr können wir Sonnenlicht zurück zur Sonne richten.
Dadurch erhitzen wir kleine Regionen der Sonnenoberfläche
so extrem, dass sich Milliarden Tonnen Masse von der Sonne lösen.
Diese lassen sich einsammeln
und in Wasserstoff und Helium auseinandersortieren.
(Dynamische Musik)
Das Helium explodiert in thermonuklearen Fusionsreaktoren.
Ein fast eine Milliarde Grad Celsius heißer Strahl
radioaktiven Sauerstoffs wird ausgestoßen.
Das ist der Hauptantrieb unseres Caplan Thrusters.
Damit der Antrieb nicht in die Sonne kracht, muss er sich stabilisieren.
Dazu beschleunigen wir die gesammelten Wasserstoffkerne
mit elektromagnetischen Feldern in Teilchenbeschleunigern,
und richten einen Strahl zurück zur Sonne.
Das stabilisiert den Thruster und überträgt die Schubkraft
unseres Motors auf die Sonne.
In nur gerade einer Millionen Jahren
kann dieser Antrieb die Sonne um 50 Lichtjahre verschieben.
Mehr als genug also, um einer Supernova auszuweichen.
Mit Vollgas könnten wir die galaktische Umlaufbahn
unseres Sonnensystems so in nur zehn Millionen Jahren
völlig umleiten. (Dynamische Musik)
Aber halt, brauchen wir so nicht die Sonne auf?
Zum Glück ist die Sonne so groß, dass selbst Milliarden Tonnen
ihres Materials abzutragen, nur an ihrer Oberfläche kratzen würde.
Diese Megakonstruktion würde die Lebensdauer der Sonne
sogar verlängern.
Da Sterne mit weniger Masse langsamer verbrennen.
Dadurch bliebe unser Sonnensystem
für viele weitere Milliarden Jahre bewohnbar.
(Dynamische Musik)
Mit einem Caplan Thruster würde unser ganzes Sonnensystem
zu einem Raumschiff.
Wir könnten zum Beispiel rückwärts durch die Galaxie ziehen
und Hunderte, Tausende Sternensysteme besiedeln,
an denen wir vorbeifliegen.
Vielleicht könnten wir unserer Galaxie sogar entfliehen,
und uns über die Milchstraße hinaus ausbreiten.
(Dynamische Musik)
Maschinen wie einen Stellar Antrieb
kann nur eine Zivilisation bauen,
die nicht nur Jahre oder Jahrzehnte vorausdenkt,
sondern Äonen.
Wir wissen, dass unsere Sonne irgendwann erlöschen wird.
Ein Stellar Antrieb könnte es der Menschheit
in der weit entfernten Zukunft ermöglichen,
zu anderen Sternen aufzubrechen,
ohne sich in das schreckliche, zappendustere Nichts
zwischen den Sternen wagen zu müssen.
(Mystische Musik)
Bis wir einen Stellar Antrieb bauen,
sind wir Treibgut im galaktischen Meer
und seinen Launen vollkommen ausgeliefert.
Das könnte uns in tückische Gewässer bringen.
Vielleicht werden unsere Nachkommen aber die Segel setzen,
und so zu einer interstellaren Spezies werden,
die noch Millionen Jahre überleben wird.
(Vogelgezwitscher)
(Entspannte Musik)