tagesschau Sendung vom 03.02.2021 - Urteil gegen Kreml-Kritiker Nawalny
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau.
Heute im Studio: Claus-Erich Boetzkes
Guten Tag, willkommen zur tagesschau.
Die russische Regierung
verbittet sich jede Einmischung
in ihre "inneren Angelegenheiten".
So reagiert Moskau auf die
breite Woge internationaler Kritik
an dem Urteil
gegen den Kreml-Kritiker Nawalny.
Deutschland, Frankreich und die USA
fordern die sofortige Freilassung
von Putins Gegenspieler.
Ein Gericht in Moskau hatte Nawalny
zu 3,5 Jahren Lagerhaft verurteilt
wegen Verstoßes
gegen Bewährungsauflagen.
Tausende waren gestern
auf den Straßen, nicht nur in Moskau,
auch in weiteren Städten.
Massive Polizeipräsenz,
es gab viele Festnahmen.
Freiheit für Nawalny,
fordern die Demonstranten.
Alexej Nawalny ist zu Unrecht
verurteilt worden.
Das Land wird nie frei sein, wenn
sich alle in dieser Weise verhalten.
Die Behörden, die Gerichte, alle.
Ich hab Tränen in meinen Augen
und meine Eltern auch.
Es ist unerträglich.
Nawalny erwartet
knapp drei Jahre Haft im Straflager,
eine harte Strafe in Russland.
Entsprechend scharf
die internationalen Reaktionen.
Regierungssprecher Seibert
erklärt per Tweet:
Und Frankreichs Präsident Macron
fordert seine sofortige Freilassung.
"Wenn man mit der Politik
nicht einverstanden ist,
dann sei das kein Verbrechen."
Der Kreml in Moskau
verbat sich jede Einmischung
in innere Angelegenheiten.
Die Polizeigewalt
sei gerechtfertigt gewesen.
Die Bilanz des gestrigen Tages
in Russland:
Laut Menschenrechtsorganisation
OVD-Info über 1400 Festnahmen.
Es gab Verletzte, die Behörden
kündigten Strafverfahren an.
Das neue Urheberrecht
sollte schon in der vergangenen Woche
vom Kabinett gebilligt werden.
Doch der Gesetzentwurf
wurde von der Tagesordnung genommen.
Heute nun beschloss die Koalition
die umstrittene Reform.
Sie soll das Verhältnis zwischen
Urhebern, Internet-Plattformen
und Nutzern regeln - etwa beim
Hochladen von Fotos oder Videos.
Doch die Kritik an dem Vorhaben
ist nach wie vor groß.
Es waren Zehntausende,
die 2019 in Deutschland
auf die Straße gingen
gegen die Urheberrechtsreform der EU.
Die Sorge: Uploadfilter könnten
nutzergenerierte Inhalte blockieren
und damit Meinungs-
und Kunstfreiheit einschränken.
Der deutsche Gesetzentwurf zur EU-
Richtlinie versucht das zu vermeiden.
Die Bundesregierung hat ihn
heute im Kabinett verabschiedet.
Den berechtigten Bedenken
junger Nutzer vor Overblocking
sind wir entgegengekommen.
Der Gesetzentwurf wird
nicht zu Overblocking führen.
Nichtkommerzielle Beiträge
von Nutzern,
die Teile von Fremdmaterial
enthalten,
sollen grundsätzlich
hochgeladen werden dürfen.
Unter bestimmten Bedingungen.
Dazu gehört u.a. : Für UrheberInnen, KünstlerInnen, Kreative
soll das neue Gesetz
mehr Geld bringen.
Denn die Plattformen müssen
für hochgeladenes Material bezahlen.
Dennoch gibt es viel Kritik,
zum Beispiel aus der Musikindustrie.
Die kurzen Schnipsel sollen
nämlich pauschal vergütet werden.
Für uns war und ist wichtig,
dass wir auf Augenhöhe mit den
Plattformen verhandeln können.
Das wird durch die
15-Sekunden-Ausnahme konterkariert.
Das verwirrt den Digitalmarkt
und wird dazu führen,
dass unsere Mitglieder nicht für
alle einen guten Deal verhandeln.
Der Gesetzentwurf wird nun
im Bundestag weiterverhandelt.
Mehr als vier Jahre
ist der islamistische Anschlag
auf den Berliner Weihnachtsmarkt
mit zwölf Toten her.
Und noch immer sind viele Fragen
um den Attentäter Amri offen.
Deshalb will
der Untersuchungsausschuss
des Bundestages einen V-Mann-Führer
des Verfassungsschutzes befragen.
Doch das lehnt die Regierung ab.
Nun hat das Bundesverfassungsgericht
entschieden:
Das Innenministerium
darf sich weigern,
den Mann als Zeugen zu benennen.
Kolja Schwartz in Karlsruhe,
warum hat das Gericht so entschieden?
Das Gericht sagt, die
Bundesregierung darf die Vernehmung
von Zeugen dann verweigern,
wenn die Arbeitsfähigkeit
des Staates gefährdet ist.
Zum Staatswohl gehört es,
dass die Geheimdienste
anständig arbeiten können.
In gewissen Milieus sei
Vertraulichkeit besonders wichtig.
V-Personen wird eine bestimmte
Vertraulichkeit zugesagt.
Wenn eine Aussage im
Untersuchungsausschuss stattfände,
könnten die V-Personen das Vertrauen
nicht mehr annehmen.
Geheimdienste bekämen
keine Informationen mehr.
Was bedeutet der Spruch
für die künftige Arbeit
von Untersuchungsausschüssen
und Ermittlungsbehörden?
Zunächst bedeutet es,
dass die Rolle des Geheimdienstes
nicht vollständig aufgeklärt
werden kann im Fall von Amri.
Der V-Mann, um den es geht,
ging in die gleiche Moschee
wie Anis Amri.
Auch am Tag des Anschlags.
Bei künftigen Ausschüssen
wird sich die Bundesregierung
auf das Urteil berufen können.
Studentenleben -
das heißt meist viel lernen,
viele Leute kennenlernen,
viel Abwechslung.
Aber in der Pandemie ist außer
viel Lernen davon kaum etwas übrig.
"Uni digital" heißt für viele:
Der Spaß am Lernen ist weg.
Wenn die Theologiestudentin
Eileen Bühnemann
die Treppen der Potsdamer Uni
hochgeht, hallt es.
So wenig ist hier los.
Trostlos findet sie das.
Es ist nur vor dem Laptop sitzen.
Manche sitzen acht bis zehn Stunden
vorm Laptop - das war's dann.
So ist Uni aber nicht.
Uni ist viel mehr.
Uni ist quatschen,
Mittag essen, nachfragen.
Diese Biologiestudentinnen in Berlin
sind schon zermürbt
vom Digital-Studieren.
Nun naht die Prüfungsphase.
Ein Durcheinander, finden sie.
Du hast verschiedene
Onlineklausurformate,
die du von zu Hause aus schreibst.
Andere Dozenten und Professoren
haben sich
auf Präsenzklausuren festgelegt.
Präsenzklausur: Die Unsicherheit
ist groß, ob das reicht,
was sie digital gelernt haben.
Viele Erstsemester haben die Uni
noch nie von innen gesehen.
Die Zahl der Studienanfänger
sank um drei Prozent.
Der Rückgang kam dadurch zustande,
dass internationale Studierende
weniger als zuvor
nach Deutschland kommen.
Das gilt vor allem für Studierende
aus den USA, China, Korea.
Mit deutlich geringeren Zahlen.
Viele Studierende in Deutschland
plagt Geldnot.
Mit dem Lockdown
fallen Studentenjobs weg.
Ein Hilfsfonds für Krisenzeiten
wird nun gefordert.
Vor allem aber fehlt das Wir, das
studentische Gemeinschaftsgefühl.
Die Zahl der Corona-Neuinfektionen
innerhalb eines Tages
gibt das Robert Koch-Institut
heute mit 9705 an.
Etwa 3500 weniger
als vor einer Woche.
Der Behörde wurden außerdem
975 weitere Todesfälle
im Zusammenhang
mit dem Corona-Virus gemeldet.
Die Sieben-Tage-Inzidenz ist laut RKI
inzwischen auf 83 gesunken.
Die Bundesregierung
strebt einen Wert unter 50 an,
um Infektionsketten wieder
nachvollziehbar zu machen.
Er ist dann mal weg -
wenn auch nicht ganz.
Jeff Bezos, der Chef von Amazon,
zieht sich überraschend im Sommer
aus dem Tagesgeschäft zurück
und wechselt in den Verwaltungsrat.
Bezos hatte Amazon
aus einem Versandladen für Bücher
zum größten Online-Händler
der Welt gemacht.
Und sich selbst zum zweitreichsten
Bewohner des Planeten.
Ende einer Ära – Jeff Bezos
verlässt den Chefposten bei Amazon.
Er verabschiedet sich
aus dem Tagesgeschäft.
Doch er wird Einfluss behalten,
so amerikanische Analysten.
Jeff Bezos neue Rolle
ist der Vorsitz im Verwaltungsrat.
Er bleibt also bei Amazon.
Es ist sein Wunsch,
weiter Einfluss zu nehmen.
Seine neue Rolle erlaubt das.
Ich erwarte,
dass er bei großen Unternehmens-
Entscheidungen weiter mitredet.
Bezos gilt als einer
der reichsten Menschen der Welt.
Sein Vermögen wird
auf 193 Mrd. Dollar geschätzt.
Gegründet hat er Amazon
1994 als Online-Buchhandel.
Er entwickelte daraus
in fast drei Jahrzehnten
einen Giganten auf dem Weltmarkt.
Mit mehr als
einer Million Angestellten.
In einem Brief
an seine Mitarbeiter schreibt Bezos,
er "wolle mehr Zeit
für andere Projekte haben.
Seine Firma sei
in einer erfinderischen Phase,
ein guter Zeitpunkt".
Aber Amazon gerät auch wegen der
Arbeitsbedingungen in die Kritik.
Der Vorwurf: Amazon nutze
seine Marktdominanz aus.
Bezos hat u.a.
die Zeitung Washington Post gekauft.
Und er ist Firmenchef von Blue
Origin, einem Raumfahrtunternehmen,
das plant, schon bald
Passagiere ins All zu befördern.
Neuer Chef des Unternehmens wird im
Sommer Harvard-Absolvent Andy Jassy,
Chef der boomenden Cloud-Sparte
bei Amazon.
Die neue US-Finanzministerin
Janet Yellen ist offenbar besorgt
und berief ein Treffen
mit mehreren Aufsichtsbehörden ein.
Anlass sind massive Kursschwankungen
bei einzelnen Aktien,
die von online organisierten
Kleinanlegern ausgelöst werden.
Klaus-Rainer Jackisch,
warum gibt das Anlass zur Sorge?
Diese Kleinanleger agieren nicht
nach wirtschaftlichen Maßstäben.
Sie agieren,
weil sie die Aktie spekulativ
in eine Richtung treiben möchten.
Es ist besorgniserregend,
weil die Mechanismen der Börse
infrage gestellt werden.
Der Hauptmechanismus ist,
Kapital zur Verfügung zu stellen.
Zum Beispiel
in Form von Altersvorsorge.
Daher ist die Sorge groß,
dass die Entwicklung
zu einem Störfaktor wird.
Auch in Frankfurt
sieht man das mit Sorge.
Man sieht positiv,
dass die Behörden eingreifen wollen.
Janet Yellen will offenbar
in diese Richtung gehen.
Am deutschen Aktienmarkt
zeigt sich das nicht.
Die Stimmung ist freundlich.
Dieses Bild sagt schon alles:
Überglücklich, erschöpft, überrascht
- und das alles gleichzeitig.
Rot-Weiss Essen hat im DFB-Pokal
nicht nur das Viertelfinale erreicht.
Der Viertligist schlug dabei auch
den großen Favoriten Bayer Leverkusen
mit 2:1 nach Verlängerung.
Es war einer der größten Tage
in der Essener Fußball-Geschichte.
Auch in Corona-Zeiten
gefeiert überall in der Stadt.
Zu groß die Euphorie
über diese Pokal-Sensation.
90 Minuten lang war Bundesliga-Klub
Leverkusen in den schwarzen Trikots
die dominierende Mannschaft.
Sie scheiterte aber immer wieder am
starken Essener Torwart Daniel Davari
und gleich viermal am Pfosten.
Keine Tore in der normalen Spielzeit,
das bedeutete Verlängerung.
In der 105. Minute
traf der große Favorit doch noch.
Die Leverkusener Führung
durch Leon Bailey.
Alles sah
nach einer Vorentscheidung aus
zugunsten des Pokalfinalisten
der Vorsaison.
Doch Essen, der Regionalligaclub,
der Viertligist gab nicht auf
und wurde belohnt.
Der Ausgleich durch Kefkir
nach einem Abpraller.
Der krasse Außenseiter beflügelt.
Minute 118:
Simon Engelmann mit dem 2:1, mit
dem Siegtreffer für Rot-Weiß Essen.
Kaum noch für möglich gehalten
nach einem Rückstand
gegen den großen Favoriten.
Dass wir das Spiel gedreht haben
gegen Leverkusen,
'ne absolute Top-Mannschaft -
das ist Wahnsinn!
Ich zieh den Hut vor der Mannschaft.
Einfach Wahnsinn.
Die Freude kaum zu übertreffen
in der Essener Kabine.
Solch einen Erfolg haben sie
seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt.
Beinahe hätte es
noch eine Pokalüberraschung gegeben.
Aber Dortmund setzte sich knapp
gegen Paderborn durch -
mit 3:2 nach Verlängerung.
Außerdem gewann Bremen
gegen Fürth 2:0.
Kiel bezwang Darmstadt
nach Elfmeterschießen 8:7.
Die restlichen vier Achtelfinal-
Partien finden heute Abend statt.
Das Wetter ist zurzeit zweigeteilt.
Im Norden ist es winterlich kalt.
Im Süden gibt es fast schon
frühlingshafte Temperaturen.
Hier sind die Einzelheiten.
Heute Nachmittag von Schleswig-
Holstein bis Vorpommern Schnee
oder gefrierender Regen.
Vorsicht, Glätte!
Von Südwesten bis in die Mitte
Schauer und Gewitter.
Windig bis stürmisch.
Es gibt Unwetterwarnungen.
So geht es auch in die Nacht.
Von Norden und Nordosten breiten sich
Schnee und gefrierender Regen aus,
ziehen sich dann aber wieder zurück.
Hier geht es jetzt weiter
mit dem ARD Buffet.
Und wir melden uns um 14 Uhr wieder.
Bis dahin.
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