APHASIE: SYMPTOME, Sprachstörung nach Schlaganfall, Fachwissen Logopädie
Welche sprachlichen Symptome können bei einer Aphasie eigentlich auftreten?
Zuerst schauen wir uns an, welche Symptome wir auf Wortebene feststellen
können; bevor wir uns dann anschauen, wie wir die Art der Äußerungen auf
Satzebene und übergreifender beschreiben können. Redefloskeln kommen vereinzelt
vor und sind in ihrer Zusammensetzung variabel.
Stereotypen sind ähnlich wie Redefloskeln.
Allerdings werden sie häufig in genau der gleichen Art wiederholt. Im Gegensatz
zu den anderen Symptomen, die wir uns noch anschauen, passen sie aber auch
immer noch gut in den Kontext und fallen nicht sofort als Symptome auf. Wenn diese
beiden Floskelarten bei einem Patienten aber sehr häufig vorkommen oder die
Sprache nur noch daraus besteht, dann ist dies bei der Beschreibung seiner
Symptome sehr relevant. Beide Floskelarten sind inhaltlich eher nichtssagend
und meist ganzheitlich abgespeichert, sodass der Patient hier wenig Satzbau-
leistung erbringt.
Bei der Echolalie wiederholt der Patient die Äußerung
seines Gesprächspartners - teilweise auch mit leichter Umformulierung.
Bei einer Perseveration bleibt der
Patient sprachlich an einem Wort hängen, das zuvor in seinem Sprachsystem
aktiviert wurde. Es passt an dieser neuen Stelle
allerdings nicht in den Kontext und wird unbeabsichtigt, also automatisiert vom
Patienten gesagt.
Anstatt das Wort "Frau" zu sagen, produzierte Patient als erneut das Wort "Arzt".
Bei einem Sprachautomatismus wird ein Wort oder eine Phrase oder Silbe
mehrmals unbeabsichtigt wiederholt, ist formstarr und passt nicht in den
Satzzusammenhang.
Wenn die Sprache größtenteils nur noch aus einer Aneinanderreihung von
Sprachautomatismen besteht, nennt man das Recurring utterances.
Bei falsch eingesetzten Wörtern lässt sich manchmal ein Bedeutungszusammenhang
zum eigentlich gemeinten Zielwort feststellen. Wenn der Patient
zum Beispiel statt "Mutter" "Frau" sagt, sind dies beides Wörter aus dem semantischen
Feld der Familie. Hier spricht man dann von einer engen semantischen Paraphasie.
Wenn die Bedeutung von dem Ersatzwort weiter entfernt liegt und nicht im
gleichen Bedeutungsfeld spricht man von einer weiten semantischen Paraphasie.
Wenn es zu Fehlern beim Wortaufbau kommt, weil die Laute des Wortes verändert
wurden, handelt es sich um eine phonematische Paraphasie. Dies geschieht
beispielsweise dadurch, dass die Laute ersetzt werden durch andere (Substitution),
dass sie ausgelassen werden (Elision), dass Laute hinzugefügt werden (Addition) oder
dass Laute innerhalb des Wortes umgestellt werden (Metathese).
Bei "Schester" statt "Schwester" handelt es sich also um eine Elision,
bei "Bansane" statt "Banane" um eine Addition, bei "Spille" wurden die laute "nn"
durch "ll" ersetzt - es handelt sich um eine Substitution. Und bei "pakutt
geschalgen" wurden die Laute innerhalb der Worte vertauscht. Es handelt sich um
eine Metathese. Wenn der Patient seine Fehler bemerkt
und versucht sich zu korrigieren, kann es im positiven Fall zu einem Conduite d'approche
kommen, also eine Annäherung an das Zielwort.
Im negativen Fall weicht der Patient aber in seinem Korrekturversuch immer
weiter vom Zielwort ab. Das ist ein Conduite d'écart.
Wenn einem Patienten ein Wort nicht einfällt und er ins Stocken gerät und
sprachlich nach einem Wort sucht, es aber nicht abrufen kann und Sätze abbricht,
handelt es hier wahrscheinlich um eine Wortfindungsstörung. Als Ersatzstrategie
kann es sein, dass er beginnt, das Wort zu erklären oder ein lautlich
ähnliches Wort verwendet. Die Gründe hierfür sind oft nicht eindeutig. Man
kann aber zwischen zwei Unterformen unterscheiden:
Wenn er den Artikel des Wortes nicht abrufen kann und ein bedeutungsähnliches
Wort stattdessen verwendet, eine semantische Paraphasie, kann es
sich um eine Störung im Bedeutungsspeicher handeln.
Wenn er hingegen den Artikel nennen kann und er in der lautlichen Form des Wortes
unsicher ist, liegt eher eine Störung vor, die Wortform zu aktivieren.
Angenommen das Wort ist lautlich gar nicht mehr zu erkennen und der Patient
hat ein neues Wort geschaffen, dann nennt man das einen Phonematischen
Neologismus. Achtung - nochmal zur Erinnerung und zur besseren
Unterscheidung zwischen Neologismus und Paraphasie. Bei der phonematischen
Paraphasie ist das Wort auch lautlich verändert, aber die Bedeutung ist noch zu
erkennen.
Wenn der Patient ein neues Wort kreiert, bei dem man die Bedeutung noch erkennen
kann, das aber auf diese Weise nicht in der Standardsprache existiert, ist es ein
Semantischer Neologismus. Zum Beispiel verschmelzen zwei bekannte Wörter auf
unübliche Weise. Auch hier nochmal zur Erinnerung und zur besseren
Unterscheidung zur semantischen Paraphasie. Bei der semantischen Paraphasie
produziert der Patient real existierende Wörter, die in der Standardsprache
bekannt sind, die aber mehr oder weniger vom Zielwort bedeutungsmäßig entfernt
liegen.
Angenommen es treten so viele dieser Paraphsien und Neologismen auf, dass die
Äußerung des Patienten zwar flüssig produziert ist, aber unverständlich und
sinnlos ist, dann kann man diese Art der Sprache übergreifend als Jargon
bezeichnen. Beim von phonematischen Jargon treten mehrheitlich phonematische Paraphasien
und phonematische Neologismen auf.
Beim semantischen Jargon sind es mehrheitlich semantische Paraphasien,
semantische Neologismen und Redefloskeln.
Mit dem Jargon sind wir jetzt auch auf der nächsten Ebene angekommen, wo es um
die Symptome geht, die übergreifen ganze Sätze und insgesamt die Art der Sprache
betreffen. Bei der Satzbildung kann uns auch ein
Agrammatismus oder Paragrammatismus auffallen. Beim Agrammatismus
erinnert die Sprache an einen Telegrammstil mit sehr kurzen, häufig
abgebrochenen Sätzen. Funktionswörter wie Artikel, Präpositionen, Pronomen und
Konjunktionen fehlen häufig. Außerdem werden Verben oft nicht konjugiert,
sondern nur im Infiniti iv genannt und auch die Deklination fehlt, sodass
Begriffe nicht an Kasus, Numerus und Genus angepasst werden.
Im Gegensatz dazu gibt es beim Paragrammatismus eher zu viel von all dem.
Es sind komplexe lange Sätze, bei denen Satzteile teilweise doppelt vorkommen.
Oder es werden Satzteile unpassend zu einem Satz zusammengefügt und
verschränkt. Bei einer Verschränkung wird der Satz in einem Intonationsbogen
gesprochen, obwohl er eigentlich aus zwei verschiedenen, übereinander gelegten
Sätzen besteht. Funktionswörter und Flexionsformen kommen hier vor, allerdings häufig
falsch eingesetzt.
Im Allgemeinen kann die Sprache eines Patienten als flüssig oder unflüssig
beschrieben werden. Wenn die Phrasen durchschnittlich mehr als 5 Wörter
enthalten und die Sprechgeschwindigkeit unauffällig ist, ist die Sprechweise
flüssig.
Wenn die Phrasen, also der gesprochene Teil bis zur nächsten
Unterbrechung, durchschnittlich weniger als 5 Wörter beinhalten und wenn die
Sprechweise insgesamt verlangsamt ist, mit vielen Unterbrechungen, ist sie nicht flüssig.
Außerdem kann man übergreifend beobachten, ob der patient deutliche
Schwierigkeiten hat, Gedanken sprachlich auszudrücken und somit eine
Sprachanstrengung vorliegt. Bei einer Logorrhö ist der Patient
sprachlich kaum zu bremsen. Die Sprachproduktion ist überschießend, ungehemmt.
Auch auf geschlossene Fragen folgen lange, überladene Antworten.