Kreuzzüge im Mittelalter
. Kämpfe gegen die "Ungläubigen" im Namen der Religion, da denken viele wahrscheinlich sofort an den "Dschihad".
In diesem Video soll es um Kämpfe ganz anderer Art gehen:
die Kreuzzüge.
Ich erkläre euch, warum Europas Adelige auf Kreuzzug gehen,
was im Heiligen Land geschieht
und welche Auswirkungen das alles auf die Geschichte hat.
Zuerst mal zum Begriff "Kreuzzug".
"Kreuzzug" bezeichnet eine religiös motivierte militärische Aktion
gegen "Heiden" oder "Ketzer" oder Andersgläubige.
Im engeren Sinn ist mit Kreuzzug aber ein Kriegszug gemeint,
den europäische Ritter zur Befreiung des Heiligen Landes
und der Stadt Jerusalem von muslimischer Herrschaft unternehmen.
Schauen wir uns das politische Umfeld der Kreuzzüge genauer an.
Im Hochmittelalter, also ab dem 11. Jahrhundert ist die Kreuzfahrerei
nicht das einzige Thema.
Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen
und der Papst streiten um die Oberhoheit über die Christen.
In der Kirche selbst gibt es ebenfalls Konflikte.
Die Bedeutung des Reiches nimmt ab.
Frankreich und England steigen auf.
Es ist eine sehr unruhige Zeit für die Europäer.
Viele meinen, dass der Endkampf zwischen Gott und dem Teufel
und die Wiederkunft von Jesus Christus, also das Ende der Welt,
kurz bevorsteht.
Auch das religiöse Miteinander birgt Konfliktpotenzial.
Juden, Christen, Muslime teilen sich eine heilige Pilgerstätte,
eine heilige Stadt, nämlich Jerusalem.
Viele Gläubige pilgern jedes Jahr nach Jerusalem.
Jerusalem, dieses Wort hat für einen magischen Klang gesorgt.
Die Stadt liegt im Machtbereich von Muslimen.
Das empfinden viele Christen als Demütigung.
Übrigens erwarten sie,
dass der eben erwähnte Endkampf bei Jerusalem stattfinden wird.
Jetzt zum konkreten Anlass
des 1.Kreuzzugs zwischen 1096 und 1099.
Aus der Gegend des Aralsee machen sich die türkischen Seldschuken auf,
erobern Persien und das Zweistromland.
Damit werden sie zur neuen bestimmenden Kraft
im islamischen Gebiet.
Sie greifen auch das byzantinische Reich an und erobern Anatolien.
Der Kaiser in Konstantinopel Alexios I. Komnenos
bittet die katholischen Christen um Hilfe.
Papst Urban II. ruft zu einem Kreuzzug auf.
Dabei geht es weniger um die Brüder aus Konstantinopel.
In 1. Linie steht die Idee dahinter,
Jerusalem für die Christenheit zurückzugewinnen.
Damit könnte man zum 2. auch den Muslimen einen Schlag versetzen.
Und zum 3. geht es Urban II. auch darum,
die Christenheit hinter sich zu vereinen.
Denn damals gibt es zwei Päpste.
Und so ein Kreuzzug gegen den Erzfeind der gesamten Christenheit,
das ist doch aus dieser Sichtweise eine gute Idee,
hinter der man sich versammeln kann.
Und zu guter Letzt will Urban auch die weltlichen Herrscher
hinter oder besser gesagt unter das Papsttum bringen.
Eine ganze Menge Motive für diesen Kreuzzug.
Aber was motiviert die Ritter,
sich auf die abenteuerliche Mission zu begeben?
Einem Kreuzzügler werden seine Sünden vergeben,
er wird ins Paradies einziehen.
Kreuzritter erwerben sich Ruhm und Ansehen.
Sie verstehen sich als Werkzeug Gottes.
Daher auch ihr Spruch, unter dem sie in den Krieg ziehen:
Man kann aber auch weltliche Macht im Heiligen Land erobern.
Womöglich reiche Beute machen.
Außerdem werde Europa ja konkret von den Muslimen bedroht.
Auf der iberischen Halbinsel gibt es das Reich der Mauren.
Die Kreuzritter haben übrigens nicht von Kreuzzug gesprochen.
Für sie ist das Unternehmen eine bewaffnete Pilgerreise
oder schlicht ein Feldzug.
Ende 1096 herum versammeln sich die Heere
aus verschiedenen Gegenden Europas bei Konstantinopel.
7000 Ritter, mehr als 20.000 Fußsoldaten,
noch mal so viele Unbewaffnete im Tross.
Das Gesamtheer besteht hauptsächlich aus Franzosen und Normannen.
Kaiser Alexios I. ist nicht sehr begeistert.
Keiner findet es gut, wenn ein großes Heer, das nicht das eigene ist,
vor der Türe übernachtet.
Der Kaiser lässt sich vorsichtshalber einen Lehnseid schwören.
Das heißt, dass die Gebiete, die die Kreuzfahrer erobern,
letztlich den Byzantinern gehören soll.
Diese Eide werden aber nachher nicht eingehalten.
Das vereinte Heer marschiert weiter,
schlägt die Seldschuken in Kleinasien
und hat dann freie Bahn Richtung Gelobtes Land.
Aber im Heer selbst gibt es Streitigkeiten.
Verschiedene Adelige setzen sich mit ihren Leuten ab
und machen auf eigene Faust weiter.
Balduin von Boulogne z.B. gründet mit der Grafschaft Edessa
den 1. Kreuzfahrerstaat.
Mitte 1098 sind nur noch etwa 20.000 Kreuzfahrer übrig.
Sie belagern monatelang Antiochia
und beinahe wäre der Kreuzzug gescheitert.
Aber mit Bestechung und Kampfeskraft schaffen es die bewaffneten Pilger
trotz tausender Opfer gegen eine Übermacht zu siegen.
Dieser unerwartete Sieg in schier aussichtsloser Lage
spornt die nächsten Jahrzehnte immer wieder Kreuzritter an,
im Vertrauen auf Gott
eigentlich selbstmörderische militärische Operationen zu wagen.
Das ist der Spirit der Kreuzzüge.
Er hat etwas Wahnhaftes.
1500 Ritter mit 700 Pferden und etwas mehr als 10.000 Soldaten
ziehen ohne nennenswerten Widerstand Richtung Jerusalem weiter.
Auch diese Belagerung ist miserabel vorbereitet
und gelingt nur um Haaresbreite.
Bei der Einnahme und Plünderung Jerusalems
werden auch die Christen in der Stadt nicht verschont,
denn sie haben die Tore ja auch nicht geöffnet.
Der ganze Kreuzzug ist kein prächtiges, glänzendes Unternehmen,
sondern schrappt immer wieder knapp an der totalen Katastrophe vorbei.
Und, Achtung Spoiler, der 1. Kreuzzug ist aus Sicht der Europäer
der einzig erfolgreiche.
Ich kann schon mal verraten: Jetzt wird es erst richtig schlimm.
Zunächst existieren jetzt 4 Kreuzfahrerstaaten.
Das Königreich Jerusalem,
das das heutige Israel und den Libanon umfasst.
Die Grafschaft Tripolis
und das Fürstentum Antiochia im heutigen Syrien
und die Grafschaft Edessa.
Diese Kreuzfahrerstaaten werden keine blühenden Kolonien,
denn die Gegend ist nicht für Landwirtschaft geeignet.
Und die muslimischen Nachbarn warten darauf,
mit einer militärischen Übermacht ihre Gebiete zurückzuholen.
Dass das nicht umgehend geschieht, liegt daran,
dass die Muslime untereinander ebenso zerstritten sind
wie die christlichen Europäer.
Insgesamt werden die Kreuzfahrerstaaten
von einigen 1000 Rittern,
ihren männlichen Familienangehörigen und Fußsoldaten verteidigt.
Sie bauen hunderte Burgen,
die auch mit kleiner Besatzung Widerstand leisten können.
Die Hauptlast tragen die Ritterorden.
Je nachdem, wie man sie betrachtet,
kämpfende Mönche oder betende Ritter.
Die Johanniter z.B. widmen sich der Krankenpflege und dem Waffendienst.
Heute verzichten sie auf die Waffen und sind als Hilfsdienste parat.
Ihre mittelalterlichen Vorgänger werden später nach Malta verlegt.
Die Templer wollen Pilger und das Heilige Land schützen.
Ihr Orden wird später aufgehoben.
Und der Deutsche Orden,
der sich ebenfalls der Krankenpflege und dem Kampf widmet,
wird später in Preußen eingesetzt.
Dazu habe ich auch schon ein Video gemacht, findet ihr hier oben.
Diese Ritterorden werden von ihren Gütern in Westeuropa aus unterstützt.
Auch die Kreuzfahrerstaaten halten nur dank des beständigen Zuflusses
von Mitteln aus Europa durch.
Wir haben die Motive für den 1. Kreuzzug
und dessen Verlauf etwas ausführlicher erklärt,
damit ihr euch ein grobes Bild machen könnt.
Ab jetzt geht es etwas im Zeitraffer weiter.
Es folgen nämlich weitere Kreuzzüge.
1101 scheitert die Rückeroberung Anatoliens.
1144 wird die Grafschaft Edessa von den Muslimen zurückerobert.
1147-1149 machen sich im 2. Kreuzzug
sogar die Könige des Heiligen Römischen Reiches
und von Frankreich nach Osten auf.
Beide erreichen gar nichts,
außer natürlich viele tote Ritter und Soldaten.
1187 erobert Saladin, der Sultan von Ägypten und Syrien, Jerusalem.
Die Kreuzfahrer können sich nur in Antiochia, Tripolis,
Tortosa und Tyrus halten.
Im 3. Kreuzzug von 1189-1192 kann Jerusalem nicht erobert werden.
Immerhin kann König Richard Löwenherz von England
Saladin einen Friedensvertrag abringen,
sodass Christen nach Jerusalem pilgern können.
Die Kreuzfahrerstaaten existieren erst einmal weiter.
Kaiser Friedrich Barbarossa, der ein sehr großes Heer mitführt,
ertrinkt im Fluss Saleph.
Sein Heer reist größtenteils zurück.
Der 4. Kreuzzug von 1202-1204 soll sich gegen Ägypten wenden.
Von dort geht die eigentliche Gefahr gegen die Kreuzritterstaaten aus.
Aber dann wird Konstantinopel belagert und geplündert.
Das byzantinische Reich war damit so gut wie erledigt.
Der Kinder-Kreuzzug von 1212
ist nicht nur von Kindern durchgeführt worden,
sondern auch von Leuten aus den unterschiedlichsten Schichten.
Da waren sicher auch Kinder dabei.
Nach dem Angriff auf Konstantinopel im 4. Kreuzzug
lehnen viele die Kreuzzugs-Idee ab.
Und die Erzählung, dass sich reine Kinder geopfert hätten,
sollte dieses Manko irgendwie beheben.
So oder so, diese Kreuzzugs- Teilnehmer enden in der Sklaverei.
Konstantinopel wurde wieder christliches Herrschaftsgebiet,
nämlich zum neu gegründeten Lateinischen Kaiserreich.
1229 verhandelt Kaiser Friedrich II. mit dem Sultan von Ägypten
und erreicht, dass ihm Jerusalem überlassen wird.
Aber das ist nur ein Scheinergebnis,
denn militärisch war die Stadt von den Kreuzfahrerstaaten abgeschnitten.
Und 15 Jahre später holen es sich die Muslime zurück.
Bis ins Jahr 1270 finden weitere Kreuzzüge statt,
die auf Ägypten zielen und scheitern.
Spätestens 1291 erobern die Sultane
alle christlichen Gebiete in der Levante,
dem historischen Gebiet östlich des Mittelmeeres zurück.
Und sie zerstören auch alle Festungen,
um weitere Kreuzzüge so zu erschweren,
dass sie nicht unternommen werden.
Warum scheitern die Kreuzzüge?
Die christliche Allianz ist voller Widersprüche.
Byzanz unterstützt die Kreuzzügler nicht.
Der Kaiser von Byzanz hätte gerne,
dass die Kreuzfahrer sich seiner Oberhoheit unterstellen,
aber denen liegt nichts ferner.
Ohne Rückhalt sind sie ihren muslimischen Gegnern
schon ausrüstungsmäßig unterlegen.
Auch die Venezianer und die Normannen aus Süditalien
sind und bleiben Gegner von Byzanz.
Zwischen den katholischen Christen im Westen
und den orthodoxen Christen in Byzanz
herrscht vielleicht keine Feindschaft,
aber eine Freundschaft gibt es eben auch nicht.
Die großen europäischen Staaten
haben sowieso kein politisches Interesse an den Kreuzzügen.
Die nutzen den Rittern höchstens persönlich und dem Papst.
Der aber will, dass sich die weltlichen Herrscher ihm unterordnen.
Und das wollen natürlich diese Herrscher wiederum nicht.
Also die Gemengelage ist unübersichtlich.
Die Beteiligten verfolgen alle unterschiedliche Ziele.
Es gibt einen starken Feind.
Da wäre ein dauerhafter Triumph der Kreuzfahrer
die eigentliche Sensation gewesen.
Fragt sich, was von den Kreuzzügen bleibt.
Im positiven könnte man nennen,
dass Europa mit dem damals fortschrittlicheren Orient
in Kontakt kommt und einiges von dort übernimmt,
z.B. in der Medizin.
Schwerer wiegt aber, dass die Kreuzzüge für die islamische Welt
eine traumatische Erfahrung waren,
die sich so ins kollektive Gedächtnis eingegraben hat,
dass bis heute die Staaten des Westens
als Kreuzfahrer wahrgenommen werden.
Die islamischen Herrscher
bedienten sich im Kampf gegen die christlichen Feinde
u.a. des Begriffs des "Dschihad",
der so auch als Kampf gegen die Christen eingeführt wird.
Und heute hat der Westen Angst
vor den selbst ernannten Gotteskriegern aus dem Nahen Osten.
Unter dem Strich:
Das Erbe der Kreuzzüge belastet uns noch heute.
Woran denkt ihr, wenn ihr in den Nachrichten oder sozialen Netzwerken
von Kreuzzügen lest? Wenn dort Parallelen gezogen werden zu heute?
Sagt ihr: "kann man so sehen"? Oder: "nee, überhaupt nicht"?
Schreibt gerne in die Kommentare eure Meinung dazu.
Neben mir findet ihr ein Video über das Osmanische Reich.
Hat zwar nicht direkt damit zu tun, aber indirekt.
Schaut gerne rein.
Darunter noch ein Video der Kollegen von Funk.
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Genug Werbung, danke fürs Zuschauen. Bis zum nächsten Mal.